Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren,
das gegen die (teilweise) Aufhebung eines Bewilligungsbescheides wegen einer nicht genehmigten Ortsabwesenheit gerichtet ist.
Der 1980 in U, Libyen, geborene Kläger hat ein Architekturstudium erfolgreich abgeschlossen und war neben einer Tätigkeit
bei einer Zeitarbeitsfirma bis Anfang 2018 selbständig als Dolmetscher tätig. Er beantragte am 15.03.2018 bei der Beklagten
Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und gab hierbei an, alleinstehend zu sein. Mit Bescheid vom 11.04.2018 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom
01.05.2018 bis zum 30.04.2019 Leistungen iHv monatlich 998,04 € (Regelbedarf iHv 416 € zuzüglich Bedarfe für Unterkunft und
Heizung iHv 582,04 €). Auf Seite 6 des Bescheides heißt es: "Sie müssen immer unter der von ihnen benannten Adresse erreichbar
sein. Sie sind verpflichtet, den Zeitraum und die Dauer einer geplanten Ortsabwesenheit mit Ihrem persönlichen Ansprechpartner
vorher abzustimmen. Unerlaubte Abwesenheit kann dazu führen, dass Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld II wegfällt und zurückgefordert
wird." Mit Bescheid vom 03.08.2018 hob die Beklagte den Bescheid vom 11.04.2018 teilweise auf und bewilligte dem Kläger für
die Zeit vom 01.11.2018 bis zum 30.04.2019 Leistungen iHv nur noch 962,28 € monatlich (Regelbedarf iHv 416 € zuzüglich Bedarfe
für Unterkunft und Heizung iHv 546,28 €). Mit E-Mail vom 25.04.2019 teilte der Kläger der Beklagten mit, er befinde sich momentan
im Gazastreifen. Er wolle die "Leistungsbewilligung weiter verlängern", weil er nach Deutschland zurückkehren wolle, was wegen
der politischen Situation derzeit aber nicht möglich sei. Da er die Situation nicht gut verarbeiten könne, sei er auch stationär
psychologisch behandelt worden. Er übersandte eine Bescheinigung der "Palestinian National Authority" vom 08.04.2019 in englischer
Sprache, gemäß der er den Gazastreifen wegen einer Schließung der Grenzübergänge nicht verlassen habe. Weiter fügte er ein
Attest des Psychiaters Dr. B P vom 09.04.2019 ebenfalls in englischer Sprache bei, das ohne Angabe eines Behandlungszeitraums
das Vorliegen behandlungsbedürftiger Panikattacken bestätigt. Die Beklagte bat den Kläger in der Folge per E-Mail um Mitteilung,
seit wann er nicht mehr in Münster sei. Gemäß § 7 Abs. 4a SGB II bestehe kein Leistungsanspruch, wenn der Leistungsberechtigte sich ohne vorherige Zustimmung außerhalb des zeit- und ortsnahen
Bereichs aufhalte. Eine weitere Leistungsbewilligung könne erst erfolgen, wenn der Kläger sich zurückgemeldet habe. Mit E-Mail
vom 05.05.2019 führte der Kläger aus, er habe seinem "Coach" T I im Vorfeld mitgeteilt, wegen einer schweren Erkrankung seines
Vaters in den Gazastreifen reisen zu wollen. Herr I habe ihm gesagt, er könne fliegen, weil er auf einer "Warteliste" stehe
und es noch lange dauere, bis er einen Platz bekomme. Der Kläger übersandte ein am 24.12.2018, 0:16 Uhr gebuchtes Online-Ticket
für eine Bahnfahrt von Münster Hbf nach Frankfurt/Main Flughafen am 29.12.2018 um (Abfahrt 7:27 Uhr, Ankunft 10:07 Uhr) sowie
eine Buchungsbestätigung der Egyptair vom 20.12.2018 über einen Flug von Frankfurt/Main nach Kairo am 29.12.2018 (Abflug 15:25
Uhr) und über einen Rückflug von Kairo nach Frankfurt/Main am 31.01.2019. Die Beklagte antwortete auf die E-Mail, ein Herr
T I sei beim Jobcenter nicht bekannt. Für den Kläger zuständige Arbeitsvermittlerin sei Frau M.
