Anspruch auf einen Gründungszuschuss nach Existenzgründung nach dem SGB III; Nachweis einer beabsichtigten Beschäftigungsaufnahme; Ermessensausübung bei der Prüfung eigener Leistungsfähigkeit
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Gründungszuschusses.
Der 00.00.1969 geborene Kläger ist Installations- und Heizungsbauermeister. Nachdem er im seit 1976 bestehenden elterlichen
Betrieb seine 1986 begonnene Berufsausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer 1989 erfolgreich abschloss, war er in
der Zeit vom 01.12.1989 bis 31.03.2012 ununterbrochen im Familienbetrieb beschäftigt. Zwischenzeitlich legte er im Oktober
1998 die Meisterprüfung mit Erfolg ab. Nachdem der Vater und Inhaber des Betriebes das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis
zum 31.03.2012 aufgrund Geschäftsaufgabe gekündigt hatte (Schreiben vom 31.08.2011), meldete sich der Kläger am 08.09.2011
bei der Beklagten erstmals arbeitsuchend und gab als voraussichtlichen Eintritt der Arbeitslosigkeit den 01.04.2012 an.
Am 13.10.2011 schlossen der Kläger und die Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung, wonach die Beklagte dem Kläger bei der
"Einmündung in die Selbständigkeit" unterstützen sollte. Im Rahmen des am gleichen Tage erfolgten Beratungsgesprächs gab der
Kläger an, den Betrieb seiner Eltern übernehmen zu wollen und informierte sich über einen Gründungszuschuss. Am 07.12.2011
wurde dem Kläger der Antrag auf Gründungszuschuss ausgehändigt, der der Beklagten am gleichen Tag mitteilte, dass die Selbständigkeit
voraussichtlich im April 2012 beginne werde. Nach weiteren Gesprächen über die beabsichtigte Selbstständigkeit meldete sich
der Kläger am 14.02.2012 arbeitslos zum 01.04.2012. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 09.03.2012 Arbeitslosengeld
ab dem 01.04.2012 bei einem tägl. Leistungssatz von 53,22 EUR (= 1.596,60 EUR mtl.), welches der Kläger in der Zeit von Sonntag,
den 01.04.2012 bis 02.04.2012 tatsächlich bezog (s. Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 05.04.2012 m.W.v. 03.04.2012). Am
03.04.2012 - auch der Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung - übernahm er als Selbständiger den Betrieb seines Vaters.
Bereits am 15.03.2012 beantragte der Kläger die Bewilligung eines Gründungszuschusses für die selbständige hauptberufliche
Tätigkeit als Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister ab dem 03.04.2012 im Wege der Übernahme des elterlichen Betriebes. Hierzu
legte er eine Stellungnahme der Dipl.-Betriebswirtin X vom 19.03.2012 sowie einen von dem Dipl.-Kaufmann U erstellten Businessplan
vor. Darin bestätigte Frau X zunächst, dass es sich um eine tragfähige Existenzgründung handele. In den ersten drei Jahren
seien Erlöse zwischen 162.145,00 EUR bis 189.126,00 EUR sowie Überschüsse zwischen 65.000 EUR und 76.861 EUR zu erwarten.
Herr U bestätigte ein geplantes Investitionsvermögen von 98.000 EUR und gab an, entsprechende KfW-Kredite, die im ersten Jahr
tilgungsfrei sind, seien in Aussicht. Gleichzeitig ging er von einem Betriebsergebnis nach Steuern von 58.054 EUR im 1. Planjahr
aus.
Mit Bescheid vom 10.04.2012 lehnte die Beklagte die Bewilligung des beantragten Gründungszuschusses ab. Es bestehe ein Vermittlungsvorrang,
da zum Zeitpunkt des Beginns der Arbeitslosigkeit 49 freie Stellen im Bereich Heizungsbauermeister gemeldet gewesen sein.
Außerdem liege Eigenleistungsfähigkeit vor, da aufgrund der laufenden Betriebseinnahmen des bereits seit 1976 bestehenden
elterlichen Unternehmens ein entsprechendes Einkommen sichergestellt sei.
