Gründe:
Die vom Antragsgegner mit der Beschwerde dargelegten Gründe (vgl. §
146 Abs.
4 Satz 6
VwGO) führen zur Änderung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Aus ihnen ergibt sich bei summarischer Prüfung, dass der vom Antragsteller geltend gemachte Bedarf an behinderungsgerechter
Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung durch Wahrnehmung der vom Antragsgegner aufgezeigten und entwickelten Möglichkeit
einer Beschulung am Gymnasium der Stadt H. gedeckt werden kann. Hierbei ist die vom Antragsgegner nicht angegriffene vorläufige
Feststellung der Vorinstanz zugrunde zu legen, der Antragsteller sei aufgrund der gravierenden Folgen des diagnostizierten
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Syndroms in Kombination mit emotionalen Störungen und depressiven und suizidalen Reaktionen
im Sinne des § 35a Abs. 1 SGB VIII, §
2 Abs.
1 SGB IX seelisch behindert.
Die schulische Förderung von Kindern ist eine vorrangig dem öffentlichen Schulwesen zugewiesene Aufgabe.
Vgl. Wiesner, SGB VIII, 2. Aufl., § 10 Rdnr. 25.
Dem ist bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII Rechnung zu tragen. Danach lassen die Regelungen des Kinder- und Jugendhilferechts im Achten Buch des Sozialgesetzbuchs die
Verpflichtungen anderer unberührt. Hierzu gehört die Verpflichtung der öffentlichen Schulen, der Schulträger und der Schulaufsichtsbehörden,
lernbeeinträchtigte, behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Schüler schulisch angemessen zu fördern. Zwar gibt es
keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass für Schüler, die wegen der Folgen eines Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyper-aktivitäts-Syndroms
seelisch behindert sind, eine ähnlich institutionalisierte intensive Förderung im öffentlichen Schulwesen des Landes Nordrhein-Westfalen
stattfindet wie bei Schülern mit besonderer Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie).
Vgl. OVG NRW, Beschluss des Senats vom 30.1.2004 - 12 B 2392/03 - JAmt 2004, 203; zur Förderung von Schülern mit Legasthenie aus dem Blickwinkel des sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes
OVG NRW, Urteil vom 14.4.1999 - 24 A 118/96 - FEVS 51, 120.
Bezogen auf den Antragsteller hat aber der Antragsgegner in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium der Stadt H. eine Konzeption
entwickelt, die bei überschlägiger Prüfung erwarten lässt, dass der Antragsteller in der öffentlichen Schule die seiner Behinderung
angemessene Hilfe erhält. Der Oberstudiendirektor des Gymnasiums hat in seinem Schreiben vom 13.5.2004 an den Antragsgegner
unter Angabe konkreter Merkmale die Rahmenbedingungen für die dortige Beschulung eines Kindes mit einem Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom
als sehr günstig bezeichnet. Hiernach wird der Antragsteller, wenn er den für ihn am Gymnasium der Stadt H. freigehaltenen
Platz annimmt, einer Klasse mit 22 Schülern zugewiesen. Das in Ganztagsform geführte Gymnasium bietet nachmittags Arbeitsgemeinschaften
an, die spezielle Förderprogramme für besondere Begabungen oder Verhaltensauffälligkeiten beinhalten. Es wird dabei in Kleingruppen
unter Aufhebung der Unterrichtsatmosphäre an Projekten gearbeitet. Dem Gymnasium werden ferner zweckgerichtet zur Förderung
des Antragstellers für die Dauer der Erprobungsstufe jährlich 2.000 EUR zugewandt, über deren konkrete Verwendung im Zusammenwirken
zwischen Gymnasium, Eltern, Jugendamt und sonstigen Beteiligten im Rahmen eines Hilfeplanverfahrens entschieden werden soll.
Wegen der skizzierten Selbsteinschätzung durch den Oberstudiendirektor geht der Senat davon aus, dass bei der Verwirklichung
der vorgestellten Konzeption auch folgende Punkte sichergestellt werden: Die Lehrer, die den Antragsteller am Gymnasium unterrichten,
werden mit seiner besonderen Problematik vertraut gemacht und stellen sich darauf ein. Ein Anwachsen der Schülerzahl in der
Klasse des Antragstellers findet nicht statt. Eine etwa aufgrund ärztlicher Verordnung während der Schulzeit notwendige Medikamenteneinnahme
wird durch die Schule im Zusammenwirken mit den Eltern sichergestellt. Gegebenenfalls tritt die Schule den vom Antragsteller
aus dem Kreis von Mitschülern oder Eltern befürchteten Reaktionen entgegen.
Die Geeignetheit dieser schulischen Förderung wird durch die im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten
ärztlichen und sonstigen fachlichen Stellungnahmen, in denen dringend zum Besuch einer Privatschule geraten bzw. vom Besuch
einer öffentlichen Schule abgeraten wird, nicht durchgreifend in Frage gestellt. Sie wurden nämlich zu einer Zeit abgefasst,
als die beschriebene Konzeption zum Besuch des Gymnasiums der Stadt H. noch nicht entwickelt war. Das kommt auch in der im
Beschwerdeverfahren vorgelegten Stellungnahme des Rektors der Grundschule und der den Antragsteller dort unterrichtenden Klassenlehrerin
vom 8.7.2004 zum Ausdruck. Darin heißt es im letzten Absatz:
"Die Klassenlehrerin hat folgende im Bericht stehende Aussage nie getätigt:
'... Aufnahme in eine kleinere Klasse mit 22 Schülern für nicht ausreichend.'
Im Bericht der Lehrerin ist lediglich die Rede von folgendem:...'Für T. ist eine solche Lerngruppe von geringer Schülerzahl
sicherlich von Vorteil.'
Diese Äußerung bezog sich auf den Regelfall, dass in einer gymnasialen Eingangsklasse die Klassenstärke normal um die 30 Kinder
liegt."
Wegen der vorrangigen Bedarfsdeckung durch die öffentliche Schule ist für die Anwendung der Regelungen über das Wunsch- und
Wahlrecht (§ 5 SGB VIII) hier kein Raum.
Macht der Antragsteller von der ihm gebotenen Möglichkeit Gebrauch, hat der Antragsgegner im Rahmen des Hilfeplanverfahrens,
in dem über die konkrete Verwendung des jährlichen Zuwendungsbetrags entschieden werden soll, die schulische Entwicklung des
Antragstellers zu beobachten. Sollten sich unüberwindbare Unzuträglichkeiten ergeben, wird der Antragsgegner erneut darüber
zu befinden haben, ob der Besuch einer geeigneten Privatschule in Betracht zu ziehen ist.