Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Anforderungen an die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung über einen Betrag in Höhe von 7.474,14
€ für die Zeit vom 01.05.2017 bis zum 31.10.2017.
Der am 00.00.1959 geborene Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Er ist privat kranken- und pflegeversichert. Der
Kläger wohnte zur Miete in einem Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 95 qm, von der er einen 15 qm großen Raum für seine
berufliche Tätigkeit nutzte, zu einer Bruttogesamtmiete von monatlich 545,00 €. Das Haus wurde mit Öl beheizt; der Kläger
erwarb am 20.04.2017 1.200 Liter Heizöl zu einen Betrag von 783,97 € sowie am 11.10.2017 1.200 Liter Heizöl zu einem Betrag
von 755,41 €.
Am 13.04.2017 beantragte der Kläger erstmals Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.05.2017. Er verfügte über ein Sparbuch, das zum 11.04.2017 ein Guthaben i.H.v. 8.550,00 €, zum 05.05.2017
i.H.v. 8.250,00 € zum 22.05.2017 i.H.v. 8.550,00 € und zum 30.10.2017 i.H.v. 8.550,00 € aufwies. Das Girokonto des Klägers
wies am 01.05.2017 ein Guthaben i.H.v. 918,53 €, am 31.05.2017 i.H.v. 11.885,85 € und am 31.10.2017 i.H.v. 9.403,85 € auf.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 24.07.2017 vorläufig Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.05.2017
bis zum 31.10.2017 i.H.v. monatlich 1.245,69 €. Hierbei legte der Beklagte unter anderem eine (anteilige) Grundmiete i.H.v.
387,37 € sowie (anteilige) Nebenkosten in Höhe von 71,58 € zugrunde. Einkommen rechnete er nicht an.
Der Kläger reichte mit Datum vom 08.12.2017 die abschließende Anlage EKS nebst Unterlagen für die Zeit vom 01.05.2017 bis
zum 31.10.2017 beim Beklagten ein, mit der er einen Gewinn von insgesamt 11.450,37 €, mithin einen durchschnittlichen monatlichen
Gewinn von 1.908,40 €, berechnete. Im Monat Mai 2017 hatte er Betriebseinnahmen i.H.v. 4.365,45 €, denen Betriebsausgaben
i.H.v. 563,77 € gegenüberstanden, so dass er einen Gewinn von 3.801,68 € errechnete.
Der Beklagte setzte die Leistungen mit Bescheid vom 12.03.2018 über die endgültige Bewilligung der Leistungen für die Monate
Mai 2017 bis Oktober 2017 auf Null fest und forderte die Erstattung eines Betrags i.H.v. 7.474,14 €. Hierbei ging der Beklagte
von einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 2.107,46 € und einem anrechenbaren monatlichen Einkommen in Höhe von 1.807,46
€ aus, das den zugrunde gelegten Gesamtbedarf von 867,95 € zuzüglich des Zuschusses zur Krankenversicherung in Höhe von 341,48
€ sowie zur Pflegeversicherung in Höhe von 36,26 € überstieg. Die Reparatur-Rechnung für das genutzte Auto vom 26.04.2017
i.H.v. 35,00 €, die Umsatzsteuer-Vorauszahlung i.H.v. 322,42 sowie die Raumkosten i.H.v. 816,45 € seien als Betriebsausgaben
nicht zu berücksichtigen, da sie außerhalb des Bewilligungszeitraums angefallen seien.
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 20.03.2018 Widerspruch ein. Den Widerspruch wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 10.10.2018 mit der Begründung zurück, dass aufgrund der Höhe des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit
keine Hilfebedürftigkeit vorgelegen habe, dies auch nicht bei Berücksichtigung eines eventuell monatlichen Heizbedarfs aufgrund
der im Oktober 2017 erfolgten Heizölbeschaffung. Auch die seitens des Klägers vorgelegte Einnahmen- und Ausgabenaufstellung
führe unabhängig von der Berücksichtigung der Ausgaben im Rahmen der Betriebskosten nicht zu einer anderen Einschätzung.
Hiergegen hat der Kläger am 19.10.2018 Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, dass er zwar Honorare erziele, dies aber nur sehr unregelmäßig. Das genutzte Büro verfüge über keinen
gesonderten Stromzähler, es entstehe aber ein gesonderter Strombedarf. Strom- und auch Telefonkosten seien hälftig als Betriebsausgaben
anzusetzen. Alle entstandenen Kosten für sein Fahrzeug seien anzuerkennen, da der Wagen zu mindestens 50 Prozent beruflich
genutzt worden sei. Der Beklagte habe zudem nicht alle im Bewilligungszeitraum entstandenen Betriebsausgaben berücksichtigt.
