Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Vergütung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen der Gebührenordnungspositionen
(GOP) 30931 bis 30932 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) im Quartal 2/2013.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft, der im Jobsharing zwei in Essen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene
Psychologische Psychotherapeutinnen (seit 28. April 1999 Frau Dipl.-Psych. G, seit 1. Januar 2006 Frau Dipl.-Psych. I) angehören.
Beide sind berechtigt, psychotherapeutische Leistungen des Verfahrens der Verhaltenstherapie im Sinne des § 17 der "Richtlinie
über die Durchführung der Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung" (Psychotherapie-Richtlinie) zu erbringen und
gemäß Abschnitt 35.2 EBM abzurechnen.
Dipl.Psych. G verfügt seit dem 10. September 2012 über die Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung. "Klinische Neuropsychologie"
und seit dem 18. März 2013 über die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen der neuropsychologischen Therapie
(EBM-Ziffern 30930 bis 30935) gemäß Nr. 19 der Anlage I "Anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" der Richtlinie
zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung,
im Folgenden: MVV).
Mit Beschluss vom 24. November 2011, in Kraft getreten zum 24. Februar 2012, erkannte der G-BA die neuropsychologische Therapie
als im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähige Untersuchungs- und Behandlungsmethode an und nahm sie
in Anlage I Nr. 19 MVV auf.
Mit Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBewA) vom 26. November 2012 in der 291. Sitzung erfolgte mit Wirkung
zum 1. Januar 2013 die Aufnahme der neuropsychologischen Leistungen in den Leistungskatalog des EBM unter dem Abschnitt 30.11.
EBM.
30.11
Neuropsychologische Therapie gemäß der Nr. 19 der Anlage 1 "Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden" der Richtlinie
"Methoden vertragsärztliche Versorgung" des Gemeinsamen Bundesausschusses
1. Die in dem Abschnitt 30.11 aufgeführten Gebührenordnungspositionen können ausschließlich von Vertragsärzten bzw. -therapeuten,
die über eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung neuropsychologischer Leistungen gemäß § 3 der Nr. 19 der Anlage1 "Anerkannte
Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden" der Richtlinie "Methodenvertragsärztliche Versorgung" des Gemeinsamen Bundesausschusses
verfügen, abgerechnet werden.
2. Die Durchführung von psychometrischen Tests kann vor oder nach probatorischen Sitzungen bzw. Therapiesitzungen gemäß den
Gebührenordnungspositionen 30931, 30932 oder 30933 erfolgen. Die Durchführung, Aufzeichnung und Auswertung der Tests kann
nicht während der probatorischen oder therapeutischen Sitzungen erfolgen. Entsprechend verlängert sich die Patienten-Kontaktzeit
der Gebührenordnungspositionen 30931 und/oder 30932 und/oder 30933 um jeweils 5 Minuten je abgerechnete Gebührenordnungsposition
30930.
3. Die in dem Abschnitt 30.11 aufgeführten Gebührenordnungspositionen sind im Behandlungsfall neben den Gebührenordnungspositionen
der Abschnitte 35.1, 35.2 und 35.3 nur berechnungsfähig, wenn durch den behandelnden Arzt dargelegt wird, dass der Einsatz
von Leistungen nach den Psychotherapie-Richtlinien aufgrund eines über die Indikationsstellung für die Neuropsychologie hinausgehenden
Krankheitsbildes indiziert ist und durch den Einsatz einer parallelen Behandlung mit Leistungen nach den Psychotherapie-Richtlinien
ein Heilungserfolg zu erzielen ist, der mit der neuropsychologischen Behandlung alleine nicht erreicht werden könnte.
Die neuropsychologischen GOP (GOP 30930-30935 EBM) wurden im Verhältnis zu den Leistungen der Psychotherapie gemäß der bis zum 1. Januar 2012 gültigen Psychotherapie-Richtlinie
- die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die analytische Psychotherapie und die Verhaltenstherapie - nach dem 35.2.
Kapitel EBM wie folgt bewertet:
GOP
|
Bewertung
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neuropsychologische Behandlung
|
30930
Krankheitsspezifische neuropsychologische Diagnostik mittels Testverfahren
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80 Punkte
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30931
Probatorische Sitzung
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1.755 Punkte
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30932
Neuropsychologische Therapie (Einzelbehandlung)
|
2.315 Punkte
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30933
Neuropsychologische Therapie (Gruppenbehandlung)
|
1.670 Punkte
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30934
Erstellung eines Therapieplans
|
510 Punkte
|
30935
Bericht bei Therapieverlängerung im Einzelfall
|
210 Punkte
|
|
Verfahren der Psychotherapie-Richtlinie (Auszug)
|
35150
Probatorische Sitzung
|
1.755 Punkte
|
35200
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (Kurzzeittherapie, Einzelbehandlung)
|
2.315 Punkte
|
35201
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (Langzeittherapie, Einzelbehandlung)
|
2.315 Punkte
|
35210
Analytische Psychotherapie (Einzelbehandlung)
|
2.315 Punkte
|
35220
Verhaltenstherapie (Kurzzeittherapie, Einzelbehandlung)
|
2.315 Punkte
|
35221
Verhaltenstherapie (Langzeittherapie, Einzelbehandlung)
|
2.315 Punkte
|
Mit Beschluss des EBewA vom 22. September 2015 in seiner 43. Sitzung erfolgte die Höherbewertung der Leistungen des Kapitels
35.2 EBM - mit Ausnahme der probatorischen Sitzungen (GOP 35150 EBM) - rückwirkend ab dem 1. Januar 2012.
GOP des EBM
|
Bewertung in Punkten
|
|
bis 31.12.2011
|
1.1.2012 - 30.9.2013
|
1.10.2013 - 31.12.2014
|
ab 1.1.2015
|
35200
|
2.315
|
2.375
|
841
|
841
|
35201
|
2.315
|
2.375
|
841
|
841
|
35210
|
2.315
|
2.375
|
841
|
841
|
35220
|
2.315
|
2.375
|
841
|
841
|
35221
|
2.315
|
2.375
|
841
|
841
|
Eine Höherbewertung der Leistungen des Abschnitts 30.11 EBM wurde nicht vorgenommen. Es verblieb insoweit bei den festgesetzten
Punktwerten.
Darüber hinaus wurden mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 Zuschlagsziffern für die Leistungen nach Kapitel 35.2 EBM (sog. Strukturzuschlag:
GOP 35251 - 35253 EBM) eingeführt. Die Leistungen des Abschnitts 30.11 EBM wurden nicht in den Strukturzuschlag einbezogen:
3. Aufnahme von Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen 35251 und 35252 in den Abschnitt 35.2 EBM (gültig ab 01.01.2012)
35251 Zuschlag zu den Gebührenordnungspositionen 35200, 35201, 35210, 35220 und 35221 gemäß der Nummer 2 der Präambel zu Abschnitt
35.2
405 Punkte
[ab 01.10.2013: 143 Punkte]
(...)
35252 Zuschlag zu den Gebührenordnungspositionen 35202, 35203, 35211, 35222, 35223, 35224 und 35225 gemäß der Nummer 2 der
Präambel zu Abschnitt 35.2
165 Punkte
[ab 01.10.2013: 58 Punkte]
(...)
4. Aufnahme einer Leistung nach der Gebührenordnungsposition 35253 in den Abschnitt 35.2 EBM (gültig ab 01.01.2015)
35253 Zuschlag zu den Gebührenordnungspositionen 35205, 35208 und 35212 gemäß der Nummer 2 der Präambel zu Abschnitt 35.2
114 Punkte
Mit Beschluss des BewA vom 23. April 2019 in der 436. Sitzung erfolgte eine erneute (auch zum 1. Januar 2009 rückwirkende)
Erhöhung der Bewertung der Leistungen nach dem Kapitel 35.2 EBM. In Teil C des Beschlusses wurden die neuropsychologischen
Leistungen - allerdings erst mit Wirkung zum 1. Januar 2019 - ebenfalls höher, nun wieder gleich wie die entsprechenden Leistungen
aus dem Kapitel 35.2 EBM, bewertet. Zudem wurden die GOP 30932 und 30933 mit Wirkung zum 1. Januar 2019 bei der Berechnung des Strukturzuschlages berücksichtigt (GOP 35571 und 35572 EBM).
