LSG Hamburg, Urteil vom 27.10.2021 - 1 KR 26/21
Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten nur bei deren nach erwiesener Notwendigkeit
Vorinstanzen: SG Hamburg 01.10.2020 S 57 KR 1243/17
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 1. Oktober 2020 aufgehoben und die Klage vollen Umfangs
abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung hier insbesondere um die Frage einer primären Fehlbelegung
bei Implantation eines Eventrecorders.
Die Klägerin ist Trägerin des zugelassenen Klinikums K.. Im dortigen Herz- und Diabeteszentrum wurde vom 10. bis 11. Oktober
2016 die am xxxxx 1968 geborene und seinerzeit bei der Beklagten krankenversicherte C.P. (im Folgenden: Versicherte) stationär
behandelt. Die Aufnahme der Versicherten erfolgte elektiv zur Implantation eines Ereignisrekorders aufgrund einer Empfehlung
der behandelnden Ärzte nach wiederholtem Herzrasen, einem synkopalen Ereignis und einem Mediainfarkt links, um ggf. das Auftreten
von paroxysmalem Vorhofflimmern zu detektieren und eine orale Antikoagulation zwecks Vermeidung eines möglichen zweiten Infarkts
einleiten zu können. Zuvor konnten mittels eines vorangegangenen Langzeit-EKGs bis auf wenige Abweichungen keine Pathologien
aufgezeichnet werden. Die Implantation des Ereignisrekorders Typ Medtronic R. wurde noch am Aufnahmetag nach Ruhe-EKG und
Aufklärung der Versicherten in örtlicher Betäubung durchgeführt. Der Eingriff dauerte 10 Minuten. Nach anschließender Erstprogrammierung
des Ereignisrekorders und Beobachtung auf der Station erfolgte die Entlassung der Versicherten nach unkompliziertem Verlauf,
insbesondere reizlosen Wundverhältnissen, Erläuterung der Funktion und Handhabe sowie Erstabfrage des Ereignisrekorders beschwerdefrei
am Folgetag. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Behandlungsverlaufs wird auf die Krankenakte der Klägerin Bezug genommen.
Für die stationäre Behandlung der Versicherten stellte die Klägerin der Beklagten mit Schlussrechnung vom 24. November 2016
einen Betrag von 4.075,35 EUR in Rechnung und legte dabei als Hauptdiagnose Z01.80 (Abklärung einer Disposition für maligne
Herzrhythmusstörungen) und als Prozedur u. a. den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 5-377.8 (Implantation Ereignisrekorder)
mit der daraus resultierenden Fallpauschale DRG (Diagnosis Related Group – diagnosebezogene Fallpauschale) F12H zugrunde.
Der Rechnungsbetrag wurde von der Beklagten zunächst beglichen.
Im Folgenden beauftragte sie jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung der Notwendigkeit
der stationären Behandlung und der Indikation für die Implantation eines Ereignisrekorders bzw. des kodierten OPS 5-377.8.
Mit Stellungnahme vom 28. Februar 2017 gelangte der Arzt des MDK, Dr. med. H., nach Einsicht in die Krankenhausunterlagen
zu dem Ergebnis, dass die kodierte OPS zwar korrekt, die durchgeführten diagnostischen Maßnahmen aber auch ambulant oder vorstationär
hätten durchgeführt werden können und keine medizinischen Gründe ersichtlich seien, die eine Durchführung der Diagnostik unter
stationären Bedingungen rechtfertigen würden. Hierüber informierte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17.März 2017
und teilte mit, die Abrechnung entsprechend des Gutachtens korrigiert zu haben, woraus ein Erstattungsanspruch in Höhe von
4.075,35 EUR resultiere, den sie gemäß § 9 PrüfvV aufrechne. Mit Zahlungsavis vom 5. April 2017 benannte die Beklagte gegenüber
der Klägerin den verrechnungsgegenständlichen (anderen) Behandlungsfall und informierte über die Zahlung des nach Aufrechnung
verbleibenden Restbetrags zum 5. April 2017.
Am 12. Juli 2017 hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Klage erhoben.
Sie hat im schriftlichen Verfahren weiterhin die Auffassung vertreten, dass die stationäre Behandlung im Falle der Versicherten
erforderlich gewesen sei. Die bei der Versicherten vorgenommene Implantation eines Ereignisrekorders sei als Prozedur nicht
in dem Katalog der ambulant durchführbaren Operationen nach § 115b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch ( SGB V) enthalten gewesen. Bereits dies spreche dafür, dass die Behandlung grundsätzlich stationär im Krankenhaus vorzunehmen sei.
Gleiches folge auch aus § 2 Abs. 4 Nr. 2 des Landesvertrags Mecklenburg-Vorpommern, wonach die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung
nicht vorliege, wenn eine ambulante Operation unter Beachtung der Vorgaben des Vertrages nach § 115b SGB V zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie den Spitzenverbänden der Krankenkassen vom 1.1.2004 ausreiche.
Die durchgeführte Prozedur befinde sich aber gerade nicht in dem Katalog gemäß § 115b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V.
Zudem sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine stationäre Krankenhausbehandlung auch dann zu vergüten, wenn eine medizinisch notwendige Versorgung zwar nicht aus
medizinischen Gründen des Einzelfalls, aber aus Gründen der Rechtsordnung grundsätzlich stationär zu erbringen sei. Genau
dies sei vorliegend der Fall.
Sofern trotz dieser Argumente die stationäre Durchführung tatsächlich als nicht notwendig angesehen würde, müsse die Beklagte
zumindest die entstandenen Sachkosten erstatten. Die Sachkosten für den bei der Versicherten implantierten Ereignisrekorder
hätten sich auf 2.790,00 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer belaufen. Zum Beweis hat die Klägerin dem Sozialgericht die Kopie
der ersten Seite einer Rechnung der Firma M. vom 3. Juni 2015 über u. a. 10 R. minimalinvasiv einführbare Herzmonitore zu
einem Einzelpreis von 2.790,00 EUR und einem Gesamtpreis von 27.900,00 EUR vorgelegt.
Die Beklagte hat insoweit auf das Gutachten des MDK verwiesen und sich die dortigen Ausführungen zu eigen gemacht. Ergänzend
hat sie ausgeführt, dass nicht nur die in dem Katalog des § 115b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V aufgeführten Maßnahmen ambulant durchgeführt werden könnten, sondern die medizinische Notwendigkeit zur stationären Aufnahme
und Behandlung auch bei anderen Prozeduren fehlen könne. Die Implantation eines Ereignisrekorders erfordere in der Regel keinen
vollstationären Aufenthalt. Auch aus § 2 des Landesvertrags Mecklenburg-Vorpommern lasse sich die Notwendigkeit einer stationären
Behandlung nicht herleiten. Die dort aufgeführten Kriterien seien nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe
sie auch nicht die Vergütung zu zahlen, die im Falle einer ambulanten Operation angefallen wäre.