Dagegen legte der Kläger am 11.05.2012 Widerspruch ein und machte geltend, die grundsätzlichen Voraussetzungen für die beantragte
Leistung lägen vor. Das Argument des Vermittlungsvorgangs sei unsinnig, denn der Gründungszuschuss sei als politisches Instrument
gerade dafür geschaffen worden, um Menschen die Selbstständigkeit zu ermöglichen. Auch liege bei ihm keine ein entsprechendes
Einkommen sichernde Eigenleistungsfähigkeit vor, insbesondere weil er ein Darlehen bei der KfW aufgenommen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 als unbegründet zurück. Ein Anspruch auf den Gründungszuschuss
sei schon deshalb nicht gegeben, weil es an der von dem Gesetzgeber vorausgesetzten Kausalität zwischen der Aufnahme der selbstständigen
Tätigkeit und der Beendigung der Arbeitslosigkeit fehle. Der Kläger habe die selbständige Tätigkeit offiziell am 03.04.2012
aufgenommen, nachdem das Arbeitsverhältnis im elterlichen Betrieb zum 31.03.2012 gekündigt worden sei. Arbeitslosigkeit sei
also allenfalls im juristischen Sinne eingetreten, aber nicht faktisch, weil der 01.04.2012 ohnehin ein Sonntag gewesen sei
und eine theoretische Arbeitsaufnahme als Arbeitnehmer nur für den 02.04.2012 in Frage gekommen wäre. Aus der Gesamtschau
ergebe sich, dass der Kläger von vornherein die Selbstständigkeit geplant habe. Dies folge auch aus seinem mit dem elterlichen
Betrieb verknüpften beruflichen Werdegang, der, wie von ihm von vornherein geplant, in die Übernahme dieses Unternehmens gemündet
sei. Auch wenn eine Betriebsübernahme eine Existenzgründung darstellen könne, sei dies im vorliegenden Fall zu verneinen.
Wie auch aus der Außendarstellung des Unternehmens deutlich werde, ziele die Übernahme des seit 1976 bestehenden, elterlichen
Betriebes sowohl auf die wirtschaftliche, als auch (wegen der Wohn- und Arbeitssituation) räumliche Kontinuität. Auch die
vom Kläger angegebenen Erlöse und Überschüsse bewegten sich deutlich über dem Ansatz, der bei einer tatsächlichen Existenzgründung
erzielt würde. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger somit auf einen bestehenden funktionierenden Betrieb mit einem entsprechenden
Kundenstamm zurückgreifen könne und des Weiteren Gewinne erzielt würden, die über das übliche Maß einer Neugründung hinausgingen,
sei festzustellen, dass keine Existenzgründung vorliege. Doch selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen käme
die Gewährung eines Gründungszuschusses im Rahmen der Ausübung von Ermessen nicht infrage. Denn bei dem Kläger greife der
in §
4 SGB III niedergelegte Vorrang der Vermittlung ein, weil aufgrund seiner Qualifikation und Berufserfahrung sowie der Tatsache, dass
im Zeitpunkt der Prüfung seines Antrages 49 Stellen für den Bereich des Heizungsbauermeisters im Umkreis von 50 km von C gemeldet
gewesen seien, dessen Eingliederung in Arbeit voraussichtlich in relativ kurzer Zeit erfolgt wäre. Aber auch unter dem Aspekt
der wirtschaftlichen Notwendigkeit unter dem Gesichtspunkt der Bedürftigkeit käme hier eine Förderung nicht infrage. Der Kläger
erwarte aus seiner selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2012 bis 2014 Überschüsse zwischen 65.000 EUR und 76.871 EUR. Der
Gründungszuschuss hätte nach §
94 Abs.
1 und
2 SGB III insgesamt ca. 14.080 EUR (für längstens 15 Monate) betragen. Damit sei der dem Kläger zur Verfügung stehende Betrag wesentlich
höher als der Gründungszuschuss, so dass er den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung
selbst sicherstellen könne.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 02.07.2012 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage gewandt. Er hat geltend
gemacht, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Leistungsgewährung vorlägen. Aus diesem Grunde sei die Beklagte zumindest
verpflichtet gewesen, ihr Ermessen ordnungsgemäß auszuüben, was sie jedoch nicht getan habe. Ein von der Beklagten reklamierter
Vorrang der Vermittlung bestehe nicht, da mit dem Gründungszuschuss gerade eine höhere Selbständigenquote erreicht werden
solle.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.04.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, ihm eine neue Entscheidung unter Ausübung von Ermessen zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid wiederholt und vertieft.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 11.02.2014 unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verpflichtet, "dem
Kläger über den Antrag auf Gründungszuschuss vom 15.03.2012 unter Ausübung von Ermessen einen neuen Bescheid zu erteilen".
