Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Anforderungen an die Mitwirkungspflichten im Hinblick auf die Vorlage von Nachweisen über eine Erbschaft
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen fehlender Mitwirkung ab
dem 01.02.2012.
Der am 1958 geborene Kläger bezog vom Beklagten seit 01.01.2005 laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach
dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Seine Mutter, in deren Haus er (kostenpflichtig) wohnte und die ihn mit einem Vermächtnis (i.H.v. 50 % des Nachlasswertes)
bedacht hatte, verstarb am 00.04.2011. Erbin nach der Mutter wurde die Schwester des Klägers. Dies war dem Beklagten zunächst
nicht bekannt.
Am 29.07.2011 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.08.2011 und erklärte, dass in seinen persönlichen Verhältnissen keine Änderungen eingetreten seien.
Nachdem dem Beklagten der Tod der Mutter des Klägers bekannt geworden war, forderte er den Kläger mit Schreiben vom 03.08.2011
zur Mitwirkung durch Vorlage der Anlagen "EK" und "VM" sowie einer aktuellen Erklärung über die Kosten der Unterkunft und
Heizung auf. Der Kläger möge zudem mitteilen, wer neuer Eigentümer/Vermieter nach dem Tod der Mutter geworden sei.
Der Kläger teilte daraufhin mit, dass der neue Hauseigentümer/Vermieter noch nicht bestimmt sei und im Übrigen Kosten wie
bisher entstünden. Eventuell werde ein Umzug in die Wohnung der Mutter erfolgen. In der Anlage "VM" vom 12.08.2011 gab er
an, dass er nicht über Vermögen verfüge.
Mit weiterem Schreiben vom 26.08.2011 forderte der Beklagte den Kläger auf mitzuteilen, ob er den Vermächtnisanspruch bereits
geltend gemacht habe. Ansonsten werde er dazu aufgefordert und möge mitteilen, wie hoch der Nachlasswert zum Zeitpunkt des
Erbfalls gewesen sei.
Daraufhin teilte der Kläger unter dem 12.09.2011 mit, das Vermächtnis solle laut Verfügung seiner Mutter am 25.10.2011 anfallen.
Das Vermächtnis sei dem Umfang nach größer als das nach dem Gesetz abzusetzende Vermögen.
Auf die Nachfrage des Beklagten, ob damit auf den Leistungsanspruch verzichtet werde, bzw. Aufforderung, Unterlagen über die
Höhe des Erbes vorzulegen, teilte der Kläger mit, er beabsichtige nicht, auf die Leistungen zu verzichten.
Mit Schreiben vom 07.10.2011 erinnerte der Beklagte an die Einreichung von Unterlagen über die Höhe des Erbes unter Hinweis
auf die Rechtsfolgen nach §
60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (
SGB I).
Dem Kläger wurden schließlich noch einmal Leistungen für die Zeit vom 01.08.2011 bis zum 31.01.2012 bewilligt.
Am 01.02.2012 beantragte der Kläger (zunächst formlos) erneut die Weiterbewilligung von Leistungen bei dem Beklagten. Aufgrund
eines Wohnungswechsels (im selben Haus) werde er noch fehlende Unterlagen später nachreichen.
Unter dem 22.02.2012 forderte der Beklagte den Kläger auf, das Formblatt zur Weiterbewilligung von Leistungen sowie "Unterlagen"
über "Höhe und Form des Erbes" bis zum 07.03.2012 vorzulegen. Mit Schreiben vom 08.03.2012 erinnerte der Beklagte an die Einreichung
des Antragsformulars sowie die "Unterlagen über Ihr Erbe Höhe und Form (Geldanlage, Sachwerte)", (erneut) unter Hinweis auf
die Rechtsfolgen nach §
60 SGB I und Fristverlängerung bis zum 23.03.2012. Der Kläger bat um weitere Fristverlängerung, die ihm mit Schreiben des Beklagten
vom 12.03.2012 (bis zum 06.04.2012) gewährt wurde. Unterlagen/Nachweise zum Vermächtnisanspruch des Klägers gingen nachfolgend
bei dem Beklagten nicht ein.
Mit Bescheid vom 10.04.2012 versagte er daraufhin die Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 01.02.2012. Der Kläger habe
auf die Schreiben vom 22.02.2012 und 03.08.2012 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung nicht reagiert
und die zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen zwingend erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht. Im Rahmen der Ermessenserwägungen
sei eine Versagung der Leistungen gerechtfertigt. Die angeforderten Unterlagen seien erforderlich und es lägen auch keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass es dem Kläger in der gesetzten Frist nicht möglich gewesen sei, diese zu beschaffen und zu übersenden.
