Unzulässigkeit einer Anhörungsrüge
Kein Anspruch auf Bescheidung jeglichen Vorbringens
Begriff der Gehörsverletzung
Gründe:
Der Senat hat mit Beschluss vom 4.9.2013 - B 10 LW 5/13 B - die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
(LSG) vom 26.9.2012 zurückgewiesen. Gegen diese ihr am 11.10.2013 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer
Anhörungsrüge vom 25.10.2013, die am selben Tag beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen ist.
Die Anhörungsrüge der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Nach §
178 Abs
1 S 1
SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn (1.)
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und (2.) das Gericht den Anspruch
dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge muss gemäß §
178a Abs
2 S 5
SGG die angefochtene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in §
178a Abs
1 S 1 Nr
2 SGG genannten Voraussetzungen darlegen. Die danach erforderliche Bezeichnung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist der
Klägerin nicht gelungen.
Der in Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG verbürgte Anspruch eines Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs betrifft dessen Recht auf Information, Äußerung und
Berücksichtigung des Vorbringens (vgl dazu allgemein Pieroth in Jarass/Pieroth,
GG, 12. Aufl 2012, Art
103 RdNr 9 ff). Diese Normen sollen verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen,
Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (s auch §
128 Abs
2 SGG; vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19; BVerfGE 84, 188, 190). Ferner sollen sie sicherstellen, dass das Vorbringen der Beteiligten vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine
Erwägungen mit einbezogen wird (vgl BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Das Gericht muss jedoch nicht ausführlich jedes Vorbringen der Beteiligten bescheiden. Ein Verstoß
gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist nur dann anzunehmen, wenn sich dies aus den besonderen Umständen
des Falles ergibt (vgl BVerfGE aaO), zB wenn ein Gericht ohne entsprechende Beweisaufnahme das Gegenteil des Vorgebrachten
annimmt, den Vortrag eines Beteiligten als nicht vorgetragen behandelt (vgl BVerfGE 22, 267, 274; 42, 364, 368) oder auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler
Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern der Tatsachenvortrag nach der Rechtsauffassung des Gerichts nicht unerheblich ist (vgl
BVerfGE 86, 133, 146).
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde hatte die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die von
ihr angenommene Verfassungswidrigkeit der sog Hofabgabeklausel (vgl § 11 iVm § 21 ALG) geltend gemacht. Der Senat hat teilweise die Beschwerdebegründung für unzulänglich (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG) und im Übrigen die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen nicht für höchstrichterlich klärungsbedürftig gehalten. Mit
ihrer Anhörungsrüge spricht die Klägerin drei Punkte an:
Soweit es die Frage der Abhängigkeit der Rentenleistung von einer unternehmerischen Entscheidung des Ehegatten anbelangt,
greift die Klägerin im Wesentlichen die Erwägungen des Senats zum Fehlen einer ausreichenden Beschwerdebegründung an. Dabei
übersieht sie, das Art
103 Abs
1 GG nicht davor schützt, dass das BSG an die Darlegungspflicht iS des §
160a Abs
2 S 3
SGG strengere Anforderungen stellt als der betreffende Beschwerdeführer (vgl dazu BVerfGE 64, 1, 12; 76, 93, 98). Soweit die Klägerin rügt, das BSG habe zu hohe Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der von ihr diesbezüglich aufgeworfenen Rechtsfrage
gestellt, kann sie sich mithin nicht auf Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG sondern allenfalls auf Art
19 Abs
4 GG stützen, dessen Verletzung im Rahmen des §
178a SGG unbeachtlich ist.
Betreffend den Gesichtspunkt der Beobachtungspflicht des Gesetzgebers macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Senat
habe keine eigene konkrete Überprüfung vorgenommen. Damit kritisiert sie lediglich den Inhalt der Erwägungen des Senats, legt
jedoch nicht dar, inwieweit ihre mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten Argumente überhaupt nicht zur Kenntnis genommen
oder nicht in Erwägung gezogen worden seien.
Hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Verlustes der sozialen Absicherungsfunktion der Hofabgabeklausel vertritt die Klägerin
zwar die Ansicht, der Senat habe sich mit diesem Kernargument nicht auseinander gesetzt, zitiert jedoch gleichzeitig aus dem
angegriffenen Beschluss eine Textpassage, die sich gerade auf die Frage der sozialen Absicherungsfunktion bezieht. Ihr Rügevorbringen
lässt mithin keinen Gehörsverstoß erkennen, sondern beschränkt sich insoweit auf eine inhaltliche Kritik an den Entscheidungsgründen
des Senats.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
178a Abs
4 S 3
SGG).