Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Fallpauschalen
Anforderungen an die Kodierung der Entfernung eines Blutkoagels der Vallecula-Region mit Blutstillung in Intubationsnarkose
Tatbestand
Die Beteiligten streiten (noch) um die Rückerstattung von Krankenhausvergütung.
In der Zeit vom 04.08.2015 bis 12.08.2015 wurde der im Jahr 1970 geborene, bei der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden:
Beklagte) krankenversicherte Patient K A (Versicherter) in dem von der Klägerin und Widerbeklagten (im Folgenden: Klägerin)
betriebenen Vertragskrankenhaus stationär behandelt. Die Aufnahme erfolgte bei seit 2-3 Wochen zunehmender Dysphagie und Fremdkörpergefühl
im Hals. Die Verordnung von Krankenhausbehandlung der Fachärzte für HNO-Heilkunde Dr. B & Dr. D vom 03.08.2015 wies die Diagnose
J38.7 G - Zyste der Vallecula epiglottica aus. In der flexiblen Endoskopie zeigte sich eine ausgedehnte Valleculazyste, die
Epiglottis verlegend, weshalb am Aufnahmetag eine Mikrolaryngoskopie (MLS) und Pharyngoskopie/Rachenspiegelung mit Abtragung
der Valleculazyste in Intubationsnarkose erfolgte. Am 1. postoperativen Tag zeigte sich ein auf lokale Maßnahmen nicht ansprechendes
Koagel der Vallecula-Region, so dass am 06.08.2015 (erneut) eine MLS und Entfernung des Blutkoagels mit Blutstillung in Intubationsnarkose
erfolgte.
Für die Behandlung des Versicherten forderte die Klägerin mit Rechnung vom 18.08.2015 unter Zugrundelegung der DRG D33Z (Mehrzeitige
komplexe OR- Prozeduren bei Krankheit und Störungen des Ohres, der Nase, des Mundes und des Halses) von der Beklagten Krankenhausvergütung
in Höhe von insgesamt 11.830,72 €, wobei sie die Hauptdiagnose D10.5 (Gutartige Neubildung: Sonstige Teile des Oropharynx),
für die am 04.08.2015 durchgeführte Operation den OPS 5-292.0 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Pharynx:
Exzision, lokal) sowie für den Eingriff am 06.08.2015 den OPS 5-292.30 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des
Pharynx: Destruktion: Elektrokoagulation) kodierte. Die Beklagte beglich die Forderung zunächst vollständig.
Mit Schreiben vom 31.08.2015 informierte sie die Klägerin, dass aufgrund von Zweifeln an der Richtigkeit der Abrechnung der
Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Vollprüfung der Abrechnung und Fehlbelegungsprüfung des Behandlungsfalles
beauftragt worden sei. Ausweislich der Prüfanzeige vom 02.09.2015 war insbesondere die (Doppel-)Kodierung bestimmter Prozeduren
Gegenstand der Prüfung.
In seinem Gutachten vom 12.01.2016 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass die Krankenhausbehandlung dem Grunde und der Dauer nach
medizinisch notwendig gewesen sei. Allerdings sei als Hauptdiagnose J38.7 zugrunde zu legen, OPS 5-292.30 sei hinsichtlich
der Kodierung am 06.08.2015 durch OPS 5-389.a0 (Anderer operativer Verschluss an Blutgefäßen: Oberflächliche Venen: Kopf,
extrakraniell und Hals) zu ersetzen. Dies führe zu DRG D12B (Andere Eingriffe an Ohr, Nase, Mund und Hals).
Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der ursprüngliche Rechnungsbetrag um 9.140,27 € auf 2.690,45 € zu kürzen
sei. Sie werde den Kürzungsbetrag umgehend verrechnen.
Die Klägerin machte geltend, die Hauptdiagnose D10.5 umfasse die sonstigen Teile des Oropharynx und damit auch die Vallecula
epiglottica. Die Kodierung sei daher spezifischer, denn gemäß des Histologiebefundes habe es sich eindeutig um eine Valleculazyste
gehandelt. Nach J38.- würden ausschließlich Krankheiten der Stimmlippen und des Kehlkopfes verschlüsselt. Auch der vom MDK
genannte OPS 5-389.a0 sei nicht korrekt, denn "extrakraniell" bedeute "außerhalb des Schädels", was hier definitiv nicht zutreffe.