Bei Nachholung der Mitwirkung und Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen werde geprüft, ob die Leistungen ganz oder teilweise
nachgezahlt werden könnten.
Am 13.04.2012 legte der Kläger den Weiterbewilligungsantrag vor und gab an, es hätten sich Änderungen in den Vermögensverhältnissen
ergeben. Ab dem 25.10.2011 stehe ihm ein Vermächtnis zu, das die Freibeträge überschreite. Zur Höhe des Vermächtnisses werde
er keine Angaben machen. Seine Daten sollten vor unberechtigten staatlichen Zugriffen geschützt bleiben.
Mit Bescheid vom 20.04.2012 lehnte der Beklagte den Weiterbewilligungsantrag (in der Sache) ab, hob diesen Bescheid unter
Hinweis auf den Bescheid vom 10.04.2012 aber wieder auf (Bescheid vom 08.08.2012).
Gegen den Bescheid vom 10.04.2012 legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe den Weiterbewilligungsantrag eingereicht. Das
Vermächtnis sei noch nicht ausgezahlt worden.
Auf wiederholte Nachfrage des Beklagten wies die Schwester des Klägers in einem Schreiben vom 02.07.2012 darauf hin, dass
sie nicht zu dem dem Beklagten gegenüber auskunftspflichtigen Personenkreis gehöre. Um den ganzen Prozess abzukürzen, teile
sie jedoch abschließend mit, ihr Bruder habe bereits 38.529,18 € erhalten und erhalte in Kürze abschließend 50.000 €.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Versagungsbescheid vom 10.04.2012 zurück.
Es sei weder die Höhe des Vermächtnisses nachgewiesen noch der Zeitpunkt der Auszahlung. Es könne daher nicht geklärt werden,
ob das Vermächtnis im streitgegenständlichen Zeitraum noch als Einkommen oder schon als Vermögen zu berücksichtigen sei. Ebenso
sei nicht geklärt, ob noch Vermögen vorhanden sei
Am 06.09.2012 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Detmold (SG) erhoben. Er habe den (von der Schwester bezifferten) ersten Teilbetrag aus dem Vermächtnis am 29.06.2012 und den zweiten
Teilbetrag am 04.10.2012 erhalten. Die Informationen über das Vermächtnis habe sich der Beklagte widerrechtlich verschafft.
Zudem dürfte dem Beklagten über die Schwester bereits bekannt gewesen sein, dass sie den ersten Teilbetrag am 29.06.2012 überwiesen
habe. Es sei unverständlich, weshalb diese Informationen als nicht ermittelbar hingestellt würden. Jedenfalls inzwischen lägen
alle Informationen für eine Entscheidung des Beklagten vor.
Der Kläger hat (in der Fassung seiner schriftsätzlichen Anträge durch das SG) beantragt,
den Bescheid vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen,
über die Weiterbewilligung von Alg II für die Zeit ab 01.02.2012 zu entscheiden.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug genommen.
Nach entsprechender Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 22.02.2019, dem Kläger zugestellt am 28.02.2019, die Klage abgewiesen. Die Anfechtungsklage gegen
den Versagungsbescheid habe keinen Erfolg. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht nach §
60 Abs.
1 Nr.
1 SGB I nicht nachgekommen. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben habe der Beklagte zu Recht Nachweise über die Auszahlung angefordert.
Der Kläger habe seine Mitwirkung auch nicht durch die Angaben gegenüber dem Gericht nachgeholt. Die Versagung der Leistungen
sei nicht ermessensfehlerhaft.
Der Kläger hat am 26.03.2019 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe erklärt, sein Vermögen habe bis zum 29.06.2012 0 €
betragen. Er gehe davon aus, dass er weder etwas zu erklären noch zu beweisen habe. Unabhängig davon sei er sich keiner Verletzung
einer Mitwirkungspflicht bewusst. Es sei zwar richtig, dass es im Zusammenhang mit seinem Umzug innerhalb des Hauses einige
Probleme gegeben habe. Spätestens am 11.04.2012 habe er jedoch mitgewirkt und alle aus seiner Sicht erforderlichen Handlungen
nachgeholt. Schließlich ergäben sich für ihn weiterhin nachteilige Folgen aus dem Versagungsbescheid. So seien beim 10. und
14. Senat des erkennenden Gerichts weitere Berufungsverfahren anhängig, die sich sowohl auf eine aus einem etwaigen Leistungsbezug
resultierende Krankenversicherung, als auch auf die damit zusammenhängenden Rentenzeiten bezögen. Ferner sei beim Verwaltungsgericht
Minden ein Verfahren betreffend die Befreiung von den Rundfunkgebühren anhängig.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides SG Detmold S 9 AS 1646/12 vom 22.02.2019 den Versagungsbescheid der Beklagten vom 10.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält seine Entscheidung und den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsakte des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
A) Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
I. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2012, mit dem der
Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen fehlender Mitwirkung für die Zeit ab 01.02.2012 versagt hat. Dagegen wendet sich der Kläger zutreffend mit der (reinen)
Anfechtungsklage (§
54 Abs.1
SGG; zu Einzelheiten vgl. Bundesssozialgericht [BSG], Urteile vom 19.09.2008, B 14 AS 45/07 R, und vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R).