Das Gericht hat sodann mit Beweisanordnung vom 30. Mai 2018 Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens
nach Aktenlage bei dem Facharzt Innere Medizin - Kardiologie Prof. Dr. med. B.S.. Prof. Dr. S. ist in seinem Gutachten vom
19. Oktober 2018 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Behandlung zum Zwecke der sicheren Diagnosestellung eines intermittierenden
Auftretens von Vorhofflimmern indiziert gewesen sei, die Implantation des Ereignisrekorders aber auch im Wege einer ambulanten
Behandlung hätte erfolgen können. Diesbezüglich hat Prof. Dr. S. allerdings ergänzend darauf hingewiesen, dass es für die
ambulante Implantation keine Vergütung gebe, weshalb die Kliniken gezwungen seien, den Eingriff unter stationären Bedingungen
durchzuführen. Aufgrund des überaus knapp gehaltenen Gutachtens hat das Gericht mit weiterer Beweisanordnung vom 11. April
2019 den Facharzt für Innere Medizin – Kardiologie Prof. Dr. T.D. zum medizinischen Sachverständigen bestellt. Prof. Dr. D.
führt in seinem Gutachten aus, dass vor der Behandlung einer Herzrhythmusstörung zwingend die Dokumentation derselben erforderlich
sei. Gelinge Letzteres nicht mit den Mitteln eines Ruhe-EKGs oder Langzeit-EKGs, bestehe in den einschlägigen fachlichen Leitlinien
eine Empfehlung, implantierbare Loop-Recorder oder nicht-invasive EKG-Monitore für die Dokumentation von asymptomatischem
Vorhofflimmern zu nutzen. Die Indikation für die Behandlung werde daher bestätigt, und die Versicherte sei auch mit den Mitteln
eines Krankenhauses behandelt worden. Allerdings hätte die Implantation des Ereignisrekorders auch durch eine teil-, vor-
oder nachstationäre sowie ambulante Behandlung erfolgen können.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts hat der Bevollmächtigte der Beklagten erklärt, die Indikation zur Implantation
eines Ereignisrekorders nicht mehr zu bestreiten. Übereinstimmend erklärten die Beteiligten zudem weiter, vorliegend sei auch
unstreitig, dass die Implantation eines Ereignisrekorders aus medizinischer Sicht ambulant durchgeführt werden könne.
Das Sozialgericht hat der Klage durch Urteil vom 1. Oktober 2020 teilweise stattgegeben und ausgeführt, die Klägerin habe
gegen die Beklagte noch einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von 2.790,00 EUR nebst Zinsen. Die Beklagte habe
den unstreitig entstandenen Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung einer/s anderen Versicherten in Höhe von 4.075,35
Euro (dazu unten unter a) nur teilweise in Höhe von 1.285,35 EUR dadurch erfüllt, dass sie mit einem aus der Überzahlung der
Behandlung der Versicherten resultierenden Gegenanspruch wirksam aufgerechnet habe. In Höhe von 2.790,00 EUR sei der Anspruch
der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung aus dem anderen Behandlungsfall somit nicht durch Aufrechnung erloschen, da
kein weitergehender öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Klägerin wegen Überzahlung der Klägerin für die Krankenhausbehandlung
der Versicherten bestanden habe (dazu 2.).
a) Zwischen den Beteiligten stehe außer Streit, dass der Klägerin aus einem anderen Behandlungsfall zunächst ein Anspruch
auf die von der Beklagten verrechnete Vergütung in Höhe von 4.075,35 Euro zugestanden habe, so dass sich insoweit eine nähere
Prüfung des erkennenden Gerichts erübrige.
b) Dieser Vergütungsanspruch sei lediglich in Höhe von 1.285,35 EUR dadurch erloschen, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Krankenhausbehandlung der Versicherten (dazu unten unter aa und bb) nach den Grundsätzen
der §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB) wirksam die Aufrechnung erklärt habe (dazu unten unter cc).
aa) Zwar habe die Klägerin von der Beklagten keine Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in der Fassung vom 10.12.2015 i. V. m. § 7 und § 17b des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) verlangen können. Ein Vergütungsanspruch für eine Krankenhausbehandlung (und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung
der Krankenkasse) entstehe dem Grunde nach nur dann unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten
kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolge und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich gewesen sei.
Die streitige stationäre Behandlung der Versicherten habe zwar unstreitig in einem zugelassenen Krankenhaus stattgefunden.
Auch habe der Bevollmächtigte der Beklagten die medizinische Indikation der Versorgung mit einem implantierten Ereignisrekorder
in der mündlichen Verhandlung in tatsächlicher Hinsicht anerkannt. Die erkennende Kammer sei aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
zu der Überzeugung gelangt, dass die vollstationäre Behandlung der Versicherten aus medizinischen Gründen nicht erforderlich
gewesen sei und die Krankenhausärzte dies seinerzeit auch hätten erkennen können.Insoweit könne dahinstehen, ob die übereinstimmende
Erklärung der Beteiligten zur grundsätzlich möglichen ambulanten Durchführbarkeit der Ereignisrekorder-Implantation in der
mündlichen Verhandlung als diesbezügliches Tatsachenanerkenntnis der Klägerin auch für den vorliegenden Fall zu bewerten oder
aber zwischen den Beteiligten die fehlende Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit und damit die fehlende Erforderlichkeit der
Krankenhausbehandlung weiter streitig gewesen sei.
Unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit sei ein Krankheitszustand zu verstehen, dessen Behandlung unter Berücksichtigung
der konkreten Behandlungsziele aus medizinischen Gründen den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich
mache, weshalb das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich
häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Reiche nach den Krankheitsbefunden eine teilstationäre, vor- oder nachtstationäre
oder ambulante Therapie aus, so habe die Krankenkasse die Kosten einer vollstationären Krankenhausbehandlung danach auch dann
nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit,
Pflegebedürftigkeit, zur Verwahrung oder zum Schutz der Öffentlichkeit, eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötige,
die gegenwärtig außerhalb des Krankenhauses nicht gewährleistet sei. Die Frage, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung in
diesem Sinne aus medizinischen Gründen notwendig sei, sei gerichtlich in vollem Umfang zu überprüfen. Dabei habe das Gericht
von den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem verfüG-BAren Wissens- und Kenntnisstand
des verantwortlichen Krankenhausarztes zum Behandlungszeitpunkt auszugehen, mithin die medizinische Erforderlichkeit aus vorausschauender
Sicht zu beurteilen. Eine sogenannte Einschätzungsprärogative komme dem Krankenhausarzt insoweit nicht zu.