Es sei ferner ein monatlicher Bedarf an Heizkosten aus einer Umlegung der beiden im Jahr 2017 beschafften Heizöllieferungen
zu bilden. Zudem sei der angefochtene Bescheid bereits deshalb rechtswidrig, weil er keine verbindliche Regelung enthalte,
mit der die vorläufige Leistungsbewilligung im Sinne eines actus contrarius beseitigt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung vom 12.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2018
aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat ausgeführt, dass der Bedarf des Klägers zutreffend zugrunde gelegt. Worden sei Der Anteil der Miete für den
gewerblich genutzten Raum sei als Betriebsausgabe berücksichtigt und könne nicht doppelt berücksichtigt werden. Soweit er
einzelne Positionen nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt habe, würde selbst eine etwaige Berücksichtigung aufgrund der
Höhe des übersteigenden Einkommens eine Hilfebedürftigkeit nicht begründen. Der Wagen des Klägers sei überwiegend privat genutzt
worden, sodass nur Fahr- , nicht aber Betriebskosten zu berücksichtigen seien. Energiekosten seien als Betriebsausgabe nicht
anzusetzen. Zudem könnten Heizkosten nur zum Zeitpunkt der tatschlichen Beschaffung als Bedarf berücksichtigt werden.
Mit Urteil vom 28.08.2020 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 26.09.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.10.2020 Berufung eingelegt. Das Urteil des Sozialgerichts
sei fehlerhaft. In dem Bewilligungszeitraum habe der Beklagte kein Durchschnittseinkommen bilden dürfen, da die Einnahme erheblich
schwankend gewesen seien. § 41a Abs. 4 SGB II verdränge die Anwendung des § 3 Abs. 4 ALG II-VO, so dass auch bei Selbständigen kein Durchschnittseinkommen zu bilden sei, wenn ihre Einnahmen in einem Monat den Leistungsanspruch
entfallen lassen. Auch eine Berücksichtigung von Vermögen sei nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
sei Vermögen alles, was vor Antragstellung vorhanden sei, Einkommen, was nach Antragstellung zufließe. Gegen diesen Rechtssatz
habe das Sozialgericht verstoßen, wenn es annehme, dass durch das Einkommen die Vermögensgrenze überstiegen worden sei. Zudem
habe er das "Vermögen" auch aus Leistungen nach dem SGB II aufgebaut. Dies sei aber gemäß § 11a SGB II nicht als Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen. Zudem seien in analoger Anwendung des § 11a SGB II die Ansprüche des Beklagten auf Rückzahlung der Leistungen als besondere Härte zu betrachten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.08.2020 abzuändern und den Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung vom 12.03.2018
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2018 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des
Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 12.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2018,
mit dem der Beklagte die Grundsicherungsleistungen an den Kläger für die Zeit vom 01.05.2017 bis 31.10.2017 abschließend nach
§ 41a Abs. 3 S. 1 SGB II festgestellt hat und gemäß § 41a Abs. 6 SGB II eine Erstattung von 7.474,14 € verlangt. Die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers für die Zeit
vom 01.05.2017 bis 31.10.2017 nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II durch den Bescheid vom 12.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2018 hat die vorläufige Entscheidung
über den Leistungsanspruch des Klägers betreffend diesen Bewilligungszeitraums durch Bescheid vom 14.07.2017 ersetzt und mit
ihrem Erlass i.S.d. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung bedurft hätte (vgl. zu den Rechtswirkungen
einer abschließenden Entscheidung im Verhältnis zu einer vorläufigen Bewilligung: BSG, Urteil vom 05.07.2017 -B 14 AS 36/16 R m.w.N.). Damit enthält der Bescheid zwei selbständige Verfügungen.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat laut dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag sowohl gegen die endgültige Festsetzung seines
Leistungsanspruchs auf Null für den Zeitraum vom 01.05.2017 bis 31.10.2017 sowie gegen die Erstattungsforderung eine reine
Anfechtungsklage nach §
54 Abs.1 S.1
SGG erhoben.
Gegen die im streitbefangenen Bescheid enthaltene Erstattungsforderung ist die reine Anfechtungsklage nach §
54 Abs.
1 S. 1
SGG zulässig.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist jedoch die isolierte Anfechtung einer abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB II ohne Geltendmachung dessen, was als Leistung tatsächlich beansprucht wird, prozessual ausgeschlossen (vgl. BSG, Beschluss vom 26.02.2020 - B 14 AS 133/19 B und Urteil vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - m.w.N.). Zutreffende Klageart hierfür ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage(§§
54 Abs.
1 S. 1, Abs.
4,
56 SGG), soweit das Klagebegehren auf weitere Zahlungen über die vorläufig erbrachten Leistungen hinaus zielt, und ansonsten die
(kombinierte) Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§
54 Abs.
1 S. 1 Alt. 1 und 2, 56
SGG; vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.09.2018 - B 4 AS 39/17 R).
