Unbegründetheit der Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verpflichtung des Leistungsträgers zur Zahlung von Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs – hier der Glaubhaftmachung von Hilfebedürftigkeit im Sinne von §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II
Anforderungen an das Vorliegen einer Haushaltszugehörigkeit im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II beim Zusammenleben eines unter 25 Jahre alten Antragstellers mit seiner Mutter
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das Sozialgericht eine Verpflichtung des
Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II abgelehnt hat.
Der am 00.00.1997 geborene Antragsteller lebt gemeinsam mit seiner 1971 geborenen Mutter R in einer Wohnung in der B-Straße
1 in E. Er bezog bis Januar 2021 Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit.
Am 06.06.2021 beantragte er beim Antragsgegner Leistungen. Mit Schreiben vom 09.06.2021 forderte der Antragsgegner den Antragsteller
unter anderem zur Vorlage der Kontoauszüge aller Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft für die letzten drei Monate auf. Frau
R erklärte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 21.06.2021, der Antragsteller und sie bildeten keine Bedarfsgemeinschaft. Da
der Antragsteller seine Ausbildung beendet habe und bereits erwerbstätig gewesen sei, habe er gegen sie keinen Unterhaltsanspruch.
Ihr Bruttoeinkommen habe 2020 bei 51.925,10 € jährlich gelegen und sie verfüge nicht über Vermögen. Sie unterstütze den Antragsteller
lediglich auf freiwilliger Basis, indem sie ihn mietfrei in der gemeinsamen Wohnung leben lasse und seine Kosten für Strom,
Wasser und Internet trage. Der Antragsteller kaufe selbständig ein und koche und wasche für sich. Auch der Antragsteller erklärte
mit Schreiben vom 26.06.2021, einen "eigenen Haushalt im Haushalt seiner Mutter" zu führen. Der Antragsgegner wertete das
Schreiben als Widerspruch der Frau R "gegen das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft" und verwies mit Schreiben vom 23.06.2021
auf die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Mit an Frau R gerichtetem Bescheid vom 12.07.2021 versagte der Antragsgegner ihr und den weiteren Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft
Leistungen für die Zeit ab dem 01.06.2021 und begründete dies mit der fehlenden Vorlage von Unterlagen zu Einkommen und Vermögen
sowie von Nachweisen über die Höhe der Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Der Antragsteller erhob am 19.07.2021 Widerspruch
gegen den Bescheid vom 12.07.2021. Er könne sich keine Lebensmittel kaufen und die durch eine für August 2021 anvisierte Stellenaufnahme
entstehenden Fahrtkosten nicht bestreiten. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2021
als unzulässig zurück. Da der Bescheid vom 12.07.2021 an Frau R gerichtet gewesen sei und der Antragsteller nach eigenen Angaben
keine Bedarfsgemeinschaft mit dieser bilde, sei der Antragsteller durch den Bescheid nicht in seinen Rechten betroffen. Der
zwischenzeitlich anwaltlich vertretene Antragsteller wiederholte mit Schreiben vom 22.07.2021, es bestehe keine Bedarfsgemeinschaft.
Für Frau R würden keine Leistungen geltend gemacht. Mit weiterem Bescheid vom 14.09.2021 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag
vom 06.06.2021 unter Verweis auf nicht nachgewiesene Hilfebedürftigkeit ab. Der Antragsteller erhob am 21.09.2021 gegen diesen
Bescheid Widerspruch.
Am 24.09.2021 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Duisburg beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
zur Leistungszahlung zu verpflichten. Er habe jeweils einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Übernahme des Regelbedarfs.
Seine Mutter übernehme nur die Kosten für Miete, Strom, Warmwasser und Internet und lehne jede weitere Unterstützung ab. Da
jedenfalls keine "funktionierende Bedarfsgemeinschaft" bestehe, komme die Anrechnung von Einkommen seiner Mutter nicht in
Betracht. Er habe bislang von seinen Ersparnissen und Darlehen von Freunden und Familie gelebt. Im September 2021 habe er
allerdings 350 € aus einem zwischenzeitlich eingegangenen Arbeitsverhältnis erzielt. Zwischenzeitlich bestehe ein Zahlungsrückstand
iHv 1234,97 € bei der Bahn BKK. Die angeforderten Unterlagen beträfen seine Mutter, die sich weigere, die angeforderten Angaben
zu machen. Der Antragsteller hat eine Erklärung seiner Mutter vorgelegt, gemäß der diese es ablehnt, Zahlungen für seinen
Lebensunterhalt oder für Krankenversicherungsbeiträge zu leisten. Der Antragsgegner solle ihn beraten, wie er Leistungen gegenüber
seiner Mutter geltend machen könne.