Mit Abrechnungsbescheid vom 22. Oktober 2013 setzte die Beklagte für das Quartal 2/2013 bei 73 Behandlungsfällen ein Gesamthonorar
in Höhe von 19.479,31 € (Punktwert 550.478) mit einem Anteil für neuropsychologische Leistungen in Höhe von 4.698,86 € (Punktwert
132.875, u.a. <GOP 30930 EBM 25x, GOP 30931 EBM 34x>) fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 25. November 2013 Widerspruch ein. Sie wandte sich gegen die der Berechnung des Honoraranspruchs
zu Grunde liegende Bewertung der neuropsychologischen Leistungen im EBM. Zur Begründung führte sie aus, dass die zeitgebundenen
neuropsychologischen Leistungen im EBM mit zu geringen Punktzahlen bewertet seien. Insbesondere der technische Leistungsanteil
sei bei der Bewertung der Leistungen unzureichend berücksichtigt worden. Zudem sei die probatorische Sitzung i.S.d. der GOP 30931 EBM (1.755 Punkte) bei der neuropsychologischen Therapie aus therapeutischer Sicht genauso aufwändig und für den Therapieerfolg
maßgeblich wie die späteren neuropsychologischen Therapiesitzungen der GOP 30932 und 30933 EBM (je 2.315 Punkte) selbst. Die GOP 30931 EBM für die Leistung der neuropsychologischen probatorischen Sitzung sei jedoch geringer bewertet als die GOP 30932 und 30933 EBM für die Leistungen der neuropsychologische Therapiesitzungen. Dies verstoße gegen das Gleichheitsgebot
des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz (
GG). Hinzukomme, dass die Vergütung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen an mindestens 50minütige Sitzungen anknüpfe
und damit das gleiche Honorar wie für die 50minütigen zeitgebundenen Leistungen der antrags- und genehmigungspflichtigen Psychotherapie
des Abschnitts 35.2 EBM gewährt werde. Die Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen des Abschnitts 35.2 EBM sei aber
unter dem Gesichtspunkt der angemessenen Vergütung psychotherapeutischer zeitgebundener Leistungen selbst zu gering bewertet.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2014 zurück. Zur Begründung berief sie sich auf die
geltenden Regelungen des EBM sowie zur Honorarverteilung. Ein über das zuerkannte Honorar hinausgehender Vergütungsanspruch
bestehe nicht. Auf den Inhalt wird im Übrigen Bezug genommen.
Am 3. April 2014 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorgetragen hat, die von ihr erbrachten
zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen seien ohne sachlichen Grund im EBM mit dem gleichen Betrag bewertet wie die
zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen nach den Richtlinienverfahren, obwohl erstere einen höheren technischen Leistungsanteil
aufwiesen und damit höhere Kosten zur Folge hätten als die psychotherapeutischen Leistungen. Die Vergütung für den ärztlichen
bzw. therapeutischen Leistungsanteil nach Abzug des technischen Leistungsanteils sei damit für die neuropsychologischen Leistungen
der probatorischen Sitzungen wie auch der Einzel- und Gruppentherapien geringer als im Fall der Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie.
Die neuropsychologischen EBM-Ziffern seien gegenwärtig nicht kostendeckend; eine neuropsychologische Praxis könne nicht wirtschaftlich
geführt werden. Die Äquivalenz der Honorarhöhe beider Therapiebereiche sei nicht nachvollziehbar. Die schlechte Vergütung
gefährde die Sicherstellung der Versorgung mit neuropsychologischen Leistungen.
Damit verbunden sei eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen, für die es keine
Rechtfertigung gebe. Insbesondere ergebe sich die Rechtswidrigkeit vor dem Hintergrund der Anordnung in §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V, nach der die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten
hätten. Zugleich werde den Grundsätzen des BSG im Urteil 28. Mai 2008 - B 6 KA 9/07 R nicht hinreichend Rechnung getragen.
Es sei zu berücksichtigen, dass sowohl die Leistungen der neuropsychologischen Behandlung als auch der psychotherapeutischen
Behandlung in den Verfahren der Psychotherapie-Richtlinie zeitgebundene Leistungen seien. Es sei deshalb beiden Therapeutengruppen
nicht möglich, eine größere Punktmenge dadurch zu generieren, dass in gleicher Zeit mehr Leistungen erbracht würden.
Selbst wenn man die gleichheitswidrige Bewertung im Vergleich zu den psychotherapeutischen Leistungen in den Verfahren der
Psychotherapie-Richtlinie unberücksichtigt lasse, sei die Vergütung der neuropsychologischen Leistungen des Abschnitts 30.11
EBM aber auch deshalb rechtswidrig, weil selbst die psychotherapeutischen Leistungen rechtswidrig zu gering bewertet seien.
Denn die der Bewertung zu Grunde liegenden betriebswirtschaftlichen Erwägungen bildeten die Betriebskosten einer psychotherapeutischen
Praxis nicht ausreichend ab. Durch den in mehrfacher Hinsicht rechtswidrigen Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses
vom 22. September 2015, mit dem die Vergütung der Psychotherapie ab 1. Januar 2012 rückwirkend erhöht bzw. zusätzliche Zuschläge
eingeführt worden sind, sei die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung noch einmal verstärkt worden.
Eine mit der Rechtslage in Einklang stehende Vergütung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen müsse nicht nur
genauso hoch wie die entsprechenden zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen der Verfahren der Psychotherapie-Richtlinie
sein. Vielmehr bilde bei der Bewertung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen die Bewertung der zeitgebundenen
psychotherapeutischen Leistungen in den Verfahren der Psychotherapie-Richtlinie die Basis der Bewertung. Von jener Basis ausgehend
müsse die Bewertung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen so erfolgen, dass auf den jeweiligen Basisbetrag ein
Zuschlag zur Berücksichtigung der "technischen Leistungsanteile" bei den zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen erfolge.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Aufhebung des Honorarbescheids der Beklagten für das Quartal 2/2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.3.2014
die Beklagte zu verpflichten, die von der Klägerin erbrachten neuropsychologischen Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen
30931, 30932 und 30933 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes nach einer Neubewertung und damit verbundener höherer Bewertung
dieser Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nachzuvergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat den angefochtenen Honorarbescheid für rechtmäßig erachtet und auf die Ausführungen der Beigeladenen zu 1.
Bezug genommen.
Die mit Beschluss vom 26. Januar 2015 zu 1) beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung, die keinen Antrag gestellt hat,
hat im Wesentlichen geltend gemacht, aus der Orientierung des BewA an der Bewertung der Leistungen des Kapitels 35.2 folge
nicht die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewertung für neuropsychologische Leistungen. Vielmehr seien diese bewertungsmäßig
sogar bevorzugt worden. Hätte der Bewertungsausschuss sich an den "übenden Verfahren" orientiert, wären die entsprechenden
Leistungen niedriger zu bewerten gewesen.
Einem Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG stehe bereits entgegen, dass dogmatische Unterschiede zwischen der neuropsychologischen Vergütung und der psychotherapeutischen
Vergütung bestünden: Zunächst gelte die Regelung des §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V mit ihrer besonderen Betonung des Gebots der angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit
ausweislich des Gesetzeswortlauts explizit alleine für psychotherapeutische Leistungen; mithin bestehe bereits eine im Gesetz
angelegte Differenzierung der psychotherapeutischen Leistungen von anderen Leistungen. Es sei weiterhin zu beachten, dass
Hintergrund des besonderen Schutzes der psychotherapeutischen Leistungen im Hinblick auf deren angemessene Vergütung der Umstand
sei, dass die Leistungen des Kapitels 35.2 zum einen wesentlicher Bestandteil des Ertrages psychotherapeutischer Praxen seien
und zum anderen im Hinblick auf ihre Zeitgebundenheit nicht geeignet seien, im Wege der Leistungsausweitung Mehreinnahmen
zu generieren. Insofern bestehe kein Anspruch darauf, alle zeitgebundenen Leistungen innerhalb des EBM gleich zu behandeln,
sondern es müsse darauf ankommen, ob die entsprechenden Leistungen auf Grund ihrer Stellung für die Vergütung der entsprechenden
Arztgruppe besonders schutzbedürftig seien. Im Übrigen hat sie auf die Entscheidung des SG Kiel vom 14. Juni 2016 (S 2 KA 728/13) Bezug genommen.
Die Klägerin hat hiergegen unter Bezug auf §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V eingewandt, dass die neuropsychologischen Leistungen ebenfalls zeitgebunden und damit einer Mengenausweitung durch zeitliche
Verdichtung der Leistungen nicht zugänglich seien.
Der mit Beschluss vom 26. Januar 2015 zu 2) beigeladene GKV-Spitzenverband hat sich im Wesentlichen nicht eingelassen und
keinen Antrag gestellt.
Aufgrund des Beschlusses des EBewA vom 22. September 2015 hat die Beklagte rückwirkend ab Quartal 1/2012 eine Neubewertung
der antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen des Abschnitts 35.2 EBM vorgenommen und bezogen
auf das streitige Quartal 2/2013 eine Nachvergütung i.H.v. 290,68 € geleistet.
