Erweiterung des Praxisbudgets in der vertragsärztlichen Versorgung
Gründe:
I. Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Erweiterungen ihres Praxisbudgets und ihres Zusatzbudgets Psychosomatik hatte.
Die Klägerin, eine Allgemeinärztin mit mehreren Zusatzqualifikationen (Naturheilverfahren, Neuraltherapie, Umweltmedizin,
Psychotherapie, autogenes Training, Hypnose, Psychosomatik), war bis 2003 im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung
(KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie hatte in den Quartalen III/1997 bis IV/2002 zwischen 75 und 102 budgetrelevante
Fälle (Fachgruppendurchschnitt: ca 900), mit Überweisungsanteilen zwischen 0 und 0,91 % (Fachgruppe ca 1,05 %). Die Anteile
der Leistungen nach Nr 10, 11, 17, 18 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä [in der
bis zum 31. März 2005 gültigen Fassung]) an ihrer Gesamtpunktmenge beliefen sich seit 1996 zwischen 11 und 60 %, bei Nr 850
EBM-Ä betrugen sie maximal 2 %, bei Nr 851 EBM-Ä zwischen 4 und 18 %, bei Nr 855 EBM-Ä zwischen 0 und 6 %.
Die Beklagte erkannte der Klägerin das Zusatzbudget "Psychosomatik, Übende Verfahren" mit den Leistungen nach den Nr 850,
851 EBM-Ä zu, lehnte aber die von ihr beantragten Erweiterungen des Praxisbudgets auf Grund der Gesprächsleistungen nach den
Nr 10, 11, 18 EBM-Ä und des Zusatzbudgets ab (Bescheide vom 3. Juni 1997, erneuter ablehnender Bescheid vom 26. August/16.
September 1998, Widerspruchsbescheid vom 16. November 1999). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteile des Sozialgerichts
vom 22. November 2000 und des Landessozialgerichts [LSG] vom 25. August 2004). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, die Klägerin
könne weder eine Erweiterung des Praxis- noch des Zusatzbudgets beanspruchen, da die nach den maßgeblichen Bestimmungen geforderte
Spezialisierung der Praxis hinsichtlich des Leistungsangebots bzw der Behandlungsausrichtung nicht vorliege. Der Anteil ihrer
psychosomatischen Leistungen an der Gesamtpunktzahl habe in den maßgeblichen Bezugsquartalen I und II/1996 ca 4 % betragen
(Fachgruppe 1,2 %). Der Anteil ihrer Gesprächsleistungen habe zwar um ein Mehrfaches über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen.
Daraus könne aber auf Grund ihrer geringen Fallzahlen nicht auf eine atypische Praxisausrichtung geschlossen werden. Vielmehr
spreche ihr geringer Überweisungsanteil dafür, dass das begrenzte Leistungsspektrum und nicht eine spezifische Praxisausrichtung
Ursache des hohen Anteils an Gesprächsleistungen sei.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG hätte auf Neubescheidung über die Erweiterung ihres Praxis-
und ihres Zusatzbudgets Psychosomatik erkennen müssen. Dafür sei nach der Rechtsgrundlage des EBM-Ä ein "besonderer Versorgungsbedarf"
erforderlich, der durch eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Patientenschaft und Praxisausrichtung gekennzeichnet
werde. Bei Zusatzbudgets, die nur einen kleinen Anteil der Praxistätigkeit beträfen, sei ein Versorgungs"schwerpunkt" ein
Indiz - wenn auch kein zwingendes - für das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs. Dieser könne sich auch noch aus
anderen Anzeichen ergeben, von denen sie - die Klägerin - zahlreiche aufzuweisen habe. Das habe das LSG nicht zutreffend gewürdigt.
So ergebe sich ein wichtiges Indiz aus dem Bescheid vom 15. August/22. September 1997, mit dem die Beklagte ihr (bezogen auf
die bis zum 30. Juni 1997 gültigen Teilbudgets für Gesprächsleistungen) den Nachweis eines entsprechenden Versorgungsschwerpunkts
anerkannt habe. Zu berücksichtigen sei zudem ihr Leistungsschwerpunkt auf dem Gebiet der Psychosomatik und der "sprechenden
Medizin", der eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung darstelle. Dies sei durch ihren besonderen Patientenzuschnitt
begründet, der vor allem Versicherte umfasse, die chronisch und/oder multimorbid krank seien, funktionelle oder psychische
und psychosomatische Störungen, Neurosen und Psychosen hätten, teilweise auch onkologisch erkrankt und/oder Diabetiker, Allergiker
bzw Schmerztherapiepatienten seien und die größtenteils in unterschiedlicher fachärztlicher Betreuung zuvor nicht erfolgreich
hätten behandelt werden können. Bei solchen Patienten helfe nur (zeit-)intensive ärztliche Betreuung mit verbalen Interventionen,
mit deren Hilfe sie den Ursachen der zahlreichen Störungen nachspüre. Dafür verordne sie nur in geringem Umfang Arzneimittel.
