Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Weiterbildungsprämie für eine Zwischenprüfung.
Mit Bescheid vom 3. August 2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen für die Teilhabe an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme
nach § 16 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit den §§
81,
83 bis
87 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) für die Zeit vom 1. August 2016 bis zum 31. Juli 2018 (Lehrgang 15.172,80 Euro, Fahrkosten 2.146,56 Euro). Auch die anfallenden
Kinderbetreuungskosten übernahm der Beklagte in der Folge.
Am 1. Juni 2018 beantragte die Klägerin die Auszahlung der Weiterbildungsprämie für das Bestehen des ersten Teils der Abschlussprüfung.
Beigefügt waren die „online Ergebnisse“ mit den vorläufigen Prüfungsergebnissen; für Teil 1 der Abschlussprüfung (informationstechnisches
Büromanagement) wurde die Note 5 (mangelhaft) mit 36 Punkten, für Teil 2 die Note 4 (ausreichend) zweimal vergeben. Mit E-Mail
vom 11. Juni 2018 reichte die Klägerin die Bescheinigung der Abschlussprüfung über die staatlich anerkannte Ausbildung zur
Kauffrau für Büromanagement mit dem Gesamtergebnis „ausreichend“ ein (ein weiterer Prüfungsteil war mit „befriedigend“ absolviert
worden) und teilte mit, sie habe die Zwischen- und die Abschlussprüfung bestanden. Auf die Bescheinigung wird verwiesen.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2018 gewährte der Beklagte eine Prämie für die Abschlussprüfung in Höhe von 1.500 Euro. Zur Begründung
führte er aus, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Zeitraum vom 1. August 2016 bis zum 31. Dezember 2020 mit einer
Weiterbildung begonnen hätten, könnten nach §
131a Abs.
3 SGB III eine Prämie erhalten. Voraussetzung hierfür sei, dass die Weiterbildung in einem Ausbildungsberuf erfolgen würde, für den
nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt worden sei. Für
das Bestehen einer in diesen Vorschriften geregelten Zwischenprüfung werde eine Prämie in Höhe von 1.000 Euro und für das
Bestehen der Abschlussprüfung eine Prämie von 1.500 Euro gewährt. Mit dem Ergebnis „mangelhaft“ habe die Klägerin die Zwischenprüfung
nicht bestanden. Eine Prämie für die Zwischenprüfung könne deshalb nicht gewährt werden.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2018 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass die Prämie für den ersten Teil
der gestreckten Abschlussprüfung gelte. Man könne in dem Berufszweig der Kauffrau für Büromanagement in dem ersten Teil der
gestreckten Abschlussprüfung nicht durchfallen. Insoweit bestehe ein Anspruch auf die Prämie für die Zwischenprüfung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2018 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte aus, die Klägerin
hätte den ersten Teil der gestreckten Abschlussprüfung im Bereich Kauffrau für Büromanagement, der einer Zwischenprüfung gleichgestellt
werde, nicht bestanden, weil sich aus der Bescheinigung der Abschlussprüfung des Weiterbildungsträgers ergeben würde, dass
die Klägerin im Fach „informationstechnisches Büromanagement“ mit „mangelhaft“ abgeschlossen habe.
Am 28. September 2018 hat die Kläger hiergegen Klage erhoben und auf ihr Widerspruchsvorbringen verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. Juni 2020 hat das Sozialgericht Hamburg den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide
verurteilt, an die Klägerin eine Prämie von 1.000 Euro zu zahlen für das Bestehen einer Zwischenprüfung im gestreckten Verfahren.
Auch in einem solchen gestreckten Verfahren werde die Prämie nach §
131a Abs.
