Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung streitig.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens begehrte höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII. Insbesondere seien von ihrem Renteneinkommen die Beiträge zur Kfz-Versicherung abzusetzen. Zeitgleich waren drei weitere
Verfahren anhängig, die einen anderen Bewilligungszeitraum bzw. Änderungsbescheide betrafen (S 11 SO 168/17, S 11 SO 106/18
und S 11 SO 118/18). Der Klägerin wurde mit Beschluss vom 01.10.2018 Prozesskostenhilfe bewilligt und der Prozessbevollmächtigte
beigeordnet. Dieser trat seine Vergütungsforderungen aus seiner anwaltlichen Tätigkeit am 14.03.2018 an die Q GmbH ab. Am
18.06.2019 fand ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt, in dem alle Verfahren gemeinsam erörtert wurden. In den Verfahren
S 11 SO 106/18 und S 11 SO 118/18 nahm die Klägerin ihre Klagen und die PKH-Anträge zurück. Zur Erledigung des vorliegenden
und des Verfahrens S 11 SO 168/17 wurde ein gemeinsamer Vergleich geschlossen. Der Termin dauerte insgesamt eine Stunde.
Der Prozessbevollmächtigte beantragte am 27.06.2019 die Festsetzung der Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse iHv 746,37
€. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:
Verfahrensgebühr 3102 VV RVG
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300,00 €
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Terminsgebühr 3106 VVG RVG
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280,00 €
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Einigungsgebühr 1006 VV RVG
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300,00 €
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Auslagenpauschale 7002 VV RVG
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20,00 €
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Fahrtkosten 7003 VV RVG
|
22,20 €
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Abwesenheitsgeld 7005 VV RVG
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25,00 €
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Umsatzsteuer 7008 VV RVG
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179,97 €
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abzgl. Vorschuss
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- 380,80 €
|
Gesamt
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746,37 €
|
Die Q GmbH stellte am 27.06.2019 einen Betrag in gleicher Höhe in Rechnung.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die Vergütung des Prozessbevollmächtigten (Q) am 31.07.2019 auf 401,27 € fest.
Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:
Verfahrensgebühr 3102 VV RVG
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300,00 €
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Terminsgebühr 3106 VVG RVG
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140,00 €
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Einigungsgebühr 1006 VV RVG
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150,00 €
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Auslagenpauschale 7002 VV RVG
|
20,00 €
|
Fahrtkosten 7003 VV RVG
|
22,20 €
|
Abwesenheitsgeld 7005 VV RVG
|
25,00 €
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Umsatzsteuer 7008 VV RVG
|
124,87 €
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abzgl. Vorschuss
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- 380,80 €
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Gesamt
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401,27 €
|
Da gleichzeitig vier Verfahren verhandelt worden seien, sei die Terminsgebühr nur in Höhe der hälftigen Mittelgebühr von 140,00
€ entstanden. Zur Erledigung von zwei Verfahren sei ein Gesamtvergleich geschlossen worden, so dass eine einheitliche Einigungsgebühr
iHv 300,00 € entstanden sei. Diese werde auf beide Verfahren hälftig aufgeteilt. Zur Begründung hat der Urkundsbeamte u.a.
diesbezüglich auf einen Beschluss des LSG NRW vom 06.10.2016 - L 19 AS 46/16 B verwiesen.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte am 09.10.2019 Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, die Terminsgebühr dürfe nicht
gekürzt werden, wenn ein Vergleich geschlossen wurde. Der Vergleich solle gerade die Terminsdauer reduzieren und könne somit
nicht gebührenmindernd berücksichtigt werden. Entgegen der vom Gericht vertretenen Auffassung sei auch für jedes Verfahren
gesondert die Vergleichsgebühr festzusetzen. Die gemeinsame Protokollierung ändere nichts daran, dass es sich um einzelne
Vergleiche handele.
Mit Beschluss vom 30.11.2020 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Die Gebühren seien rechtmäßig festgesetzt
worden. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten am 10.12.2020 zugestellt worden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 23.12.2020 eingegangene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten, mit der er weiterhin
eine Terminsgebühr iHv 280 und eine Einigungsgebühr iHv 300 € geltend macht.
II.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ist statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 € und die Zwei-Wochen-Frist
des § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist gewahrt.
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte seine Vergütungsforderung an die Q GmbH
abgetreten hat. Zwar fehlt grundsätzlich die Beschwerdebefugnis, wenn ein beigeordneter Rechtsanwalt seine Vergütungsforderung
gegenüber der Landeskasse an eine private Abrechnungsgesellschaft abgetreten hat (h.M., vgl. nur Beschluss des Senates vom
03.03.2016 - L 9 SO 462/14 B). Im vorliegenden Verfahren ist jedoch aus den Umständen des Festsetzungsverfahrens der Schluss
gerechtfertigt, dass der Bevollmächtigte befugt ist, das fremde Recht der Q GmbH im eigenen Namen geltend zu machen. Die Ermächtigung
des Klägers zur Prozessführung im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft kann auch konkludent erteilt werden (BGH Urteil
vom 03.07.2002 - XII ZR 234/99). So liegt der Fall hier, denn die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen in dem Beschluss
des Sozialgerichts gegenüber dem Prozessbevollmächtigten ist offensichtlich mit dem Einverständnis der Q GmbH erfolgt. Schutzwürdige
Interessen der Staatskasse stehen dem nicht entgegen.
2. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Im Hinblick auf die Terminsgebühr ist sie unbegründet (dazu unter a.), im Hinblick
auf die Einigungsgebühr ist sie begründet (dazu unter b.).
a. Die Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG, ist zutreffend auf 140 € festgesetzt worden.
Der sich aus Nr. 3106 VV RVG ergebende Rahmen der Terminsgebühr beträgt 50 € bis 510 €. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Beschwerdeführer als beigeordneter
Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und
der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers und seines besonderen
Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG). Die von einem beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach § 55 RVG getroffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Deshalb sind der Urkundsbeamte bzw. das Gericht verpflichtet, die Billigkeit der Gebührenbestimmung zu prüfen. Bei Angemessenheit
der angesetzten Gebühr haben der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht den Kostenansatz zu übernehmen, bei Unbilligkeit
die Höhe der Betragsrahmengebühr festzusetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit der angesetzten Gebühr billigt
die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu, wenn es sich nicht um einen Durchschnitts-/Normalfall
handelt (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R).
Der Ansatz der Terminsgebühr durch den Beschwerdeführer iHv 280 € (Mittelgebühr) entspricht vorliegend nicht billigem Ermessen.
Werden ohne förmlichen Verbindungsbeschluss mehrere Verfahren zur Verhandlung bzw. Erörterung aufgerufen und verhandelt, fallen
in jeder Streitsache gesonderte Terminsgebühren an, vorliegend also vier Terminsgebühren. Für die Bestimmung der Höhe der
Terminsgebühren ist der jeweils auf das einzelne Verfahren entfallende - insbesondere zeitliche - Aufwand der anwaltlichen
Tätigkeit im Termin maßgeblich. Ergibt sich aus der Niederschrift über den Termin keine andere Zuordnung, ist die Gesamtdauer
des Termins gleichmäßig auf die aufgerufenen Verfahren aufzuteilen und der so errechnete Zeitaufwand an einer durchschnittlichen
Terminsdauer vor den Sozialgerichten von 30 bis 50 Minuten zu messen (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 28.08.2020 - L
2 AS 480/20 B m.w.N.). Davon ausgehend war die Terminsgebühr in Höhe der hälftigen Mittelgebühr festzusetzen, denn bei einer Gesamtdauer
des Termins von einer Stunde entfallen auf jedes einzelne Verfahren lediglich 15 Minuten.
b. Im Hinblick auf die Einigungsgebühr ist die Beschwerde begründet.
Die Einigungsgebühr ist für jedes Verfahren, das mit dem Vergleich erledigt wurde, gesondert festzusetzen. Die Aufteilung
einer nur einmal festgesetzten Einigungsgebühr auf die weiteren Verfahren nach Bruchteilen ist nicht zulässig. Der Senat folgt
nicht der Auffassung, bei einer gemeinsamen Einigung in mehreren Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten entstehe nur eine
Einigungsgebühr auch dann, wenn zuvor keine förmliche Verbindung nach §
113 SGG erfolgt ist oder eine solche gar nicht zulässig war (so LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 21.02.2019 - L 39 SF 50/15 B E; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 06.10.2016 - L 19 AS 646/16 B; OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 01.02.2016 - 8 E 651/15; OLG Düsseldorf Beschluss vom 04.03.2009 - II -10 WF 36/08; Thüringer OVG Beschluss vom 30.12.2004 - 2 VO 1157/10, alle mwN; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, VV-1003 Rn. 71). Diese Auffassung ist weder mit dem Wortlaut der Nr. 1006 VV RVG, noch mit Sinn und Zweck dieser Regelung vereinbar (vgl. dazu ausführlich Beschluss des Senats vom 03.09.2020 - L 9 SO 258/20
B mwN).
Die Einigungsgebühr ist dementsprechend in Höhe der Verfahrensgebühr (300 €) festzusetzen. Unter Beachtung der im Übrigen
bislang schon zutreffend festgesetzten Gebühren errechnet sich sodann ein Gesamtbetrag iHv 579,77 €. Dem liegt folgende Berechnung
zugrunde:
Verfahrensgebühr 3102 VV RVG
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300,00 €
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Terminsgebühr 3106 VVG RVG
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140,00 €
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Einigungsgebühr 1006 VV RVG
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300,00 €
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Auslagenpauschale 7002 VV RVG
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20,00 €
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Fahrtkosten 7003 VV RVG
|
22,20 €
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Abwesenheitsgeld 7005 VV RVG
|
25,00 €
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Umsatzsteuer 7008 VV RVG
|
153,37 €
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abzgl. Vorschuss
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- 380,80 €
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Gesamt
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579,77 €
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Die Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG; die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).