Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Anforderungen an die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung über einen Betrag in Höhe von 7.516,82
€ für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018.
Der am 00.00.1959 geborene Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Er ist privat kranken- und pflegeversichert. Der
Kläger wohnte zur Miete in einem Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 95 qm, von der er einen 15 qm großen Raum für seine
berufliche Tätigkeit nutzte, zu einer Bruttogesamtmiete von monatlich 545,00 €. Das Haus wurde mit Öl beheizt. Heizöl erwarb
der Kläger im streitigen Zeitraum nicht.
Der Kläger beantragte für die Zeit ab dem 01.05.2017 erstmals Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 14.07.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger zunächst vorläufige Leistungen für die
Zeit vom 01.05.2017 bis zum 31.10.2017 in Höhe von monatlich je 1.245,69 €. Mit Bescheid vom 12.03.2018 setzte der Beklagte
die Leistungen des Klägers auf 0,00 € fest und forderte die Erstattung eines Betrags i.H.v. 7.474,14 €. Dieser Bescheid ist
Gegenstand des Verfahrens L 19 AS 1548/20.
Am 03.10.2017 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 01.11.2017. Am 03.10.2017 betrug das Guthaben
auf seinem Girokonto 10.590,67 € sowie am 30.10.2017 9.403,85 €, das Guthaben auf einem Sparbuch des Klägers betrug 8.550,00
€. Am 19.12.2017 erfolgte eine Gutschrift vom Girokonto des Klägers auf dessen Sparbuch i.H.v. 150,00 €, die nebst Zinsen
zu einem Guthaben i.H.v. 8.700,16 € auf dem Sparbuch des Klägers führte. Zum 12.03.2018 belief sich das Guthaben auf dem Girokonto
des Klägers auf 11.618,93 € sowie zum 30.04.2018 auf 13.281,99 €.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 20.12.2017 vorläufige Grundsicherungsleistungen i.H.v. monatlich 1.094,82
€ für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 31.12.2017 sowie von monatlich 1.101,82 € für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum 30.04.2018.
Hierbei legte der Beklagte unter anderem eine Grundmiete in Höhe von 236,50 € sowie Nebenkosten in Höhe von 71,58 € zugrunde.
Einkommen wurde nicht angerechnet. Mit Änderungsbescheid vom 19.03.2018 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufige Grundsicherungsleistungen
in Höhe von monatlich 1.128,32 € für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 31.12.2017 sowie von monatlich 1.138,99 € für die Zeit
vom 01.01.2018 bis zum 30.04.2018, wobei er den halbierten Basistarif der Beiträge zu der Krankenversicherung des Klägers
anpasste sowie eine Grundmiete in Höhe von 270,00 € zugrunde legte. Am 27.04.2018 erließ der Beklagte nach Teilabhilfe eines
Widerspruchs des Klägers gegen den Bescheid vom 20.12.2017 mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2018 einen weiteren Änderungsbescheid
vom 27.04.2018, mit dem er dem Kläger unter Zugrundelegung einer Grundmiete von 387,37 € sowie Nebenkosten von 71,58 € vorläufige
Grundsicherungsleistungen i.H.v. von monatlich 1.245,69 € für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 31.12.2017 sowie von monatlich
1.256,36 € für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum 30.04.2018 bewilligte.
Nach einem Widerspruch des Klägers vom 04.05.2018 gegen den Änderungsbescheid vom 27.04.2018 hob der Beklagte den Änderungsbescheid
vom 27.04.2018 vor dem Hintergrund einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung mit Abhilfebescheid vom 15.05.2018 auf und erließ
am 22.05.2018 einen weiteren Änderungsbescheid, mit dem er dem Kläger weiterhin vorläufige Grundsicherungsleistungen i.H.v.
monatlich 1.245,69 € für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 31.12.2017 sowie von monatlich 1.256,36 € für die Zeit vom 01.01.2018
bis zum 30.04.2018 bewilligte.
Gegen den Änderungsbescheid vom 22.05.2018 erhob der Kläger am 29.05.2018 Widerspruch, den er mit Schreiben vom 14.06.2018
damit begründete, dass der Beklagte an den Tenor seines Widerspruchsbescheids vom 26.04.2018 gebunden sei, die tatsächlichen
Kosten der Unterkunft als Bedarf anzuerkennen.
