Gründe:
Mit Urteil vom 30.6.2015 hat das Thüringer LSG Ansprüche des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (I.) und Verfahrensmängel (II.)
geltend gemacht.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
I. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 §
160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl 2014, §
160a RdNr 42).
Nach Auffassung des Klägers wirft der Rechtsstreit folgende Frage auf:
"Ist das Landessozialgericht verpflichtet, bei sich ganz offensichtlich widersprechenden Gutachten ein so genanntes Obergutachten
einzuholen?"
Damit hat er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Denn es bleibt schon völlig offen, welche gesetzlichen
Tatbestandsmerkmale welcher bundesrechtlichen Norm mit Blick auf die Einholung eines sog Obergutachtens ausgelegt werden sollen,
um die Rechtseinheit zu wahren oder das Recht fortzubilden. Überdies fehlen ausreichende Ausführungen zur Klärungsfähigkeit.
Insoweit hätte aufgezeigt werden müssen, welchen Sachverhalt das LSG bindend (§
163 SGG) festgestellt hat und dass auf dieser Grundlage im angestrebten Revisionsverfahren notwendig über die angesprochene Problematik
entschieden werden muss. Darüber hinaus setzt sich die gesamte Beschwerdebegründung nirgendwo mit Rechtsvorschriften, geschweige
denn mit höchstrichterlicher Rechtsprechung oder einschlägiger Literatur auseinander, sodass auch die Klärungsbedürftigkeit
der aufgezeigten Problematik nicht einmal ansatzweise dargetan ist. Insbesondere geht der Kläger nicht näher auf die ständige
höchstrichterliche Rechtsprechung ein, wonach kein allgemeiner Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch
ein sog "Obergutachten" existiert (vgl nur Senatsbeschluss vom 31.1.2013 -B5R 374/12 B - BeckRS 2013, 66977 RdNr 11; BSG Beschluss vom 23.5.2006 - B 13 RJ 272/05 B - Juris RdNr 5, 11). Vielmehr ist es Aufgabe des Tatrichters, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit einander entgegenstehenden
Gutachtenergebnissen auseinanderzusetzen (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 749). Hält das Gericht
eines oder mehrere Gutachten für überzeugend, darf es sich diesen anschließen, ohne ein weiteres Gutachten beiziehen zu müssen
(BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8; Kummer aaO). Die Einholung eines neuen Gutachtens kommt nur dann in Betracht, wenn ein bereits vorliegendes
Gutachten "ungenügend" erscheint (vgl §
412 Abs
1 ZPO iVm §
118 Abs
1 S 1
SGG) und deshalb als Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung ausscheidet. In diesem Sinne "ungenügend" ist ein Gutachten
insbesondere, wenn es grobe Mängel oder innere Widersprüche aufweist oder nicht alle vorliegenden Unterlagen berücksichtigt
(vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 f und Nr 21 RdNr 9), wenn es von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder Zweifel an der Sachkunde
oder Unparteilichkeit des Sachverständigen bestehen (vgl dazu auch BVerwG Beschluss vom 27.3.2013 - 10 B 34/12 - NVwZ-RR 2013, 620 sowie Urteile vom 6.2.1985 - 8 C 15/84 - BVerwGE 71, 38 = Buchholz 303 §
414 ZPO Nr 1, vom 19.12.1968 - VIII C 29.67 - BVerwGE 31, 149, 156, vom 25.2.1969 - I C 60.65 - Buchholz 451.45 § 1 HwO Nr 14 und vom 29.9.1976 - VIII C 13.75 - Buchholz 310 §
86 Abs
1 VwGO Nr
106 S 4, 5). Dass und inwiefern diese vorhandenen Rechtsgrundsätze für die Entscheidung des Rechtsstreits erweitert, geändert
oder ausgestaltet werden müssen (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr
65 f), zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf.
II. Auch ein Verfahrensfehler ist nicht schlüssig bezeichnet. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein
Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Daran fehlt es.