Mit Beschluss vom 24.11.2021 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antrag
sei bereits unzulässig. Es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers, denn dieser könne seinen Anspruch durch
die Vorlage der vom Antragsgegner angeforderten Unterlagen weiterverfolgen, zumal auch Nachweise ausstünden, die nur die eigenen
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers beträfen. Der Antrag sei auch unbegründet, denn der Antragsteller
habe seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Der 24 Jahre alte Antragsteller, der seinen Lebensunterhalt nicht aus
eigenem Einkommen oder Vermögen sichern könne, bilde mit seiner Mutter eine Bedarfsgemeinschaft iSv § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II. Ob dem Antragsteller ein Unterhaltsanspruch gegen seine Mutter zustehe, sei hierfür ohne Bedeutung. Zudem bestünden Zweifel,
ob der Antragsteller von seiner Mutter über die Leistungen für Kost und Logis hinaus tatsächlich keine Unterstützung erhalte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2021 hat der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 14.09.2021
zurückgewiesen.
Am 09.12.2021 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den seinen Bevollmächtigten am 29.11.2021 zugestellten Beschluss des
Sozialgerichts erhoben. Ebenfalls am 09.12.2021 hat er Klage gegen den Bescheid vom 14.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29.11.2021 erhoben (SG Duisburg - S 35 AS 3552/21). Er trägt vor, zwischen ihm und seiner Mutter bestehe keine Bedarfsgemeinschaft, weil die Anwendung von§ 7 Abs. 3 Nr. 4
SGB II eine Haushaltsgemeinschaft und ein hier nicht gegebenes gemeinsames Wirtschaften voraussetze. Nicht er, sondern nur seine
Mutter weigere sich, mitzuwirken. Verlasse er die Wohnung, müsse er damit rechnen, dass der Antragsgegner die Übernahme seiner
Bedarfe für Unterkunft und Heizung unter Bezugnahme auf die Vorschrift des § 22 Abs. 5 SGB II ablehne. Der Senat hat den Antragsteller mit Verfügung vom 05.01.2022 gebeten, zu etwaigen Veränderungen der wirtschaftlichen
Situation seiner Mutter seit deren Schreiben vom 21.06.2021 vorzutragen. Der Antragsteller hat hierauf nicht reagiert. Mit
Verfügung vom 26.01.2022 hat der Senat den Antragsteller aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, womit er seit Januar 2021
seinen Lebensunterhalt bestreite und Kontoauszüge zu übersenden. Im Hinblick auf die vorgetragenen Darlehen Dritter sollten
Namen, Summen und Rückführungsmodalitäten benannt werden. Der Antragsteller hat diesbezüglich vorgetragen, Darlehenszahlungen
von seiner Großmutter A iHv 430 €, seinem Großonkel N iHv 260 €, seinem Bekannten S iHv 300 € und dem ehemaligen Ehemann seiner
Mutter, K, iHv 320 € erhalten zu haben. Die Rückzahlung solle erfolgen, wenn er wieder über Geld verfüge. Es sei zu berücksichtigen,
dass er nicht kurzfristig Leistungen gegen seine Mutter geltend machen könne. Er hat mit dem Schriftsatz eine Stellungnahme
seiner Mutter übersandt, in der diese ausführt, sie lehne eine Zahlung von Unterhalt ab, weil der Antragsteller bereits wirtschaftlich
selbständig gewesen sei. Sie sei nicht verpflichtet, mit diesem zu wirtschaften, weil das "kostensparender für das Arbeitsamt"
sei. Sie übernehme nur Miete, Strom und Heizung und zu mehr sei sie nicht bereit. Sie erhalte kein Kindergeld und auch ein
Kinderfreibetrag werde ihr nicht eingeräumt. Sie wolle nicht dafür in Haftung genommen werden, dass der Antragsgegner über
ein Jahr keine Vermittlungsmaßnahmen eingeleitet habe.