Selbst wenn das Klagebegehren des Klägers im Hinblick auf sein Vorbringen, es sei ein geringerer als der vom Beklagten angenommene
Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit bei Ermittlung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen, und dem unterlassenen
Hinweis des Sozialgerichts nach §
106 Abs.
1 SGG auf Stellung eines sachgerechten Klageantrags im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes entgegen dem Wortlaut des Klageantrags
und der Tatsache, dass bei der Auslegung von Anträgen, die ein Rechtsanwalt oder ein vergleichbar qualifizierter Prozessbevollmächtigter
gestellt hat, in der Regel davon auszugehen, dass dieser das Gewollte auch richtig wiedergibt (BSG, Urteil vom 14.06. 2018 - B 9 SB 2/16 R), als Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.v. §
54 Abs.
1 S. 1 und Abs.
4,
56 SGG) auslegt, ist die Klage unbegründet.
Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. §
54 Abs.
2 S. 1
SGG.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zutreffend den Leistungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 01.05.2017
bis 31.10.2017 endgültig auf 0,00 € monatlich festgesetzt (I.) und die Erstattung der für diesen Zeitraum vorläufig gewährten
Grundsicherungsleistungen von dem Kläger gefordert (II.).
I. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom
01.05.2017 bis 31.10.2017.
Der Beklagte ist berechtigt gewesen, mit Bescheid vom 12.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2018
die vorläufig mit Bescheid vom 14.07.2017 bewilligten Grundsicherungsleistungen nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II für die Zeit vom 01.05.2017 bis 31.10.2017 abschließend auf Null festzustellen. Denn der Beklagte hatte mit Bescheid vom
14.07.2017 dem Kläger für diesen Zeitraum Ansprüche vorläufig unter Berufung auf § 41a SGB II bewilligt.
Im streitbefangenen Zeitraum hat der Kläger die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 SGB II erfüllt. Der Kläger hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1). Er ist erwerbsfähig i.S.v.§ 8 Abs. 1 SGB II (Nr. 2) gewesen und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt (Nr. 4).
Der Kläger war jedoch nicht hilfebedürftig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden
Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Trägern anderer
Sozialleistungen erhält. Im Monat Mai 2017 konnte der Kläger seinen Bedarf aus erzieltem Einkommen decken (dazu 1). In den
Monaten Juni bis Oktober 2017 verfügt der Kläger über verwertbares Vermögen, das die Vermögensfreibeträge überschritten hat
(dazu 2.).
1. Der Kläger konnte im Mai 2017 seinen Bedarf durch erzieltes Erwerbseinkommen decken.
a) Der Kläger hatte im Monat Mai 2017 einen Gesamtbedarf von 1.245,69 €.
Der Beklagte hat den Regelbedarf des Klägers als Alleinstehender im Mai 2017 i.H.v. 409,00 € nach § 20 Abs. 1a, Abs. 2 S. 1 SGB II i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes i. d. F. vom 22.12.2016 (BGBl I, 3159 RBEGuSGBÄndG) zutreffend ermittelt. Ein Mehrbedarf
nach § 21 SGB II liegt nicht vor. Der zu berücksichtigende Bedarf für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II beläuft sich im Mai 2017 auf 458,95 € (387,37 € Grundmiete + 71,58 € Nebenkosten) monatlich. Wie das Sozialgericht zutreffend
ausgeführt hat, waren die Kosten der Unterkunft und Heizung nur anteilig zu übernehmen, da der Büroraum bei der Bedarfsfeststellung
nicht berücksichtigungsfähig war (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R). Auch die Kosten für die Heizölbeschaffung im April 2017 waren nicht auf die Folgemonate umzulegen (BSG, Urteil vom 08.05.2019 -B 14 AS 20/18 R).
Aufgrund seiner fehlenden Abtrennbarkeit als eigenständiger Streitgegenstand auf der Bedarfsseite weiter zu berücksichtigen
ist der Beitragszuschuss nach § 26 SGB II (vgl. BSG Urteil vom 16.10.2012 - B 14 AS 11/12 R), der nach § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 16.10.2012 - B 14 AS 11/12 R - m.w.N.) begrenzt war auf die Hälfte des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung, also den halben Basistarif
(für 2017 i.H.v. 341,48 € (682,95 € : 2)) sowie des Beitrages zur Pflegeversicherung von 36,26 €.
b) Auf den Hilfebedarf des Klägers ist im Monat Mai 2017 sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nach §§ 9 Abs. 1, 11 SGB II anzurechnen.