Mit an die Wohnadresse des Klägers gerichtetem Schreiben vom 15.05.2019 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten
vollständigen Aufhebung seiner Leistungsbewilligung für die Zeit vom 29.12.2018 bis zum 30.04.2019 und zu einer Erstattung
iHv insgesamt 3945,27 € an. Rechtsgrundlage für die Aufhebung sei §
40 Abs.
2 Nr.
3 iVm §
330 Abs.
3 SGB III iVm § 48 SGB X. Der Leistungsanspruch des Klägers sei entfallen, weil er sich seit dem 29.12.2018 ohne Genehmigung in Palästina und damit
außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs iSd § 7 Abs. 4a SGB II aufhalte. Er habe die Beklagte nicht über die Ortsabwesenheit informiert. Der vom Kläger benannte Herr I sei nicht Mitarbeiter
der Beklagten, sondern der GEBA GmbH (Gesellschaft für Berufsförderung und Ausbildung mbH). Da der Kläger sowohl in einer
während eines früheren Leistungsbezuges erlassenen Eingliederungsvereinbarung vom 19.03.2014 als auch im Bescheid vom 11.04.2018
über die Erforderlichkeit der Genehmigung einer Ortsabwesenheit und die ansonsten mögliche Rückforderung von Leistungen informiert
worden sei, sei ihm auch zumindest grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Mit weiterem - im Übrigen identischen - Anhörungsschreiben
ebenfalls vom 15.05.2019 wies die Beklagte den Kläger daraufhin, er habe auch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
zu erstatten, so dass die Erstattungsforderung sich auf 4309,86 € erhöhe. Die Beklagte räumte dem Kläger eine Frist zur Rückäußerung
bis zum 30.06.2019 ein.
Der Kläger übermittelte der Beklagten am 16.06.2019 weitere Bescheinigungen palästinensischer Behörden, wonach er seit dem
31.01.2019 an jedem Tag versucht habe, den Gazastreifen zu verlassen, dies ihm wegen "außergewöhnlicher Umstände" am Grenzübergang
nach Ägypten (Rafah) bzw. der Schließung der Grenzübergänge aber nicht möglich gewesen sei. In einem weiteren Attest des Dr.
P wird der Behandlungsbeginn mit dem 05.02.2019 benannt.
Der Kläger kehrte am 26.06.2019 nach Deutschland zurück und sprach am 27.06.2019 bei der Beklagten vor. Er beantragte nunmehr
auch Leistungen für seine 1991 geborene Ehefrau, die er Ende 2017 in Palästina geheiratet und die bislang bei ihrer Familie
gelebt habe.
Mit Bescheid vom 17.09.2019 hob die Beklagte den Bescheid vom 11.04.2018 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 03.08.2018
für die Zeit vom 29.12.2018 bis zum 30.04.2019 auf und forderte vom Kläger 4309,92 € (Regelbedarfe iHv 1732,42 € zuzüglich
Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv 2212,85 € sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 364,65 €) zurück. Die
Berechnung der Erstattungssumme wird im Hinblick auf Leistungsart und Erstattungsmonat dargestellt. Zur Begründung wiederholte
die Beklagte die Ausführungen des Anhörungsschreibens. Mit Schreiben vom 17.10.2019 erhob der Kläger Widerspruch gegen den
Bescheid vom 17.09.2019. Sein Bruder B1 B2 habe die Flugtickets am 20.12.2018 ohne sein Wissen gebucht und ihm am 24.12.2018
per WhatsApp geschenkt, damit er seinen kranken Vater besuchen könne. Am 28.12.2018 habe er die Genehmigung der Ortsabwesenheit
bei der Beklagten beantragen wollen, dort aber ein Schild vorgefunden, wonach das Jobcenter bis zum 07.01.2019 geschlossen
sei. Da er davon ausgegangen sei, Anspruch auf drei Wochen Urlaub zu haben, sei er dann abgeflogen. Die ursprünglich für den
31.01.2019 geplante Rückkehr sei ihm dann erst am 26.06.2019 wieder möglich gewesen. In der Folge sei er durch die schwierige
Situation so in Anspruch genommen worden, dass die Belange in Deutschland "weit weg" gewesen seien und habe sich ab dem 05.02.2019
auch in psychotherapeutische Behandlung begeben müssen. Erst seine Ex-Partnerin Frau C habe ihn darauf aufmerksam gemacht,
dass er seine Ortsabwesenheit bei der Beklagten anzeigen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies ergänzend zu den Ausführungen
im Ausgangsbescheid auf die Regelung des§ 2 Satz 2 EAO, die den zeit- und ortsnahen Bereich iSv § 7 Abs. 4a SGB II definiere. Eine Genehmigung auch des ursprünglich geplanten Auslandaufenthalts vom 29.12.2018 bis zum 31.01.2019 wäre nicht
möglich gewesen, weil dieser die in § 3 Abs. 1 EAO genannte Höchstgrenze von 21 Kalendertagen überschritten habe. Ob aufgrund der Unmöglichkeit der Rückkehr ein außergewöhnlicher
Härtefall iSv § 3 Abs. 3 EAO vorgelegen habe, sei unerheblich, weil auch hierdurch lediglich eine ursprünglich genehmigte Ortsabwesenheit von bis zu drei
Wochen lediglich um drei Tage verlängert werden könne.