Aus dem OP-Bericht folge die von ihr kodierte Prozedur.
Der erneut um Stellungnahme gebetene MDK (Gutachten vom 14.03.2016) ging nunmehr von der Hauptdiagnose D10.1 (Gutartige Neubildung:
Zunge) und legte für den am 06.08.2015 erfolgten Eingriff OPS 5-279.0 (Andere Operationen am Mund: Operative Blutstillung)
zugrunde, was weiterhin zur DRG D12B führe. An diesem Tag sei keine Destruktion von erkranktem Gewebe des Pharynx durch Elektrokoagulation
erfolgt - die Zyste sei bereits entfernt gewesen. Vielmehr habe es sich um eine operative Blutstillung am Zungengrund gehandelt.
Die Beklagte informierte die Klägerin über eine Verrechnung des streitigen Differenzbetrages mit deren unstreitiger Forderung
aus dem Behandlungsfall des Versicherten X U.
Am 14.09.2016 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Beklagten
stehe kein Erstattungsanspruch zu, da die Abrechnung im Fall des Versicherten zutreffend sei. Ausweislich des OP-Berichts
vom 06.08.2015 sei das Einstellen der Vallecula mittels Kleinsasser C-Rohr erfolgt. Es habe sich hier ein breitbasig zugunsten
der linken Seite aufsitzendes organisiertes Koagel gezeigt, welches mittels Sauger und Doppelfasszange entfernt worden sei.
Anschließend habe sich eine Sickerblutung im Bereich der Vallecula linksseitig gezeigt, welche wiederum monopolar habe koaguliert
werden müssen. Der OPS 5-292.30 sei damit erfüllt, DRG D33Z zutreffend.
Ursprünglich hat die Klägerin schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.134,40 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem 07.04.2016 zu zahlen.
Am 09.11.2018 hat die Beklagte "vor dem Hintergrund der aktuellen möglichen Gesetzesänderungen zur Verjährung" ein Anerkenntnis
hinsichtlich der Klageforderung abgegeben und gleichzeitig Widerklage erhoben. Die Klägerin hat das Anerkenntnis angenommen.
Zur Begründung der auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung gerichteten Widerklage hat sich die Beklagte auf die MDK Gutachten
gestützt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, ihr 9.134,40 € zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass (auch) der Eingriff am 06.08.2015 korrekt kodiert worden sei.
Das Sozialgericht hat ein HNO-ärztliches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. E (Direktor der Klinik und Poliklinik für
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum des Saarlandes eingeholt) nebst ergänzenden Stellungnahmen eingeholt. Auf
das Gutachten vom 23.07.2017 sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 21.12.2017 und 13.04.2019 wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat sich durch das Gutachten des Sachverständigen nebst ergänzender Stellungnahme gestützt gesehen.
Die Beklagte hat sich auf die Stellungnahmen des MDK berufen. Das Sachverständigengutachten führe zu keinem Erkenntnisgewinn,
da auch der Gutachter die Elektrokoagulation einer Blutung des Zungengrundes unzutreffend für eine Destruktion von erkranktem
Gewebe des Pharynx halte. Im Regelwerk der Prozeduren gebe es lediglich zwei Hauptprozeduren (OPS 5-433 und 5-422), bei denen
die Destruktion von Gewebe auch für die operative Leistung der Blutstillung zulässig sei, was sich dort explizit aus den Hinweisen
in Gestalt des unter der jeweiligen Kapitelüberschrift genannten Inklusivums ergebe. Die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen
sei in sich widersprüchlich.