Zur Begründung hat es im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Die zulässige Klage sei begründet. Die angegriffene Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft und verletze den Kläger
in seinem Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses
nach §
93 SGB III seien erfüllt. Die Kammer habe allerdings Zweifel daran, dass insbesondere Verfügbarkeit des Klägers vorgelegen habe. Denn
er habe bereits im Zusammenhang mit seiner Arbeitssuchendmeldung vom 08.09.2011 sowie der Eingliederungsvereinbarung vom 13.10.2011
zu erkennen gegeben, den väterlichen Betrieb übernehmen zu wollen. Dies bedeute jedoch nicht zwingend, dass er nicht auch
anderen Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte, wenn diese ihm eine oder mehrere der von ihr behaupteten
offenen Stellen im Berufsbereich des Klägers vorgeschlagen hätte. Es handele sich hier um eine innere Tatsache, die im Nachhinein
durch das Gericht nicht mit Sicherheit mehr aufzuklären sei. Wäre der Kläger tatsächlich nicht bereit gewesen, entsprechenden
Vermittlungsvorschlägen der Beklagten zu folgen, wäre es für sie ein Leichtes gewesen, durch konkrete Vermittlungsbemühungen
die Verfügbarkeit zu überprüfen. Auch habe die Beklagte selbst offensichtlich keine Zweifel an dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen
für Arbeitslosengeld gehabt, da sie es ihm für die Zeit ab dem 01.04.2012 bewilligt habe. Nach alledem wäre die Beklagte verpflichtet
gewesen, im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens Erwägungen anzustellen, ob dem Kläger die beantragte Leistung zu bewilligen
sei oder nicht. Gerade diese Pflicht zu Ermessensausübung habe die Beklagte in den angegriffenen Bescheiden sowie im Rahmen
ihrer Klageerwiderung verneint. Es sei auch nicht ersichtlich, dass auch im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens keine andere Entscheidung
als die ablehnende möglich gewesen wäre. So habe sich die Beklagte in keiner Weise damit auseinandergesetzt, dass nach den
vorgelegten Stellungnahmen der fachkundigen Stellen allein die durch Kredite zu finanzierenden Investitionen für die Aufnahme
der selbständigen Tätigkeit den zu erwartenden Überschuss im ersten Jahr um mehr als 50 % übersteigen sollten.
Gegen dieses ihr am 26.02.2014 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 24.03.2014 eingelegten Berufung, die
sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ermessensentscheidung über die Gewährung eines Gründungszuschusses im Sinne des §
93 SGB III lägen nicht vor. Insbesondere habe der Kläger nicht durch die Aufnahme der Tätigkeit im eigenen Unternehmen am 03.04.2012
seine Arbeitslosigkeit beendet. Er sei nicht arbeitslos gewesen. Zwar habe er für die Tage vom 01.04.2012 bis 02.04.2012 keine
Beschäftigung im elterlichen Betrieb mehr gehabt, weil das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis mit dem 31.03.2012 beendet
gewesen sei. Der Kläger sei jedoch an diesen beiden Tagen entgegen auch der eigenen Annahme der Beklagten hinsichtlich der
Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht verfügbar gewesen. Er habe ungeachtet der Tatsache, dass dem Kläger keine Stellenangebote
unterbreitet worden seien, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden. Der Kläger habe von Anfang an deutlich gemacht,
dass er die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im elterlichen Installateurbetrieb beabsichtige. Auch gehe dieses Ziel
der selbstständigen Tätigkeit sowohl aus der Eingliederungsvereinbarung vom 13.10.2011 als auch dem Beratungsvermerk vom 13.10.2011
hervor. Auch seien die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und die Planung des Klägers, Anfang April 2012 den Betrieb zu übernehmen,
aufeinander abgestimmt gewesen. Damit erscheine die Arbeitslosmeldung am 14.02.2012 für den 01.04 und 02.04.2012 als rein
formaler Akt. Es sei nicht plausibel, dass der Kläger bereit gewesen wäre, am Montag, den 02.04.2012 für einen Tag eine anderweitige
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, nachdem er bereits seit seiner Arbeitslosmeldung bzw. dem Erstgespräch
bei der Beklagten am 13.10.2011 beinahe ein halbes Jahr auf die Übernahme des elterlichen Betriebes hingearbeitet habe. Für
den Kläger, aber auch den elterlichen Betrieb wäre es ausschließlich mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen, wenn
er zu Gunsten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber die Tätigkeit in dem Familienbetrieb
unterbrochen hätte. Dieser Betrieb sei gut eingeführt, habe einen festen Kundenstamm, genieße einen guten Ruf und einen hohen
Bekanntheitsgrad und werde auch von der Familie insgesamt mitgetragen. Dass die Beklagte trotz dieser Sachlage Arbeitslosengeld
für den 01.04. und 02.04.2012 bewilligt habe, ändere nichts daran, dass der Kläger nicht verfügbar gewesen sei. Jedenfalls
fehle es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und der Beendigung der Arbeitslosigkeit.
