Rechtsweg, Zuständigkeit, Verweisung, Sozialhilfe einschließlich Landesblindenhilfe: Verweisungsbeschluss, Rechtswegverweisung,
Bindungswirkung, Örtliche Zuständigkeit, Übernahme von Bestattungskosten, Eigenständiger sozialhilferechtlicher Anspruch
»1. Die Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss, in dem der beschrittene Rechtsweg für unzulässig erklärt wird, kann nur
darauf gestützt werden, dass der Rechtsweg vom verweisenden Gericht unrichtig beurteilt worden ist, aber nicht darauf, dass
der Rechtsstreit an ein anderes (hier: örtlich zuständiges) Gericht des Rechtswegs hätte verwiesen werden müssen.
2. Das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, ist nicht gehindert, den Rechtsstreit aus Gründen der örtlichen
Zuständigkeit innerhalb "seines" Rechtswegs weiter zu verweisen.
3. Beim sozialhilferechtlichen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten handelt es sich um einen atypischen,
eigenständigen Anspruch, der in mehrfacher Hinsicht von der Regelstruktur sozialhilferechtlicher Ansprüche abweicht (im Anschluss
an BVerwG, Urteil vom 29.01.2004 - 5 C 2.03 -, BVerwGE 120, 111).«
Gründe:
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem der Verwaltungsrechtsweg für unzulässig
erklärt und der Rechtsstreit an das Sozialgericht Karlsruhe verwiesen worden ist, ist unbegründet.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten
der Sozialhilfe handelt, die nach §§
8,
51 Abs.
1 Nr.
6a SGG den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen ist. Es hat das Vorbringen des Klägers im behördlichen und im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren zutreffend dahin gewürdigt, dass der Kläger gegenüber dem beklagten Sozialhilfeträger der Sache nach einen Anspruch
nach § 74 SGB XII (früher: § 15 BSHG) auf Übernahme der Kosten für die Bestattung seines Vaters geltend macht. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen atypischen,
eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, der in mehrfacher Hinsicht - vor allem in seiner Bedarfsstruktur - von der
Regelstruktur sozialhilferechtlicher Ansprüche abweicht. So stellt das Gesetz hinsichtlich der allgemeinen sozialhilferechtlichen
Anspruchsvoraussetzungen nicht auf die Bedürftigkeit des zur Bestattung verpflichteten Anspruchsstellers ab, es verwendet
vielmehr als eigenständige Leistungsvoraussetzung die Unzumutbarkeit der Kostentragung für den Verpflichteten, die insbesondere
von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängt (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 - 5 C 2.03 -, BVerwGE 120, 111, Urt. v. 05.06.1997 - 5 C 13.96 -, BVerwGE 105, 51; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 -). Dieser Anspruch auf Kostenübernahme kann auch eine Kostenerstattung zum Gegenstand haben, wenn - wie vorliegend - die
Bestattung bereits vor Unterrichtung des Sozialhilfeträgers durchgeführt worden ist und die Kosten vor dessen Entscheidung
vom zur Bestattung Verpflichteten beglichen worden sind (BVerwG, Urt. V. 05.06.1997, a. a. O.).
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass das Sozialgericht Karlsruhe, an das der Rechtsstreit im angefochtenen Beschluss
des Verwaltungsgerichts verwiesen wird, nach §
57 Abs.
1 SGG nicht zuständig sein dürfte, weil der Kläger seinen Wohnsitz außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Sozialgerichts Karlsruhe
hat, dürfte dies zutreffend sein. Dem Senat ist es jedoch im Beschwerdeverfahren verwehrt, den Rechtsstreit unter Änderung
des angefochtenen Verweisungsbeschlusses an das örtlich zuständige Sozialgericht zu verweisen, da die Beschwerde nur darauf
gestützt werden kann, dass der Rechtsweg unrichtig beurteilt worden ist, nicht aber darauf, dass der Rechtsweg an ein anderes
Gericht des Rechtswegs hätte verwiesen werden müssen (Kissel/Mayer,
Gerichtsverfassungsgesetz, 4. Aufl., 2005, §
17 Rn. 36; vgl. auch BAG, Beschl. v. 20.09.1995, NJW 1996, 742). Andererseits ist der Beschluss für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, nach §
17a Abs.
2 Satz 3
GVG (nur) hinsichtlich des Rechtsweges bindend. Dieses Gericht ist deshalb nicht gehindert, den Rechtsstreit aus Gründen der
örtlichen Zuständigkeit innerhalb "seines" Rechtswegs weiter zu verweisen (Kissel/Mayer, a. a. O., § 17 Rn. 38).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden gemäß §
188 S. 2 Halbs. 1
VwGO nicht erhoben.
Die weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (§
17a Abs.
4 Satz 4
GVG) ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
17a Abs.
4 Satz 5
GVG nicht vorliegen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.