Die Klägerin hat hiergegen ausgeführt, dass die Höherbewertung der psychotherapeutischen Leistungen zu gering ausgefallen
sei. Der Beschluss des EBewA vom 22. September 2015 sei rechtswidrig, weil der EBewA die bislang für den Vergleich mitberücksichtigten
Arztgruppen der Orthopäden und Augenärzte aus dem Vergleich herausgenommen habe, da diese deutlich oberhalb des Facharztdurchschnitts
liegende Erträge erzielt hätten. Dies widerspreche den Vorgaben des BSG aus den Urteilen vom 28. Mai 2008 zur Berechnung der angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je
Zeiteinheit. Der Beschluss sei zudem rechtswidrig, weil er die Betriebsausgaben trotz gestiegener Kosten mit einem geringeren
Betrag bei seiner Bewertungsentscheidung berücksichtige als noch mit seinem Beschluss am 31. August 2011 für den Zeitraum
vom 1. Januar bis 31. Dezember 2008. In jenem Beschluss seien auf dringende Mahnung des BSG (Urteil vom 28. Mai 2008 - B 6 KA 9/07 R) die Betriebsausgaben in Höhe von 42.974 € festgesetzt worden. Im Beschluss vom 22. September 2015 seien für die Zeit ab
1. Januar 2012 (nur) 37.436 € festgesetzt worden. Dem liege die unrichtige Annahme des EBewA zugrunde, dass der überwiegende
Anteil psychotherapeutischer Praxen keinen Bedarf an einer Beschäftigung von Praxispersonal habe.
Mit Urteil vom 20. Juni 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 24. August 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. September 2018 Berufung eingelegt. Sie nimmt auf ihr
erstinstanzliches Vorbringen Bezug und führt vertiefend aus, dass sie in ihren Rechten verletzt sei, weil die von ihr erbrachten
zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen ohne sachlichen Grund im EBM nicht mit einem höheren, noch nicht einmal dem
gleichen Betrag wie die zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen bewertet seien, obwohl sie einen höheren technischen
Leistungsanteil aufwiesen und damit höhere Kosten zur Folge hätten als die zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen.
Hierdurch werde gegen das Gebot der Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit verstoßen.
Zugleich werde der Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG verletzt. So sei die im Sinne des EBM in die Bewertung eingeflossene therapeutische Leistung sowohl bei den zeitgebundenen
neuropsychologischen Leistungen als auch den zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen der Richtlinienverfahren identisch.
Bei den neuropsychologischen GOP für Leistungen der probatorischen Sitzung sowie der Einzel- und Gruppentherapie seien indes die tatsächlichen technischen
Leistungsanteile höher als im Fall der der probatorischen Sitzungen sowie der Einzel- und Gruppentherapien in den Verfahren
der Psychotherapie-Richtlinie. So kämen im Rahmen der neuropsychologischen Behandlung computergestützte Testverfahren zur
Anwendung. Dies habe zur Folge, dass die tatsächlichen technischen Kosten der Leistungserbringung höher seien. Die Diagnostik
und Therapie in den Verfahren der Psychotherapie-Richtlinie sei nicht mit einem solchen technischen Einsatz verbunden. Somit
seien im Ergebnis gleiche ärztliche bzw. therapeutische Leistungen faktisch geringer vergütet, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung
gebe. Es sei daher zwingend, dass die neuropsychologischen Leistungen in ihrem ärztlichen/therapeutischen Leistungsbestand
in gleicher Höhe wie die psychotherapeutischen Leistungen bewertet werden. Da der technische Leistungsanteil der neuropsychologischen
Leistungen sogar höher als jener der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapie-Richtlinie sei, müssten die neuropsychologischen
Leistungen insgesamt höher als die psychotherapeutischen Leistungen im EBM bewertet werden.
Da der BewA die für die Leistungen der Richtlinienpsychotherapie getroffenen Bewertungen für die neuropsychologischen Leistungen
schlicht übernommen habe, sei es zwingend ausgeschlossen, dass die Punktzahlbewertung der GOP 30930 bis 30933 EBM den höheren technischen Leistungsanteil berücksichtige. Jener bleibe vielmehr gänzlich unberücksichtigt.
Dies widerspreche §
87 Abs.
2 SGB V, wonach die Bewertung der Leistungen auf betriebswirtschaftlicher Basis unter Berücksichtigung der technischen und ärztlichen
Leistungsanteile erfolgen müsse.
Auch erweise sich das weitere Vorgehen der Bewertungsgremien als willkürlich: Einerseits sei die Bewertung der GOPen im Abschnitt
35.2 EBM rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 durch Beschluss des EBewA vom 22. September 2015 erhöht worden, ohne andererseits
die Bewertung der GOP 30930 bis 30933 EBM entsprechend anzupassen. Diese einseitige Erhöhung der Punktwerte für psychotherapeutische Behandlungen
in Verfahren der Psychotherapie-Richtlinie perpetuiere die Rechtswidrigkeit der Bewertung neuropsychologischer Leistungen.
Sie bringe (zugleich) zum Ausdruck, dass der BewA selbst die ärztliche bzw. therapeutische Behandlungsleistung für zu gering
bewertet gehalten habe. Vor diesem Hintergrund sei mit Blick auf Art.
3 Abs.
1 GG nicht nachvollziehbar, warum er nicht auch eine Erhöhung der Punktwerte der GOP 30930 bis 30933 EBM vorgenommen habe.
Eine höhere Bewertung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen im Vergleich zu den entsprechenden zeitgebundenen
psychotherapeutischen Leistungen in den Verfahren der Psychotherapie-Richtlinie sei auch unter Versorgungsgesichtspunkten
angezeigt. Die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung hätten zwar einen Anspruch auf neuropsychologische Behandlung;
wenn aber die geringe Vergütung jener Leistungen dazu führe, dass kein Leistungserbringer mehr gewillt sei, diese Leistungen
anzubieten, könnten die Versicherten ihren Anspruch auf neuropsychologische Behandlungen nicht realisieren.
Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass die neuropsychologischen Leistungen keiner formalen Pflicht zur Genehmigung
durch die Krankenkasse unterlägen. Denn ihre Erbringung hänge gleichwohl von Regularien ab, die in ihrer Wirkung einer solchen
Genehmigungspflichtigkeit gleichstünden. Zum einen unterfielen die neuropsychologischen Leistungen gem. Nr. 19 § 5 Abs. l
MVV dem Erfordernis einer Stufendiagnostik. Demgemäß müsse die Feststellung der Indikation zur neuropsychologischen Therapie
in einer zweistufigen Diagnostik erfolgen. Zudem dürfe die Stufendiagnostik nicht durch denselben Leistungserbringer erbracht
werden. Im Ergebnis sei es aus Sicht des neuropsychologisch tätigen Behandlers unerheblich, ob die Leistungserbringung einer
vorherigen Genehmigung der Krankenkasse oder des positiven Votums eines anderen Kollegen bedürfe. In beiden Fällen sei er
an die vorausgehende Entscheidung gebunden und könne demgemäß seinen Leistungsumfang nicht beeinflussen. Hinzu komme, dass
die neuropsychologischen Leistungen gem. Nr. 19 § 7 Abs. 6 MVV kontingentiert seien. Der Therapeut könne nicht - wie auch
bei psychotherapeutischen Leistungen - den Umfang der für notwendig und wirtschaftlich gehaltenen Behandlung selbst steuern,
sodass neuropsychologische Leistungen nicht nur einer Zeitgebundenheit, sondern auch einer Mengenbegrenzung unterlägen. In
gleicher Weise sei die Genehmigungsbedürftigkeit psychotherapeutischer Leistungen Ausdruck einer Mengenbegrenzung, die - gemeinsam
mit der Zeitgebundenheit der betreffenden Leistung - eine Punktwertstützung rechtfertige.
Fehl gehe die Annahme, dass neuropsychologische Leistungen kein Teil der Psychotherapie seien und nur die psychotherapeutischen
Leistungen der Richtlinienverfahren hinsichtlich ihrer Bewertung eine gesetzgeberische Privilegierung erfahren hätten. Vielmehr
lasse sich der Regelung in §
87 Abs.
2c S. 6
SGB V eine Beschränkung auf Richtlinienverfahren nicht entnehmen. Auch neuropsychologische Leistungen seien psychotherapeutische
Leistungen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteiles des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.6.2018 den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal
II/2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von der Klägerin
erbrachten neuropsychologischen Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen 30931 und 30932 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes
nach einer Neubewertung und damit verbundener höhere Bewertung dieser Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes nachzuvergüten.