Im Übrigen bleibe es auch dann bei der Ablehnung, wenn Ermessen eröffnet wäre. Denn die angegriffenen Bescheide enthielten
Ermessenserwägungen, die die ablehnende Entscheidung trügen. Dies gelte zum einen für den Vermittlungsvorrang, weil zum Zeitpunkt
der Entscheidung 49 Stellenangebote zur Verfügung gestanden hätten, so dass eine günstige Prognose für eine Vermittlung des
Klägers in eine versicherungspflichtige Beschäftigung in absehbarer Zeit zu stellen gewesen wäre. Zum andere habe sie ihre
Entscheidung rechtmäßig auf den Gesichtspunkt der Eigenleistungsfähigkeit gestützt. Um einen solchen Ausnahmefall besonderer
Tragfähigkeit des Unternehmens handele es sich hier. Denn der Kläger habe den gut eingeführten und florierenden Betrieb der
Eltern übernommen. Dieser habe vor der Übernahme durch den Kläger offenbar so ausreichend erbracht, dass sowohl die Eltern
als auch die Familie des Klägers davon hätten leben können. Es sei auch unter Berücksichtigung des von dem Kläger vorgelegten
Geschäftskonzepts nicht nachvollziehbar, dass dies nach der Übernahme durch den Kläger anders sei. Der Kläger habe die Tätigkeit
in dem Betrieb nahtlos weiterführen können und - etwa anders als bei einem Wechsel zu einem fremden neuen Inhaber - nicht
befürchten müssen, dass er Kunden verlieren würde, weil diese dem neuen Inhaber nicht vertrauten. Der Einwand des Sozialgerichts
im Hinblick auf die Kreditaufnahme des Klägers könne bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil der Gründungszuschuss
nicht dazu dienen solle, Kreditaufnahmen zu finanzieren. Vielmehr solle mit diesem der Lebensunterhalt gesichert und die soziale
Absicherung ermöglicht werden. Ferner wiesen die vom Kläger in seinem Geschäftskonzept vorgelegten Zahlen, insbesondere für
das erste Jahr der Selbstständigkeit, in eine andere Richtung. Sowohl das prognostizierte Betriebsergebnis im ersten Jahr
nach Steuern von im mittleren Wert 58.054 EUR als auch die Tatsache, dass auf die KfW-Darlehenssumme von 98.000 EUR im ersten
Jahr nur Zinsen i.H.v. 314 EUR monatlich und keine Tilgung zu leisten gewesen sei, verdeutliche, dass der Lebensunterhalt
des Klägers einschließlich der sozialen Absicherung auf der Grundlage des Betriebsergebnisses innerhalb der Anlaufphase von
sechs Monaten gedeckt gewesen sein dürfte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.02.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des Sozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten
Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte und auch fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen hat
Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungs(bescheidungs)klage
zu Unrecht stattgegeben, weil sie unbegründet ist. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 10.04.2012 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages auf Gewährung eines Gründungszuschusses vom 15.03.2012
für seine am 03.04.2012 aufgenommene selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit als Heizungsbauermeister.