Ein weiteres Indiz für den besonderen Versorgungsbedarf seien ferner ihre zahlreichen Zusatzqualifikationen, von denen Psychotherapie,
autogenes Training, Hypnose und Psychosomatik nahezu ausschließlich und die Naturheilverfahren teilweise der "sprechenden
Medizin" zuzuordnen seien. Dieser Versorgungsbedarf zeige sich schließlich auch daran, dass sie psychosomatische Leistungen
in zunehmendem, deutlich überdurchschnittlichem Umfang erbracht habe. Dasselbe gelte für die allgemeinen Gesprächsleistungen,
die einen atypisch hohen Anteil ihrer Gesamtpunktzahl ausmachten. In Verbindung mit ihren Zusatzqualifikationen und dem speziellen
Patientenzuschnitt der multimorbid und/oder chronisch kranken und von anderen Ärzten erfolglos behandelten Patienten ergebe
sich eine Spezialisierung sowie ihre spezielle Behandlungsausrichtung und eine Atypik im Vergleich zur Fachgruppe sowie ein
besonderer Versorgungsbedarf. Dagegen könne nicht mit Erfolg auf ihre kleine Fallzahl und ihren geringen Überweisungsanteil
verwiesen und geltend gemacht werden, ihre überdurchschnittliche Behandlungsdichte bei der Psychosomatik und den allgemeinen
Gesprächsleistungen sei durch die unterdurchschnittliche Fallzahl bedingt. Dies sei durch nichts belegt; auch hätten die Prüfgremien
deswegen niemals eine Honorarkürzung ausgesprochen. Das LSG hätte daher ihren Beweisangeboten nachgehen und zB eine Übersicht
über die Diagnosen einfordern müssen. Ihr könne nicht das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 69/00 R - (USK 2001-153) entgegengehalten werden. Denn dieser Fall habe anders gelegen und das BSG habe den geringen Überweisungsanteil
auch nur als relativ zuverlässiges, nicht etwa als zwingendes oder notwendiges Kriterium eines besonderen Leistungsbedarfs
angesehen. Zudem bräuchten die Patienten keine Überweisung, um sie - die Klägerin - in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 25. August 2004 und des Sozialgerichts Potsdam vom 22. November
2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 3. Juni 1997 und 16. September 1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 16. November 1999 zu verpflichten, über ihre - der Klägerin - Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets
und des Zusatzbudgets Psychosomatik unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für die von ihr begehrten Erweiterungen
des Praxis- und des Zusatzbudgets nicht. Zwar habe sie bei den allgemeinen Gesprächsleistungen und bei den psychosomatischen
Leistungen jeweils einen überdurchschnittlichen - signifikant erhöhten - Leistungsanteil. Die weitere Voraussetzung einer
im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommenden Spezialisierung sei aber nicht gegeben, und die Erweiterung
sei auch nicht aus Sicherstellungsgründen erforderlich. Eine weit gehende Beschränkung auf Gesprächs- und Beratungsleistungen
könne nicht als Spezialisierung gewertet werden. Auch aus der geringen Fallzahl mit nur ca 10 % des Fachgruppendurchschnitts
könne nicht auf eine Spezialisierung geschlossen werden. Im Übrigen sei der Planungsbereich, in dem die Klägerin praktiziert
habe, von 1996 bis 2002 durchgängig hausärztlich überversorgt gewesen. Dort seien 21 weitere Ärzte psychosomatisch tätig gewesen,
davon 14 in der nur 3 km entfernten Kreisstadt O. Die abweichenden Zahlenangaben der Klägerin - drei bzw ein Arzt - träfen
nicht zu. Das der Klägerin zuerkannte - nicht erweiterte - Zusatzbudget sei zunächst auf 32 und später auf 12 zusätzlich abrechenbare
Punkte je Behandlungsfall bemessen worden.
II. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat, wie das LSG zutreffend entschieden hat, ihren Antrag auf
Erweiterung des Praxis- und des Zusatzbudgets Psychosomatik zu Recht abgelehnt.