Die Beklagte wendet sich unter Bezug auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe gegen das Berufungsbegehren der Klägerin
und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen keine Anträge. Die Beigeladene zu 1) vertritt die Ansicht, die Regelung des §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V könne für die neuropsychologischen Leistungen keine Anwendung finden, da sich die Regelung des §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V allein auf psychotherapeutische Leistungen beziehe. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Genehmigungsbedürftigkeit der
psychotherapeutischen Leistungen nicht der Stufendiagnostik bei neuropsychotherapeutischen Leistungen gleichzusetzen. Die
Genehmigungsbedürftigkeit seitens der Krankenkasse wirke - anders als die Stufendiagnostik - schon für sich mengenbegrenzend.
Der Beigeladene zu 2) führt ergänzend aus, dass die von der Klägerin angeführte Leistungskontingentierung nicht den für die
Richtlinien-Psychotherapie vorgesehenen Genehmigungspflichten entspreche. § 29 der Psychotherapie-Richtlinie sehe Begrenzungen
des Behandlungsumfangs vor, die bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und bei der Verhaltenstherapie mit den
von der Klägerin angeführten Leistungskontingenten für neuropsychologische Leistungen nicht vergleichbar seien. Maßgebliches
Unterscheidungsmerkmal zwischen den zeitgebundenen Leistungen der Neuropsychologie und der Psychotherapie sei - unter Bezug
auf das Urteil des SG Hannover vom 12. Dezember 2018 (S 20 KA 115/17) - das Kriterium der Genehmigungspflicht. Dieses sei allein bei den psychotherapeutischen Leistungen zusätzlich zur Zeitgebundenheit
vorgesehen. Nicht überzeugend sei das weitere Argument der Klägerin, wonach neuropsychologische Leistungen Teil der Psychotherapie
seien. Mit Blick auf das vertragsärztliche Regelungssystem könne dem nicht gefolgt werden. So habe auch der G-BA die neuropsychologischen
Leistungen nicht in die Psychotherapie-Richtlinie aufgenommen und damit dem Bereich der Psychotherapie im Sinne des Vertragsarztrechtes
zugeordnet, sondern gesondert in der MVV abgebildet.
Nach vorheriger Anhörung hat der Senat den Beteiligten von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an
einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung
gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen (Beschluss vom 16. Juni 2021). Davon haben die Prozessbevollmächtigten
der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) Gebrauch gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie den
Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
A. Die Anträge im Berufungsverfahren sind wirksam im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gestellt worden. Soweit die Prozessbevollmächtigten
der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) nicht persönlich im Gerichtssaal anwesend waren, sondern von ihrem Behördensitz
aus per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen haben, war dies gemäß §
110a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) gestattet (Beschluss vom 16. Juni 2021).
B. Im Streit steht - ausweislich der Antragstellung der Klägerin im Berufungsverfahren - allein ein Anspruch der Klägerin
auf höhere Vergütung der neuropsychologischen Leistungen nach GOP 30931 und 30932 EBM. Soweit die Klägerin erstinstanzlich auch eine höhere Bewertung der GOP 30933 EBM (Neuropsychologische Therapie - Gruppenbehandlung) geltend gemacht hat, hat sie dieses Begehren im Berufungsverfahren
nicht aufrechterhalten, da sie im streitigen Quartal Leistungen nach der GOP 30933 EBM nicht abgerechnet hat. Ferner hat sie Einwände gegen die im streitigen Honorarbescheid aufgeführte Vergütung der
psychotherapeutischen Leistungen im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgt. Nicht entscheidungserheblich ist demzufolge,
dass die Beklagte der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren infolge des Beschlusses des EBewA vom 22. September 2015 eine
höhere Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen im Quartal 2/2013 zugesagt und mit Honorarbescheid vom 19. April 2016
ausgekehrt hat.
Die hiernach erfolgte Beschränkung auf ein Teilelement zur Bestimmung des vertragsärztlichen Honorars (Regelungen zur Vergütung
neuropsychologischer Leistungen) ist zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 15. August 2012 - B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 1; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen <LSG NRW>, Urteil vom 26. Juni 2019 - L 11 KA 15/16 - juris).
C. Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§
143,
144 SGG statthaft. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen gemäß §
151 SGG zulässig.
D. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Abrechnungsbescheid vom 22. Oktober 2013 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
54 Abs.
2 Satz 1
SGG).
I. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist §
87b Abs.
1 in Verbindung mit §
87 Abs.2
SGB V. Gemäß §
87b Abs.
1 Satz 1
SGB V (in der Fassung vom 22. Dezember 2011) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die vereinbarte Gesamtvergütung an die Ärzte,
Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung
wendet bei der Verteilung den Honorarverteilungsmaßstab (HVM) an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen
und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist (§
87b Abs.
1 Satz 2
SGB V in der Fassung vom 22. Dezember 2011). Die Vergütung der Klägerin richtet sich daher nach dem HVM der Beklagten, der insbesondere
in § 8 die Vergütung für psychotherapeutische Leistungen regelt. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beklagte
die Bestimmungen des HVM zutreffend angewandt hat.
Gleiches gilt für die Regelungen des EBM, welche die Beklagte anzuwenden hat. Gemäß §
87 Abs.
2 Satz 1 Halbsatz 1
SGB V (in der Fassung vom 23. Oktober 2012) bestimmt der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges,
in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Hier hat die Beklagte in zutreffender Anwendung der für sie verbindlichen
Bestimmungen des EBM die von der Klägerin abgerechneten neuropsychologischen Leistungen nach Maßgabe der EBM-Nrn. 30930, 30931,
30932, 30934 bewertet. Etwaige Anwendungsfehler sind nicht ersichtlich und werden auch nicht von der Klägerin geltend gemacht.
II. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt die Festsetzung der GOP im EBM, zu deren Prüfung die Sozialgerichte berufen sind (1.), nicht gegen höherrangiges Recht (2.).
1. Die Sozialgerichte sind berechtigt, die Wirksamkeit der Bewertungsmaßstäbe, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen
in der Form der Normsetzungsverträge handelt (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, 17. Februar 2016 - B 6 KA 47/14 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 32, m.w.N.), zu prüfen, wenn mit einer Klage gegen einen Honorarbescheid die Rechtmäßigkeit der Bewertungsmaßstäbe
in Frage gestellt wird. Da die Bewertungsmaßstäbe Rechtsnormen sind und das
SGG anders als §
47 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) grundsätzlich keine Normenkontrollklage kennt, kann die Wirksamkeit der Bewertungsmaßstäbe nur inzidenter überprüft werden.
Anlass sind aus vertragsärztlicher Sicht regelmäßig die Klage gegen einen Honorarbescheid oder eine sachlich-rechnerische
Berichtigung (BSG, Urteil vom 1. Juli 1992 - 14a/6 RKa 1/90 -, BSGE 71, 42 ff.). Stellt sich die Rechtswidrigkeit einer Regelung im EBM heraus, so führt dies nach allgemeinen Grundsätzen in der Regel
zur Nichtigkeit der betroffenen Norm. Beruht die Rechtswidrigkeit allerdings auf einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz
(Art.
3 Abs.
1 GG), so ist diese Rechtsfolge unangemessen, weil damit rückwirkend die Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche auch der
durch die Regelung begünstigten Vertragsärzte entfallen würde. Aus diesem Grund haben die Sozialgerichte in einem solchen
Fall die Befugnis, dem BewA Gelegenheit zur Neuregelung (unter Beachtung des Rückwirkungsverbots) zu geben (vgl. Freudenberg