Die Kammer folge der Beurteilung der gerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. S. und Prof. Dr. D. in deren Gutachten
vom 19. Oktober 2018 und 16. Juli 2019. Zwar sei die Beantwortung der Beweisfragen durch Prof. Dr. S. ausgesprochen knapp
ausgefallen, weshalb eine Überzeugungsbildung allein anhand seiner Ausführungen nicht möglich gewesen sei. Allerdings werde
die Einschätzung Prof. Dr. S.s, aus medizinischer Sicht habe die Implantation des Ereignisrekorders auch ambulant erfolgen
können, durch Prof. Dr. D. insoweit bestätigt, als dieser ausführe, dass sich aus der ihm vollständig vorliegenden Behandlungsdokumentation
keine eindeutigen Hinweise darauf ergäben, dass die Versicherte mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses zu behandeln
gewesen sei. Das somit von den Sachverständigen übereinstimmend konstatierte Fehlen medizinischer Gründe für die vollstationäre
Behandlung der Versicherten sei für die Kammer insbesondere vor dem Hintergrund der Eigenschaften des bei der Versicherten
implantierten Ereignisrekorders nachvollziehbar.Bei dem R. handele es sich um einen kabellosen Herzmonitor, der aufgrund seines
geringen Volumen nach einem kleinen Hautschnitt im Bereich des Brustkorbs mittels einer speziellen Einführhilfe unter die
Haut eingebracht werden könne. Zudem sei die Feststellung Prof. Dr. D.s, dass anhand der ihm vorliegenden Unterlagen auch
keine individuellen Erschwernisse im Falle der Versicherten erkennbar seien, die eine stationäre Behandlung aus anderen Gründen
notwendig gemacht hätten, von der Beklagten unwidersprochen geblieben.
Eine abweichende Beurteilung ergebe sich schließlich auch nicht aus der Einschätzung der Sachverständigen, dass die Klinik
gezwungen gewesen sei, den Eingriff unter stationären Bedingungen durchzuführen, da die bei der Versicherten vorgenommene
Prozedur abrechnungstechnisch nur mit stationären Mitteln abgebildet werden könne bzw. es für die ambulante Implantation keine
Vergütung gebe. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren sei, richte sich – wie vorstehend dargelegt
– allein nach medizinischen Erfordernissen. Die fehlende ambulante Abrechnungsmöglichkeit stelle aber kein medizinisches Erfordernis
für die stationäre Durchführung der Implantation dar.
bb) Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die Vergütung, die im Falle einer ambulanten Implantation des Ereignisrekorders
angefallen wäre. Die Klägerin könne einen solchen Vergütungsanspruch nicht aus § 115b SGB V in der Fassung vom 10. Dezember 2015 in Verbindung mit dem auf dieser Rechtsgrundlage geschlossenen "Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V - Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus" (im Folgenden: AOP-Vertrag) in der Fassung vom 9.
Mai 2012, geändert mit Wirkung vom 16. Mai 2014, herleiten. Zwar gewährten die Vorschriften zum ambulanten Operieren dem nach
§ 115b Abs. 2 Satz 1 SGB V zur Durchführung von ambulanten Operationen zugelassenen Krankenhaus einen – auf die ärztliche Leistung beschränkten – Vergütungsanspruch
für eine ambulant durchführbare Operation auch dann, wenn diese ohne ausreichenden medizinischen Anlass stationär erbracht
worden sei (vgl. BSG, Urteil vom 18.9.2008, B 3 KR 22/07 R, Rn. 12 f.). Die abgerechnete Leistung habe indessen nicht zu den Leistungen gehört, für die das Krankenhaus der Klägerin
zugelassen sei. Gemäß § 115b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB V vereinbarten der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die DKG oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und
die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender
Eingriffe und einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte. Nach § 115b Abs. 2 Satz 1 SGB V seien die Krankenhäuser zur ambulanten Durchführung der in dem Katalog genannten Operationen und stationsersetzenden Eingriffe
zugelassen. In der Anlage I AOP-Vertrag würden abschließend die Leistungen aufgeführt, die Operationen und stationsersetzende
Eingriffe gemäß § 115b SGB V darstellten. Die Implantation eines Ereignisrekorders sei indes – wie auch seitens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin
selbst ausgeführt worden sei – nicht als Prozedur in dem Katalog der ambulant durchführbaren Operationen nach § 115b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V enthalten und das klägerische Krankenhaus hierfür dementsprechend auch nicht zugelassen. Das Krankenhaus sei daher zur Erbringung
der Behandlung in dieser Form zu Lasten der Beklagten nicht befugt gewesen.
cc) Allerdings habe die Klägerin von der Beklagten auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechend
den Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der §§ 812, 818 Abs. 1 und 2 BGB Zahlung bzw. Wertersatz in der tenorierten Höhe verlangen können. Nach Auffassung der Kammer stehe der analogen Anwendung
bereicherungsrechtlicher Vorschriften als ergänzender Anspruchsgrundlage vorliegend nicht entgegen, dass die Vergütung von
Krankenhausleistungen in den in § 69 Satz 2 SGB V genannten Vorschriften und Vereinbarungen grundsätzlich abschließend geregelt sei. Zwar gehe auch die Kammer entsprechend
der ständigen Rechtsprechung des BSG davon aus, dass Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler
oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machten, ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen könnten, wenn die Vergütung über
einen Wertersatzanspruch aus analoger Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften oder aus ungerechtfertigter Bereicherung im
Ergebnis doch gewährt würde. Auch könne insoweit dahinstehen, ob es sich bei den nicht eingehaltenen Vergütungsvorschriften
um solche mit reiner Ordnungs- und ohne Steuerungsfunktion handele, da die Rechtsprechung des früher für Krankenhausvergütung
zuständigen 3. Senats zu einem insoweit möglichen Ausgleich auf bereicherungsrechtlicher Grundlage vom zwischenzeitlich allein
für Krankenhausvergütung zuständigen 1. Senat des BSG aufgegeben worden sei.