Der Antragsteller hat Kontoauszüge für die Zeit vom 15.10.2021 bis zum 31.01.2022 und vom 10.11.2020 bis zum 01.07.2021 übersandt,
aus denen keine Abbuchungen für Fixkosten ersichtlich sind. Er hat eine eidesstattliche Versicherung vom 23.02.2021 beigefügt,
gemäß der er im Januar 2021 noch Arbeitslosengeld erhalten habe. Von Februar 2021 bis Juni 2021 von seinem Konto und von Ersparnissen
iHv 800 € Lebensmittel gekauft hat. Weiter hat er vom Schrifttyp identische computergefertigte und handschriftlich unterzeichnete
eidesstattliche Versicherungen der Darlehensgeber übersandt. Frau A hat bestätigt, dem Antragsteller 480 € teilweise in bar
und teilweise per Post zur Verfügung gestellt zu haben. Die Rückzahlung solle erfolgen, sobald der Antragsteller ein festes
Einkommen habe. Herr N hat ausgeführt, er habe dem Antragsteller 260 € per Post zukommen zu lassen, die dieser zurückzahlen
solle, wenn er wieder arbeite. Herr K (wohnhaft in Magdeburg) hat erklärt, dem Antragsteller insgesamt 320 € zur Verfügung
gestellt zu haben, die er zurückzahlen solle, sobald er einen Job habe. Der Antragsteller habe sich zwecks Entgegennahme des
Geldes mit ihm getroffen oder sei zu ihm nach Hause gekommen. Gemäß Erklärung des Herrn S solle die Rückzahlung von 300 €
nach Aufnahme einer Arbeit des Antragstellers erfolgen. Gemäß einer EMA-Anfrage des Senats vom 01.03.2022 wohnte der Antragsteller
seit dem 22.08.2009 durchgehend in der auch nunmehr von ihm bewohnten Wohnung B-Straße 1 in E "bei R". Der Antragsteller hat
mit eidesstattlicher Versicherung vom 10.03.2022 erklärt, die Abbuchungen für Miete, Strom, Telefon und Gas trage seine Mutter.
Lebensmitteleinkäufe bei "Netto" habe er zunächst von seinem Konto, später bar aus seinen Ersparnissen und den ihm gewährten
Darlehen bestritten. Mit Schreiben vom 22.03.2022 hat er bestätigt, "schon immer" bei seiner Mutter zu wohnen.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
abgelehnt.
Einstweilige Anordnungen sind nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt
grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung
(Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen(§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln (ständige Rechtsprechung des
Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 20.02.2019 - L 7 AS 1916/18 B ER und vom 30.08.2018 -L 7 AS 1268/18 B ER). Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren
nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 -1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller
umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 30.08.2018 - L 7 AS 1268/18 B ER, vom 05.09.2017 -L 7 AS 1419/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).
Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Es liegt kein Anordnungsanspruch vor, denn der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit
iSd §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs.1 SGB II nicht glaubhaft gemacht. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die
Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, auch das
Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen.
Der Antragsteller und seine Mutter bilden eine Bedarfsgemeinschaft. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr
noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder
Vermögen beschaffen können.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der am 00.00.1997 geborene Antragsteller ist unter 25 Jahre alt und unverheiratet.
Er gehört auch dem Haushalt seiner Mutter an. Zwar erfüllt das bloße Zusammenleben eines 18 bis 25 Jahre alten Kindes mit
einem Elternteil im Sinne der bloßen Duldung der Anwesenheit in der Wohnung noch nicht den Begriff der "Haushaltszugehörigkeit".
Vielmehr bedarf es des Bestehens einer Familiengemeinschaft, die eine Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung),
materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) darstellt
(BSG Urteil vom 14.03.2012 - B 14 AS 17/11 R, Senatsbeschluss vom 28.08.2014 - L 7 AS 1333/14 B ER). Zunächst wohnt der Antragsteller unstreitig mit seiner Mutter in einer gemeinsamen Wohnung in der B-Straße 1 in E.