in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 4. Aufl. 2020, §
87 SGB V <Stand: 15. Juni 2020>, Rn. 105 m.w.N.).
2. Die auf der Grundlage des §
87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der
Art ihres Zustandekommens aber nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung
des - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw. Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - BewA und den vertraglichen Charakter
der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung
beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der
ärztlichen Leistungen erreicht wird. Die Regelungen des EBM sind letztlich nur Ausprägung des im Laufe der Zeit mehr und mehr
öffentlich-rechtlich ausgestalteten und in Gesetzesrecht umgesetzten, ursprünglich aber im Wesentlichen (gesamt-)vertraglich
geregelten Konzepts einer Kooperation von Ärzteschaft und Krankenkassen. Dieses Zusammenwirken durchzieht die Entwicklung
des Vertragsarztrechts insgesamt und trägt maßgeblich dazu bei, die Funktionsfähigkeit des Systems zur Sicherstellung der
gesundheitlichen Versorgung von ca. 9/10 der Bevölkerung zu akzeptablen finanziellen Bedingungen zu gewährleisten. Die Gestaltungsbefugnisse
der in diesem Bereich zuständigen Institutionen dürfen dabei von außen nicht funktionswidrig verengt werden. Denn nicht nur
dem Gesetzgeber, sondern auch anderen Normgebern steht bei der ihnen überantworteten Rechtsetzung generell weitgehende Gestaltungsfreiheit
zu (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 20/00 R, BSGE 88, 126 ff. - Rn. 32 m.w.N.), die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren ist und von dieser nur in Ausnahmefällen
korrigiert werden darf. Der Gestaltungsspielraum eines Normgebers ist umso mehr zu beachten, wenn - sei es auch nur mittelbar
- Regelungen über die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme im Streit sind oder wenn es um die Bewältigung komplexer
Sachverhalte geht, wie sie vielfach im Krankenversicherungs- und Vertragsarztrecht anzutreffen sind (BSG, a.a.O.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass gerade im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und des dort der
Leistungserbringung dienenden Vertragsarztrechts die Verfolgung der Aufgabe, durch normative Vorgaben die Funktionsfähigkeit
dieses Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles, weil hochrangig einzustufendes Gemeinschaftsgut darstellt (BSG a.a.O. unter Hinweis auf BVerfGE 68, 193, 218; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 6 KA 24/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 70).
Das vom BewA so erarbeitete und festgesetzte System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe
von außen grundsätzlich unterbleiben, sodass die gerichtliche Überprüfung von Regelungen des EBM im Wesentlichen auf die Prüfung
beschränkt ist, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten hat. Dieses ist nicht schon immer
dann der Fall, wenn sich bei nachträglicher Überprüfung einer Gebühren-Regelung im Rahmen der ex-post-Betrachtung deren Unzulänglichkeit
erweist, sondern nur dann, wenn er seine Bewertungskompetenz zweifelsfrei "missbräuchlich", d.h. nicht durch sachgerechte
Erwägungen gedeckt, sondern von sachfremden Erwägungen getragen, ausgeübt hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 20/00 R - a.a.O. - Rn. 31 m.w.N.).
Zusätzlich ist zu beachten, dass das BSG im Falle einer Neuregelung komplexer Materien wie der Leistungsbewertung dem BewA seit jeher erweiterte Ermittlungs-, Erprobungs-
und Umsetzungsspielräume zubilligt, die bewirken, dass für einen Übergangszeitraum auch an sich rechtlich problematische Regelungen
hingenommen werden müssen; gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen sind in derartigen Fällen vorübergehend unbedenklich,
weil sich häufig bei Erlass der Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen. Nur wenn von
vornherein feststeht, dass ein vom Normgeber für die Regelung der konkreten Materie gewähltes Differenzierungskriterium systemfremd
ist und ihm keine sachliche Rechtfertigung innewohnt, kann auch der Gesichtspunkt der Erprobungsregelung nicht zur Rechtmäßigkeit
der Normgebung führen. Mit dieser relativ weiten Gestaltungsfreiheit korrespondiert eine Beobachtungs- und ggf. Nachbesserungspflicht
des Normgebers, wenn sich im Vollzug von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen herausstellt, dass die die Norm legitimierenden
Gründe weggefallen oder die Auswirkungen für einzelne betroffene Normadressaten unzumutbar geworden sind (BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 20/00 R - a.a.O. - Rn. 39 m.w.N.).
2. Ausgehend hiervon ist weder die Bewertung der streitigen neuropsychologischen Gebührenordnungspositionen (Nr. 30931 EBM
<probatorische Sitzung> 1.755 Punkte; 30932 EBM <neuropsychologische Therapie - Einzelbehandlung> 2.315 Punkte) noch das Unterlassen
einer Höherbewertung dieser GOPen in Anlehnung an die Höherbewertung der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM oder der Übertragung
der Strukturzuschläge nach den GOPen 35251, 35252 und 35253 EBM auf neuropsychologische Leistungen zum 1. Januar 2012 zu beanstanden.
Der BewA hat die Erbringer neuropsychologischer Leistungen weder bewusst benachteiligt noch sich sonst erkennbar von sachfremden
Erwägungen leiten lassen.
a) Der BewA hat mit Beschluss vom 26. November 2012 in seiner 291. Sitzung mit Wirkung zum 1. Januar 2013 die neuropsychologische
Therapie gemäß der Nr. 19 der Anlage 1 "Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden" der MVV des G-BA in Abschnitt
30.11 EBM aufgenommen. Erforderlich war dies, weil der G-BA mit Beschluss vom 24. November 2011 entschieden hatte, die neuropsychologische
Therapie als neue Behandlungsmethode anzuerkennen.
Ursprünglich war die GOP 30931 (probatorische Sitzung) mit 1.755 Punkten genauso hoch bewertet wie die GOP 35150 (probatorische Sitzung bei psychotherapeutischen Leistungen). Gleiches gilt für die GOP 30932 (Neuropsychologische Therapie - Einzelbehandlung), die mit 2.315 Punkten einem gleichen Punktwert unterlag wie die
entsprechenden psychotherapeutischen GOPen 35200, 35201, 35210, 35220 und 35221. Die GOP 30933 (Neuropsychologische Therapie- Gruppenbehandlung) war mit 1.670 Punkten wiederum höher bewertet als die psychotherapeutischen
Gruppenbehandlungen (GOP 35222 bis 35225 EBM, 580 bis 1.150 Punkte).
Weshalb sich der Bewertungsausschuss in seiner 291. Sitzung zu dieser Bewertung entschied, ergibt sich aus den tragenden Gründen
zu diesem Beschluss:
"Bei der Bewertung der Gebührenordnungspositionen 30930 bis 30933 hat sich der Bewertungsausschuss an bereits bestehenden
Gebührenordnungspositionen des Kapitels 35 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs orientiert. Die neuropsychologische Diagnostik
und Therapie weist dabei Elemente der anerkannten Psychotherapieverfahren (Verhaltenstherapie) gemäß der Psychotherapie-Richtlinie
des Gemeinsamen Bundesausschusses und der übenden Verfahren auf. Die betriebswirtschaftliche Kalkulation der Gebührenordnungspositionen
30930 bis 30933 hat der Bewertungsausschuss auf der Grundlage der im Vergleich zu den übenden Verfahren höher bewerteten anerkannten
Psychotherapieverfahren durchgeführt, um den Qualifikationsanforderungen der Richtlinie Neuropsychologische Therapie an die
Vertragsärzte und - psychotherapeuten gerecht zu werden und die Versorgung der Patienten mit ambulanter neuropsychologischer
Diagnostik und Therapie sicherzustellen. (...) Der Bewertungsausschuss hat sich verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2015 zu
prüfen, ob eine Empfehlung zur Überführung der Leistungen in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgen kann. Flankierend
erfolgt eine Überprüfung der Leistungsentwicklung durch das Institut des Bewertungsausschusses."
Angesichts seines Einschätzungsspielraumes ist es nicht zu beanstanden, dass der BewA im November 2012 die Vergütung der neuropsychologischen
Leistungen - mangels hinreichender Datenlage über die zu erwartenden Behandlungs- bzw. Praxiskosten - zunächst noch eng an
die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen angelehnt hat. Es handelte sich bei den Erbringern beider Leistungen um
eine im Wesentlichen homogene Gruppe und zudem um zeitgebundene Leistungen
Zutreffend und von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt hat der BewA darauf hingewiesen, dass die neuropsychologische
Diagnostik und Therapie Elemente der anerkannten Psychotherapieverfahren (Verhaltenstherapie) gemäß der Psychotherapie-Richtlinie
des G-BA und der übenden Verfahren (GOP 35111 <Übende Interventionen als Einzelbehandlung>, 35112 <Übende Interventionen als Gruppenbehandlung bei Erwachsenen>,
35113 <Übende Interventionen als Gruppenbehandlung bei Kindern und Jugendlichen>, 35120 <Hypnose>) aufweist. Hiernach lag
es nahe, hinsichtlich der Vergütung an eines dieser Verfahren anzuknüpfen. Dass sich der BewA insoweit zu Gunsten der Vertragstherapeuten
an der Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen und nicht an den Gebührenziffern der übenden Verfahren orientierte,
denen wesentlich geringere Punktwerte zugrunde liegen, ist nicht zu beanstanden; zumal er hierbei im o.g. Beschluss - sachbezogen
- die Sicherstellung der flächendeckenden ambulanten neuropsychologischen Versorgung im Blick hatte ("und die Versorgung der
Patienten mit ambulanter neuropsychologischer Diagnostik und Therapie sicherzustellen.").
b) Der BewA war nicht von vornherein gehalten, seiner Bewertung höhere Praxiskosten zugrunde zu legen und die Bewertung um
einen entsprechenden Zuschlag "aufzustocken".
aa) Nach §
87 Abs.
2 Satz 3
SGB V ist es grundsätzlich statthaft, bei der Bewertung der Leistungen, insbesondere der Praxiskosten, auf die Arztgruppe, hier
diejenige der psychologischen Psychotherapeuten, abzustellen. Statistisch valides Material hinsichtlich der Betriebskosten
spezifisch neuropsychologisch ausgerichteter Praxen lag nicht vor. Der BewA konnte sich daher insoweit nicht auf vorhandene
Daten stützen.
bb) Die Zahl der neuropsychologisch tätigen Leistungserbringer bildete im Übrigen keine hinreichend relevant große Gruppe
ab, dass eine gesonderte Betriebskostenermittlung notwendig gewesen wäre.
Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses war nicht sicher absehbar, wie viele Ärzte tatsächlich die ab
dem 1. Quartal 2013 erforderliche Genehmigung gemäß Nr. 19 der Anlage 1 "Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden"
der MVV zur Erbringung und Abrechnung der neuropsychologischen Leistungen des Kapitels 30.11 EBM beantragen und (in welchem
Umfang) Leistungen abrechnen würden. Statistisch valides Material existierte hierzu nicht.
Nach Mitteilung der Beigeladenen zu 1), die von den übrigen Beteiligten nicht angezweifelt worden ist, haben im 2. Quartal
2013 28.497 Ärzte und Psychotherapeuten die GOP 35150 sowie Leistungen des Kapitels 35.2 EBM abgerechnet. Nur 48 dieser Ärzte und Psychotherapeuten haben nach den GOPen
30931 bis 30933 abgerechnet. Lediglich 12 Ärzte haben ausschließlich neuropsychologische Leistungen abgerechnet (Schreiben
der Beigeladenen zu 1. vom 16. Juni 2021). Hiermit in Einklang steht die Darstellung der Beklagten, wonach im streitigen Quartal
nur 5 Betriebsstätten neuropsychologische Leistungen erbracht haben (Schreiben der Beklagten vom 29. Juni 2021).
Hinzu kommt, dass es sich - wie auch im Fall der Klägerin - weitgehend um "Mischpraxen" handelte, die zu einem wesentlichen
Teil ihren Umsatz aus psychotherapeutischen Leistungen generierten, was zumindest für das Streitquartal noch eine Gleichbehandlung
der betreffenden Leistungserbringer innerhalb ihrer Arztgruppe zuließ.
c) Es deutet nichts darauf hin, dass die Bewertung der streitigen Gebührenordnungspositionen von vornherein so unattraktiv
war, dass es sich nicht lohnte, die Leistungen zu erbringen. So stieg die Zahl der Betriebsstätten, die neuropsychologische
Leistungen abrechneten, im Bezirk der Beklagten bis Ende 2015 von 6 auf 15. Für einen hinreichenden Anreiz, neuropsychologische
Leistungen zu erbringen, streitet ferner, dass die Zahl der neuropsychologischen Gebührenansätze im Bezirk der Beklagten in
den Jahren 2013 bis 2020 ebenfalls überwiegend gestiegen ist (vgl. Schreiben der Beklagten vom 29. Juni 2021).
d) Eine Verletzung der Anpassungs- und Reaktionspflicht des BewA ist jedenfalls im Streitquartal 2/2013 ausgeschlossen.
Der BewA hat in seinem Beschluss vom 26. November 2012 bis zum 31. Dezember 2015 verbindliche Überprüfungen (u.a. auch dahingehend,
ob eine Empfehlung zur Überführung der Leistungen in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgen kann) vorgesehen. Ob
Anlass bestand, einen früheren Zeitpunkt für eine Überprüfung vorzusehen, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Jedenfalls
zum Quartal 2/ 2013 war dies noch nicht der Fall. Gerade nach Einführung komplexer Neuregelungen wie hier im Bereich der Bewertung
neuropsychologischer Vertragsleistungen müssen zunächst belastbare Daten abgewartet werden, bevor eine Evaluation auf fundierter
Datenlage stattfinden kann. Als notwendig erkannte Änderungen des Bewertungsmaßstabes haben sodann nicht umgehend zu erfolgen,
sondern - schon zur Vermeidung punktueller Eingriffe - in sachgerechten Abständen (siehe hierzu auch BSGE 79, 239, 246 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 14, S. 46, 54 und Rz 114). Dementsprechend hat das BSG ausgeführt, dass die Berücksichtigung der generellen Situation einer Arztgruppe bei der Prüfung der Angemessenheit der Vergütung
es regelmäßig ausschließt, dass ein Anspruch auf höhere Vergütung mit Erfolg für nur einen kurzen Zeitraum oder für beliebig
herausgegriffene Quartale geltend gemacht werden kann. Zur Erfassung der generellen Lage ist die Gesamtsituation der betroffenen
Arztgruppe über einen längeren Zeitraum, nämlich über mindestens vier zusammenhängende Quartale, zu betrachten (vgl. BSG, Beschluss vom 6. September 2006 - B 6 KA 22/06 B - juris- Rn. 12 m.w.N.). Im Lichte dieser Rechtsprechung durfte die Beklagte - jedenfalls im 2. Quartal 2013 - daher noch
zuwarten, inwieweit die entstehenden Kosten der Leistungserbringer im EBM hinreichend abgebildet werden.
e) In seiner 43. Sitzung am 22. September 2015 beschloss der EBewA die zeitgebundenen Gebührenordnungsposition im Abschnitt
35.2 EBM rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 höher zu bewerten. Dies führte zu einer höheren Bewertung der EBM-Nummern 35220,
35201, 35210, 35220 und 35221. Ebenfalls mit diesem Beschluss erfolgte die Aufnahme der GOPen 35251, 35252 und 35253 EBM (Strukturzuschläge
bei Erreichen bestimmter Mindestpunktzahl nach GOP 35200 bis 35225). Die Bewertung der neuropsychologischen Leistungen blieb hiervon unberührt. Dies ist indessen nicht zu beanstanden.
aa) Weshalb es zur rückwirkenden Höherbewertung der Leistungen des Abschnitts 35.2 EBM gekommen ist, ergibt sich aus den tragenden
Beschlussgründen:
"Regelungshintergründe: Der vorliegende Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses setzt den Beschluss des Erweiterten
Bewertungsausschusses aus seiner 38. Sitzung vom 18. Dezember 2013 um, die Bewertung der antragspflichtigen psychotherapeutischen
Leistungen des EBM-Abschnitts 35.2 dahingehend zu überprüfen, ob die seit dem 1. Januar 2009 gültige Bewertung dieser Leistungen
die angemessene Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen sicherstellt. Der Beschluss gibt weiter vor, dass bei
der Überprüfung die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) berücksichtigt werden soll. (...).
Die aufgrund des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 38. Sitzung vom 18. Dezember 2013 vorgenommene
Überprüfung der angemessenen Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen orientiert sich an dem bisherigen -vom Bundessozialgericht
bestätigten - Verfahren des Bewertungsausschusses. Die wesentlichen Annahmen und Grundsätze dieses Verfahrens sind: (...)
Das Verfahren des Bewertungsausschusses soll gewährleisten, dass die Überschüsse voll ausgelasteter Psychotherapeuten mindestens
so hoch sind wie die Überschüsse der Ärzte der Arztgruppen im fachärztlichen Versorgungsbereich im unteren Einkommensbereich.
Dies entspricht auch der Vorgabe des Bundessozialgerichtes, wonach der 'Einkommensvergleich...nur noch auf fachärztliche Arztgruppen
im unteren Einkommensbereich abgestellt werden' solle (Az.: B 6 KA 49/07 R, Rn 40). (...) Die Besonderheit voll ausgelasteter Ärzte und Therapeuten wird durch die Zuschlags-GOP berücksichtigt."
Die hiernach erfolgte Anhebung der Bewertung der Gebührenordnungsposition im Abschnitt 35.2 EBM um konkret 2,6909 % und die
Einführung der Strukturzuschläge beruhte also im Wesentlichen auf den Vorgaben aus der Rechtsprechung des BSG. Danach gibt es nur für die zeitabhängigen Leistungen der sogenannten "großen Psychotherapie" eine Stützungsverpflichtung.
Diese Leistungen dürfen erst erbracht werden, wenn die Krankenkasse sie bezogen auf den einzelnen Patienten genehmigt hat.
