Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bei der Nichtzulassungsbeschwerde
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers.
Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens stellte der beklagte Rentenversicherungsträger gegenüber dem Kläger fest, dass
er seine Tätigkeit als Kranführer bei den Beigeladenen im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht (SG) hatte die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit als Selbstständiger durchgeführt
habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) das Urteil des SG mit Urteil vom 11. November 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung von §
169 Satz 2 und
3 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils ist demgegenüber kein Zulassungsgrund.
1. Der Kläger macht zunächst eine Abweichung des Berufungsurteils vom Urteil des Senats vom 12. Februar 2004 (B 12 KR 26/02 R = Die Beiträge Beilage 2004, 154 = Juris-Nr KSRE076511517) geltend. Abweichung (Divergenz) iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zu Grunde
gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem
vorhandenen abstrakten Rechtssatz der in der Vorschrift genannten Gerichte aufgestellt hat. Die Beschwerdebegründung muss
daher erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in den herangezogenen höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist und welcher
im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl BSG in SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67). - Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger arbeitet als maßgebliche rechtliche Aussage des LSG heraus:
"Die Abgrenzung richtet sich danach, welche dieser Merkmale überwiegen, wobei einerseits die tatsächlichen Verhältnisse ausschlaggebend
sind, sofern sie von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen ..., andererseits kann der in den vertraglichen Vereinbarungen
zum Ausdruck kommende Parteienwille ausschlaggebend sein, wenn das Gesamtbild der sonstigen Merkmale gleichermaßen für eine
abhängige Beschäftigung wie für eine selbständige Tätigkeit spricht ..."
Als oberstgerichtliche Rechtssätze, von denen das Berufungsgericht abgewichen sein soll, bezeichnet er:
"Maßgeblich dafür, ob abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, ist vielmehr die tatsächliche Rechtsnatur
der Vertragsbeziehungen bei Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere auch der tatsächlichen Arbeitsleistung. Jedoch gehört
auch die Vertragsbezeichnung zu den tatsächlichen Umständen. Ihr kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung jedenfalls dann indizielle
Bedeutung zu, wenn sie dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch
weitere Aspekte gestützt wird ..."
Die Unvereinbarkeit der aus dem Berufungsurteil und dem Urteil des Senats vom 12. Februar 2004 gegenübergestellten Rechtssätze
begründet der Kläger damit, dass der Senat in der zitierten Entscheidung einen rechtlichen Ausgangspunkt gewählt habe, der
"mehr als vom LSG in der angefochtenen Entscheidung angenommen die Vertragsgestaltung in den Vordergrund stellt". Er verweist
hierzu auf den dritten Satz der von ihm benannten oberstgerichtlichen Rechtssätze, wonach "maßgeblich ('indizielle Bedeutung'
im Rahmen der Gesamtwürdigung) auf den Inhalt der vertraglichen Abmachungen zwischen den Parteien abzustellen sei, wenn kein
'offensichtlicher Widerspruch' zwischen der Vertragsgestaltung einerseits und den sonstigen tatsächlichen Verhältnissen (also
wie der Vertrag tatsächlich gelebt werde) bestehe, und wenn der Inhalt der Vertragsgestaltung durch weitere Aspekte gestützt
werde", bzw - im Umkehrschluss - "der Vertrag die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeiten nur dann nicht
entscheide, wenn ein 'offensichtlicher Widerspruch' zwischen der tatsächlichen Abwicklung der Arbeitsleistung und der Vertragsgestaltung
bestehe, und außerdem, wenn abgesehen von der Vertragsgestaltung keine zusätzlichen Aspekte für die Richtigkeit der Darstellung
der tatsächlichen Verhältnisse im Vertrag bestünden".
Der Kläger sieht danach erkennbar keinen Widerspruch zwischen den gegenübergestellten Rechtssätzen, soweit LSG ("Die Abgrenzung
richtet sich danach, welche dieser Merkmale überwiegen, wobei einerseits die tatsächlichen Verhältnisse ausschlaggebend sind,
sofern sie von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen ...") und BSG ("Maßgeblich dafür, ob abhängige Beschäftigung oder
selbständige Tätigkeit vorliegt, ist vielmehr die tatsächliche Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen bei Würdigung der gesamten
Umstände, insbesondere auch der tatsächlichen Arbeitsleistung.") darin - übereinstimmend - zu Grunde legen, dass bei einer
Abweichung der vertraglichen Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Für divergierend
hält er lediglich die weiteren Aussagen des LSG ("... andererseits kann der in den vertraglichen Vereinbarungen zum Ausdruck
kommende Parteienwille ausschlaggebend sein, wenn das Gesamtbild der sonstigen Merkmale gleichermaßen für eine abhängige Beschäftigung
wie für eine selbständige Tätigkeit spricht ...") und des BSG ("Jedoch gehört auch die Vertragsbezeichnung zu den tatsächlichen
Umständen. Ihr kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn sie dem festgestellten sonstigen
tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch weitere Aspekte gestützt wird ..."). Insoweit hat
der Kläger aber weder in der gebotenen Weise dargelegt, dass der für widersprechend gehaltene abstrakte Rechtssatz des Berufungsgerichts
für den von ihm entschiedenen Streitfall rechtserheblich ist, dh dessen Entscheidung trägt, noch substantiiert ausgeführt,
worin die Unvereinbarkeit der beiden Rechtssätze liegt, und deshalb eine Abweichung nicht hinreichend dargetan.