Versagten allerdings, wie im vorliegenden Fall die Steuerungsfunktionen der einschlägigen Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts,
könne ein Ausgleich rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen auf bereicherungsrechtlicher Grundlage nicht unter Verweis auf
eben diese Steuerungsfunktion verneint bzw. die §§ 812 ff. BGB nicht aufgrund entgegenstehender öffentlich-rechtlicher Wertungszusammenhänge für unanwendbar erklärt werden. Insofern sei
vielmehr eine Ausnahme von dem Grundsatz anzuerkennen, Leistungserbringern für Leistungen, die unter Verstoß gegen das Leistungserbringerrecht
der gesetzlichen Krankenversicherung bewirkt worden seien, grundsätzlich keinen Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher
Grundlage zuzugestehen. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung habe für Behandlungsfälle wie den vorliegenden
mangels stationärer Behandlungsbedürftigkeit, bei zugleich aber ausschließlich im DRG-System vorgesehener Regelvergütung,
d.h. fehlender ambulanter Vergütung im Rahmen des EBM und im Katalog über ambulant durchführbare Operation nicht vorgesehener
ambulanter Implantation eines Ereignisrekorders die konkrete Gefahr einer Unterversorgung von Versicherten mit unbehandelten
unregelmäßigen Herzrhythmusstörungen bestanden. Ein solches Versorgungsdefizit stehe im Widerspruch zu dem in § 72 Abs. 2 SGB V geregelten Grundsatz der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, demzufolge eine ausreichende, zweckmäßige und
wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Stands medizinischer Erkenntnisse
gewährleistet werden müsse. Der ambulanten Versorgung mit implantierbaren Ereignisrekordern habe im vorliegend maßgeblichen
Behandlungszeitpunkt auch nicht etwa eine Einordnung der Methode als sog. neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB)
entgegengestanden. Die Verlagerung der Implantation von Ereignisrekordern vom stationären in den ambulanten Bereich, welche
insbesondere durch die VerfüG-BArkeit einer neuen Produktgeneration deutlich kleinerer Ereignisrekorder möglich geworden sei,
könne für sich genommen keine Neuheit der Methode begründen bzw. sie im ambulanten Bereich als NUB erscheinen lassen (vgl.
dazu ausführlich Reese/Kemmner, Rechtsprobleme der Erstattungsfähigkeit von implantierbaren Ereignisrekorden in der stationären
und ambulanten Versorgung, MPR 2019, Seite 42, 45 ff.). Vielmehr sei die Implantation von Ereignisrekordern bereits seit vielen
Jahren zu Rhythmusdiagnostik und Monitoring etabliert und habe dem allgemeinen Stand medizinischer Erkenntnisse sowie den
Empfehlungen in den einschlägigen Leitlinien der Fachgesellschaften entsprochen. Zudem sei der bei der Versicherten implantierte
R. ebenso wie vergleichbare Mini-Ereignisrekorder im streitgegenständlichen Behandlungszeitpunkt bereits seit gut zwei Jahren
verfüG-BAr gewesen, sodass aufgrund der daraus resultierenden ambulanten Versorgungsmöglichkeit bereits deutlich vor dem Zeitpunkt
der streitgegenständlichen Behandlung die Einführung einer ambulanten Vergütung durch Aufnahme in den EBM und den AOP-Katalog
angezeigt gewesen sei. Die Aufnahme einer Abrechnungsziffer für die Implantation des Ereignisrekorders in den EBM-Katalog
sei aber erst mit Schreiben vom 30.6.2017 durch den Bundesverband Medizintechnologie e.V. beantragt worden. Bis zu diesem
Zeitpunkt sei es lediglich ganz vereinzelt gelungen, zur Vermeidung eines Versorgungsdefizits Selektivvereinbarungen mit Krankenkassen
zu schließen. Angesichts der entsprechenden Bemühungen der Krankenhäuser ebenso wie aufgrund der zunehmenden Ablehnung der
Vergütung einer stationären Implantation von Ereignisrekordern habe das Bewusstsein der Krankenkassen um die Vergütungslücke
und das Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Lösung bereits deutlich früher vorhanden gewesen sein müssen. Dessen ungeachtet
sei seitens des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen offenkundig keine Aufnahme einer entsprechenden Abrechnungsziffer im
Bewertungsausschuss vorgeschlagen worden. Durch die somit bereits im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung beim
Bewertungsausschuss über Gebühr verzögerte Schaffung einer ambulanten Regelvergütung gehe die Kammer für diesen Zeitpunkt
von einem sog. Systemversagen in Gestalt des grundlosen Fehlens einer Abrechnungsposition mit der Folge von Versorgungslücken
im GKV-System aus.
(1) Rechtsgrundlage des tenorierten Zahlungsanspruchs sei der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Dieser im öffentlichen
Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte Anspruch sei aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts,
insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten. Er setze voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses
Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden seien
(vgl. etwa BSG, Urteil vom 1.8.1991 – 6 RKa 9/89, SozR 3-1300 § 113 Nr 1; Urteil vom 22.7.2004 – B 3 KR 21/03 R, SozR 4-2500 § 137c Nr 2, Rn. 8; Urteil vom 28.9.2010 – B 1 KR 4/10 R, SozR 4-2500 § 264 Nr 3, Rn.15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprächen, soweit sie nicht spezialgesetzlich
geregelt seien, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R, SozR 4-2500 § 264 Nr 2, Rn. 27 m. w. N. zur Rspr. des BVerwG). Es scheide aber ein
Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch
reiche (vgl. BSG, Urteil vom 16.7.1974 – 1 RA 183/73, SozR 2200 § 1409 Nr 1, S. 1 f.).
Die streitgegenständliche Behandlung der Versicherten sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Aufgrund der fehlenden Bedürftigkeit einer
stationären Krankenhausbehandlung sei die Klägerin von Anfang an nicht zur Leistung verpflichtet gewesen. Dies schließe aber
nicht aus, die Behandlung bereicherungsrechtlich als Leistung zu behandeln. Denn auch aus Sicht der Beklagten als Bereicherungsempfängerin
sei die Implantation des Ereignisrekorders bei der Versicherten auf die Erfüllung einer Behandlungspflicht nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V gerichtet gewesen. Einer entsprechenden Einordnung stehe aufgrund des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses auch nicht
entgegen, dass die Klägerin zugleich aus dem Behandlungsvertrag mit der Versicherten zur Behandlung verpflichtet gewesen sei
und somit auch eine Leistung auf eigene Schuld vorgelegen habe (vgl. zum Nebeneinander von zivilrechtlichem Behandlungsverhältnis
und öffentlich-rechtlichem Abrechnungsverhältnis etwa Brünner, SRa 4/2007, 121 [121 f.] m. w. N.). Die Klägerin als Bereicherungsgläubigerin
habe demnach geleistet, obwohl keine Verbindlichkeit bestanden habe (Fall der sog. condictio indebiti).