Das Sozialgericht hat der Widerklage mit Urteil vom 26.02.2020 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
die am 06.08.2015 durchgeführte Operation könne, wie der MDK zutreffend festgestellt habe, nicht mit OPS 5-292.30 kodiert
werden, da zwar eine Elektrokoagulation stattgefunden habe, jedoch weder erkranktes Gewebe exzidiert noch zerstört worden
sei. Vielmehr sei die Operation aufgrund einer Blutung im Rahmen einer Komplikation, die sich nach Entfernung der Zyste am
04.08.2015 ergeben habe, erfolgt. Der Sachverständige sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die mehrfache Operation im
anatomisch gleichen Bereich die Kodierung des OPS 5-292 rechtfertige.
Gegen das ihr am 01.04.2020 zugestellte Urteil richtete sich die Berufung der Klägerin vom 03.04.2020. Sie hat an ihrer Auffassung
festgehalten, dass aufgrund der ausführlichen Dokumentation im OP-Bericht belegt sei, dass sie den OPS-Schlüssel korrekt gewählt
habe. Dies habe auch der gerichtliche Sachverständige bestätigt. Da das entfernte Koagel an der gleichen Stelle wie die Zyste
abgetragen worden sei, habe ein operativer Verschluss eines Blutgefäßes am Wundgrund stattgefunden, weshalb der insoweit spezifischste
OPS 5-292.30 zu kodieren gewesen sei. Auch im Rahmen dieser Operation sei erkranktes Gewebe entfernt worden. Im weiteren Verlauf
hat die Klägerin ausgeführt, der operative Verschluss des Blutgefäßes am Wundgrund sowie die Entfernung des Blutkoagels könne
unter Berücksichtigung des Vortrags des MDK auch mit dem OPS 5-299.x (Andere Operationen am Pharynx: Sonstige) korrekt dargestellt
werden, was ebenfalls zu DRG D33Z führe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.02.2020 zu ändern und die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Bei der Operation am 06.08.2015 sei keine Exzision und Destruktion
erkrankten Gewebes erfolgt, was der gerichtliche Sachverständige, der vom OP-Bericht vom 04.08.2015 und damit von einer falschen
Voraussetzung ausgegangen sei, verkannt habe. Allein der Umstand, dass die Operation am 06.08.2015 in demselben Bereich stattgefunden
habe wie die am 04.08.2015, rechtfertige nicht die Kodierung des OPS 5-292.30. Selbst wenn man die vom MDK vorgeschlagene
Kodierung für falsch halte, führe dies nicht dazu, dass der von der Klägerin gewünschte OPS abgerechnet werden könne, dessen
Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Patientenakte des Versicherten
sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere statthafte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klägerin
auf die Widerklage hin verurteilt, der Beklagten 9.134,40 € zu erstatten.
Die von der Beklagten erhobene Widerklage als (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig
(ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG, Urteil vom 11.09.2018 - B 1 KR 36/17 R -, Rn. 7, juris m.w.N.).
Rechtsgrundlage des Anspruchs der Beklagten ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der bei der hier gegebenen
öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger (vgl. BSG SozR 4-5565 §
14 Nr. 10) an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach §
812 BGB tritt (vgl. BSGE 109, 236, 238 f. m.w.N.).
Der im öffentlichen Recht seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines
öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen
vorgenommen worden sind (vgl. BSGE 109, 236, 238 f. m.w.N.). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt
sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs; ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen scheidet aber aus,
soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl. BSGE 38, 46, 47).
Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe der geforderten 9.134,40 €. In
dieser Höhe hat sie ohne Rechtsgrund Krankenhausvergütung gezahlt. Der Vergütungsanspruch der Klägerin für die stationäre
Behandlung des Versicherten ergibt sich nämlich nicht aus der von ihr zugrunde gelegten DRG D33Z, sondern aus der unstreitig
um den geltend gemachten Erstattungsbetrag niedriger vergüteten DRG D12B. Das wiederum beruht auf dem Umstand, dass die Klägerin
den am 06.08.2015 bei dem Versicherten durchgeführten Eingriff nicht mit OPS 5-292.30 kodieren durfte.
Dass die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung erfüllt sind, steht nicht in Frage. Die Zahlungsverpflichtung
einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten
kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S. von §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr. 1 S. 3).