Am 28.02.2020 hat der Kläger beim Sozialgericht Münster Klage gegen den Bescheid vom 17.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28.01.2020 erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Er hat seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Da
sein Bruder ihm die Flugtickets erst am 24.12.2018 geschenkt habe und die Räumlichkeiten der Beklagten bis zum 07.01.2019
geschlossen gewesen seien, habe er nicht die Möglichkeit gehabt, die Ortsabwesenheit zu beantragen. Aufgrund der politischen
Situation sei die zum 31.01.2019 geplante Rückkehr nicht möglich gewesen. Aus den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für
Arbeit zu § 7 SGB II ergebe sich, dass der Leistungsanspruch des Hilfebedürftigen fortbestehe, wenn eine Heimreise nicht oder nur unter nicht
zumutbaren Umständen möglich sei. Dies sei hier der Fall. Auch die Beklagte hat auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren
Bezug genommen. Zwar ließen die fachlichen Weisungen der Beklagten in begründeten Ausnahmefällen auch eine nachträgliche Genehmigung
der Ortsabwesenheit zu, so z.B. bei einer Nichterreichbarkeit der Behörde am Tag der Antragstellung. Eine nachträgliche Genehmigung
komme hier jedoch nicht in Betracht, weil der Kläger sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen ohne Rückmeldung im
Ausland aufgehalten habe. Zudem habe der Kläger die Beklagte erst nach monatelangem Aufenthalt im Ausland über die Ortabwesenheit
informiert, so dass sein Vortrag, die Behörde am 28.12.2018 in der Angelegenheit aufgesucht zu haben, unrealistisch erscheine.
Die Buchung des Bahntickets am 24.12.2018 um 0:16 Uhr lege nahe, dass der Kläger den Flug schon zuvor geplant habe. Schließlich
habe die Beklagte die Hilfebedürftigen vorab auch über die bevorstehende Schließung des Jobcenters informiert. Der Kläger
hat hierauf erwidert, das Bahnticket ohne konkrete Kenntnis des bevorstehenden Flugs gebucht zu haben. Er habe sich vom 23.12.2018,
22:00 Uhr, bis zum 24.12.2018, 01:00 Uhr, in der Wohnung seines Freundes N B3 aufgehalten und habe diesem berichtet, dass
sein Vater schwer erkrankt sei und er eine Reise in den Gazastreifen in Betracht ziehe. Herr B3 habe ihm dann vorgeschlagen,
vorsorglich ein günstiges Ticket zu erwerben, das er sich bei Nichtantritt der Reise erstatten lassen könne. Erst danach habe
er davon erfahren, dass sein Bruder ihm die Flugtickets gekauft habe.