1.) Nach §
93 Abs.
1 SGB III in der ab dem 01.04.2012 gültigen und auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung - der Kläger hat seine selbständige Tätigkeit
am 03.04.2012 aufgenommen (vgl. §
422 Abs.
1 Nr.
3 SGB III), und die speziellen, lediglich die Beantragung einer Verlängerung eines bereits unter der Geltung des §
58 Abs.
2 SGB III a.F. (bis 27.12.2011) bewilligten Gründungszuschusses betreffenden Übergangsregelungen der §§ 434x Abs. 1
SGB III a.F., 132
SGB III finden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung - können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen,
hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in
der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein Gründungszuschuss kann nach §
93 Abs.
2 Satz 1
SGB III geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer (1.) bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch
auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht
allein auf §
147 Abs.
3 SGB III beruht, (2.) der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und (3.) ihre oder seine Kenntnisse
und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt. Nach §
93 Abs.
2 Satz 2
SGB III ist zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle
vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern,
Fachverbände und Kreditinstitute.
a) Der Kläger hat bereits die ermessenseröffnenden, tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses
nach §
93 Abs.
1 und
2 SGB III nicht erfüllt. Denn er hat durch die Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit zum 03.04.2012 nicht im Sinne des §
93 Abs.
1 SGB III seine Arbeitslosigkeit beendet.
Die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Beendigung von Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit
setzt voraus, dass mindestens an einem Tag im Rahmen der Arbeitslosigkeit Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt gegeben war,
mithin die Bereitschaft bestand, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. Senat, Beschl. v. 16.04.2014
- L 9 AL 297/13 -, [...] Rn. 37; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.05.2014 - L 18 AL 236/13 -, [...] Rn. 18; Hassel, in: Brand,
SGB III, 7. Aufl. 2015, §
93 Rn. 9). Hieran fehlt es bei dem Kläger. Denn er war zu keinem Zeitpunkt arbeitslos i.S.d. §§
137 Abs.
1 Nr.
1,
138 SGB III, weil er durchgehend bis zum Ablauf des 02.04.2012 nicht i.S. von §
138 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
5 Nr.
3 SGB III subjektiv verfügbar war. Obwohl sich der Kläger nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses im elterlichen Betrieb
am 31.03.2012 zum 01.04.2012 arbeitslos gemeldet und die Beklagte ihm auch Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2012 bewilligt und
die Bewilligung erst ab dem 03.04.2012 aufgehoben hat, ist der Senat unter Würdigung der aktenkundigen Unterlagen sowie des
klägerischen Vorbringens davon überzeugt, dass der Kläger weder am 01.04.2012 noch am 02.04.2012 bereit war, eine nach Maßgabe
der §§
138 Abs.
5 Nr.
1,
140 SGB III zumutbare versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen.
Aus den aktenkundigen Unterlagen, insbesondere den Verbis-Vermerken der Beklagten über persönliche und telefonische Kontakte
mit dem Kläger ergibt sich, dass er bereits Mitte Oktober 2011 und damit weit vor seiner Arbeitslosmeldung zum 01.04.2012
entschlossen war, den Betrieb seines Vaters, der sich zur Ruhe setzen wollte, als selbstständiger Installations- und Heizungsbauermeister
fortzuführen. Denn er hat im Beratungserstgespräch am 13.10.2011 angegeben, den Betrieb seiner Eltern übernehmen und sich
dann selbstständig machen zu wollen und sich bereits nach einer Förderung durch Gründungszuschuss erkundigt. Dementsprechend
haben der Kläger und die Beklagte am gleichen Tag eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, die lediglich das Ziel einer
Einmündung in die Selbstständigkeit zum Inhalt hatte. Mithin hat die Beklagte insoweit konsequent darauf verzichtet, dem Kläger
schon vor Eintritt einer etwaigen Arbeitslosigkeit Vermittlungsvorschläge in Richtung auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung
in seinem Beruf zu unterbreiten, weil er, wie die Beklagte zutreffend geltend macht, auf die Selbstständigkeit im Wege der
Übernahme des elterlichen Betriebes "hingearbeitet" hat. Darauf lässt auch der weitere Geschehensablauf ohne Weiteres schließen.