Der Kläger reichte mit Datum vom 22.05.2018 die abschließende Anlage EKS nebst Unterlagen für die Zeit vom 01.11.2017 bis
zum 30.04.2018 beim Beklagten ein, mit der er einen Gewinn von insgesamt 6.109,86 €, mithin einen durchschnittlichen monatlichen
Gewinn von 1.018,31 €, berechnete.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2018 als unbegründet zurück und verwies darauf, dass
die tatsächlichen Kosten der Unterkunft dadurch berücksichtigt worden seien, dass der auf die gewerbliche Nutzung entfallende
Anteil im Rahmen der Betriebskosten als Raumkosten angesehen worden seien.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 21.06.2018 Klage erhoben.
Im Verlauf des Klageverfahrens erließ der Beklagte am 02.10.2018 einen Bescheid zur Aufhebung und Erstattung von Leistungen
bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018, mit dem er die Leistungen
des Klägers auf 0,00 € festsetzte sowie für diesen Zeitraum die Erstattung eines Betrags i.H.v. 7.516,82 € forderte. Der Beklagte
ging dabei von einem Gesamtgewinn i.H.v. 9.652,61 € aus, was monatlich einem Betrag i.H.v. 1.608,77 € entsprach. Den Widerspruch
des Klägers vom 17.10.2018 gegen den Bescheid vom 02.10.2018 verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2019
als unzulässig. Hiergegen hat der Kläger am 28.01.2019 bei dem Sozialgericht Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 32 AS 378/19 geführt wurde.
Mit Beschluss vom 12.04.2019 hat das Sozialgericht die Verfahren S 32 AS 2583/18 und S 32 AS 378/19 zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung unter dem führenden Aktenzeichen S 32 AS 2583/18 verbunden.
Der Kläger hat vorgetragen, die Entscheidung des Beklagten, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu übernehmen, sei bindend
geworden. Der Bescheid der endgültigen Festsetzung enthalte keine verbindliche Regelung, mit der die vorläufige Leistungsbewilligung
im Sinne eines actus contrarius beseitigt worden sei. Zudem sei der Bescheid vom 02.10.2018 nicht Gegenstand des Verfahrens
S 32 AS 2853/18 geworden. Ferner sei die Berechnung des Beklagten fehlerhaft, mit der endgültigen Festsetzung sei das Einkommen nicht um
die gesetzlich vorgeschriebenen Absetzungen bereinigt worden. Strom- und Telefonkosten seien hälftig als Betriebsausgaben
anzusetzen. Auch seien alle entstandenen Kosten für sein Fahrzeug anzuerkennen, da der Wagen zu mindestens 50 Prozent beruflich
genutzt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung vom 02.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2019
aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat darauf verwiesen, dass dem Kläger ein weiterer Bedarf an Kosten der Unterkunft nicht zu gewähren sei. Der Anteil der
Miete für den gewerblich genutzten Raum sei als Betriebsausgabe berücksichtigt und könne nicht doppelt berücksichtigt werden.
Zudem habe im gesamten streitigen Zeitraum aufgrund der Einkommensverhältnisse des Klägers keine Hilfebedürftigkeit vorgelegen.
Mit Urteil vom 28.08.2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 26.09.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.10.2020 Berufung eingelegt. Das Urteil des Sozialgerichts
sei fehlerhaft. In dem Bewilligungszeitraum habe der Beklagte kein Durchschnittseinkommen bilden dürfen, da die Einnahme erheblich
schwankend gewesen seien. § 41a Abs. 4 SGB II verdränge die Anwendung des § 3 Abs. 4 ALG II-VO, sodass auch bei Selbständigen kein Durchschnittseinkommen zu bilden sei, wenn ihre Einnahme in einem Monat den Leistungsanspruch
entfallen lasse. Auch eine Berücksichtigung von Vermögen sei nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
sei Vermögen alles, was vor Antragstellung vorhanden sei, Einkommen, was nach Antragstellung zufließe. Gegen diesen Rechtssatz
habe das Sozialgericht verstoßen, wenn es annehme, dass durch das Einkommen die Vermögensgrenze überstiegen worden sei. Zudem
habe er das "Vermögen" auch aus Leistungen nach dem SGB II aufgebaut. Dies sei aber gemäß § 11a SGB II nicht als Einkommen der Vermögen zu berücksichtigen. Zudem seien in analoger Anwendung des § 11a SGB II die Ansprüche des Beklagten auf Rückzahlung der Leistungen als besondere Härte zu betrachten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.08.2020 abzuändern und den Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung vom 02.10.2018
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2019 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des
Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.08.2020, mit dem das Sozialgericht
die beiden nach §
113 SGG verbundenen Klagen des Klägers gegen den Bescheid vom 02.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2019
abgewiesen hat. Mit dem streitbefangenen Bescheid hat der Beklagte die Grundsicherungsleistungen an den Kläger für die Zeit
vom 01.11.2017 bis 30.04.2018 abschließend nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II auf 0,00 Euro monatlich festgesetzt und gemäß § 41a Abs. 6 SGB II eine Erstattung von 7.516,82 € verlangt. Damit enthält der Bescheid zwei selbständige, voneinander unabhängige Verfügungen.