Wegen der Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit unterscheiden sie sich von allen anderen vertragsärztlichen
Leistungen. Diese Kombination führt dazu, dass Vertragsärzte bzw. Vertragspsychotherapeuten insoweit weder den Leistungsumfang
noch die in einem bestimmten Zeitraum maximal abrechenbaren Punkte nachhaltig beeinflussen können. Wo beide Kriterien nicht
kumulativ erfüllt sind, etwa bei den anderen anamnestischen und exploratorischen Leistungen oder den probatorischen Sitzungen,
die der Patient ohne Genehmigung der Krankenkasse nachfragen und der Therapeut aus eigener Initiative erbringen kann, sind
die Bedingungen der psychotherapeutischen Tätigkeit nicht so grundlegend von ärztlichen Tätigkeiten der anderen Disziplinen
verschieden, dass die mit der Garantie eines Punktwertes verbundene Gleichstellung erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. Januar 2000 - B 6 KA 4/99 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 35 m.w.N. zur Entwicklung dieser Rechtsprechung). Entscheidend ist, dass ein Psychotherapeut rein
tatsächlich bei so vielen Patienten nach eigener Indikationsstellung Anamneseerhebung und probatorische Sitzungen durchführen
und abrechnen kann, wie Patienten seine Praxis aufsuchen. Damit ist der Psychotherapeut hinsichtlich dieser Leistungen grundsätzlich
in derselben Lage wie die Mehrzahl der Vertragsärzte, den Umfang der für notwendig gehaltenen Behandlung im Wesentlichen selbst
zu steuern (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 2001 - B 6 KA 58/00 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 41).
bb) Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung war der BewA nicht gehalten, die - nicht genehmigungspflichtigen - neuropsychologischen
Leistungen gleichermaßen zu stützen. Seine Erwägung, nur solche Leistungen zu stützen, bei denen weder der Leistungsumfang
noch die in einem bestimmten Zeitraum maximal abrechenbaren Punkte nachhaltig durch den Therapeuten beeinflusst werden können,
sind - nach Maßgabe des gerichtlichen Prüfungsumfangs - sachlich gerechtfertigt. Sie tragen dazu bei, ein flächendeckendes
Angebot an Vertragstherapeuten und damit die Versorgungssicherheit im Bereich der psychotherapeutischen Leistungen zu sichern.
Dementsprechend hat das BSG auch eine Punktwertstützung bei probatorischen Sitzungen, die - wie die neuropsychologischen Leistungen - nicht der Genehmigungspflicht
unterfallen, abgelehnt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 6 KA 9/07 R -, BSGE 100, 254).
f) Aus den genannten Gründen war der BewA nicht verpflichtet, seinen Beschluss vom 23. April 2019, mit dem Leistungen des
Abschnitts 35.2 EBM erneut rückwirkend zum 1. Januar 2009 höher bewertet wurden, auf neuropsychologische Leistungen zu erstrecken.
Auch diese Erhöhung beruhte auf dem besonderen Charakter der psychotherapeutischen Leistungen als genehmigungspflichtig und
zeitgebunden.
g) Die dargestellten Vergütungsregelungen des EBM verstoßen nicht gegen die Verpflichtung aus §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V <aa)> den Grundsatz der angemessenen Vergütung i.S.v. §
72 Abs.
2 SGB V <bb)> oder Art.
3 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
12 Abs.
1 GG <cc)>.
aa) Die Vergütung der neuropsychotherapeutischen Leistungen steht mit §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V (in der Fassung vom 23. Oktober 2012) in Einklang.
Hiernach haben die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen eine "angemessene" Höhe der Vergütung der Zeiteinheit zu
gewährleisten. Der Gesetzgeber hat den Begriff der psychotherapeutischen Leistungen im Sinne von §
87 Absatz
2c Satz 6
SGB V nicht ausdrücklich definiert. Es ist dem BewA jedoch nicht verwehrt, Sonderregelungen nach §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V auf wichtige und zeitgebundene Leistungen der sogenannten großen Physiotherapie nach Abschnitt 35.2 EBM zu beschränken (vgl.
BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 6 KA 9/07 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 42).
Nach der Rechtsprechung des BSG hält sich der BewA im Rahmen seiner ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit, wenn er sich bei der Förderung psychotherapeutischer
Leistungen auf die Leistungen beschränkt, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind (zur Anknüpfung des
Gesetzgebers an die Urteile des BSG vom 20. Januar 1999 und vom 25. August 1999 siehe die Darstellung im Urteil des BSG vom 28. Januar 2004, BSGE 92, 87, Rn. 8; zum Abstellen auf die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit siehe insbesondere BSG, Urteil vom 25. August 1999 - BSGE 84, 235, 244 -; BSG, Urteil vom 29. August 2007 - B 6 KA 35/06 R - und Bezug nehmend darauf BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 6 KA 9/07 R - a.a.O.). Diese Rechtsprechung lässt sich auch auf die Rechtslage nach Einfügung des §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V (zum 1. Januar 2009) und nach den erfolgten Honorarreformen übertragen (auf die alte Rechtsprechung Bezug nehmend auch BSG, Urteil vom 11. Oktober 2017 - B 6 KA 37/17 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 35).
Auch wenn der BewA sich bei der Einführung der damals neuen GOPen für neuropsychologische Leistungen an der Bewertung der
Leistungen nach dem Kapitel 35.2. EBM orientieren durfte, folgt aus §
87 Abs.
2c Satz 6
SGB V nicht, dass er bei jeder Höherbewertung der Leistungen nach dem Kapitel 35.2 EBM auch eine Höherbewertung der neuropsychologischen
GOPen vorzunehmen hatte (ebenso SG Berlin, Urteil vom 29. Juli 2020 - S 83 KA 158/19 - juris).
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG begründet §
72 Abs.
2 SGB V, wonach die vertragsärztliche Versorgung so zu regeln ist, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung
der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist
und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden, grundsätzlich keinen subjektiven Anspruch auf ein bestimmtes Honorar,
sondern nur auf einen angemessenen Anteil der Gesamtvergütung. Nur dann, wenn durch die Honorierung einer Leistung bzw. einer
Arztgruppe in einem fachlichen und örtlichen Teilbereich kein finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu
sein und hierdurch die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet erscheint, ist vor dem Hintergrund der
verschiedenen mit dem EBM verbundenen Zweckbestimmungen, die miteinander in Ausgleich zu bringen sind, ein Verstoß gegen §
72 Abs.
2 SGB V alleine mit dem Argument eines vermeintlich zu geringen Honorars denkbar (vgl. nur BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004, B 6 KA 31/03 R). Allein betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte aus den Praxen einzelner betroffener Therapeuten - teilweise durch die konkrete
Kostenstruktur einer Praxis selbst zu beeinflussende - sind nach der Rechtsprechung des BSG nicht geeignet, die vermeintlich zu niedrige EBM -Bewertung einzelner Leistungen zu Fall zu bringen. Das BSG hat in diesem Sinne wiederholt entschieden, dass dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung insgesamt eine "Mischkalkulation"
zugrunde liegt. Dies bedeutet, dass es durchaus Leistungen geben kann, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte
Praxis kein Gewinn zu erzielen ist. Entscheidend ist nämlich, dass der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte
Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, dass das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare
Einkommen Ärzten hinreichenden Anlass zur Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung bietet (BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 20/00 R - a.a.O. - Rn. 35 m.w.N.). Spezialisiert sich allerdings ein Arzt innerhalb seines Gebiets oder Teilgebiets auf wenige ausgewählte
Leistungen mit der Folge, dass ein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen einer größeren Zahl von Leistungen nicht mehr möglich
ist, trägt er das Risiko der mangelnden Rentabilität der von ihm betriebenen Spezialpraxis (BSG, Urteil vom 26. Januar 2000 - B 6 KA 4/99 R -, SozR 3-2500 § 85 Nr. 35, Rn. 24).
Wie bereits ausgeführt <vgl. D.II.2.c)> deutet nichts darauf hin, dass die Bewertung der streitigen Gebührenordnungspositionen
von vornherein so unattraktiv war, dass es sich nicht lohnte, die Leistungen zu erbringen.
cc) Der Beschluss des EBewA vom 22. September 2015, die GOPen im Abschnitt 35.2 EBM (mit Ausnahme der GOP 30932 EBM - probatorische Sitzung) ab dem 1. Januar 2012 rückwirkend höher zu bewerten als auch die Aufnahme von Leistungen
nach den GOPen 35251, 35252 und 35253 EBM (Strukturzuschläge), steht auch mit Art.
3 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
12 Abs.
1 GG insoweit in Einklang, als der EBewA die betreffenden Neuregelungen nicht auf neuropsychologische Leistungen erstreckt hat.