II. Der Kläger ist durch die Versagung der Leistungen ab dem 01.02.2012 nicht beschwert im Sinne von §
54 Abs.
2 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG), denn die angefochtenen Bescheide, gegen deren formelle Rechtmäßigkeit keine Bedenken bestehen, sind auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Versagung der Leistungen ist §
66 SGB I. Hiernach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise
versagen oder entziehen, soweit derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält seinen Mitwirkungspflichten nach
den §§
60-
62,
65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert und soweit hierdurch die Voraussetzungen
der Leistungen nicht nachgewiesen sind (§
66 Abs.
1 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf
diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen
Frist nachgekommen ist (§
66 Abs.
3 SGB I). Nach §
60 Abs.
1 Satz 1
SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält alle Tatsachen anzugeben, die zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen
erheblich sind (Nr. 1), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers entsprechende
Urkunden vorzulegen (Nr. 3).
Nach dieser Maßgabe hat der Beklagte die Leistungen gegenüber dem Kläger ab dem 01.02.2012 zu Recht versagt.
1. Bei den mit Schreiben vom 22.02.2012 und 08.03.2012 von dem Kläger geforderten Informationen (Unterlagen über das "Erbe"
bzw. zur Höhe und Form des "Erbes") handelt es sich um eine zulässige Aufforderung zur Mitwirkung. Die Informationen waren
erforderlich, um die Hilfebedürftigkeit des Klägers bzw. die Voraussetzungen der Leistungen nach dem SGB II zu prüfen. Der Beklagte durfte auch entsprechende Nachweise fordern. Ohne einen Nachweis über die Höhe des Vermächtnisanspruches
bzw. die ihm hieraus zu Gute gekommenen Beträge ließ sich die Hilfebedürftigkeit des Klägers weder dem Grunde noch der Höhe
nach feststellen. Was den sprachlichen Inhalt der Mitwirkungsaufforderung des Beklagten angeht, schadet es nicht, dass der
Kläger nicht im rechtlichen Sinne Erbe nach seiner Mutter, sondern "nur" Vermächtnisnehmer und damit lediglich anspruchsberechtigt
gegenüber dem Nachlass (vgl. §§
1939,
2147 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) geworden ist. Denn es ist weder aus den Akten ersichtlich noch von dem Kläger geltend gemacht, dass er allein wegen
der von dem Beklagten gewählten umgangssprachlichen Formulierung nicht gewusst hat, wozu er weitere Informationen beisteuern
sollte. Durch die Formulierung "Unterlagen über Ihr Erbe (Höhe und Form des Erbes)" war von dem Beklagten auch inhaltlich
hinreichend bestimmt beschrieben, welche Informationen er von dem Kläger erwartete.
2. Die gesetzlichen Grenzen der Mitwirkungspflicht des Klägers hat der Beklagte auch im Übrigen beachtet. Nach §
65 Abs.
1 SGB I besteht eine Mitwirkungspflicht nach den §§
60-
64 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer
Erstattung steht (§
65 Abs.
1 Nr.
1 SGB I) oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann (§
65 Abs.
1 Nr.
2 SGB I) oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller die erforderliche Kenntnis selbst beschaffen
kann (§
65 Abs.
1 Nr.
3 SGB I).
Keine dieser Ausnahmen greift hier ein. Die Aufforderung zur Vorlage von Nachweisen über die Höhe der Erbschaft / des Vermächtnisses
und den Zeitpunkt des Zuflusses stehen in einem angemessenen Verhältnis zu den beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II, weil nur so Grund und Höhe des (etwaigen) Leistungsanspruches festzustellen waren (s.o.). Dass die Erfüllung der Mitwirkungshandlung
für den Kläger unzumutbar gewesen sein könnte, etwa, weil er die von dem Beklagten gewünschten Informationen nicht hatte oder
beschaffen konnte, ist weder vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich. Schließlich waren die Informationen durch den
Beklagten auch nicht auf einfachere Weise (beispielsweise über die Schwester des Klägers) zu erlangen. Denn die Schwester
des Klägers hat noch im Juli 2012 gegenüber dem Beklagten erklärt, sie teile "abschließend" die Höhe der beiden an den Kläger
geleisteten Zahlungen mit, da sie ihrer Ansicht nach nicht zu dem Personenkreis gehöre, der zur Auskunft verpflichtet sei.