Da die Erstattungsforderung des § 41a Abs. 6 SGB II auf die abschließende Festsetzung des Leistungsanspruchs des Klägers für die Zeit vom 01.11.2017 bis 30.04.2018 nach § 41a Abs. 3 SGB II aufbaut und beide Verfügungen in einem Bescheid zusammengefasst sind, bilden sie in dieser Konstellation eine rechtliche
Einheit,
Die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 01.11.2017 bis 30.04.2018 nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II durch den Bescheid vom 02.10.2018 hat die vorläufige Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers betreffend dieses
Bewilligungszeitraums durch Bescheid vom 22.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2018 ersetzt und mit
ihrem Erlass i.S.d.§ 39 Abs. 2 SGB X erledigt, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung bedurft hätte (vgl. zu den Rechtswirkungen
einer abschließenden Entscheidung im Verhältnis zu einer vorläufigen Bewilligung: BSG, Urteil vom 05.07.2017 -B 14 AS 36/16 R m.w.N.). Der Bescheid ist nicht nur betreffend die Entscheidung über die abschließende Festsetzung des Leistungsanspruchs
nach §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens, S 32 AS 2583/18, geworden, sondern auch hinsichtlich der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs, da in dieser Konstellation beide Verfügungen
eine rechtliche Einheit bilden. Die Rechtsfolge des §
96 Abs.
1 SGG - direkte Einbeziehung des Folgebescheides in das Klageverfahren kraft Gesetzes (BSG, Urteil vom 30.10.1963 -2 RU 35/60) - tritt automatisch ein, ohne dass es auf den Willen der Beteiligten ankommt. Es handelt sich damit um einen Fall einer
gesetzlichen Klageänderung. Die Beteiligten können die Wirkung des §
96 Abs.
1 SGG nicht ausschließen (siehe BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 57/04 R m.w.N.). Ein Beteiligter hat kein Wahlrecht zwischen der Einbeziehung eines
Verwaltungsaktes nach §
96 Abs.
1 SGG in ein Klageverfahren und einer selbständigen Anfechtung des Verwaltungsaktes (vgl. Behrend in Henning,
SGG, Stand Juni 2015, §
96 Rn. 5 m.w.N.). Insoweit hat der Beklagte zutreffend den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.05.2018 als unzulässig
verworfen.
Die vom Kläger gegen den Bescheid vom 22.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2018 erhobene Klage,
S 32 AS 378/19, ist wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.
Der Kläger hat laut dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag sowohl gegen die endgültige Festsetzung seines
Leistungsanspruchs auf Null für den Zeitraum vom 01.11.2017 bis 30.04.2018 sowie gegen die Erstattungsforderung eine reine
Anfechtungsklage nach §
54 Abs.1 S.1
SGG erhoben.
Gegen die im streitbefangenen Bescheid enthaltene Erstattungsforderung ist die reine Anfechtungsklage nach §
54 Abs.
1 S. 1
SGG zulässig.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist jedoch die isolierte Anfechtung einer abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB II ohne Geltendmachung dessen, was als Leistung tatsächlich beansprucht wird, prozessual ausgeschlossen (vgl. BSG, Beschluss vom 26.02.2020 - B 14 AS 133/19 B, Urteil vom 12.09.2018 - B 4 AS 39/17 R - m.w.N.). Zutreffende Klageart hierfür ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§§
54 Abs.
1 S. 1, Abs.
4,
56 SGG), soweit das Klagebegehren auf weitere Zahlungen über die vorläufig erbrachten Leistungen hinaus zielt, und ansonsten die
(kombinierte) Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§
54 Abs.
1 S. 1 Alt. 1 und 2, 56
SGG; vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.09.2018 - B 4 AS 39/17 R).