Dem Kläger wurde am 07.12.2011 der Antrag auf Gewährung des Gründungszuschusses ausgehändigt, und er teilte der Beklagten
über seine Ehefrau am gleichen Tage telefonisch mit, dass die Selbstständigkeit voraussichtlich erst im April 2012 angetreten
werden könne. Dass der Kläger in dieser Zeit und damit bereits vor der Arbeitslosmeldung die Übernahme des elterlichen Betriebes
systematisch vorbereitet hat, zeigt sich auch daran, dass er, wie er selbst im Schriftsatz vom 07.08.2012 dargelegt hat, den
Handwerksbetrieb seines Vaters gekauft und hierfür ein Darlehen von knapp 100.000 EUR aufgenommen hat. Eine solche planvolle
Vorgehensweise verträgt sich schlechterdings nicht mit einer auch nur kurzzeitigen subjektiven Verfügbarkeit des Klägers auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im elterlichen Betrieb. Auch der von dem Kläger
vorgelegte Businessplan des Herrn U fügt sich nahtlos in dieses Bild ein. So beruhte die Beurteilung des Existenzgründungsvorhabens
des Klägers ausweislich Punkt 1.1.1 des Businessplans u.a. auf einer in der Zeit vom 10.03.2012 bis 31.03.2012 durchgeführten
Beratung. In dieser Zeit hat der Kläger ausweislich der Ausführungen von Herrn U bereits diejenige selbstständige Tätigkeit
ausgeübt, die Gegenstand des beantragten Gründungszuschusses sein soll. Auch dies zeigt, dass an der Entschlossenheit des
Klägers, ausschließlich den elterlichen Betrieb zu übernehmen, auch für die Zeit nach dem 31.03.2012 keinerlei Zweifel bestehen.
Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass sowohl der Kläger als auch der väterliche Handwerksbetrieb
wirtschaftliche Nachteile zu gewärtigen gehabt hätten, wenn der Kläger auch nur tageweise seine Arbeitskraft auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt angeboten hätte. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Kläger, beginnend mit seiner Ausbildung im väterlichen
Betrieb, über ein Vierteljahrhundert in diesem beschäftigt war und davon auszugehen ist, dass er von vornherein für die Nachfolge
seines Vaters "auserkoren" war. Der Meisterbetrieb genießt in C einen guten Ruf und hohen Bekanntheitsgrad, betreut einen
festen Kundenstamm mit rund 700 Heizungsanlagen und zeichnet sich insbesondere durch Kundendiensteinsätze auch am Wochenende
und an Sonn- und Feiertagen aus. Gleichzeitig bietet die Firma einen Notfallservice an, was eine telefonische Erreichbarkeit
an 24 Stunden am Tag bedeutet (s. P.1.6.3 des Businessplans). Der Kläger hat es unwidersprochen gelassen, dass er bei diesen
Tätigkeiten im Kleinbetrieb seines Vaters eine bedeutsame, wenn nicht gar zentrale Rolle eingenommen hat, die es ihm im Interesse
der Unternehmenskontinuität ermöglicht, das Unternehmen so fortzuführen, wie es die Kunden erwarten und schätzen. Hiermit
würde sich jedoch nicht vereinbaren lassen, wäre der Kläger gerade am 01.04.2012 und 02.04.2012 und damit in der "heißen Phase"
unmittelbar vor der eigentlichen Unternehmensübernahme für den Betrieb nicht verfügbar gewesen, sondern hätte sich ausgerechnet
zu dieser Zeit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Dies anzunehmen ist absolut lebensfremd. Nach
alledem handelte es sich bei der Arbeitslosmeldung des Klägers am 14.02.2012 für den 01.04.2012 (Sonntag!) und 02.04.2012
lediglich um einen formalen Akt, weil der Kläger am Montag, den 02.04.2012 nicht bereit gewesen ist, eine anderweitige sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung aufzunehmen. Hinsichtlich des 01.04.2012 wusste der Kläger, dass es sich um einen Sonntag handelte und die Beklagte
deshalb keinerlei Vermittlungsbemühungen hätte vornehmen können. Damit war auch ihm klar, dass eine mit der Arbeitslosmeldung
erklärte Bereitschaft zur Beschäftigungsaufnahme an diesem Tag keinerlei Folgen nach sich ziehen würde (s. Senat, Beschl.
v. 16.04.2014 - L 9 AL 297/13 -, [...] Rn. 38).