Rechtsgrundlage der von der Klägerin geltend gemachten und von der Beklagten gezahlten Vergütung sind §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 KHEntgG und § 17b KHG, die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 und die von den Vertragsparteien auf Bundesebene
getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2015. Die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet sich im Wesentlichen
nach der mithilfe einer zertifizierten Software (Grouper) ermittelten DRG. Für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer
DRG sind maßgebliche Kriterien die Hauptdiagnose, die Nebendiagnosen, eventuell den Behandlungsverlauf wesentlich beeinflussende
Komplikationen, die im Krankenhaus durchgeführten Prozeduren sowie weitere Faktoren (Alter, Geschlecht etc.). Die Diagnosen
werden mit einem Kode gemäß dem im vorliegend streitigen Zeitraum vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und
Information (DIMDI) und seit dem 26.05.2020 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Auftrag des
Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen ICD-10 verschlüsselt. Die Prozeduren werden nach dem ebenfalls vormals vom
DIMDI, nunmehr vom BfArM herausgegebenen OPS kodiert. Aus diesen Kodes wird dann zusammen mit den weiteren für den Behandlungsfall
maßgeblichen Faktoren unter Verwendung eines Groupers die entsprechende DRG ermittelt (sogenannte Groupierung), anhand derer
die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird (ausführlich dazu BSGE 109, 236).
Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut
orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Nur
dann kann eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist,
ihren Zweck erfüllen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie
die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23.06.2015 - B 1 KR 13/14 R -, Rn. 15, juris m.w.N.).
Nach alledem war OPS 5-292.30 für den am 06.08.2015 durchgeführten Eingriff nicht zu kodieren. Gleiches gilt für den von der
Klägerin offenbar zuletzt für einschlägig erachteten OPS 5-299.x. Stattdessen war neben OPS 5-292.0 für den Eingriff am 04.08.2015
OPS 5-983 für die am 06.08.2015 durchgeführte Operation zu kodieren. Auf die zunächst umstrittene Hauptdiagnose kommt es nicht
an, sie ist nicht kodierrelevant.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass bei der am 06.08.2015 durchgeführten Operation weder eine Exzision noch
eine Destruktion erkrankten Gewebes des Pharynx stattgefunden hat. Vielmehr handelte es sich bei diesem Eingriff, bei dem
ein an der nach Entfernung der Zyste vorhandenen Wundfläche entstandenes Blutkoagel abgetragen und eine Blutung mittel Elektrokoagulation
gestillt wurde, um eine Wiedereröffnung eines Operationsgebietes bzw. Reoperation. Hierzu enthält DKR (2015) P013k die Regelung,
dass bei der Wiedereröffnung eines Operationsgebietes zur Behandlung einer Komplikation, zur Durchführung einer Rezidivtherapie
bzw. zur Durchführung einer anderen Operation in diesem Operationsgebiet zunächst zu prüfen ist, ob die durchgeführte Operation
mit Wiedereröffnung des Operationsgebietes im OPS durch einen spezifischen Kode im betreffenden Organkapitel kodiert werden
kann, wie z.B.:
5-289.1 Operative Blutstillung nach Tonsillektomie
5-821.12 Wechsel einer Femurkopfprothese in Totalendoprothese, nicht zementiert
Gibt es keinen spezifischen Kode, dann ist die durchgeführte Operation zusammen mit einem Kode, wie z.B.
5-349.6 Reoperation an Lunge, Bronchus, Brustwand, Pleura, Mediastinum oder
Zwerchfell
5-379.5 Reoperation an Herz und Perikard
5-559.3 Revisionsoperation an der Niere
5-749.0 Resectio
5-983 Reoperation
für die Reoperation anzugeben. Zudem gibt es in einigen Kapiteln des OPS eigene Kodes für eine Reoperation, die als eigenständige
Kodes ausgewiesen sind, aber im Allgemeinen wie Zusatzkodes verwendet werden (s. DKR 0909 Revisionen oder Reoperationen an
Herz und Perikard).