Mit Beschluss vom 25.01.2021, der Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 01.02.2021, hat das Sozialgericht die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage habe keine hinreichende Erfolgsaussicht. Das Sozialgericht hat auf die Ausführungen
der Beklagten im Widerspruchsbescheid verwiesen. Allerdings sei § 3 Abs. 4 EAO nicht einschlägig, denn der Kläger habe eine Ortsabwesenheit von weniger als sechs Wochen geplant. Dem Leistungsanspruch
stehe hier aber entgegen, dass der Kläger die Ortsabwesenheit nicht beantragt habe. Dass der Kläger über seine diesbezügliche
Pflicht informiert gewesen sei, ergebe sich bereits aus seinem Vortrag, wonach er versucht habe, einen entsprechenden Antrag
zu stellen. Dies sei dem Kläger aber schon vor dem 28.12.2018 möglich gewesen, denn sein Vortrag, er habe am frühen Morgen
des 24.12.2018 ohne Kenntnis von seinem Flugtermin die "passende" Bahnfahrkarte gebucht, sei unglaubhaft.
Am 24.02.2021 hat der Kläger Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts erhoben. Er habe aufgrund der Erkrankung seines
Vaters schon zum Ende des Jahres in Betracht gezogen, in den Gazastreifen zu reisen, seinem Bruder auf Rückfrage aber immer
mitgeteilt, erst eine Genehmigung durch die Beklagte am 27.12.2018 oder 28.12.2018 abwarten zu müssen. Deswegen habe der Bruder
ein Flugticket für den 29.12.2018 gebucht. Er habe auch erst nach den Feiertagen erfahren, dass die Beklagte nicht erreichbar
sei. Der Kläger hat Herrn B3 und seinen Bruder als Zeugen für die Tatsache benannt, dass er vor dem 24.12.2018 keine Kenntnis
vom Kauf der Flugtickets gehabt habe. Er hat eine in die deutsche Sprache übersetzte schriftliche Stellungnahme seines Bruders
beigefügt, in der dieser ausführt, den Kläger am 24.12.2018 mit den Flugtickets überrascht zu haben. Als der Kläger darauf
hingewiesen habe, gegebenfalls keine Genehmigung von der Beklagten zu bekommen, habe er angeboten, die Tickets in diesem Fall
zu stornieren. Die Beklagte hält das Vorbringen des Klägers für unglaubhaft. Sie verweist darauf, den Kläger mit Eingliederungsvereinbarung
vom 19.03.2014 und mit Bewilligungsbescheid vom 11.04.2018 über seine Verpflichtung zur Beantragung einer Ortsabwesenheit
informiert zu haben. Zudem habe der Kläger am 19.03.2018 bestätigt, ein Merkblatt zur Kenntnis genommen zu haben, das einen
gleichlautenden Hinweis enthalte. Ob eine Genehmigung der Ortsabwesenheit im streitgegenständlichen Zeitraum möglich gewesen
wäre, sei fraglich, denn im November 2018 sei die Teilnahme des Klägers an einem Einzelcoaching geplant gewesen, das durch
eine Ortsabwesenheit beeinträchtigt worden wäre. Die Beklagte hat ein an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 09.12.2018 übersandt,
in dem sie auf die Schließung des Jobcenters vom 22.12.2018 bis zum 01.01.2019 hingewiesen hat. Der Kläger räumt ein, dieses
Schreiben erhalten, jedoch nicht auf den Hinweis geachtet zu haben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, denn die Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg(§§
73a Abs. 1 Satz 1
SGG, 114 Abs. 1
ZPO).
Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung
einer schwierigen Rechtsfrage abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll nicht
dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern
und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht
im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt
werden können. Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnahme erforderlich ist und
keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil
des Antragstellers ausgehen wird (BVerfG Beschlüsse vom 04.05.2015 - 1 BvR 2096/13, vom 09.10.2014 - 1 BvR 83/12 und vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 05.11.2020 - L 7 AS 743/20 B, vom 20.04.2016 - L 7 AS 1645/15 B und vom 15.02.2016 - L 7 AS 1681/15 B).
Nach diesen Maßgaben hat die vorliegende Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der vom Kläger zutreffend mit der Anfechtungsklage
(§
54 Abs.
1 Satz 1
SGG) angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2020
ist nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen
Rechten.