Selbst wenn das Klagebegehren des Klägers im Hinblick auf sein Vorbringen, es sei ein geringerer als der vom Beklagten angenommene
Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit bei Ermittlung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen, und dem unterlassenen
Hinweis des Sozialgerichts nach §
106 Abs.1
SGG auf Stellung eines sachgerechten Klageantrags im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes entgegen dem Wortlaut des Klageantrags
und der Tatsache, dass bei der Auslegung von Anträgen, die ein Rechtsanwalt oder ein vergleichbar qualifizierter Prozessbevollmächtigter
gestellt hat, in der Regel davon auszugehen, dass dieser das Gewollte auch richtig wiedergibt (BSG, Urteil vom 14.06.2018 -B 9 SB 2/16 R), als Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.v. §§
54 Abs.
1 S. 1 und Abs.
4,
56 SGG ausgelegt wird, ist die Klage unbegründet.
Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. §
54 Abs.
2 S. 1
SGG.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zutreffend den Leistungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 01.11.2017
bis 30.04.2018 endgültig auf Null Euro monatlich festgesetzt (I.) und die Erstattung der für diesen Zeitraum vorläufig gewährten
Grundsicherungsleistungen von dem Kläger gefordert (II.).
I. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom
01.11.2017 bis 30.04.2018.
Der Beklagte ist berechtigt gewesen, mit Bescheid vom 02.10.2018 die vorläufig mit Bescheid vom 22.05.2018 bewilligten Grundsicherungsleistungen
nach§ 41a Abs. 3 S. 1 SGB II für die Zeit vom 01.11.2017 bis 30.04.2018 abschließend auf 0,00 € festzustellen. Denn der Beklagte hatte mit Bescheid vom
22.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2018 dem Kläger für diesen Zeitraum Ansprüche vorläufig unter
Berufung auf § 41a SGB II bewilligt.
Im streitbefangenen Zeitraum hat der Kläger die Leistungsvoraussetzungen des§ 7 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 SGB II erfüllt. Der Kläger hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1). Er ist erwerbsfähig i.S.v.§ 8 Abs. 1 SGB II (Nr. 2) gewesen und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt (Nr. 4).
Der Kläger war jedoch nicht hilfebedürftig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden
Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Trägern anderer
Sozialleistungen erhält. Im gesamten streitigen Zeitraum 01.11.2017 bis 30.04.2018 verfügte der Kläger über verwertbares Vermögen,
das die Vermögensfreibeträge überschritt. Zu den weiteren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen
des Sozialgerichts, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht.
Die vom Kläger mit der Berufung geltend gemachten Einwände verfangen nicht.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dieses Vermögen sei auch durch die Zahlungen des Beklagten entstanden und die mit
Bescheid vom 12.03.2018 geltend gemachte Rückforderungssumme von 7.474,14 € sei hiervon abzuziehen, führt dies zu keinem anderen
Ergebnis. Zum einen besteht selbst bei Abzug der Rückforderungssumme von 7.474,14 € noch ein Guthaben, welches sich am 30.10.2017
auf insgesamt 17.953,85 € sowie am 30.04.2018 auf 21.982,15 € belief, das über dem Vermögensfreibetrag (9.300,00 € in der
Zeit vom 01.11.2017 bis zum 09.12.2017 sowie ab dem 10.12.2017 i.H.v. 9.450,00) lag. Zum anderen sind nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts vom zu berücksichtigenden Vermögen Schulden grundsätzlich nicht abzuziehen. Die Berücksichtigung
von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte nach § 12 SGB II ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lastet, da der Vermögensgegenstand
in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 10/13 R - m.w.N.). Zudem ist das Vermögen nur teilweise aus Zahlungen des Beklagten gebildet worden. Insoweit ist zu berücksichtigten,
dass allein schon das Vermögen auf dem Sparkonto des Klägers die Vermögensfreigrenze nahezu erreicht hat, so dass nur ein
geringer Teil auf dem Girokonto des Klägers erforderlich war, um den Vermögensfreibetrag zu übersteigen. Im Übrigen ist die
Frage, ob der Rückforderungsanspruch das Vermögen mindert, im Rahmen der Billigkeitsprüfung eines möglichen Erlassantrags
gemäß § 44 SGB II zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2018 - B 14 AS 15/17 R). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Guthaben des Klägers auf dem Giro- und Sparkonto im Zeitraum ab 01.11.2017 unter
diese Vermögensfreigrenzen gefallen sind.