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass es sich vorliegend um eine Wiedereröffnung des Operationsgebietes zur Behandlung
einer Komplikation bzw. zur Durchführung einer anderen Operation in diesem Operationsgebiet und damit um eine Reoperation
handelte. Die Klägerin selbst bzw. der gerichtliche Sachverständige, durch den sie sich bestätigt sieht, haben gerade auf
die identische Lokalisation des Operationsgebietes des am 04.08.2015 durchgeführten Eingriffs abgestellt. Warum sie im Rahmen
der mündlichen Verhandlung das Vorliegen einer Wiedereröffnung eines Operationsgebietes bzw. Reoperation bestritten hat, ist
daher nicht nachvollziehbar. Dass sich der bei dem zweiten Eingriff entfernte Blutkoagel unabhängig von dem ersten Eingriff
ausgerechnet in dessen Operationsgebiet gebildet und ein von diesem unabhängiges Geschehen darstellen sollte, ist völlig fernliegend
und hierfür liefern die Patientenunterlagen auch keinen Anhalt.
In Bezug auf das vorliegend betroffene Organ Pharynx enthält der OPS (2015) 5-299 für den Fall einer Reoperation keinen spezifischen
Kode, wie dies beispielsweise bei den "Anderen Operationen an Gaumen- und Rachenmandeln" (OPS 5-289) der Fall ist, wo ein
Kode die Destruktion von erkranktem Gewebe (5-289.0) und ein gesonderter Kode ausschließlich die Operative Blutstillung nach
Tonsillektomie (5-289.1) bzw. die Operative Blutstillung nach Adenotomie (5-289.2) umfasst. Allein der Umstand, dass im Bereich
der Eingriffe in diesem Gebiet eine Unterscheidung zwischen der "operativen Blutstillung" nach Mandeloperation und der "Destruktion
von erkranktem Gewebe" stattfindet, verdeutlicht zudem nochmals, dass letztere im Rahmen des der Blutstillung dienenden Eingriffs
am 06.08.2015 nicht stattgefunden hat. Insbesondere handelt es sich bei dem von der Klägerin zuletzt herangezogenen OPS 5-299.x
nicht um einen spezifischeren Kode im Sinne der DKR (2015) P013k. Über den Umstand der Reoperation ("Was") sagt er nichts
aus, sondern lediglich über die Lokalisation.
Da es keinen spezifischen Kode im Organkapitel gibt, ist die durchgeführte Operation nach DKR (2015) P013k zusammen mit einem
Kode für die Reoperation anzugeben. Dabei ist nach dem eindeutigen Wortlaut der DKR (2015) P013k lediglich für die erste Operation
ein Kode und für den zweiten Eingriff ein Reoperations-Kode und nicht ein weiterer Kode mit zusätzlichem Kode für die Reoperation
anzugeben, denn insoweit wird zwischen der durchgeführten Operation und der Reoperation unterschieden. Diese Begriffe sind
nicht synonym und werden auch von der DKR (2015) P013k nicht gleichgesetzt. Denn diese formuliert, dass die "durchgeführte
Operation" zusammen mit einem Kode, wie z.B. ..., für die "Reoperation" anzugeben ist. Wäre mit der "durchgeführten Operation"
schon die Reoperation gemeint, wäre deren Nennung nicht nur überflüssig, sondern auch widersinnig, weil dann die Reoperation
zusammen mit einem Kode für diese anzugeben wäre, was ohnehin der Fall ist.
Bleibt danach für den am 06.08.2015 durchgeführten Eingriff zur Entfernung des Blutkoagels mangels eines spezifischen, den
Pharynx betreffenden Reoperations-Kodes (nur) OPS 5-983 (Reoperation) führt dies zu der von der Beklagten in Übereinstimmung
mit dem MDK als zutreffend erachteten DRG D12B. Für das vorliegende Ergebnis spricht zudem, dass der die Reoperation regelnde
OPS 5-983 ins Leere laufen würde, könnte man in Fällen wie dem vorliegenden stets - wie offenbar die Klägerin meint - zumindest
den unspezifischen Kode für "sonstige Operationen" kodieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (§
160 Abs.
2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs.
1 Teilsatz 1
SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 GKG.