Das Berufungsgericht hat im Rahmen einer Gesamtwürdigung für eine Selbstständigkeit des Klägers sprechende Umstände, zu denen
es auch die vertraglichen Vereinbarungen gerechnet hat, und für eine nichtselbstständige Tätigkeit sprechende Umstände gegeneinander
abgewogen und im Ergebnis ein Überwiegen der eine abhängige Beschäftigung indizierenden Merkmale festgestellt. Es hat dabei
ein Abweichen der tatsächlichen Verhältnisse vom Willen der Vertragsparteien und insofern gerade nicht angenommen, dass auf
Grund der tatsächlichen Gestaltung der Rechtsbeziehungen ebenso viele Gründe für die Selbstständigkeit wie für eine abhängige
Beschäftigung sprechen, mit der - in ständiger Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17, 19; Urteil vom 14. Mai 1981, 12 RK 11/80, BB 1981, 1581 = Juris Nr KSRE020472612; Urteil vom 12. Februar 2004, aaO) sanktionierten - Folge, dass dem in den vertraglichen Vereinbarungen
zum Ausdruck kommenden Parteiwillen Vorrang einzuräumen sein kann. Warum das Urteil des LSG bei einer so strukturierten Abwägungsentscheidung
gleichwohl auf dem vom Kläger genannten, für widersprechend gehaltenen Rechtssatz des LSG beruhen soll, ist nicht dargetan.
Darzulegen gewesen wäre außerdem, warum der Aussage des Senats in seinem Urteil vom 12. Februar 2004, ihr (der Vertragsbezeichnung)
komme im Rahmen der Gesamtwürdigung jedenfalls indizielle Bedeutung zu, wenn sie dem festgestellten sonstigen tatsächlichen
Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch weitere Aspekte gestützt wird, zu entnehmen sein soll, dass der
Vertrag - wie der Kläger letztlich meint - bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen im Rahmen der Gesamtwürdigung schlechthin
entscheidend ist. In dem zitierten Urteil hat der Senat lediglich ausgeführt, dass die Vertragsbezeichnung als tatsächlicher
Umstand in die Abwägung mit einzubeziehen ist und unter welchen einschränkenden Voraussetzungen ihr wie anderen tatsächlichen
Umständen auch Indizwirkung - und nicht maßgebliche Wirkung - für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen
Tätigkeit zukommen kann. Insgesamt ergibt sich daher, dass der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht in der gebotenen
Weise einen tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG bezeichnet, sondern eine einzelne Aussage des BSG in seinem Sinne interpretiert
und mit seiner Divergenzrüge eigene rechtliche Schlussfolgerungen zu Grunde gelegt hat.
Soweit der Kläger im Zusammenhang mit seiner Divergenzrüge auf Seite 3 ff der Beschwerdebegründung unter Bezugnahme auf einzelne
Begründungselemente der Berufungsentscheidung die - ggf unzutreffende - Anwendung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung auf
den konkreten Sachverhalt rügt, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde hierauf nicht gestützt werden. Denn nicht die Unrichtigkeit
der Entscheidung im Einzelfall, sondern das Nichtübereinstimmen im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen
Abweichung (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26).
2. Der Kläger beruft sich außerdem auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
Er hält für grundsätzlich bedeutsam, "ob es tatsächlich nur abhängig beschäftigte Kranführer geben kann, die damit der Sozialversicherungspflicht
unterfallen, oder ob nicht vielmehr, wie von ihm vertreten, Fallgestaltungen wie hier denkbar sind, in denen ein Kläger als
selbständiger Kranführer und damit als nicht versicherungspflichtiger Kranführer anzuerkennen ist." Zur Begründung führt der
Kläger aus, dass es in der Konsequenz der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung überhaupt keinen selbstständigen Kranführer
geben könne, außer er besitze einen eigenen Kran, und diese Bewertung die tatsächlichen Verhältnisse unzutreffend widerspiegele.
Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats zu den sog Ausbeinern wünscht er nunmehr für den "Berufsstand der Kranführer"
eine verbindliche und einheitliche höchstrichterliche Entscheidung.
Mit der von ihm aufgeworfenen Frage hat der Kläger schon keine hinreichend klar formulierte Rechtsfrage gestellt, über die
in einem künftigen Revisionsverfahren zu entscheiden wäre. Er wendet sich vielmehr gegen die vom LSG in seinem Fall vertretene
materiell-rechtliche Auffassung, von der er abstrahiert und aus der er für gleichgelagerte Gestaltungen eine über den Einzelfall
hinausgehende tatsächliche - nicht rechtliche - Bedeutung herleitet. Darauf kann eine Grundsatzrevision jedoch nicht gestützt
werden. Soweit der Kläger die Rechtsprechung des Senats zu den sog Ausbeinern zitiert, verkennt er, dass der Senat darin am
konkreten Fall die bis dahin entwickelten Abgrenzungsmerkmale zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung
verfeinert und nicht einfach - ohne Bezug zu Fragen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung - einen "Arbeitsbereich näher beleuchtet"
hat.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen, §
160a Abs
4 Satz 3 Halbsatz 2
SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.