Weiter erfährt er materielle Unterstützung von seiner Mutter, denn diese trägt ebenfalls unstreitig die Kosten des Antragstellers
für Miete, Strom, Telefon und Gas. Ob die Mutter des Antragstellers sich darüber hinaus nicht an weiteren Kosten des Antragstellers
beteiligt, ist bereits fraglich, denn dessen Kontoauszüge weisen bereits seit Januar 2021 keine Abbuchungen für Fixkosten
wie z.B. Versicherungen aus. Auch die vom Antragsteller angegebene Finanzierung seiner Kosten für Lebensmittel und Kleidung
durch Darlehen Dritter erscheint zweifelhaft. Die vom Antragsteller vorgelegten, in Gestaltung und Inhalt nahezu identischen
eidesstattlichen Versicherungen, die sich zudem nicht zu Zeitpunkt und Höhe der einzelnen Zahlungen verhalten, werfen Fragen
auf. Zum anderen erscheint es nicht nachvollziehbar, dass sämtliche Darlehen von den teilweise weit entfernt lebenden Darlehensgebern
persönlich oder per Post zur Verfügung gestellt worden sein sollen und keine einzige Überweisung der Beträge auf das Konto
des Antragstellers ersichtlich ist.
Ob die Mutter des Antragstellers diesen über das vorgetragene Maß hinaus unterstützt, kann im Ergebnis jedoch dahinstehen,
denn bereits die vom Antragsteller eingeräumte Hilfeleistung begründet eine über die Duldung seiner Anwesenheit hinausgehende,
für die Bejahung einer Haushaltszugehörigkeit iSv § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II hinreichende materielle Verbundenheit. Letztere setzt nämlich keinen uneingeschränkten Einstandswillen oder ein vollumfängliches
"Wirtschaften aus einem Topf" voraus (vgl. hierzu BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09, Senatsbeschluss vom 28.08.2014 - L 7 AS 1333/14 B ER). Dies ergibt sich bereits daraus, dass § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II anders als der für die Prüfung einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft mit einem nichtehelichen Partner maßgebliche
§ 7 Abs. 3 Nr. 3c eine einzelfallbezogene Prüfung des gemeinsamen Wirtschaftens ("so zusammenlebt, dass nach verständiger
Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen") gerade
nicht vorsieht. Vielmehr geht der Gesetzgeber pauschalierend davon aus, dass Eltern für ihre Kinder einstehen, wenn diese
mit ihnen im Haushalt leben, unverheiratet sind, unter 25 Jahre alt sind und ihren Lebensunterhalt nicht selbst sicherstellen
können (vgl. hierzu BT-Drs. 16/688, S. 14; BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R). Dass die Erforderlichkeit der materiellen Unterstützung des Kindes im Rahmen der Prüfung seiner Zugehörigkeit zum Haushalt
der Eltern nicht mit einem vollumfänglichen wirtschaftlichen Einstehen der Eltern gleichzusetzen sein kann, ergibt sich weiter
aus dem Abgleich mit den Voraussetzungen einer Haushaltsgemeinschaft zwischen Verwandten und Verschwägerten, die keine Bedarfsgemeinschaft
bilden (§ 9 Abs. 5 SGB II) und die wiederum ausdrückliche Feststellung des "Wirtschaftens aus einem Topf" erfordert (BSG Urteil vom 27.01.2009 -B 14 AS 6/08 R). Es liegt nämlich nahe, dass die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit einer Person zum Haushalt eines anderen, die neben
weiteren Erfordernissen ein zwingendes Element einer Haushaltsgemeinschaft ist, nicht so weitreichend sein können wie die
Voraussetzungen für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft selbst. Die grundsätzliche Zuordnung volljähriger 18 bis 25 Jahre
alter Kinder zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern in § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II würde überdies gegenstandslos, wenn sie sich an den Voraussetzungen des - alle Verwandten und Verschwägerten - betreffenden
§ 9 Abs. 5 SGB II messen lassen müsste.
Letztlich ist auch von einer immateriellen Zuwendung der Mutter des Klägers im Sinne eines "familienhaften Bandes" auszugehen.