Ein Wertersatzausschluss nach § 814 BGB liege nicht vor. Nach Überzeugung der Kammer habe die Klägerin bei Behandlungsbeginn keine positive Kenntnis von ihrer Nichtschuld
gehabt. Für eine solche reiche die bloße Kenntnis der Tatumstände, aus denen sich die mögliche Rechtsgrundlosigkeit der Leistung
ergebe, nicht aus, selbst wenn der Irrtum über die Leistungspflicht auf grober Fahrlässigkeit beruhe (vgl. etwa Bundesgerichtshof,
Urteil vom 22.10.2015 – IX ZR 100/13, Rn. 16).
Durch die streitgegenständliche Behandlung der Versicherten habe die Beklagte einen vermögenswerten Vorteil erlangt, da die
Beklagte durch die Leistung der Klägerin von einem andernfalls, d.h. bei ambulanter Versorgung der Versicherten, bestehenden
Anspruch der Versicherten auf Kostenfreistellung/-erstattung für die Implantation eines Ereignisrekorders befreit worden sei.
Die Versicherte hätte im Falle der ambulanten Implantation des Ereignisrekorders aufgrund des oben dargelegten Systemversagens
die sachleistungsersetzende Kostenübernahme oder -erstattung der Behandlungskosten gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V von der Beklagten verlangen können. Denn nach der Rechtsprechung des BSG seien Leistungen in einem Ausnahmefall wie dem vorliegenden, bei dem eine vertragsärztliche Abrechnung zu Lasten der GKV
allein durch das Fehlen einer Abrechnungsposition nicht möglich sei, in den GKV-Leistungskatalog einbezogen, ohne dass es
einer positiven Empfehlung des G-BA und einer Aufnahme der Methode in den EBM bedürfe (vgl. BSG, Urteil vom 2.9.2014 − B 1 KR 11/13 R). Der Annahme eines vermögenswerten Vorteils der Beklagten durch die Leistung der Klägerin stehe nicht entgegen, dass die
Versicherte im vorliegenden Fall nicht vor der Versorgung mit einem implantierbaren Ereignisrekorder durch die Klägerin den
Kontakt mit der Beklagten aufgenommen bzw. eine Kostenzusage für eine ambulante Durchführung beantragt gehabt habe. Denn zu
der ambulanten Selbstbeschaffung, deren Kostenerstattung der Beklagten aufgrund der stationären und vermeintlich als GKV-Leistung
erbrachten Behandlung der Klägerin erspart geblieben sei, sei es aufgrund des Systemversagens ja gerade nicht gekommen. Die
Versicherte habe die Krankenhausbehandlung der Klägerin vielmehr in der Annahme in Anspruch genommen, dass es sich um eine
stationäre GKV-Sachleistung handele. Es würde mithin der vorliegenden Konstellation eines Systemversagens nicht hinreichend
Rechnung getragen, wenn man die Bejahung eines vermögenswerten Vorteils davon abhängig machen würde, dass sich die Versicherte
zuvor um eine Kostenfreistellungs- bzw. Erstattungszusage der Beklagten für eine ambulante Behandlung bemüht hätte. Vielmehr
sei insoweit der hypothetische Kausalverlauf bei Kenntnis der Versicherten von den Rechtsfolgen der fehlenden Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
einerseits und der fehlenden ambulanten Abrechnungsmöglichkeit andererseits zugrunde zu legen, bei welchem von einer Kontaktaufnahme
der Versicherten mit der Beklagten ausgegangen werden könne. Diese Lösung berücksichtige auch, dass der Klägerin aufgrund
des zur Zeit der streitgegenständlichen Behandlung umstrittenen und noch nicht gerichtlich, insbesondere nicht obergerichtlich
geklärten Bestehens oder Nichtbestehens eines Vergütungsanspruchs von Krankenhäusern für die stationäre Versorgung von Synkope-Patienten
mit Ereignisrekordern kein treuwidriges (Beratungs- oder Aufklärungs-) Unterlassen vorzuwerfen sei und entspreche insoweit
einer angemessenen Risikoverteilung für die aus einem Systemversagen resultierende klägerische Fehleinschätzung.
(2) Die Beklagte sei der Klägerin in Höhe von 2.790,00 EUR analog § 818 Abs. 2 BGB zum Wertersatz der durch die Leistung der Klägerin gegenüber der Versicherten erlangten Schuldbefreiung verpflichtet. Die
erkennende Kammer lege insoweit die von der Klägerin angegebenen und durch Vorlage einer Rechnung der Firma Medtronic vom
3.6.2015 über zehn R.-Herzmonitore substantiierten sowie von der Beklagten nicht bestrittenen Sachkosten des bei Klägerin
implantierten Ereignisrekorders von 2.790,00 Euro zugrunde. Dieser Betrag bilde nach Überzeugung der Kammer den Material-
bzw. Verkehrswert eines minimalinvasiv und daher ambulant einführbaren Herzmonitors ab, wie er von der Beklagten im Rahmen
einer Kostenfreistellung bzw. -erstattung für eine ambulante Implantation zu zahlen gewesen wäre.
Für einen darüberhinausgehenden Anspruch auf Wertersatz der von der Beklagten erlangten Schuldbefreiung fehle es an einem
geeigneten Beteiligtenvorbringen. Auch wenn die gerichtliche Sachaufklärung nicht von Tatsachenbehauptungen, Beweisanregungen
oder Beweisanträgen abhängig sei, begründe der Untersuchungsgrundsatz aus § 103 SGG keine Pflicht der Gerichte, Tatsachen zu ermitteln, für die das Beteiligtenvorbringen keine konkreten Anhaltspunkte liefere.
In diesem Sinne finde die gerichtliche Sachaufklärungspflicht ihre Grenze an der Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten.
Dies gelte umso mehr, wenn – wie hier – die Beteiligten eine besondere professionelle Kompetenz aufwiesen (vgl. auch BSG, Urteil vom 6.3.2012 – B 1 KR 14/11, SozR 4-2500 § 130 Nr 2, Rn. 17). Die Klägerin habe im Zusammenhang mit ihrer hilfsweise
angeführten Forderung eines bei fehlender Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu leistenden Ersatzes der ambulanten Operationsleistung
als angefallene Kosten lediglich die Materialkosten eines Ereignisrekorders vom Typ Medtronic R. dargelegt. Dafür, welche
Kosten der Beklagten darüber hinaus erspart geblieben seien, fehlten mangels diesbezüglichem Vortrag der Beteiligten und mangels
einschlägiger EBM-Ziffern hinreichende Anhaltspunkte, weshalb auch eine Ermittlung des Wertersatzes im Wege einer Schätzung
gemäß § 202 Abs. 1 SGG i. V. m. § 287 ZPO ausscheide.
cc) Die Beklagte habe gegenüber dem Vergütungsanspruch der Klägerin aus einem anderen Behandlungsfall folglich mit einem öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch in Höhe von 1.285,35 EUR aufrechnen können. In dieser Höhe stelle sich die Aufrechnung auch als wirksam
dar. Der als Gegenanspruch zur Aufrechnung gebrachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch und der Vergütungsanspruch
der Klägerin aus einem anderen Behandlungsfall seien gegenseitig und gleichartig. Auch sei der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch
fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar gewesen.
3. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 17 Abs. 3 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Vertrags gemäß § 112 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung zwischen der Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern e.
V. und u. a. dem BKK-Landesverband NORD. Danach könne die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag verlangen, ohne dass es einer Mahnung bedürfe, sofern die Zahlung nicht innerhalb
der Zahlungsfrist erfolge. Für die vorliegende Verrechnungskonstellation folge daraus ein Verzinsungsbeginn ab dem 5. April
2017.
Das Urteil ist der Beklagten am 20. März 2020 zugestellt worden. Am 20. April hat sie die vorliegende Berufung erhoben. Sie
begründet diese damit, dass das Sozialgericht zu Unrecht eine willkürliche Aufteilung der Vergütung auf Basis des DRG-Systems
vorgenommen habe. Letztere beinhalte alle ärztlichen, pflegerischen und sachlichen Mittel, welche für die Behandlung des Patienten
notwendig seien. Nur in wenigen Ausnahmefällen wie in Zusatzentgelten für besonders aufwändige medikamentöse Leistungen sei
eine Abweichung vom Grundsatz einer einheitlichen DRG vorgesehen. Die übrigen Sachkosten würden mit der DRG abgegolten. Wenn
ein Vergütungsanspruch für eine vollstationäre Behandlung nicht bestehe, weil eine vollstationäre Behandlung medizinisch nicht
notwendig gewesen sei, komme eine auch nur teilweise Erstattung der Sachkosten nicht in Betracht. Warum würden dann nicht
auch gleich die weiteren Sachkosten wie für Tupfer, Verbandsmittel etc. erstattet verlangt? Ebenso könnte zur Erstattung der
fiktiven Kosten der ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter verurteilt werden. Das heiße, sobald eine Vergütungspflicht
für eine vollstationäre Behandlung ausscheide, entfalle damit auch der Vergütungsanspruch für die gesamte DRG und damit auch
für die in der DRG enthaltenen Sachkosten. Die vom Sozialgericht vorgenommene Aufteilung sei systemwidrig und nicht mit dem
geltenden Vergütungssystem vereinbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 1. Oktober 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Die Indikation für die Versorgung mit dem Ereignisrekorder sei zwischen
den Beteiligten nicht mehr streitig. Das Gericht habe sein Urteil zu Recht auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch
entsprechend §§ 812, 818 Abs. 1 und 2 BGB gegründet. Ebenso richtig sei es, dass das Gericht das Versagen der Steuerungsfunktion der einschlägigen Bestimmungen des
Leistungserbringungsrechts im vorliegenden Fall für in grobem Umfang gegeben sah und daher bereicherungsrechtliche Grundsätze
herangezogen habe. Wäre der Versicherten der medizinisch indizierte Eventrekorder nicht implantiert worden, wäre diese unterversorgt
gewesen und die bestehenden unregelmäßigen Herzrhythmusstörungen wären unbehandelt geblieben. Dies hätte einen Widerspruch
zu dem Grundsatz der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung bedeutet. Folgte man der Argumentation der Beklagten,
hätte die medizinisch indizierte Behandlung nicht vorgenommen werden können. Unlogisch sei auch die Argumentation der Beklagten
in Bezug auf die übrigen Kosten der Behandlung. Dies sei allenfalls ein Argument zur Höhe der Vergütungspflicht und zwar zugunsten
der klägerischen Argumentation.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die
Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Patientenakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
des Senats gewesen sind und diesem bei der Beratung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage – teilweise – stattgegeben. Denn ein auch nur
teilweiser Rechtsanspruch auf die von der Klägerin eingeklagte Krankenhausabrechnung besteht nicht. Letztlich besteht bei
primärer Fehlbelegung kein Anspruch auf (Teile der) Behandlungskosten, selbst, wenn dieser auf ein (wesentliches) Element
der Sachkosten beschränkt wird und die medizinische Sinnhaftigkeit der fraglichen Diagnostikmethode unbestritten ist.
Die von der Klägerin geltend gemachte Forderung ist durch Aufrechnung (§ 69 Abs. 1 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – i.V.m. §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch) erloschen. Der Beklagten stand insoweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, denn sie hatte der Klägerin für
den hier streitigen Behandlungsfall zunächst 4.075,35 € ohne Rechtsgrund bezahlt. In dieser Höhe stand der Klägerin eine Vergütung
nämlich nicht zu, da eine stationäre Versorgung der Versicherten der Beklagten am Maßstab von § 39 SGB V gemessen nicht erforderlich war.
Die wesentlichen Rechtsgrundlagen zur Abrechnungsfähigkeit von stationären Behandlungskosten hat das Sozialgericht rechtfehlerfrei
aufgeführt (und sind den im Krankenhausabrechnungsbereich professionell tätigen Beteiligten ohnehin bekannt), weshalb zur
Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug genommen werden kann (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Sozialgericht hat den Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe der Sachkosten jedoch zu Unrecht auf den öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch gestützt. Denn die stationäre Implantation des Ereignisrecorders erfüllte nicht die Voraussetzung der
Erforderlichkeit i.S. von § 39 SGB V. Der Grundsatz der Erforderlichkeit nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V beinhaltet ein abgestuftes System, wonach das Prinzip der Wirtschaftlichkeit stets eine sozialmedizinische Prüfung danach
erfordert, ob ein ambulantes Vorgehen im konkreten Fall ausreicht, um der Krankheit angemessen zu begegnen, oder ob ein teilstationäres
Verfahren notwendig wird oder, wenn dieses auch nicht ausreicht, ein vollstationäres Behandlungssetting allein aus medizinischen
Gründen erforderlich ist (grundlegend BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – Az. B1 KR 24/08 R – und Urteil vom 16. Dezember 2008, Az. B 1 KR 11/08 R, Rn. 16,17, juris)). Vorliegend ist also danach zu fragen, ob die Implantation eines Ereignisrecorders zur Detektierung anfallsartig
auftretender Herzrhythmusstörungen die Aufnahme in stationäre Behandlung erforderte. Die Versicherte wurde hier elektiv (d.h.
der Patient kommt im Gegensatz zu notfallmäßig bzw. mit Einweisung des Hausarztes auf die Station. Es handelt sich für gewöhnlich
um weniger drängende Aufnahmegründe, deren Abklärung und Behandlung auch problemlos später stattfinden könnte. Diese Patienten
gelangen ungesehen auf die Station, es hat also keine primäre Behandlung durch den Rettungsdienst oder den Dienstarzt in der
Zentralen Notaufnahme (ZNA) gegeben. Die Versicherte wurde am 10. Oktober 2016 zur Implantation des Ereignisrecorders aufgenommen
und nach dessen Implantierung am 11. Oktober 2016 wieder entlassen. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen
Dr. D. vom 16. Juli 2019 hätte das Behandlungsziel auch im Rahmen von teil-, vor- oder nachstationärer oder ambulanter Behandlung
erreicht werden können.