Zwischen den betroffenen psychotherapeutischen und neuropsychologischen Leistungen bestehen Unterschiede von erheblichem Gewicht,
die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Ein maßgebliches Unterscheidungskriterium ist die Antrags- und Genehmigungsbedürftigkeit
der Leistungen nach dem Richtlinienverfahren im Gegensatz zu den Therapieverfahren der Neuropsychologie. Nach der Rechtsprechung
des BSG ist dies ein entscheidender und die unterschiedliche Höhe der Bewertung rechtfertigender Unterschied. Das BSG hat mehrfach betont, dass die Genehmigungsbedürftigkeit den Leistungserbringern eine Leistungsausweitung erschwert und dies
ein sachgerechtes Kriterium für eine unterschiedliche Bewertung ist (BSG, Urteil vom 11. Oktober 2017 - B 6 KA 37/17 R - a.a.O.).
Die Klägerin ist - entgegen ihrer Auffassung - nicht gleichermaßen schutzbedürftig, weil ihre Leistungen unter dem Vorbehalt
der Stufendiagnostik i.S.v. § 5 Anlage I Nr. 19 MVV stehen, d.h. eine neuropsychologische Therapie erst nach fachärztlicher
Feststellung einer erworbenen Hirnschädigung oder Hirnerkrankung (hirnorganische Störung, Indikation gemäß § 4 Abs. 1 MVV)
erfolgen darf. Diese Vorgaben unterscheiden sich nicht wesentlich von einem Überweisungsvorbehalt, d.h. der Maßgabe, dass
ein Vertragsarzt nur auf Überweisung tätig werden darf. In Bezug auf Ärzte, die ausschließlich auf Überweisung von Vertragsärzten
tätig werden können und daher gehindert sind, Patienten unmittelbar auf Vorlage der Krankenversicherungskarte zu behandeln,
hat das BSG bereits ausgeführt, dass es nicht rechtlich geboten sei, diese Ärzte hinsichtlich der Anwendung von mengenbegrenzenden Regelungen
zu privilegieren und ihnen einen festen Punktwert für alle Leistungen zu zuweisen, die ein Vertragsarzt auf Überweisung von
anderen Ärzten erbringt (so in Bezug auf Laborärzte BSG, Urteil vom 28. Januar 1998 - B 6 KA 96/96 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 24).
Darüber hinaus trifft die Auffassung der Klägerin nicht zu, wonach sie generell keinen Einfluss auf die Menge der von ihr
im einzelnen Behandlungsfall erbrachten Leistungen habe. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Anlage I Nr. 19 MVV erfolgt zwar die Feststellung
einer erworbenen Hirnschädigung oder Hirnerkrankung (hirnorganische Störung) als Ursache für eine Indikation gemäß § 4 Absatz
1 durch die in § 6 Abs. 1 festgelegten Arztgruppen. Die Einschätzung der Therapieindikation, der Prognose für die Therapie,
die für die jeweiligen Krankheitsphasen vorgesehenen therapeutischen Maßnahmen nach § 7 Absatz 3 und deren Umfang und Frequenz
obliegt indes der Therapeutin, mithin der Klägerin (§ 5 Abs. 3, 4 Anlage I Nr. 19 MVV). Insbesondere fällt es in ihre Verantwortung,
ob die neuropsychologische Therapie in Form von Einzel- oder Gruppenbehandlung erfolgt (§ 7 Abs. 1 Anlage I Nr. 19 MVV). Die
Klägerin hat damit Einfluss auf die Art und die Menge der von ihr zu erbringenden Leistungen. Diese werden ihr nicht durch
den Facharzt vorgegeben (anders bei psychotherapeutischen Leistungen, bei denen die Indikation und die Art und der Umfang
der geplanten Therapie vorab von der Krankenversicherung zu genehmigen sind, vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinie).
Insoweit bleibt der Klägerin im Rahmen der neuropsychologischen Therapie in vielen Fällen ein erheblicher Spielraum zur Bestimmung
von Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen.
Keine andere Wertung resultiert aus dem Umstand, dass sowohl die psychotherapeutischen (vgl. §§ 28, 29 Psychotherapie-Richtlinie)
als auch die neuropsychologischen (vgl. § 7 Abs. 6 Anlage I Nr. 19 MVV) Leistungen zeitgebunden sind. Das BSG hat ausgeführt, dass der BewA sich im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit hält, wenn er sich darauf beschränkt,
eine Punktwertstützung nur für diejenigen Leistungen vorzugeben, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind
(BSG, Urteil vom 29. August 2007 - B 6 KA 35/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 38 - Rn. 14). Zeitvorgaben in der Leistungslegende zwingen nicht zu einer Gleichbehandlung mit den
privilegierten psychotherapeutischen Leistungen (so in Bezug auf die Bewertung probatorischer Sitzungen eines Psychotherapeuten
BSG, Beschluss vom 11. Oktober 2017 - B 6 KA 23/17 B - juris).
Bei den Leistungen des Kapitels 35.2 EBM handelt es sich um von der Psychotherapie-Therapie-Richtlinie anerkannte Therapien.
Dagegen sind die neuropsychologischen Leistungen keine Methoden im Sinne der Psychotherapie-Richtlinie, sondern lediglich
im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die in die Anlage
I Nr. 19 der MVV aufgenommen wurden.
Auch der EBM selbst differenziert zwischen den Verfahren: Unter Ziffer 30.11 EBM heißt es: "Die in dem Abschnitt 30.11 aufgeführten
Gebührenordnungspositionen sind im Behandlungsfall neben den Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 35.1, 35.2 und 35.3
nur berechnungsfähig, wenn durch den behandelnden Arzt dargelegt wird, dass der Einsatz von Leistungen nach der Psychotherapie-Richtlinie
aufgrund eines über die Indikationsstellung für die Neuropsychologie hinausgehenden Krankheitsbildes indiziert ist und durch
den Einsatz eine parallele Behandlung mit Leistungen nach der Psychotherapie-Richtlinie Erfolg zu erzielen ist, der mit der
neuropsychologischen Behandlung alleine nicht erreicht werden könnte." Dementsprechend weisen die tragenden Gründe des Beschlusses
des BewA in seiner 291. Sitzung darauf hin, dass die neuropsychologische Therapie eine Mischform zwischen Richtlinienverfahren
und übenden Verfahren ist. Mit der Orientierung der Vergütung an den Leistungen des Kapitels 35.2 EBM im Jahre 2012 wollte
der BewA neuropsychologische Leistungen zu Beginn ihrer Einführung fördern. Er hat aber zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht
mit den Leistungen der EBM 35.2 gleichzusetzen sind.
In diesem Sinne bestimmt auch § 18 Abs. 2 Satz 3 der Bedarfsplanungsrichtlinie des G-BA (in der Fassung vom 20. Dezember 2012),
dass psychotherapeutische Leistungen zur Feststellung des regionalen Versorgungsgrads für Vertragspsychotherapeuten die Leistungen
der Abschnitte 35.2 und 35.3 EBM sowie die Leistungen nach den GOPen 35111 bis 35113, 35120, 35130, 35131, 35140 bis 35142
und 35150 bis 35152 EBM sind, nicht aber Leistungen des Abschnitts 30.11 EBM.
Soweit die Klägerin auf Ausführungen im "2. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie vom 31.1.2008" Bezug nimmt,
worin ausgeführt werde, dass die neuropsychologische Therapie entsprechend den Verfahrensregelungen dieses Beirats als wissenschaftlich
anerkannte Psychotherapiemethode anzusehen sei, sind diese (jedenfalls) in Anbetracht der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung
und Gesetzgebung überholt und nicht mehr tragfähig.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der EBewA weder die bloß zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen,
wie z.B. die probatorischen Sitzungen, noch die bloß zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen mit seinem Beschluss vom
22. September 2015 höher bewertet hat. Entsprechend gilt für die Strukturzuschläge gemäß GOP 35251, 35252 und 35253 EBM, die er mit Beschluss vom 22. September 2015 eingeführt hat, da diese Strukturpauschalen nur für
die genehmigungspflichtigen Leistungen eingeführt worden sind. Ob sich an dieser Bewertung durch die Reform der ambulanten
Psychotherapie zum 1. April 2017 etwas ändert (Zuschläge auch für die nicht genehmigungspflichtige psychotherapeutische Sprechstunde
und die nicht genehmigungspflichtige psychotherapeutische Akutbehandlung) kann, da hier nur das Quartal II/2013 streitgegenständlich
ist, offenbleiben (vgl. hierzu SG Berlin, Urteil vom 29. Juli 2020 - S 83 KA 158/19).
F. Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. von §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG hat.