Anzuknüpfen ist insoweit an das bis zum Eintritt der Volljährigkeit bestehende Betreuungs- und Erziehungsverhältnis des leiblichen
Elternteils zum Kind, das mit zunehmendem Alter des Kindes abnimmt. Bei gemeinschaftlichem Zusammenleben unter einem Dach
nach Eintritt der Volljährigkeit ist anzunehmen, dass eine enge familiäre Verbundenheit mit der entsprechenden elterlichen
Zuwendung (etwa eine Unterstützung bei Entscheidungen hinsichtlich Berufswahl, im Umgang mit Behörden etc.) eine gewisse Zeit
lang über den Eintritt der Volljährigkeit fortbesteht. Die der Altersgrenze des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II zugrunde liegende gesetzgeberische Typisierung, dies könne bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres regelhaft angenommen werden,
ist nicht zu beanstanden (vgl. hierzu BSG Urteile vom 14.03.2012 - B 14 AS 17/11 R und vom 19.10.2010 -B 14 AS 51/09 R). Weitergehende Konflikte oder Anhaltspunkte für eine Trennung (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 28.08.2014 - L 7 AS 1333/14 B ER), die die Auflösung des typisierend anzunehmenden "familienhaften Bandes" zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter
nahelegen, liegen hier nicht vor. Dagegen spricht insbesondere, dass der Antragsteller zeitlebens - auch während seiner Erwerbstätigkeit,
während des Bezuges von Arbeitslosengeldes und in dem sich anschließenden Zeitraum bis zur Antragstellung beim Antragsgegner
im Juni 2021 - bei seiner Mutter, die den Antragsteller auch durch Interventionen im vorliegenden Verfahren unterstützt, gewohnt
hat.
Für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter kommt es auch nicht darauf an, ob dem
Antragsteller ein entsprechender zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch zur Seite steht oder ob er diesen realisiert (vgl. hierzu
Senatsurteil vom 21.10.2010 - L 7 AS 113/10). Dies ergibt sich sowohl aus der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II als auch aus § 33 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, wonach Unterhaltsansprüche innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nicht auf den Träger der Grundsicherung übergehen (vgl.hierzu
BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R: Anrechnung des Einkommens auch des Partners eines Elternteils zu Lasten des Kindes, auch wenn insoweit bereits dem Grunde
nach kein Unterhaltsanspruch besteht). Die aus den vorstehenden Ausführungen resultierende Abweichung von für den Bereich
existenzsichernder Leistungen getroffenen Regelungen von Regelungen des Unterhaltsrechts und die hiermit verbundene typisierende
Unterstellung, dass in einem Haushalt zusammenlebende Familienangehörige sich gegenseitig unterstützen, verletzt das Gebot
zur Sicherung des Existenzminimums aus Art.
1 Abs.
1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsgebot des Art.
20 Abs.
1 GG nicht (vgl. hierzu BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R und vom 13.11.2008- B 14 AS 2/08 R sowie den Beschluss des BVerfG über die nicht angenommene Verfassungsbeschwerde gegen das letztgenannte Urteil vom 29.05.2013
- 1 BvR 1083/09).
Der Ausschluss nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 Hs. 2 SGB II greift beim Antragsteller nicht, denn er verfügt nach dem erkennbaren Sachstand nicht über Einkommen oder Vermögen, mit dem
er seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann.
Abschließend ist davon auszugehen, dass das nach den vorstehenden Maßgaben gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II anzurechnende Einkommen von Frau R auch zur Deckung des Bedarfs des Antragstellers ausreicht. Frau R hat gegenüber dem Antragsgegner
mit Schreiben vom 21.06.2021 erklärt, 2020 Bruttoeinkünfte iHv insgesamt 51.925,10 € erzielt zu haben. Hieraus ergibt sich
bei einer Verteilung auf 12 Monate ein monatliches Bruttoeinkommen iHv 4327,09 € und nach Berechnungen des Senats unter Zuhilfenahme
der Seite www.brutto-netto-rechner.info auch unter ungünstigsten Bedingungen (Steuerklasse 1, kein Kinderfreibetrag, Sozialversicherungsbeiträge,
Kirchensteuer) noch ein monatliches Nettoeinkommen iHv 2573,75 €. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller
und seine Mutter ihren Gesamtbedarf mit diesem Einkommen nicht decken können. Eine Änderung der Einkommensverhältnisse der
Mutter ist nicht ersichtlich, denn der Antragsteller hat auf diesbezügliche Anfragen des Senats nichts vorgetragen, sondern
nur die Anrechenbarkeit des Einkommens seiner Mutter in Abrede gestellt. Gegen eine Änderung der Einkommensverhältnisse spricht
darüber hinaus, dass die Mutter des Antragstellers auch nach Ablauf des Jahres 2020 unstreitig weiterhin die der Bedarfsgemeinschaft
entstandenen Kosten für Miete, Gas, Strom und Telefon tragen konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe scheidet im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen aus (§§ 73a Abs. 1 Satz 1
SGG, 114
ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).