Der Verneinung subjektiver Verfügbarkeit und damit des nach §
93 Abs.
1 SGB III anspruchsbegründenden Merkmals der Beendigung von Arbeitslosigkeit steht auch nicht entgegen, dass dem Kläger von der Beklagten
mit (insoweit bestandskräftigem) Bescheid vom 09.03.2012 Arbeitslosengeld für den 01.04.2012 und 02.04.2012 bewilligt worden
ist. Denn dieser Bescheid entfaltet für die Gewährung eines Gründungszuschusses im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der
Beendigung von Arbeitslosigkeit keine Tatbestandswirkung (so wohl auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.05.2014 - L 18 AL 236/13 -, [...] Rn. 18; krit. jurisPK-SGB III/Kuhnke, § 93 Rn. 20.2). Hierbei ist in systematischer Hinsicht zu beachten, dass ein
konkreter Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage
beträgt, nach §
93 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB III eine selbstständige Voraussetzung für einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich der Gewährung des
Gründungszuschusses darstellt. Hat die Bundesagentur über einen solchen Anspruch bestandskräftig entschieden und liegt ein
entsprechender (tatsächlicher) Leistungsbezug vor, ist von einer Tatbestands- bzw. Bindungswirkung eines solchen Bescheides
im Hinblick auf die Voraussetzung des §
93 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB III auszugehen (so auch BSG, Beschl. v. 23.10.2014 - B 11 AL 52/14 B -, [...] Rn. 6 ff., wonach eine rechtskräftige Entscheidung des Sozialgerichts im Verfahren betreffend die Ablehnung einer
Bewilligung von Arbeitslosengeld eine materielle Rechtskraftwirkung im Hinblick auf das (Nicht-)Bestehen eines Anspruchs auf
Entgeltersatzleistungen als wesentliche Voraussetzung für den Anspruch auf Gründungszuschuss nach §
57 Abs.
2 Nr.
1 lit. a
SGB III a.F. entfaltet). Das Merkmal der "Beendigung von Arbeitslosigkeit" nach §
93 Abs.
1 SGB III ist aber etwas anderes als die Voraussetzung des Vorliegens eines Restanspruchs auf Arbeitslosengeld. Mit ihm dokumentiert
der Gesetzgeber, dass die Bundesagentur nicht jede selbstständige Tätigkeit mit einem Gründungszuschuss fördern soll, sondern
nur diejenige, die aus der Arbeitslosigkeit führt und damit auf diesem Wege eine "echte" (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben
ermöglicht. Der hier zu entscheidende Fall ist jedoch das typische Beispiel für einen Mitnahmeeffekt, der sich außerhalb des
Sinn und Zwecks der Gewährung des Gründungszuschusses bewegt und nicht deshalb zu einer Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzung
der "Beendigung von Arbeitslosigkeit" führen kann, weil ein insoweit bestandskräftiger Bewilligungsbescheid betreffend Arbeitslosengeld
für den maßgeblichen Zeitraum vorliegt.
b) Unabhängig davon erweist sich selbst bei Annahme einer Beendigung der Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme der selbstständigen
Tätigkeit die ablehnende Entscheidung der Beklagten auch deshalb als rechtmäßig, weil sie das ihr nach §
93 Abs.
1 SGB III zustehende Ermessen zumindest im Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 rechtmäßig ausgeübt hat, indem sie in einer die Entscheidung
eigenständig tragenden Weise von einer die Gewährung des Gründungszuschusses ausschließenden Eigenleistungsfähigkeit des Klägers
ausgegangen ist.
Aus §
39 Abs.
1 Satz 1
SGB I und §
54 Abs.
2 Satz 2
SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung
auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene
Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch)
entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen z.T. nicht einheitlich sind (vgl. insoweit
BSG, Urt. v. 18.03.2008 - B 2 U 1/07 R -, [...] Rn. 16). Keiner dieser Ermessensfehler liegt hier vor.
Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall liegt entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts nicht vor. Zwar ist die
Beklagte - zutreffend (s.o.) - bereits vom Nichtvorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des §
93 SGB III ausgegangen. Sie hat aber jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 erkannt, dass sie Ermessen auszuüben hat und
ihr Ermessen ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheides tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften
Erwägungen begnügt.
Ebenso wenig liegt eine Ermessensunter- oder -überschreitung vor. Die Beklagte hat keine Rechtsfolge gesetzt, die im Gesetz
nicht vorgesehen ist. Sie war sich auch dessen bewusst, dass sie bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen den Gründungszuschuss
hätte bewilligen können und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt.