Der Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage steht nicht entgegen, dass sie die jeweiligen
Quartalshonorarbescheide, mit denen ihr Honorar ohne die beanspruchte Berücksichtigung erweiterter Budgets gewährt worden
war, nicht angefochten hat. Dem hier streitbefangenen Bescheid, mit dem die Erweiterung von Budgets abgelehnt worden ist,
kommt gegenüber den Honorarbescheiden eine eigenständige Bedeutung zu, die zu seiner Anfechtung unabhängig von den Honorarbescheiden
berechtigt (dazu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11). Die Quartalshonorare müssten im Falle nachträglicher Budgeterweiterungen
neu berechnet werden, sodass auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des streitigen Bescheides gegeben ist.
In der Sache hat die Klägerin weder Anspruch auf Erweiterung des Praxisbudgets noch des Zusatzbudgets "Psychosomatik, Übende
Verfahren".
Nach den hier anzuwendenden Bestimmungen des EBM-Ä über die Praxis- und Zusatzbudgets, die mit Ablauf des 30. Juni 2003 außer
Kraft gesetzt worden sind (Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002, Deutsches Ärzteblatt [DÄ]
2003, A-218), unterlagen ua die Leistungen der Fachgruppe der Allgemeinärzte, der die Klägerin in den hier betroffenen Quartalen
angehörte, einer fallzahlabhängigen Budgetierung (Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B EBM-Ä - idF ab 1. Juli 1997; s DÄ 1996,
A-3364 ff; 1997, A-864 ff). Die Rechtsgrundlage für diese Regelungen ergab sich aus den durch § 87 Abs 2a Satz 8 ergänzten
Regelungen des § 87 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 2a Satz 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (idF des Gesundheitsstrukturgesetzes
vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266, mit Ergänzung durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520; vgl dazu
die stRspr des BSG, zusammenfassend Urteil vom 24. September 2003, SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 5, mwN). Dadurch waren die den
Budgets zugeordneten Leistungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechenbar.
Die diese Grenze überschreitenden Anforderungen wurden nicht gesondert vergütet. Die Höhe der Budgets ergab sich aus dem Produkt
der festgesetzten Fallpunktzahl und der Zahl der Fälle gemäß Nr 1.4 aaO EBM-Ä (zum Ganzen zusammenfassend BSG SozR 4-2500
§ 87 Nr 2 RdNr 5).
Im Einzelnen waren bei der Honorierung der Vertragsarztgruppen, die in die Budgetierung einbezogen waren, drei Leistungsbereiche
zu unterscheiden (vgl dazu zB BSGE 89, 259, 261 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 189). Den Praxisbudgets waren in jeder der Arztgruppen die ärztlichen Leistungen zugeordnet,
die für ihr Behandlungsspektrum typisch waren und große Anteile ihres Leistungsvolumens - zwischen 45 % bei den Anästhesisten
und 88 % bei den Augenärzten - erfassten (sog grüner Bereich). Für weitere Leistungspositionen im Umfang von ca 10 % des Leistungsspektrums
waren Zusatzbudgets geschaffen worden, deren Zuerkennung eine zusätzliche Qualifikation oder einen besonderen Versorgungsbedarf
erforderte (Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B Nr 4 bis 4.3 EBM-Ä - sog gelber Bereich mit qualifikationsgebundenen und
bedarfsabhängigen Zusatzbudgets). Der verbleibende, etwa 20 % des Honorarvolumens erfassende Leistungsbereich war unbudgetiert
geblieben (sog roter Bereich), ebenso wie bestimmte Arztgruppen, die nur auf Überweisung in Anspruch genommen wurden oder
hochspezialisiert waren oder bei denen die Datenlage unzureichend war, von der Budgetierung nicht erfasst wurden (zusammenfassend
BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 6).
Die Festlegung der Punktzahlen beruhte bei den Praxisbudgets, wie vom BSG mehrfach ausgeführt, auf einer anderen Konzeption
als bei den Zusatzbudgets. Die Praxisbudgets wurden so berechnet, dass die Angehörigen aller Arztgruppen bei durchschnittlicher
Praxisauslastung in dem von diesem Budget erfassten Bereich ihre Praxiskosten in typischer Höhe decken und aus der Gesamtvergütung
ungefähr gleiche Einkommensanteile erhalten konnten (ausführlich dazu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 20 und Nr 10 RdNr 14).