Auch ist ein Verbrauch des Differenzbetrages zwischen den maßgeblichen Vermögensfreigrenzen und dem Guthaben am 30.10.2017
nach Abzug der Rückforderungssumme von 7.414,14 € - wenn der Argumentation des Klägers gefolgt wird - i.H.v. 10.479,71 €,
d.h. von 1.179,71 € bzw.10.12.0217 i.H.v. 1029,71 €t im streitbefangenen Bewilligungsabschnitt nicht erfolgt. Vielmehr ist
das Guthaben auf dem Girokonto angewachsen. Vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen ist so lange zu berücksichtigen,
wie es tatsächlich vorhanden ist; ein "fiktiver Vermögensverbrauch" findet nicht statt. Solange Vermögen zu berücksichtigen
ist, steht es dem Leistungsanspruch im Sinne eines "Alles-oder-nichts" entgegen (BSG, Urteil vom 20.02.2020 - B 14 AS 52/18 R m.w.N.)
Der Berücksichtigung der Guthaben als Vermögen ab dem 01.11.2017 steht auch nicht entgegen, dass es aus im Bewilligungszeitraum
erzielten Einkommen stammt. Zwar ist Einkommen in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es zufließt(§ 11 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 SGB II), einmalige Einnahmen ausnahmsweise im Folgemonat (§ 11 Abs. 3 s. 3 SGB II) oder anteilig während eines sechsmonatigen Verteilzeitraums(§ 11 Abs. 3 S. 4 SGB II). Ist jedoch bei Ablauf des jeweiligen Anrechnungszeitraums noch Einkommen vorhanden, wird es ab dem darauffolgenden Monat
zum Vermögen (vgl. Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12, Rn. 53; Dauber in: Mergler/Zink, SGB II, § 12 Rn. 9). Dies verdeutlicht die Gesetzessystematik, da§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II Leistungsberechtigten ermöglichen soll, aus den pauschalierten Regelbedarfen etwas für größere Anschaffungen zurückzulegen,
was voraussetzt, dass es sich bei den angesparten Beträgen um Vermögen handelt, das - sofern während des Leistungsbezugs aufgebaut
- nur aus dem zur Deckung des Regelbedarfs gewährten Arbeitslosengeld bzw. Sozialgeld oder dem nicht anzurechnenden Anteil
des Einkommens stammen kann (vgl. Lange in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. § 12 Rn. 25). Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann, wenn eine einmalige Einnahme auf sechs
Monate aufgeteilt wird. Diese bleibt im Anrechnungszeitraum Einkommen und wird erst danach Vermögen (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R; Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R; Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R). Einmalige Einnahmen hat der Kläger im Bewilligungszeitraum jedoch nicht erzielt. Der Kläger verkennt zudem, dass bei
der Bewertung, ob Einkommen oder Vermögen vorliegt, nicht auf den Bewilligungszeitraum, sondern auf den Anrechnungszeitraum
abzustellen ist (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 01/16, § 12 SGB II Rn. 171 ff.).
Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschriften des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 bis 6 SGB II liegen nicht vor.
II. Die im Bescheid vom 02.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2019 verfügte Erstattungsforderung i.H.v.
7.516,82 € ist rechtmäßig.
Gemäß § 41a Abs. 6 SGB II sind die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen.
Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus
ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums
nachzuzahlen wären. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten.
Demnach hat der Kläger sämtliche ihm in der Zeit vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018 erbrachten Leistungen zu erstatten, mithin
monatlich 1.245,69 € (01.11.2017 bis 31.12.2017) sowie 1.256,36 € (01.01.2018 bis 30.04.2018), insgesamt 7.474,14 €. Die gewährten
Zuschüsse zu den Beiträgen an ein privates Krankenversicherungsunternehmen stellen Geldleistungen dar, welche von der Erstattungspflicht
gem.§ 41a Abs. 6 S. 3 SGB II umfasst sind (vgl. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB,§ 41a SGB II, Rn. 511 m.w.N.).
Die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Rückforderung von zu viel gezahlten Leistungen ist im Rahmen der alleine stattfindenden
arithmetischen Prüfung nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die sich aus der endgültigen Festsetzung ergebenden Erstattungsansprüche
in Höhe der Differenz zwischen den vorläufig bewilligten Leistungen und der endgültigen Festsetzung korrekt berechnet. Dies
wird auch nicht substantiell angegriffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach §
160 SGG besteht nicht.