Der Beklagten kann auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden (siehe zum Ermessensfehlgebrauch BSG, Urt. v. 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R -, [...] Rn. 15). Denn sie hat ihre ablehnende Entscheidung auch insoweit entscheidungstragend auf den Gesichtspunkt der
Eigenleistungsfähigkeit des Klägers gestützt. Dies ist im vorliegenden Fall zulässig. Das Bestehen eigener Leistungsfähigkeit
(wegen einer besonderen Tragfähigkeit des Unternehmens) kann die Ablehnung eines Gründungszuschusses im Wege der Ermessensentscheidung
rechtfertigen. Er berücksichtigt den Zweck der Vorschrift des §
93 SGB III, nämlich die Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung. Damit wird mit dem Ermessensgesichtspunkt der eigenen
Leistungsfähigkeit in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise jedenfalls dann Gebrauch gemacht, wenn (ausnahmsweise)
konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die geplante selbstständige Tätigkeit bereits in der Anlaufphase der ersten sechs
Monate so erfolgreich sein wird, dass der Existenzgründer seinen Lebensunterhalt selbst erwirtschaften und damit auch seine
soziale Absicherung vornehmen kann. In einem solchen Fall ist die Förderung mit dem Gründungszuschuss nicht gerechtfertigt,
da der eigentliche Sicherungszweck dieser Leistung verfehlt würde (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.2014 - L 8 AL 1515/13 -, [...] Rn. 35; SächsLSG, Urt. v. 10.04.2014 - L 3 AL 141/12 -, [...] Rn. 36; vgl. auch BayLSG, Urt. v. 29.01.2015 - L 9 AL 303/11 -, [...] Rn. 45).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, dass der Kläger nach der Stellungnahme
der Dipl.-Betriebswirtin X vom 19.03.2012 aus seiner selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2012 bis 2014 Überschüsse zwischen
65.000 EUR und 76.861 EUR erwartete. Dagegen hätte der Gründungszuschuss nach §
94 Abs.
1 und
2 SGB III insgesamt ca. 14.080 EUR (für längstens 15 Monate) betragen. Da der dem Kläger prognostisch zur Verfügung stehende Betrag
somit wesentlich höher als der Gründungszuschuss gewesen wäre, kann bzw. konnte er den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung
in der Zeit nach der Existenzgründung aus den hieraus erwachsenden Einkünften selbst sicherstellen. Auch der von Dipl.-Kfm.
U für den Kläger erstellte Businessplan bestätigt diese Auffassung. Ausweislich dessen Punkt 6.9. rechnete er mit einem Betriebsergebnis
nach Steuern von im mittleren Wert 58.054 EUR für das 1. Planjahr. Hieraus ergeben sich umgerechnet monatliche Einkünfte von
4.837,83 EUR und damit mehr als das monatliche Bruttoeinkommen von 3.467,49 EUR, welches aus seiner vorherigen abhängigen
Beschäftigung im elterlichen Betrieb resultierte. Maßgeblich ist auch, dass der Gründungszuschuss nach §
94 Abs.
1 SGB III in den ersten sechs Monaten jeweils 1.896,60 EUR (1.596,60 EUR Arbeitslosengeld zzgl. 300 EUR für die soziale Absicherung)
betragen und damit weit hinter den prognostizierten monatlichen Einkünften des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit
zurückgelegen hätte. Hiergegen kann der Kläger auch nicht einwenden, dass er für die Übernahme bzw. den Kauf des elterlichen
Betriebes ein KfW-Darlehen i.H.v. 98.000 EUR aufgenommen und seine Erträge somit im Wesentlichen fremdfinanziert hätte. Zwar
trifft es zu, dass Vermögensmittel oder Einkünfte, die nicht aus der streitgegenständlichen selbständigen Tätigkeit resultieren,
für die Prüfung der Eigenleistungsfähigkeit nicht heranzuziehen sind. Es wäre daher ermessensfehlerhaft, wenn die vom Kläger
erst durch die Aufnahme eines Kredits geschaffene Eigenleistungsfähigkeit zur Ablehnung des Förderantrags herangezogen würde
(SG München, Urt. v. 12.03.2013 - S 35 AL 753/12 -, [...] Rn. 44). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Wie die Beklagte unter Bezugnahme auf Punkt 1.10.3 des Businessplans
zutreffend ausgeführt hat, entfiel im ersten Jahr der Auszahlung des KfW-Kredits eine Pflicht zur Tilgung vollständig und
waren nur jährliche Zinsen in Höhe von insgesamt 3.773 EUR zu leisten, so dass die monatliche Zinsbelastung lediglich 314
EUR betrug. Damit vermag bzw. vermochte dieser Kredit die aus den Einkünften der selbstständigen Tätigkeit selbst resultierende
Eigenleistungsfähigkeit in den maßgeblichen ersten sechs Monaten (s.o.) nicht ernsthaft zu schmälern und führt bzw. führte
nicht erst Eigenleistungsfähigkeit des Klägers herbei.
2.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
3.) Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG) bestehen nicht.