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist er hinreichend bestimmtiSv § 33 Abs. 1 SGB X, denn er stellt die Differenz zwischen den dem Kläger tatsächlich gezahlten und rechtlich zustehenden Leistungen nachvollziehbar
und separat für jeden einzelnen Leistungsmonat und jede einzelne Leistungsart dar. Ob der am 26.06.2019 nach Deutschland zurückgekehrte
Kläger mit dem Schreiben vom 15.05.2019, in dem eine Frist zur Stellungnahme bis zum 30.06.2019 gesetzt wurde, hinreichend
iSv § 24 Abs. 1 SGB X angehört wurde, kann dahinstehen. Ein Anhörungsmangel wäre jedenfalls im Widerspruchsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden, denn dem Kläger sind mit dem Ausgangsbescheid vom 17.09.2019, der die Begründung des Anhörungsschreibens
vom 15.05.2019 im Wesentlichen wortgleich wiederholt, alle für eine mögliche Äußerung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen
relevanten Informationen erteilt worden (vgl. hierzu BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 9/11 R, Senatsurteil vom 01.07.2021 -L 7 AS 1322/20, Schütze in: Schütze, SGB X, 9. Auflage, § 41 Rn. 15).
Der Bescheid ist materiell rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für die hier streitgegenständliche Aufhebung der Leistungen
ist § 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 bzw. Nr. 4 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist und soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen
Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht
nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) bzw. soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt
hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen
ist, der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Eine wesentliche Änderung der
Verhältnisse im Sinne der genannten Vorschrift ist im vorliegenden Fall am 29.12.2018 mit der Abreise des Klägers in den Gazastreifen
und dem hiermit verbundenen Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen für seine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eingetreten.
Der Kläger hat sich seitdem nicht mehr innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufgehalten und stand deshalb nicht mehr
für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung. Gemäß § 7 Abs. 4a SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung, der aufgrund der Übergangsregelung in § 77 Abs. 1 SGB II mangels Inkrafttreten einer nach § 13 Abs. 3 SGB II zu erlassenden Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales weitergilt, erhält Leistungen nach diesem
Buch nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der EAO vom 23.10.1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16.11.2001 (ANBA 2001, 1476, künftig: a.F.), definierten
zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält; die übrigen Bestimmungen dieser Anordnung gelten entsprechend. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO a.F. hält sich im zeit- und ortsnahen Bereich auf, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen des Leistungsträgers persönlich
zur Kenntnis zu nehmen, den Leistungsträger aufzusuchen, mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder
an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Hierzu hat nach Satz 2 der Vorschrift der Leistungsberechtigte sicherzustellen,
dass der Leistungsträger ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm
benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Diese Voraussetzungen waren während des Aufenthalts des Klägers
im Gazastreifen zweifelsohne nicht erfüllt. Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 4a SGB II a.F. führt zum Wegfall der Leistungsansprüche kraft Gesetzes, solange - wie hier - eine Ortsabwesenheit ohne Zustimmung zu
einer Ortsabwesenheit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EAO a.F. vorliegt. Eine solche Zustimmung der Beklagten zu der Ortsabwesenheit des Klägers lag nicht vor. Dahinstehen kann in
diesem Zusammenhang, ob der Kläger in diesem Zusammenhang an seinem Vortrag festhält, sein Coach T I habe sich mit seiner
Abwesenheit für einverstanden erklärt, denn dieser arbeitet bei einem externen Träger und ist kein Mitarbeiter der Beklagten.