1. Soweit der Kläger behauptet, das LSG habe "das Gutachten der UK Campus K. ... in der Urteilsbegründung außer Acht gelassen"
(Gliederungspunkt B. I.), hat er damit eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) in Form der sog Erwägensrüge (vgl dazu BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 13; BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) nicht ansatzweise dargetan.
2. Wenn er darüber hinaus geltend macht, die Vorinstanz habe seinen "akuten, schweren Schwindelanfall", der eine "Unterbrechung
der Sitzung" und "ärztliche Behandlung" erforderlich gemacht habe, nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen (Gliederungspunkt
B. II. Abs 1), verkennt er, dass mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder Protokollergänzung noch Protokollberichtigung (§
122 SGG iVm §
160 Abs
4, §
164 Abs
1 ZPO) erreicht werden kann (vgl BFH Beschluss vom 8.7.2011 - III B 7/10 - BFH/NV 2011, 1895).
3. Soweit der Kläger außerdem bemängelt, das LSG habe "den in sich divergierenden Aussagen des Dr. K. ... keine Rechnung getragen"
(Gliederungspunkt B. II. Abs 2), rügt er im Kern die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts und damit einen Verstoß gegen §
128 Abs
1 S 1
SGG. Auf eine Verletzung dieser Norm kann jedoch kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ein Verfahrensmangel nicht - dh
weder unmittelbar noch mittelbar - gestützt werden (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG), was auch die Beschwerdebegründung letztlich nicht verkennt (vgl Gliederungspunkt B. III.).
4. Im Übrigen weist die Beschwerdebegründung zu Recht darauf hin, dass nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden kann, "wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung
nicht gefolgt ist". Sie gibt jedoch (unter Gliederungspunkt B. III. 1.) lediglich einen Sachantrag, nicht jedoch Fundstelle
und Wortlaut eines prozessordnungskonformen Beweisantrags - im hier maßgeblichen Sinn der
ZPO (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG iVm §
118 Abs
1 S 1
SGG, §
403 ZPO) - wieder und legt auch nicht dar, der rechtskundig vertretene Beschwerdeführer habe einen solchen Beweisantrag bis zum Schluss
der mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten. Darüber hinaus schildert
die Beschwerdebegründung weder in nachvollziehbarer Weise den festgestellten Sachverhalt (§
163 SGG) noch referiert sie die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, sodass auch nicht aufgezeigt ist, dass die angefochtene Entscheidung
- ausgehend von der materiellen Rechtsansicht des LSG - auf dem angeblichen Verfahrensmangel beruhen kann. Aus dem Vorbringen
erschließt sich noch nicht einmal, mit welcher entscheidungserheblichen Begründung das LSG welchen Rentenanspruch für welche
Zeiträume überhaupt verneint hat, sodass der Senat nicht beurteilen kann, ob sich das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus
zu der begehrten Sachverhaltsaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen.
5. Gibt die Beschwerdebegründung die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils somit allenfalls bruchstückhaft wieder, kann
auf dieser Grundlage ein unzureichender "Begründungsaufwand" (Gliederungspunkt B. IV.) und damit ein Verstoß gegen die aus
§
128 Abs
1 S 2 iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG folgende Begründungspflicht von vornherein nicht schlüssig aufgezeigt werden (zur erforderlichen Begründungsintensität vgl
nur BSG Beschlüsse vom 19.11.2012 - B 13 R 209/12 B - Juris RdNr 8, vom 26.5.2011 - B 11 AL 145/10 B - Juris RdNr 3 und vom 24.2.2010 - B 13 R 547/09 B - Juris RdNr 10).
6. Soweit der Kläger schließlich vorträgt, im angefochtenen Urteil werde "das von W. Stoll herausgegebene Buch 'Das neurootologische
Gutachten' mehrfach zitiert" (Gliederungspunkt B. V.), behauptet er nicht, hiervon unter Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung
rechtlichen Gehörs (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) überrascht worden zu sein.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.