Es wäre für den Beklagten daher jedenfalls nicht einfacher gewesen, von der Schwester des Klägers eine Auskunft über die Höhe
des Vermächtnisses und die genauen Zuflusszeitpunkte zu erlangen.
3. Der Kläger ist zur Überzeugung des Senates seinen Mitwirkungspflichten bis zu dem hier maßgebenden Zeitpunkt nicht in ausreichendem
Umfang nachgekommen.
Ausgehend von den allgemeinen Grundsätzen, die für die Prüfung von Anfechtungsklagen gelten (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig
u.a.,
SGG, 13. Auflage 2020, §
54 Rn. 33), ist als maßgeblicher Zeitpunkt insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung,
hier also der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2012, zu Grunde zu legen. Ob ein früher Zeitpunkt maßgebend
sein kann, mag hier offen bleiben. Keinesfalls kann aber auf einen späteren Zeitpunkt abgestellt werden (vgl. dazu im Einzelnen
Sichert in Hauck/Noftz,
SGB I, Stand: 11/11, §
67 Rn. 9; Voelzke in jurisPK-
SGB I, Stand: 19.08.2021, §
67 Rn. 32 m.w.N.). Etwaige, nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides bekannt gewordene Tatsachen sind für die Frage der Rechtmäßigkeit
des Versagungsbescheides damit nicht relevant.
Nach dieser Maßgabe hat der Kläger hier entgegen seiner Rechtsauffassung bis zur Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom
07.08.2012 nicht hinreichend mitgewirkt. Denn dem Beklagten war bis zu diesem Zeitpunkt (auch über die Mitteilung der Schwester
des Klägers vom 02.07.2012) lediglich bekannt, dass er einen Vermächtnisanspruch erworben und hierauf bereits 38.529,18 €
erhalten hatte sowie noch weitere 50.000 € erhalten sollte. Ob der zuletzt genannte Betrag überhaupt und wann genau beide
Beträge dem Kläger zugeflossen sind, war weiterhin unbekannt, für die Prüfung und Bezifferung eine etwaigen Leistungsanspruches
durch den Beklagten aber zwingend erforderlich. Die Behauptung des Klägers im Berufungsverfahren, er habe spätestens im April
2012 sämtliche Mitwirkungshandlungen nachgeholt, ist unzutreffend. Er hat zwar am 13.04.2012 den Weiterbewilligungsantrag
vorgelegt und mitgeteilt, dass sich Änderungen in seinen Vermögensverhältnissen ergeben hätten, da ihm ab dem 25.10.2011 ein
Vermächtnis zustehe, das die Freibeträge überschreite. Zur Höhe des Vermächtnisses und den genauen Zuflusszeitpunkten hat
er jedoch ausdrücklich keine Angaben gemacht, um seine "Daten vor unberechtigten staatlichen Zugriffen" zu schützen.
4. Der Beklagte ist seinen Hinweispflichten gemäß §
66 Abs.
3 SGB I nachgekommen, indem er in der Mitwirkungssaufforderung vom 08.03.2012 hinreichend ausführlich und verständlich auf die Folgen
einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen hat. Auch die dem Kläger gesetzte Frist zur Erfüllung der Mitwirkungshandlungen
ist im Hinblick darauf, dass er keine besonderen Unterlagen beschaffen, sondern lediglich Nachweise über Höhe und Zeitpunkt
des Zuflusses (z.B. in Form von Kontoauszügen oder des Testaments) vorlegen musste, als ausreichend und angemessen anzusehen.
Dies gilt umso mehr, als der Beklagte wunschgemäß Fristverlängerung (bis zum 06.04.2012) gewährte und der Kläger damit insgesamt
fast einen vollen Monat Zeit hatte, der Mitwirkungsaufforderung Folge zu leisten.
5. Die Entscheidung des Beklagten war schließlich nicht ermessensfehlerhaft (§
39 Abs.
1 Satz 1
SGB I). Er war sich bei seiner Entscheidung bewusst, dass diese überhaupt in seinem Ermessen stand, und hat dies in den Bescheiden
auch zum Ausdruck gebracht. Die Entscheidung selbst hat er mit einer einzelfallbezogenen Begründung versehen. Anhaltspunkte
für einen Ermessensfehlgebrauch, eine Ermessensüber- oder Unterschreitung sind nicht erkennbar.
B) Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
C) Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht erfüllt sind.