Dabei kann dahinstehen, ob bei dem selbständig tätigen Kläger in Anwendung des§ 41a Abs. 4 S. 1 SGB II ein monatliches Durchschnitteinkommen zugrunde zu legen ist oder ob - nach Auffassung des Klägers - gemäß § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II eine monatsweise Betrachtung des Einkommens zu erfolgen hat, da die Einnahmen in einem Monat den Leistungsanspruch entfallen
lassen (so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.05.2020 - L 18 AS 732/18; a.A. LSG NRW, Urteil vom 18.02.2021 - L 7 AS 992/20; Urteil des Senats vom 03.12.2020 - L 19 AS 669/20, NZB verworfen; BSG, Beschluss vom 08.03.2021 - B 4 AS 12/21 B). Denn nach beiden Varianten übersteigt das anrechenbare Einkommen den Bedarf des Klägers bei weitem. Hinsichtlich der
Berechnung des Durchschnittseinkommens gemäß § 41a Abs. 4 S. 1 SGB II nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts, wonach ein anrechenbares Einkommen i.H.v. 1.544,56 € verbleibt.
Dies gilt selbst dann, wenn der Beitrag zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung als weiteren Abzugsposten nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr.3 SGB II berücksichtigen würde .Geht man von einer monatsweisen Betrachtung gemäß § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II aus, hatte der Kläger Betriebseinnahmen von 4.365,46 € denen er Betriebsausgaben von 563,77 € gegenübergestellt hat, so dass
nach der Berechnung des Klägers im Mai ein Gewinn von 3.801,68 € verbleibt. Auch nach Abzug der Freibeträge i.H.v. 363,84
€ entsprechend den Feststellungen des Sozialgerichtsund des kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsbeitrag lag damit bedarfsdeckendes
Einkommen vor.
2. Ab dem 01.06.2017 hat der Kläger über ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II (i.d.F. der Bekanntmachung vom 13.05.2011, BGBl. I 850) in Form der Guthaben auf dem Giro- und Sparkonto verfügt, die seine
Vermögensfreibeträge gemäß § 12 Abs. 2 SGB II überstiegen haben.
Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen, soweit das Vermögen die Vermögensfreibeträge
nach § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 6 SGB II erfüllen, sind als Schonvermögen nicht zu berücksichtigen.
Dem Kläger, der am 10.12.2016 sein 57. Lebensjahr vollendete, stand im streitgegenständlichen Zeitraum ein Vermögensfreibetrag
i.H.v. 9.300,00 € zu (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr1 SGB II idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850: 57 x 150 Euro;§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II: 750,00 €).
Am 01.06.2017 verfügte der Kläger über verwertbares Vermögen i.H.v. 11.885,85 € auf dem Girokonto zuzüglich 8.550,00 € auf
dem Sparkonto, also insgesamt i.H.v. 20.435,85 €. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dieses Vermögen sei auch durch
die Zahlungen des Beklagten entstanden und die Rückforderungssumme sei hiervon abzuziehen, greift dieser Einwand nicht. Zum
einem flossen dem Kläger erst nach Erlass des Bescheides vom 24.07.2017 im Juli 2017 Leistungen des Beklagten zu. Zum anderen
besteht selbst bei Abzug der Rückforderungssumme von 7.474,14 € noch ein Guthaben, dass deutlich über dem Vermögensfreibetrag
liegt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind vom zu berücksichtigenden Vermögen Schulden grundsätzlich nicht
abzuziehen. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte nach § 12 SGB II ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lastet, da der Vermögensgegenstand
in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 10/13 R - m.w.N.). Der Erstattungsanspruch des Beklagten war aber im streitigen Zeitraum noch gar nicht entstanden, da die endgültige
Festsetzung erst mit dem streitgegenständlichen Bescheid geltend gemacht worden ist. Vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares
Vermögen ist so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden ist; ein "fiktiver Vermögensverbrauch" findet nicht
statt. Solange Vermögen zu berücksichtigen ist, steht es dem Leistungsanspruch im Sinne eines "Alles-oder-nichts" entgegen
(BSG, Urteil vom 20.02.2020 - B 14 AS 52/18 R m.w.N.).
