Gründe
I
Mit Urteil vom 9.10.2020 hat das Schleswig-Holsteinische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung
verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 14.1.2021 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung genügt nicht
der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Form. Die Klägerin hat darin die allein geltend gemachten Verfahrensmängel (Zulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne , so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert
dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts ausgehend
von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht
(stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.10.2010 - B 12 KR 2/10 B - juris RdNr 5; jüngst BSG Beschluss vom 9.12.2019 - B 13 R 259/19 B - juris RdNr
4). Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Berufungsgericht ohne hinreichende Begründung nicht
gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 14.1.2021 nicht gerecht.
a) Die Klägerin rügt sinngemäß eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG), indem das LSG von der Leistungseinschätzung des Sachverständigen G abgewichen sei. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör
im Sinne der aufgezeigten Vorschriften folgt ua das Verbot sog Überraschungsentscheidungen. Von einer solchen ist auszugehen,
wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter
und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; zuletzt etwa BVerfG <Kammer> Beschluss vom 13.2.2019 - 2 BvR 633/16 - juris RdNr 24 mwN; s auch BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 75/95 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12 - juris RdNr 24 ff; BSG Beschluss vom 20.12.2016 - B 5 R 242/16 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.1.2020 - B 13 R 287/18 B - juris RdNr 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
62 RdNr 8b mwN). Soweit ein Gericht eigene Sachkunde bei der Urteilsfindung tragend berücksichtigen will, muss es den Beteiligten die Grundlagen
hierfür offenbaren. Das Gericht muss in einem solchen Fall gegenüber den Beteiligten darlegen, worauf seine Sachkunde beruht
und worauf sie sich bezieht, damit die Beteiligten hierzu Stellung nehmen und ihre Prozessführung entsprechend einrichten
können (BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 27/01 R - juris RdNr 20 f mwN; BSG Beschluss vom 15.9.2011 - B 2 U 157/11 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 17.6.2020 - B 5 R 1/20 B - juris RdNr 5; s auch zu allgemeinkundigen Tatsachen BSG Urteil vom 8.9.1982 - 5b RJ 48/82 - SozR 2200 § 1246 Nr 98 S 302 - juris RdNr 11; zu berufskundlichen Tatsachen BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 75/95 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19 - juris RdNr 24; zu historischen Tatsachen BSG Urteil vom 26.7.2007 - B 13 R 28/06 R - BSGE 99, 35 = SozR 4-5075 § 1 Nr 4, RdNr 32). Umstände, die eine solche Form der Gehörsverletzung zu begründen in der Lage wären, sind mit der Beschwerdebegründung nicht
dargetan.
Die Klägerin bringt darin vor, nach Einschätzung des im Berufungsverfahren von Amts wegen bestellten Sachverständigen G sei
ihr Leistungsvermögen bereits bei Stellung des Rentenantrags aufgehoben gewesen. Dem sei das LSG "mit nicht überzeugenden
Ausführungen" nicht gefolgt. Dass das LSG von einem nach ihrem Dafürhalten gebotenen Hinweis abgesehen und das Verfahren eine
für sie unerwartete Wende genommen habe, macht die Klägerin nicht geltend. Sie bringt im Gegenteil selbst vor, bereits das
SG habe ihre Klage ua auf der Grundlage des in erster Instanz eingeholten Gutachtens des Sachverständigen F abgewiesen und im
Berufungsverfahren sei die Richtigkeit der vom Sachverständigen G gestellten Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung
zwischen den Beteiligten streitig geblieben. Ebenso wenig legt die Klägerin hinreichend dar, das LSG habe eine rein medizinische
Frage aufgrund eigener Sachkunde beantwortet, indem sie vorbringt, das LSG sei der vom Sachverständigen G gestellten Diagnose
ua deswegen nicht gefolgt, weil der Sachverständige nicht die typische Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung
beschrieben habe. Sie räumt im Gegenteil ein, das LSG habe sich der Einschätzung des Sachverständigen F angeschlossen. Die
Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse gehört jedoch - wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse - zur
Beweiswürdigung selbst (vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8; BSG Beschluss vom 20.2.2018 - B 10 LW 3/17 B - juris RdNr 8).
Mit ihrem Vorbringen zum Gutachten des Sachverständigen G, das sie für überzeugend hält, rügt die Klägerin im Kern eine Verletzung
der Grenzen der freien Beweiswürdigung (§
128 Abs
1 Satz 1
SGG). Hierauf kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde - anders als die Revision selbst - von vornherein nicht gestützt werden
(§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG). Das Gleiche gilt für ihr Vorbringen, das LSG habe nicht angemessen gewürdigt, dass alle bestehenden psychischen Erkrankungen
bereits seit längerem vorliegen würden. So sei die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung schon 2012 gestellt worden
und ihre behandelnde Psychotherapeutin habe auf Nachfrage des LSG bestätigt, dass die dort festgestellten Leiden bereits bei
Stellung des Rentenantrags vorgelegen hätten.
b) Indem die Klägerin in diesem Zusammenhang vorbringt, das LSG sei in der Urteilsbegründung nicht auf die Angaben ihrer behandelnden
Psychotherapeutin eingegangen, ebenso wenig wie auf weitere, nicht genauer bezeichnete medizinische Unterlagen, rügt sie zudem
sinngemäß einen Verstoß gegen die Begründungspflicht des LSG (§
128 Abs
1 Satz 2 iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG). Sie legt jedoch das Fehlen von Entscheidungsgründen nicht schlüssig dar. Ihr Gesamtvorbringen legt nahe, dass überhaupt Ausführungen
zu ihrem Leistungsvermögen vorhanden sind und das LSG sich insbesondere mit den sich widersprechenden Einschätzungen der Sachverständigen
auseinandergesetzt hat. Entscheidungsgründe fehlen aber nicht bereits dann, wenn die Gründe (vermeintlich) sachlich unvollständig,
unzureichend, unrichtig oder sonst rechtsfehlerhaft sind (stRspr; vgl etwa BSG Beschluss vom 25.10.2017 - B 1 KR 18/17 B - juris RdNr 6 mwN).
c) Mit ihrem Vorbringen, sie habe sich während des gesamten gerichtlichen Verfahrens nicht ernst genommen gefühlt, rügt die
Klägerin sinngemäß eine Verletzung ihres aus Art
2 Abs
1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Anspruchs auf ein faires Verfahren. Sie legt indes nicht schlüssig dar, wodurch
das LSG diesen Anspruch verletzt haben könnte. Das Vorbringen, sie habe stets und ausführlich Stellung genommen, das LSG sei
ihren Ausführungen jedoch nicht gefolgt, reicht insoweit nicht aus. Damit macht sie wiederum nur die inhaltliche Unrichtigkeit
der LSG-Entscheidung geltend, worauf sich wie ausgeführt eine Revisionszulassung nicht stützen lässt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.