Da § 7 Abs. 4a SGB II iVm § 3 Abs. 1 Satz 1 EAO a.F. ausdrücklich eine Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners vor Antritt der Reise voraussetzt, ist es im Regelfall
unerheblich, ob bei rechtzeitiger Kontaktaufnahme des Hilfebedürftigen mit seinem persönlichen Ansprechpartner eine Zustimmung
erteilt worden wäre (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 06.04.2011 - L 19 AS 2044/10 NZB, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 14.07.2010 - L 3 AS 3552/09). Im vorliegenden Fall kann aber auch dahinstehen, ob Ausnahmefälle denkbar sind, in denen eine Ortsabwesenheit eines Hilfebedürftigen
ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Behörde gerechtfertigt sein kann und in denen der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4a SGB II deshalb nicht greift (vgl. auch hierzu LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 06. 04.2011 - L 19 AS 2044/10 NZB). Ein solcher Ausnahmefall ist nicht ersichtlich oder vom Kläger vorgetragen. Zunächst folgt der Senat der Auffassung
des Sozialgerichts, dass der Vortrag des Klägers, die passenden Bahntickets vor einer Kenntnis von dem geplanten Abflugtermin
"ins Blaue hinein" gekauft zu haben, unglaubhaft ist. Auch wenn man den Vortrag des Klägers aber als wahr unterstellt, spricht
nichts dafür, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, eine Entscheidung der Beklagten am 02.01.2019 abzuwarten, denn der Kläger
trägt zwar glaubhaft eine schwere Erkrankung seines Vaters, aber keine Akutsituation vor, die eine sofortige Abreise erforderlich
gemacht hätte. Vielmehr hat er gemäß seinem Vortrag mit Herrn B3 die Möglichkeit einer Stornierung der Bahntickets im Fall
einer ausstehenden Zustimmung der Beklagten besprochen; ebenso gibt der Bruder in seiner vom Kläger übersandten Stellungnahme
an, eine Stornierung der Flugtickets sei möglich gewesen und mit dem Kläger diskutiert worden. Letztlich hat der Kläger die
Beklagte auch nach der Wiedereröffnung ihrer Räumlichkeiten nicht von seiner Abreise in Kenntnis gesetzt, sondern diese erst
kontaktiert, als sein Leistungsanspruch zum Ende des Monats April 2019 auslief. Es spricht nichts dafür, dass dem Kläger eine
frühere Kontaktaufnahme mit der Beklagten nicht möglich war, zumal er in Befassung mit seinem neuen Leistungsbegehren zwischen
Ende April 2019 und Ende Juni 2019 sehr rege per E-Mail aus dem Ausland mit ihr kommuniziert hat. Lediglich ergänzend weist
der Senat darauf hin, dass der Kläger sich ggf. auch im Rahmen der Frau E C am 16.05.2018 notariell beurkundet erteilten Generalvollmacht
hätte vertreten lassen können. Die Regelung des § 3 Abs. 3 EAO, die eine Verlängerung des Drei-Wochen-Zeitraums um höchstens drei Tage vorsieht, kommt hier nicht in Betracht, weil sie
an eine - hier nicht vorliegende - zuvor genehmigte Ortsabwesenheit anknüpft. Die Beklagte konnte den Bewilligungsbescheid
vom 11.04.2018 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 03.08.2018 auch iSv § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufheben. Der Kläger war im Fall seiner Unkenntnis einer Verpflichtung
zur Mitteilung seiner Ortsabwesenheit (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) bzw. des Wegfalls seines Anspruchs (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Nr. 4 SGB X) diesbezüglich jedenfalls grob fahrlässig, denn die Beklagte hat ihn jedenfalls in dem aufgehobenen Bescheid vom 11.04.2018
hinreichend über seine Verpflichtungen und mögliche Rechtsfolgen im Falle einer (ungenehmigten) Ortsabwesenheit informiert.
Da der Kläger vorträgt, die Erforderlichkeit der Genehmigung einer Ortsabwesenheit Herrn B3 und mit seinem Bruder kommuniziert
und sich am 28.12.2018 erfolglos zur Beklagten begeben zu haben, ist sogar von seiner diesbezüglichen Kenntnis auszugehen.
Hierfür spricht auch das Vorbringen des Klägers, er sei davon ausgegangen, einen dreiwöchigen Urlaubsanspruch zu haben. Die
Beklagte war gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm §
330 Abs.
3 SGB III von der Ermessensausübung entbunden und hat die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gewahrt.
Die Pflicht zur Erstattung des dem Kläger vom 29.12.2018 bis zum 30.04.2019 ausbezahlten Leistungen ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Zweifel an der Berechnung der Erstattungssumme ergeben sich nicht. Da auch Kosten der Unterkunft und Heizung dem Anwendungsbereich
des § 41 Abs. 1 SGB II unterliegen und anteilig iSv § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II berücksichtigt werden können (BSG Urteil vom 07.05.2009 - B 14 AS 13/08 R), ist ihre anteilige Rückforderung für die Zeit vom 29.12.2018 bis zum 31.12.2018 möglich, obwohl die Miete des Klägers
für den Monat Dezember 2018 bereits am 03.12.2018 fällig war. Die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge folgt aus § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II iVm §
335 Abs.
1 SGB III.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1
SGG, 127 Abs. 4
ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).