LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.12.2015 - 7 SF 733/15
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Wirksamkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II
Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe bei verfestigtem Aufenthalt
Vorläufige Leistungserbringung durch den zuerst angegangenen Leistungsträger
Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ist wirksam. Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann jedoch bei einem verfestigen Aufenthalt ein Anspruch auf Leistungen
der Sozialhilfe nach dem SGB XII gegeben sein.
Normenkette: ,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
,
,
SGB X § 102
,
Vorinstanzen: SG Köln 28.10.2015 S 20 AS 3674/15 ER
Tenor
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts vom 28.10.2015 wird
abgelehnt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten der Antragsteller zu erstatten.
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Gründe
Die Entscheidung beruht auf 199 Abs 2
SGG. Bei der hiernach vorzunehmenden Interessenabwägung hat der Senat berücksichtigt, dass das BSG mit Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R (Medieninformation Nr. 28/15) entschieden hat, dass zwar der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB 2 wirksam
ist, aus verfassungsrechtlichen Gründen jedoch bei einem verfestigen Aufenthalt - der bei den Antragstellern vorliegt - ein
Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII gegeben sein kann. Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass dem Grunde nach ein Leistungsanspruch besteht und lediglich
ein anderer Träger zuständig ist. Für diese Situation bestimmt §
43 SGB I, dass der zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen zu erbringen hat. Bei Klärung der endgültigen Zuständigkeit
- hier ggfs. des Sozialhilfeträgers - steht dem zuerst angegangene Träger ein Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X zu. Demzufolge sind die Rechte des Beschwerdeführers auch dann vollständig gewahrt, wenn sich seine Unzuständigkeit herausstellt
(in diesem Sinne auch LSG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 06.08.2014 - L 19 AS 984/14 B ER). Die Antragsteller sind hingegen bei Nichtzahlung der Leistungen unmittelbar und in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer
Weise in Ihrem Anspruch auf Sicherung Ihres Existenzminimums (hierzu BVerfG Urteil vom 18.07.2012 1 BvL 10/10 ua.a.) verletzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf 193
SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (177
SGG).