Dies wird auch von der Klägerin in der Berufung nicht mehr ernsthaft infrage gestellt. Die Klägerin stellt nun vielmehr darauf
ab, dass die Behandlung ambulant nicht abrechenbar sei, da weder eine Abrechnungsziffer im EBM noch im AOP-Katalog der ambulant
durchführbaren Operationen nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V hierfür vorhanden sei und deshalb der Versorgungsanspruch im ambulanten Bereich nicht habe erfüllt werden können. Es sei
daher ein Zirkelschluss, einerseits auf eine ambulante Versorgung zu verweisen, weil diese stationär nicht erforderlich sei,
andererseits die Behandlung ambulant aber nicht abrechenbar zu machen, was dazu führe, dass sie ambulant im Bereich der gesetzlich
Krankenversicherten auch nicht angeboten werde. Über die Anerkennung der fraglichen Diagnosemethode als neue Untersuchungs-
und Behandlungsmethode (NUB) in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkassen habe der Gemeinsame Bundesausschuss
– G-BA – bisher keine Empfehlung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V abgegeben. Die Klägerin schließt sich der Argumentation des Sozialgerichts an und hält die Lösung des Falls über den öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch daher für geboten. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
In der Tat kann die fehlende Abrechenbarkeit über den EMB dazu führen, dass die von den Fachärzten für medizinisch indiziert
gehaltene Behandlung zwar stationär im Rahmen des dort geltenden sogenannten Verbotsvorbehalts (vgl. Ihle in: Schlegel/Voelzke,
jurisPK- SGB V, 4. Aufl., § 135 SGB V (Stand: 15.06.2020, Rn. 11 und BSG, Az. B 1 KR 11/08 R, ebenda, Rn. 16) mangels Verbots der Diagnostikmethode erbracht werden kann, aber mangels der Erforderlichkeit der Behandlung
im Rahmen einer stationären Versorgung nicht zulasten der Krankenkassen abrechenbar ist, andererseits der Implantation im
Rahmen der ambulanten Versorgung deren fehlende Abrechenbarkeit rein praktisch entgegensteht.
Die Konsequenz, dass eine NUB im Bereich der kassenärztlichen Versorgung mangels Vergütung nicht angeboten wird, ist vom Gesetzgeber
durchaus intendiert und wird tatsächlich in Kauf genommen. Es spricht viel dafür, dass es sich bei der Implantation des Ereignisrecorders
auch um eine NUB handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung handelt es sich dann um eine NUB, wenn ihr ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches
Konzept zugrunde liegt, das sich von anderen Therapieverfahren unterscheidet, und dass seine systematische Anwendung in der
Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (BSG, Urteil vom 8. Juli 2015, B 3 KR 5/14 R, Rn. 32, juris). Dabei wird gemeinhin auf eine eher formelle Begriffsbestimmung abgestellt und danach gefragt, ob die Methode
bisher überhaupt nicht oder gegebenenfalls nicht in dieser Form Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung war. Neu ist
eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode danach, wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung
im EBM aufgeführt wird oder nicht bereits vom G-BA anerkannt worden ist (Schmidt-De Caluwe, in Becker/Kingreen, SGB V, 6. Aufl. 2018, § 135, Rn. 7; a.A. in eine formelle und eine materielle Neuheit unterscheidend, Reese/Kemmner, a.a.O. S. 47f). Beides ist vorliegend
der Fall. Denn die Implantierung eines Ereignisrecorders ist im EBM bisher nicht aufgeführt und beim G-BA bisher auch nicht
beantragt worden (Auskunft des G-BA vom 20. Oktober 2021 an das LSG Hamburg). Ist aber eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode
im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen oder wird sie im EBM nicht aufgeführt, führt dies dazu, dass
sie tatsächlich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (gKV) auch nicht anwendbar ist bzw. nicht angewendet wird.
Diese Folge ist im gesetzlichen Gesundheitssystem jedoch angelegt und gewollt. Das Problem, dass medizinisch anerkannte Methoden
und/oder Behandlungen, sei es medikamentöser Art, sei es im Rahmen von neuer Medizintechnik oder anderer Behandlungsformen,
nicht anerkannt und damit im Rahmen der gKV nicht leistbar sind, ist dem Senat bekannt. Das Gericht hat damit in den unterschiedlichsten
Erscheinungsformen immer wieder zu tun. Letztlich ist die Einführung von § 2 Abs. 1a SGB V Folge dieser im Einzelfall harten Leistungsgrenzen, aber eben nur in Fällen lebensbedrohlicher oder tödlich verlaufender
oder wertungsmäßig vergleichbarer Erkrankungen, um die es sich vorliegend offenkundig nicht handelt. Auch dürfte die reine
Diagnostik noch keine Behandlungsform gegen die zu detektierende Grunderkrankung darstellen.
Die in § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V vorgesehene Hürde der Empfehlung des G-BA für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung
ist bewusst gesetzt und wird von der Rechtsprechung gestützt. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 2008 (Az. B 1 KR 11/08 R, Rn. 14, mit Anm. Dr. F. vom 10.6.2009, „Keine Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung für Leistungen ohne positive Empfehlung
des G-BA“, beide in juris,) in der Streitkonstellation eines Versicherten gegen dessen Krankenkasse gerichtet auf Kostenerstattung
für eine Liposuktion hierzu ausgeführt:
„aa) Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität
und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist - wie hier - bei neuen
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien
nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer
(Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen.
Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen
verbindlich festgelegt (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, jeweils RdNr 12 mwN - LITT; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, jeweils RdNr 15 mwN - Tomudex).Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische
Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren
unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl BSGE 82,
233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSG SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 17). Darum geht es bei den von der Klägerin selbst beschafften Liposuktionen. "Neu" ist eine Methode, wenn sie
- wie hier die Liposuktion - zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen
Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl BSG, Urteil vom 27.9.2005 - B 1 KR 28/03 R - USK 2005-77; BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4; BSGE 81, 73, 75 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 7).Als nicht vom G-BA empfohlene neue Methode ist die ambulante Fettabsaugung bei Lipödemen mithin
grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der GKV.“
und weiter unten (Rn. 17,18 und so auch in den Entscheidungen des BSG vom 2.9.2014, B 1 KR 11/13 R, Rn. 14 sowie vom 17.11.2015, B 1 KR 12/15 R, Rn. 14):
„Zunächst Zu Recht hat sich das LSG darauf gestützt, dass ein Anspruch der Klägerin auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs 1 Satz 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V auch davon abhängt, dass die Krankenhausbehandlung der Klägerin allein aus medizinischen Gründen erforderlich ist (vgl Beschluss
des Großen Senats des BSG vom 25.9.2007 - GS 1/06, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; ebenso BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, jeweils RdNr 23 ).Die Erforderlichkeit richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen
(vgl Großer Senat, aaO, RdNr 15). Dafür genügt es nicht schon allgemein, dass eine ambulante Behandlungsmethode zwar den Regeln
der ärztlichen Kunst entspricht, aber ohne Rechtsverstoß (noch) nicht in den Leistungskatalog vertragsärztlicher zu Lasten
der KKn erbrinG-BArer Leistungen aufgenommen worden ist (vgl zu Ausnahmefällen auch E. Hauck, NZS 2007, 461, 464, bei Fn 43 und 44 mwN). In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch und gerade der individuellen Erforderlichkeit
der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl BSG, Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 28 und 37 f mwN; BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, mwN). An der individuellen Erforderlichkeit
einer Krankenhausbehandlung der Klägerin fehlte es hier.
Das LSG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die medizinische Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung
unter Auswertung der dem Antrag der Klägerin beigefügten Stellungnahme von Dr. C. verneint.“
Diese Maßregeln, denen der erkennende Senat sich u.a. auch in Fällen von Liposuktionen schon mehrfach angeschlossen hat, gelten
in gleicher Weise in der Rechtsbeziehung zwischen Krankenhaus und Krankenkasse und erfahren auch dann keine Ausnahme, wenn
die neue Diagnostik von den Fachmedizinern für sinnvoll und indiziert gehalten wird. Auch Ausnahmen, wie sie in Form der sog.
Seltenheitsfälle oder dem Systemversagen von der Rechtsprechung entwickelt worden sind (unter anderem BSG, B 1 KR 24/06 R, Rn. 17ff, ebenda), greifen hier nicht ein. Zunächst gilt grundsätzlich, dass diese beiden von der Rechtsprechung entwickelten
Konstrukte Ansprüche alleine den Versicherten vermitteln können, die Anwendung dieser Rechtsfiguren im Abrechnungsstreit zwischen
Krankenhaus und Krankenkasse ist nicht vorgesehen. Das ist auch konsequent, da sie Ausfluss des Anspruches des Versicherten
auf Krankenbehandlung gem. § 27 Abs. 1 SGB V ist. Die bisher in der Rechtsprechung hierzu entschiedenen Fälle sind daher auch stets solche, in denen der Versicherte sich
gegen die Krankenkasse wendet um einen Behandlungsanspruch durchzusetzen.
Ein Seltenheitsfall wäre aber wohl auch sonst nicht gegeben, da die zu untersuchenden Herzrhythmusstörungen offenkundig keine
seltenen Erkrankungen des Herzens darstellen und ein Systemversagen kommt ebenso wenig in Betracht, da nicht erkennbar noch
vorgetragen worden ist, dass die fehlende Anerkennung der neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen
ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen
Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt bzw. hintertrieben, verhindert oder in einer den Krankenkassen oder
dem Bundesausschuss sonst zurechenbaren Weise unzulässig verzögert worden wäre. Würde man ein Systemversagen (im Fall, dass
es sich nicht um eine NUB handelt und daher die fehlende Bewertung im EBM systemversagend wäre) unterstellen, führte die Versorgung
der Versicherten mit einem Ereignisrecorder über die sog. Selbstbeschaffung der Versicherten im ambulanten Bereich mit der
Folge, dass ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V entstehen würde. Tatsächlich ist der Antrag auf Zulassung des Ereignisrecorders zur Detektion bei der Indikation des Verdachts
auf Vorhofflimmern beim G-BA aber noch gar nicht gestellt worden.
Ebenso wenig kommt hier eine notstandsähnliche (Krankheits-) Situation in Betracht, in der die verfassungskonforme Auslegung
zu einer anderen Bewertung führen könnte. Denn es handelt sich bei der eine Diagnostik betreffenden zu detektierenden Grunderkrankung
des Herzens nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder um eine wertungsmäßig damit vergleichbare
Erkrankung (vgl. BSG, Urteile vom 4.4.2006, B 1 KR 7/05 R und B 1 KR 12/04 R, beide in juris). Schließlich ist der Ereignisrecorder unstreitig im Rahmen eines kleinen, unter örtlicher Betäubung durchgeführten
etwa 10 Minuten dauernden Eingriffs implantiert worden. Darüber, dass dies auch in ambulanter Versorgung hätte stattfinden
können, sind die Beteiligten sich inzwischen auch einig.
Das Sozialgericht hat den auf die Sachkosten begrenzten Anspruch der Klägerin zu Unrecht auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch
gestützt. Damit hat es die im SGB V verankerten Ordnungs- und Steuerungsfunktionen des Vergütungssystems für Kosten der medizinischen Versorgung von gesetzlich
Krankenversicherten umgangen, um einen im Rahmen dieses Systems rechtlich unzulässigen Anspruch auf der Grundlage von anderen
Erstattungsregeln durchzusetzen. Wie das BSG bereits mehrfach (unter anderem im Urteil vom 17. November 2015, B 1 KR 12/15 R, Rn. 23, juris) betont hat, steht einem Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen das Leistungserbringerrecht
der GKV bewirkt hat, grundsätzlich kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Dies, so führt das BSG weiter aus, gelte unabhängig davon, ob die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und ob sie für den Versicherten
geeignet und nützlich seien. Dem schließt der erkennende Senat sich an. Der vom Sozialgericht eingeschlagene Weg würde letztlich
zu einer uferlosen Ausweitung des mit den Regelungen des SGB V ausdifferenziert strukturierten und entwickelten Leistungsprinzips führen. Denn über den öffentlich-rechtlichen Erstattungs-
bzw. bereicherungsrechtliche Ansprüche ließen sich die unterschiedlichsten medizinischen Behandlungsformen zulasten der GKV
abrechnen, auch wenn diese in dem komplexen Zulassungsverfahren des gesetzlichen Gesundheitssystems gerade bei NUB (noch)
nicht anerkannt worden sind.
III. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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