Die Zusatzbudgets hingegen sollten Eigenheiten von Praxen berücksichtigen, die sich aus einer speziellen fachlichen Qualifikation
des Arztes oder durch die schwerpunktmäßige Ausrichtung auf einen besonderen versorgungsrelevanten Bereich ergaben. Die ihnen
zuzuordnende Fallpunktzahl war an dem tatsächlichen Leistungsgeschehen auszurichten, das bei den für das Zusatzbudget qualifizierten
Ärzten - orientiert an den Bezugsquartalen I und II/1996 - festzustellen war (zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr
7, Nr 3 RdNr 21 und Nr 10 RdNr 14). Die hierbei erfolgende Anknüpfung an den Leistungsumfang in den Quartalen I und II/1996
hat das BSG als grundsätzlich rechtmäßig angesehen (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 30 S 169 f; SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 10 und
Nr 10 RdNr 14 f).
Auf Antrag des Vertragsarztes konnten Praxis- und Zusatzbudgets gemäß Nr 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B, EBM-Ä
im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs erweitert werden. Zusätzlich bestand bei Überschreitung
des Punktzahlvolumens eines Zusatzbudgets die Möglichkeit, die darüber hinausgehenden Punkte im Falle eines nicht ausgeschöpften
Praxisbudgets vergütet zu erhalten (Nr 4 Satz 5 aaO EBM-Ä; dazu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 1 RdNr 22 und Nr 2 RdNr 8mwN).
Zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" in Nr 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen aaO EBM-Ä hat das BSG mehrfach
Stellung genommen. Danach setzt der besondere Versorgungsbedarf eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck
kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraus, die messbaren Einfluss
auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis hat (s BSG
SozR 3-2500 § 87 Nr 31 S 179 iVm 178; SozR 4-2500 § 87 Nr 1 RdNr 16 und Nr 2 RdNr 10 mwN). Dies erfordert vom Leistungsvolumen
her, dass bei dem Arzt das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem vom Budget erfassten Bereich die Budgetgrenze
übersteigt, und zudem, dass bei ihm im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit
vorliegt, die zwar allein noch nicht ausreicht, aber immerhin ein Indiz für eine entsprechende Spezialisierung darstellt (s
BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 31 S 178 und SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 10). Damit hat das BSG die Voraussetzungen nicht abschließend
bestimmt, aber Mindestvoraussetzungen für Erweiterungen von Praxis- und Zusatzbudgets formuliert. Ob noch weitere Voraussetzungen
vorliegen müssen, hat der Senat bisher nicht entschieden; dies könnte auch für Praxis- und Zusatzbudgets unterschiedlich sein.
Das Begehren der Klägerin nach Erweiterung ihres Praxisbudgets wegen vermehrter Gesprächsleistungen ist entsprechend den Rechtsgedanken
zu beurteilen, die der erkennende Senat zur Erweiterung des bis zum 30. Juni 1997 geltenden Teilbudgets "Gesprächsleistungen"
entwickelt hat. Nach dieser Rechtsprechung konnte bei Allgemeinärzten eine überdurchschnittliche Beratungs- und Gesprächsintensität
keine Freistellung vom Teilbudget "Gesprächsleistungen" begründen, weil diese Leistungen für sie typisch sind und dementsprechend
keine von der Typik dieser Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung belegen können. Eine Freistellung von diesem Teilbudget
war nur für Fachärzte uU möglich (s zB BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, USK 2001-153 S 937 mit Hinweis S 938 auf intensiv psychosomatisch
tätige Gynäkologen, HNO-Ärzte und Urologen; vgl auch Urteil vom 6. September 2000, BSGE 87, 112, 117 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 138 oben). Ein Sachgrund, von dieser Bewertung für die zum 1. Juli 1997 eingeführten Praxisbudgets
abzugehen, ist nicht ersichtlich. Das bedeutet, dass Allgemeinärzte auch unter der Geltung der Praxisbudgets einen besonderen
Versorgungsbedarf, wie er für die Erweiterung dieses Budgets gegeben sein muss, nicht darauf stützen können, dass intensive
Beratungs- und Gesprächsleitungen erforderlich seien. Damit kommt es weder auf das Vorbringen der Klägerin, sie habe die Konzentration
auf solche Leistungen nicht selbst veranlasst, sondern diese sei durch den ihr angefallenen Zuschnitt ihrer Patientenschaft
bedingt, noch auf die Ansicht der Beklagten an, dieser Schwerpunkt beruhe maßgeblich auf der geringen Patientenzahl der Klägerin,
weil sie nur dadurch einzelnen Patienten so viel Zeit habe widmen können.
Die Klägerin kann für eine Erweiterung des Praxisbudgets schließlich nichts daraus herleiten, dass die Beklagte ihr durch
Bescheid vom 15. August/22. September 1997 rückwirkend für die Zeit bis zum 30. Juni 1997 eine Befreiung vom Teilbudget "Gesprächsleistungen"
bewilligt hatte. Ungeachtet dessen, dass nach der aufgezeigten Rechtsprechung zumindest fraglich war, ob nach der maßgeblichen
Rechtsgrundlage überhaupt ein Anspruch auf Befreiung gegeben war, liegt in der Freistellung von der Teilbudgetierung keine
bindende Anerkennung eines Versorgungsschwerpunkts, weil diesem Entscheidungselement - mangels entsprechender normativer Regelung
- weder eine Tatbestands- noch eine Feststellungswirkung für den Anspruch auf Erweiterung des Praxisbudgets ab dem 1. Juli
1997 zukommt.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erweiterung des Zusatzbudgets "Psychosomatik, Übende Verfahren". Dies setzt ebenfalls
das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs gemäß Nr 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen aaO EBM-Ä voraus. Dabei gelten
nach der Rechtsprechung des BSG für die Erweiterung eines Zusatzbudgets höhere Anforderungen als für dessen erstmalige Zuerkennung
(BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 11). Das beruht darauf, dass qualifikationsgebundene Zusatzbudgets - wie oben dargelegt -
darauf gerichtet sind, Eigenheiten von Praxen zu berücksichtigen, die sich aus einer speziellen fachlichen Qualifikation ergeben,
und demgemäß nach dem tatsächlichen Leistungsvolumen bemessen werden, das in diesem Bereich ein Arzt mit entsprechender Qualifikation
in der Vergangenheit im Durchschnitt aufzuweisen hatte (s o mit Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 7, Nr 3 RdNr 21
und Nr 10 RdNr 14), sowie darauf, dass die Zuerkennung eines Zusatzbudgets eine Leistungsmenge deutlich über dem Durchschnitt
der Fachgruppe erfordert (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 13). Die Zuerkennung eines Zusatzbudgets bedingt also bereits
das Vorliegen struktureller Besonderheiten in der jeweiligen Praxis. Für die Annahme eines darüber hinausgehenden "besonderen
Versorgungsbedarfs" iS der Regelung in Nr 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen aaO EBM-Ä müsste der Arzt weiter gehend darlegen,
dass die von ihm mit solchen speziellen Leistungen zu versorgende Patientenschaft in ihrem Zuschnitt signifikant vom Durchschnitt
der Fachkollegen, die gleichermaßen qualifiziert sind und denen ebenfalls ein solches Zusatzbudget zuerkannt worden war, abweicht
und dass dadurch bei ihm im Bereich des Zusatzbudgets ein Leistungsbedarf besteht, der deutlich über den Bedarf dieser Fachkollegen
hinausgeht. Er müsste also belegen, dass seine Patientenschaft durch strukturelle Besonderheiten im Vergleich zu derjenigen
seiner Fachkollegen mit gleichem Zusatzbudget geprägt ist und dass dies einen deutlich überdurchschnittlichen Bedarf bei den
von diesem Budget erfassten Leistungen ergibt. Indizien dafür können sich aus hohen Überweisungsanteilen ergeben (BSG SozR
3-2500 § 87 Nr 31 S 179 f) sowie aus einer im Verhältnis zur Fachgruppe überdurchschnittlichen Leistungshäufigkeit (aaO S
178).
Diese Voraussetzungen hat die Klägerin nicht erfüllt. Zunächst hat sich der von ihr geltend gemachte erhöhte Bedarf an psychosomatischen
Leistungen nicht in einem erhöhten Überweisungsanteil niedergeschlagen (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 31 S 179 f). Zudem liegt
auch kein spezieller Zuschnitt und keine strukturelle Besonderheit der von ihr zu versorgenden Patientenschaft im Vergleich
zum Patientenkreis ihrer Fachkollegen mit gleichem Zusatzbudget vor. Dafür reicht eine (behauptete) Häufung schwerer Krankheitsfälle
unterschiedlicher Art nicht aus, wie die Klägerin dies mit ihrem Vorbringen geltend macht, bei ihren psychosomatisch behandelten
Patienten habe es sich um solche gehandelt, die chronisch und/oder multimorbid krank waren, funktionelle oder psychische und
psychosomatische Störungen, Neurosen und Psychosen hatten, teilweise auch onkologisch erkrankt und/oder Diabetiker, Allergiker
bzw Schmerztherapiepatienten waren und die größtenteils in unterschiedlicher fachärztlicher Betreuung zuvor nicht erfolgreich
hatten behandelt werden können. Ein - über das Zusatzbudget "Psychosomatik, Übende Verfahren" hinausgehender - besonderer
Versorgungsbedarf iS der zu Grunde liegenden Regelung Nr 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen aaO EBM-Ä ist mithin nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs
1 und 4
Sozialgerichtsgesetz in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).