Der Berücksichtigung des Vermögens steht nicht entgegen, dass der Kläger zwar bei Antragstellung am 13.04.2017 ein Vermögen
hatte, dass ebenfalls über der Freibetragsgrenze lag und dieses Vermögen ab dem 02.05.2017 die Freibetragsgrenzen unterschritten
hatte. Nach § 12 Abs. 4 S. 2 SGB II ist für die Bewertung des Vermögens der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird. Nach Satz 3 sind wesentliche Änderungen des Verkehrswertes
zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung von Vermögen mit ihrer stichtagsbezogenen Bewertung der Vermögenshöhe unterscheidet
sich strukturell von der Einkommensberücksichtigung im SGB II. Beim Vermögen knüpfen leistungsrechtliche Folgen an den (taggenauen) Bestand an, während bei dem im Bedarfszeitraum hinzutretenden
und zu berücksichtigenden Einkommen allein maßgeblich ist, dass es in einem bestimmten Zeitraum zur Verwendung für den Lebensunterhalt
zur Verfügung steht (BSG, Urteil vom 20.02.2020 - B 14 AS 52/18 R). Es ist nicht ersichtlich, dass die Guthaben des Klägers auf dem Giro- und Sparkonto im Zeitraum ab 01.06.2017 unter die
Vermögensfreigrenze gefallen sind. auch wenn die Leistungen des Beklagten abgezogen werden.
Der Berücksichtigung der Guthaben als Vermögen ab dem 01.06.2017 steht auch nicht entgegen, dass es aus im Bewilligungszeitraum
erzielten Einkommen stammt. Zwar ist Einkommen in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es zufließt(§ 11 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 SGB II), einmalige Einnahmen ausnahmsweise im Folgemonat (§ 11 Abs. 3 s. 3 SGB II) oder anteilig während eines sechsmonatigen Verteilzeitraums(§ 11 Abs. 3 S. 4 SGB II). Ist jedoch bei Ablauf des jeweiligen Anrechnungszeitraums noch Einkommen vorhanden, wird es ab dem darauffolgenden Monat
zum Vermögen (vgl. Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl. (Stand 05.03.2021), § 12, Rn. 53). Dies verdeutlicht die Gesetzessystematik, da § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II Leistungsberechtigten ermöglichen soll, aus den pauschalierten Regelbedarfen etwas für größere Anschaffungen zurückzulegen,
was voraussetzt, dass es sich bei den angesparten Beträgen um Vermögen handelt, das - sofern während des Leistungsbezugs aufgebaut
- nur aus dem zur Deckung des Regelbedarfs gewährten Arbeitslosengeld bzw. Sozialgeld oder dem nicht anzurechnenden Anteil
des Einkommens stammen kann (vgl. Lange in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 12 Rn. 25). Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann, wenn eine einmalige Einnahme auf sechs
Monate aufgeteilt wird. Diese bleibt im Anrechnungszeitraum Einkommen und wird erst danach Vermögen (BSG, Urteile vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R; vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R und vom 28.10.2009 -B 14 AS 64/08 R). Einmalige Einnahmen hat der Kläger im Bewilligungszeitraum jedoch nicht erzielt. Der Kläger verkennt zudem, dass bei
der Bewertung, ob Einkommen oder Vermögen vorliegt, nicht auf den Bewilligungszeitraum, sondern auf den Anrechnungszeitraum
abzustellen ist (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 01/16, § 12 SGB II Rn. 171 ff.).
Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschriften des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 bis 6 SGB II liegen nicht vor.
II. Die im Bescheid vom 12.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2017 verfügte Erstattungsforderung i.H.v.
7.474,14 € ist rechtmäßig.
Gemäß § 41a Abs. 6 SGB II sind die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen.
Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus
ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums
nachzuzahlen wären. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten.
Demnach hat der Kläger sämtliche ihm in der Zeit vom 01.05.2017 bis zum 31.10.2017 erbrachten Leistungen zu erstatten, mithin
monatlich je 1.245,69 €, insgesamt 7.474,14 €. Die gewährten Zuschüsse zu den Beiträgen an ein privates Krankenversicherungsunternehmen
stellen Geldleistungen dar, welche von der Erstattungspflicht gemäß § 41a Abs. 6 S. 3SGB II umfasst sind (vgl. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, § 41a SGB II, Rn. 511 m.w.N.).
Die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Rückforderung von zu viel gezahlten Leistungen ist im Rahmen der alleine stattfindenden
arithmetischen Prüfung nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die sich aus der endgültigen Festsetzung ergebenden Erstattungsansprüche
in Höhe der Differenz zwischen den vorläufig bewilligten Leistungen und der endgültigen Festsetzung korrekt berechnet. Dies
wird auch nicht substantiell angegriffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach §
160 SGG besteht nicht.