3 Nr.
1 SGB III grundsätzlich gewährt. Selbst nach den Fachanweisungen des Beklagten (vgl. hier die Fachlichen Weisungen (FW) Förderung der
beruflichen Weiterbildung Arbeitslose und Beschäftigte zu §§
81 – 87, 111a, 131a
SGB III der Bundesagentur für Arbeit – Stand 29.5.2020, S. 36) werde der erste Teil der Abschlussprüfung der Zwischenprüfung gleichgestellt
und beide Prämien geleistet, wenn ein Teilnehmer in einer gestreckten Ausbildungsform einen Abschluss erhalte. Die Klägerin
habe das Weiterbildungsziel des erfolgreichen Abschlusses erreicht, so dass kein Grund ersichtlich sei, dass ihr die Prämie
für das „fiktive“ Bestehen der Zwischenprüfung vorenthalten bleiben könnte.
Gegen den ihm am 30. Juni 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 15. Juli 2020 Berufung eingelegt. Er macht
geltend, dass die Fachlichen Weisungen nicht richtig verstanden worden seien und auf das Bestehen des ersten Teils der gestreckten
Abschlussprüfung abzustellen sei, woran es hier aber fehle.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juni 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 13. Oktober 2020 hat das Gericht das Verfahren nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Das Gericht hat am 3. Juni 2021 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte und die Leistungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Beratung des Senats waren.
Entscheidungsgründe
I.
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach
§
153 Abs.
5 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) übertragen hatte.
II.
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Klägerin auf diese Möglichkeit
in der ihr am 14. April 2021 zugestellten Ladung hingewiesen worden war.
III.
Die Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben.
Nach §
131a Abs.
3 SGB III erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an einer nach §
81 geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt, für den nach bundes-
oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, folgende Prämien, wenn
die Maßnahme vor Ablauf des 31. Dezember 2023 beginnt:
1. nach Bestehen einer in diesen Vorschriften geregelten Zwischenprüfung eine Prämie von 1.000, -- Euro und
2. nach Bestehen der Abschlussprüfung eine Prämie von 1.500, -- Euro.
Nach dieser Vorschrift hat die Klägerin lediglich den Anspruch auf die Abschlussprämie, die sie auch erhalten hat. Ein Anspruch
auf die Zwischenprüfungsprämie besteht indes nicht.
Es kann hier dahinstehen, ob der erste Teil der gestreckten Prüfung der Zwischenprüfung gleichgestellt werden kann (so die
Fachlichen Weisungen, auch LSG NW, Urteil vom 11.3.2021 – L 19 AS 466/20) und es daher nicht schadet, dass die Klägerin keine Zwischenprüfung absolviert hat. Denn jedenfalls setzt §
131a Abs.
3 Nr.
1 SGB III seinem klaren Wortlaut nach das „Bestehen“ der Zwischenprüfung – insoweit also des ersten Teils der Abschlussprüfung – voraus.
„Bestehen“ bedeutet hier eine Note von „ausreichend“ oder besser bzw. ein Ergebnis von mindestens 50 % der erreichbaren Punkte
(vgl. die Fachlichen Weisungen, a.a.O.). Das hat die Klägerin mit „mangelhaft“ bzw. 36 Punkten nicht erreicht.
Dass die Klägerin dennoch zum zweiten Teil der Abschlussprüfung zugelassen wurde und insgesamt den Abschluss erreicht hat,
ändert daran nichts. Es ist vielmehr von der Ausgestaltung des Abschlussverfahrens abhängig, welche Auswirkung ein Nichtbestehen
des ersten Teils der Abschlussprüfung hat; damit wird aber aus einem „Mangelhaft“ nicht etwa ein Bestehen.
Auch Sinn und Zweck des §
131a SGB III stützen die Auffassung des Senats. Denn mit der Zwischenprüfungsprämie soll eine frühzeitige Anstrengung für die Zwischenprüfung
extra honoriert werden; das Gesamtbestehen wird mit der Abschlussprämie bereits abgegolten. Es kann also der erfolgreiche
Abschluss nicht für die Fälligkeit der Zwischenprüfungsprämie geltend gemacht werden.
Dass die Fachlichen Weisungen des Beklagten eine andere Handhabung vorsähen, ist nicht zutreffend. Auch hier ist vielmehr
bestimmt, dass mindestens 50 % der erreichbaren Punkte erzielt werden müssen, um eine Prämie für das Bestehen der Zwischenprüfung
auszulösen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht nach §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen.