Parallelentscheidung zu BSG B 6 SF 6/20 R v. 05.05.2021
Gründe
I
Aufgrund der weiteren Beschwerde des Klägers ist über die Zulässigkeit des Sozialrechtsweges für ein Verfahren zu entscheiden,
das in der Hauptsache die Heranziehung des in H niedergelassenen, aber nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen
Klägers zu dem von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) verantworteten und organisierten Bereitschaftsdienst betrifft.
Das Hessische Gesetz über die Berufsvertretungen, die Berufsausübung, die Weiterbildung und
die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
(Heilberufsgesetz) idF vom
7.2.2003 wurde mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes vom 19.12.2016
mit Wirkung zum 28.12.2016 geändert (GVBl 2016, 329 bis 332). Die Änderung betraf ua § 23
Nr 2 Heilberufsgesetz. Dieser lautete in der bis 27.12.2016 geltenden Fassung wie folgt:
Die Kammerangehörigen, die ihren Beruf ausüben, haben insbesondere die Pflicht, […]
2. soweit sie als Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 in eigener Praxis tätig sind, am Notfalldienst
teilzunehmen,
[…].
Seit dem 28.12.2016 lautet § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz wie folgt:
Die Kammerangehörigen, die ihren Beruf ausüben, haben insbesondere die Pflicht, […]
2. soweit sie als Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in eigener Praxis tätig sind, am Ärztlichen Bereitschaftsdienst
der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilzunehmen und sich an den Kosten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen zu beteiligen,
[…].
Nach § 24 Heilberufsgesetz regelt das Nähere die Berufsordnung (BO), die insbesondere zu § 23 Nr 2 vorzusehen hat, dass die
Teilnahmeverpflichtung nur für einen bestimmten regionalen Bereich gilt und von ihr aus wichtigem Grund, insbesondere wegen
körperlicher Behinderung oder außergewöhnlicher familiärer Belastung sowie wegen Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst
mit Notfallversorgung, auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend befreit werden kann.
Nach Abstimmungen der Landesärztekammer und der Beklagten über den Inhalt der Bereitschaftsdienstordnung der Beklagten (BDO) änderte die Landesärztekammer § 26 der BO für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen. In der seit 1.6.2019 geltenden Fassung vom 26.3.2019 (HÄBL 6/2019, S 396) enthält § 26 BO nunmehr folgende Regelung:
(1) Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung
Hessen teilzunehmen. Auf Antrag einer Ärztin oder eines Arztes kann aus schwerwiegenden Gründen eine Befreiung vom ärztlichen
Bereitschaftsdienst ganz, teilweise oder vorübergehend erteilt werden. Die Befreiung wird, bei Vorliegen eines Befreiungsgrundes,
auch für die nicht vertragsärztlich tätigen Mitglieder der Landesärztekammer Hessen auf Antrag von der Kassenärztlichen Vereinigung
Hessen erteilt.
(2) Für die Einrichtung und Durchführung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Einzelnen ist für alle nach § 23 des Heilberufsgesetzes
verpflichteten Berufsangehörigen die Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der von der Vertreterversammlung
am 25.05.2013 beschlossenen Fassung, in Kraft getreten am 01.10.2013, zuletzt geändert am 27.10.2018, maßgebend. Die Verpflichtung
zur Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst gilt für die von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen festgelegten Bezirke
des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes.
[…]
Mit einem Schreiben vom 15.5.2019 wandte sich die Beklagte ua an den Kläger und informierte ihn über die Einbeziehung der
nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen und in eigener Praxis tätigen Ärzte (Privatärzte) in ihren Ärztlichen
Bereitschaftsdienst (ÄBD). Sie bat den Kläger um die Übersendung von Unterlagen und wies auf dessen Mitwirkungspflicht hin.
Sie informierte zudem über das Procedere der Dienstplangestaltung, die Vergabe einer Betriebsstättennummer für die Teilnahme
am ÄBD und die Abrechnung der geleisteten Dienste und erbrachten Leistungen, die nach ihrer BDO vorgesehenen Befreiungsgründe und die Verpflichtung des Klägers zur Mitfinanzierung des ÄBD auf der Grundlage von § 8 BDO.
Die Beklagte forderte mit "Bescheid über die Höhe des zur Finanzierung des ÄBD zu leistenden Beitrages - Quartale 3/2019 und
4/2019" vom 18.9.2019 vom Kläger auf der Grundlage von § 8 BDO Beiträge von 750 Euro je Quartal, für 2019 insgesamt 1500 Euro an und bat um Überweisung bis 30.9.2019. Hiergegen legte der
Kläger Widerspruch ein. Zudem beantragte er eine Minderung des Beitrages zum ÄBD. Die Beklagte reduzierte den Beitrag für
die Quartale 3/2019 und 4/2019 daraufhin auf jeweils 76,69 Euro (Bescheid vom 12.10.2020).
Mit weiterem Bescheid vom 13.12.2019 befreite die Beklagte den Kläger gemäß § 3 Abs 7 Buchst b BDO wegen Erreichens der Altersgrenze von der Teilnahme am ÄBD und wies auf die weiterhin bestehende Pflicht zur Kostenbeteiligung
am ÄBD hin. Den vom Kläger gegen den Beitragsbescheid vom 18.9.2019 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 11.12.2019 zurück. § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz enthalte eine Pflicht der Privatärzte, sich an den Kosten des ÄBD der Beklagten
zu beteiligen. Die BDO der Beklagten gelte gemäß § 26 BO auch für die in eigener Praxis tätigen Privatärzte. § 8 Abs 3 der BDO sehe eine Kostenbeteiligung der Privatärzte vor. Eine Möglichkeit der vollständigen Befreiung von der Kostenbeteiligung bestehe
nicht. Dies ergebe sich auch nicht aus der vom Kläger genannten Vorschrift des § 8 Abs 2 BDO, die von "allen abrechnenden Ärzten" spreche.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht hat der Kläger geltend gemacht, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei nicht gegeben.
Rechtsgrundlage der Heranziehung zur Beitragszahlung solle § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz sein. Für diese Rechtsmaterie des ärztlichen
Berufsrechts seien die Verwaltungsgerichte zuständig. Allein aus dem Handeln der Beklagten resultiere keine Zuständigkeit
der Sozialgerichtsbarkeit, da die streitentscheidenden Normen dem allgemeinen Verwaltungsrecht und nicht dem Sozialrecht zuzuordnen
seien. Der Kläger begehre die Beitragsfreiheit - neben weiteren Gründen - vor allem aus der Rechtsfolge der Kollisionsregelung
des Art
31 GG iVm § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz und den hierauf beruhenden untergesetzlichen landesrechtlichen Normen. Es stehe die landesrechtliche
Zuweisung von Aufgaben an eine nach Landesrecht errichtete Körperschaft des öffentlichen Rechts in Streit, die einen Dritten
betreffe, der nicht Mitglied dieser Körperschaft sei.
Das Sozialgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit
an das VG Frankfurt am Main verwiesen (Beschluss vom 11.5.2020). Auf die Beschwerde der Beklagten hat das LSG den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für zulässig erklärt
(Beschluss vom 4.9.2020). §
51 Abs
1 Nr
2 SGG als abdrängende Sonderzuweisung sei weit auszulegen und erfasse das gesamte Vertragsarztrecht. Dabei seien nicht nur die
Rechtsverhältnisse in Bezug auf die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erfasst, sondern auch die Rechtsbeziehungen
der Beklagten zu Leistungserbringern. Diese Rechtsverhältnisse seien auch nicht notwendigerweise auf Mitglieder der Beklagten
beschränkt, jedenfalls dann, wenn das maßgebliche Rechtsverhältnis durch Normen des Rechts der GKV geprägt werde.
Die Pflicht von Nichtvertragsärzten zur Mitwirkung im ÄBD ergebe sich aus einem Zusammenwirken von ärztlichem Berufsrecht
und Vertragsarztrecht. Das von § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz begründete Rechtsverhältnis zwischen Nichtvertragsärzten und der
KÄV sei bereits nach dem Wortlaut der Norm dadurch gekennzeichnet, dass der Bereitschaftsdienst nicht als Gemeinschaftsaufgabe
von Landesärztekammer und Beklagter beschrieben werde, sondern eine berufsrechtliche Pflicht zur Teilnahme am ÄBD der Beklagten
begründet werde. Der vertragsärztliche Bereitschaftsdienst der Beklagten sei wesentlich durch Normen des Rechts der GKV bestimmt.
Der Kläger wehre sich nicht gegen Rechtsakte der Landesärztekammer, für die ohne Zweifel der Verwaltungsrechtsweg gegeben
wäre. Die Argumentation des Klägers, die vom hessischen Gesetzgeber gewählte Konstruktion sei mit höherrangigem Recht unvereinbar,
habe keinen Einfluss auf die Eröffnung des Rechtsweges zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde des Klägers. Die Heranziehung zu Beiträgen sei nicht berechtigt. Bei Abwehrklagen
richte sich die Zuständigkeit nach der Zuordnung der Rechtsgrundlage der angegriffenen Maßnahme. Die Rechtsgrundlage sei aber
jedenfalls dann für die Bestimmung der Natur des Rechtsverhältnisses kein Indiz, wenn wie im vorliegenden Fall ein Rechtsverhältnis
mit der Beklagten gerade nicht bestehe. Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit ergebe sich aus der vorrangig erforderlichen
Prüfung der Vereinbarkeit der für den ÄBD einschlägigen Regelungen des Heilberufsgesetzes mit höherrangigem Recht. Der Rechtsstreit
könne nicht ungeachtet der Regelungen des Heilberufsgesetzes und der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers auf diesem
Gebiet entschieden werden, weil diese Regelungen Gegenstand des Klagevortrages und Grundlage des Klagebegehrens seien und
den Schwerpunkt der Entscheidungsfindung bilden würden. Auch die Beklagte stütze ihr Verwaltungshandeln auf landesrechtliche
Grundlagen des Heilberufsgesetzes und der BO, die zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gehörten.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des LSG vom 4.9.2020 - L 4 KA 13/20 B - aufzuheben und die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 11.5.2020 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des LSG vom 4.9.2020 zu dem Aktenzeichen L 4 KA 13/20 B zurückzuweisen.
Der Beschluss des LSG sei nicht zu beanstanden. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei nach §
51 Abs
1 Nr
2 SGG eröffnet, weil streitentscheidende Normen solche des Vertragsarztrechts seien. Die in § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz normierten Pflichten würden durch die BDO konkretisiert und umgesetzt. Dass es sich vorliegend um eine Angelegenheit der GKV handele, ergebe sich aus §
75 Abs
1b, §
77 SGB V. Der Kläger sei als nicht zugelassener Arzt "Dritter" iS des §
51 Abs
1 Nr
2 SGG. Auch der vertragsärztliche Sicherstellungsauftrag nach §
75 Abs
1b SGB V mit den in diesem Zusammenhang erlassenen Regelungen sei eine Angelegenheit der GKV.
§ 23 Nr 2 Heilberufsgesetz begründe nicht nur eine Teilnahmepflicht der Privatärzte am ÄBD der Beklagten, sondern auch eine
"Ausgestaltungssperre" der Landesärztekammer betreffend die Pflichterfüllung außerhalb des ÄBD. Das Landesrecht habe eine
unmissverständliche und explizite Partizipation von Nichtmitgliedern der Beschwerdegegnerin am ambulanten Notdienst für GKV-Patienten
angeordnet. Die Beklagte werde damit verpflichtet, die Privatärzte bei der Organisation des ÄBD zu berücksichtigen. Mit §
23 Nr 2 Heilberufsgesetz werde direkt in die Organisationshoheit der Beklagten als einer nach §
77 Abs
1 Satz 1
SGB V gebildeten Körperschaft des öffentlichen Rechts, die Aufgaben der GKV wahrnimmt, eingegriffen.
Die Zuordnung der Privatärzte zum ÄBD der Beklagten durch § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz bewirke nicht nur eine Verpflichtung,
sondern auch ein Recht der Privatärzte, am ÄBD der Beklagten teilzunehmen, Leistungen zu erbringen und dafür eine Vergütung
zu erhalten. Dies habe auch Auswirkungen auf die anderen Teilnehmer am ÄBD, da die Privatärzte als Teilnahmeverpflichtete
gegenüber freiwilligen Teilnehmern am ÄBD gemäß § 3 Abs 4 BDO vorrangig bei der Einteilung zu berücksichtigen seien. Damit seien auch Rechtsbeziehungen zwischen zwei verschiedenen Gruppen
von Pflichtteilnehmern am ÄBD betroffen. Zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen durch unterschiedliche Gerichtsbarkeiten
sei es Aufgabe der Sozialgerichtsbarkeit, die Rechtmäßigkeit der BDO betreffend die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Vertragsund Privatärzte im ÄBD zu beurteilen und dabei inzident
auch die Rechtmäßigkeit anderer streitentscheidender Normen zu prüfen.
II
Die weitere Beschwerde, über die der Senat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§
12 Abs
1 Satz 2, §
153 Abs
1, §
165 SGG), ist nach §
177 und §
202 SGG iVm §
17a Abs
4 Satz 4
GVG statthaft, weil das LSG den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das BSG bindend ist (§
202 SGG iVm §
17a Abs
4 Satz 6
GVG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§§
172,
173 SGG).
In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde des Klägers als unbegründet. Nach §
202 SGG iVm §
17a Abs
2 Satz 1
GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich
an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig,
wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, nicht
eröffnet ist (BSG Beschluss vom 4.4.2012 - B 12 SF 1/10 R - SozR 4-1720 § 17a Nr 9 RdNr 7; BVerwG Beschluss vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - Buchholz 300 §
17a GVG Nr 5 = NVwZ 1993, 358 mwN). Ist das nicht der Fall, entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach §
17 Abs
2 Satz 1
GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.
Das LSG hat auf der Grundlage der von ihm vorgenommenen Anwendung und Auslegung des Heilberufsgesetzes, der BO und der BDO zutreffend angenommen, dass für Streitigkeiten über die Teilnahme am ÄBD der Beklagten einschließlich der Verpflichtung zur
Kostenbeteiligung der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist.
Bei dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch (dazu 1.) handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (dazu 2.), für die aber gemäß §
51 Abs
1 Nr
2 SGG als Angelegenheit der GKV der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist (dazu 3.).
1. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Zulässigkeit des Rechtsweges ist die Natur des im Sachvortrag dargestellten Rechtsverhältnisses,
aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (GmSOGB Beschluss vom 4.6.1974 - GmS-OGB 2/73 - BSGE 37, 292 = SozR 1500 § 51 Nr 2 S 2). Abzustellen ist auf den Streitgegenstand (GmSOGB Beschluss vom 29.10.1987 - GmS-OGB 1/86 - SozR 1500 § 51 Nr 47 S 83), dh den prozessualen Anspruch, der durch den zur Begründung vorgetragenen tatsächlichen Lebenssachverhalt (Klagegrund) näher
bestimmt wird (stRspr zB BSG Beschluss vom 4.4.2012 - B 12 SF 1/10 R - SozR 4-1720 § 17a Nr 9 RdNr 9; BSG Beschluss vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R - SozR 4-3500 § 75 Nr 5 RdNr 7; BVerwG Beschluss vom 21.11.2016 - 10 AV 1/16 - BVerwGE 156, 320 RdNr 11; BVerwG Beschluss vom 28.10.2019 - 10 B 21/19 - Buchholz 404 IFG Nr 35 = juris RdNr 7; vgl auch BGH Urteil vom 25.2.1993 - III ZR 9/92 - BGHZ 121, 367, 372 f). Dieser ist auf der Grundlage des Klagebegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts zu ermitteln.
Die Zuordnung des Rechtsschutzbegehrens zu einer Gerichtsbarkeit wird dabei grundsätzlich vom klägerischen Vortrag bestimmt.
Ist das Rechtsschutzbegehren auf die Abwehr eines Verlangens der beklagten Partei im Sinne der Anfechtung eines Verwaltungsaktes,
eines geltend gemachten Unterlassungsanspruchs oder einer negativen Feststellungsklage gerichtet, kann das Vorbringen der
beklagten Partei nicht außer Acht gelassen werden. Das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsverhältnis wird in Abwehrsituationen
durch den von der beklagten Partei geltend gemachten Anspruch bestimmt (GmSOGB Beschluss vom 29.10.1987 - GmS-OGB 1/86 - SozR 1500 § 51 Nr 47 S 83 zur negativen Feststellungsklage; so auch zur Abwehr des Schadensersatzanspruchs einer Pflegekasse BSG Beschluss vom 21.7.2016 - B 3 SF 1/16 R - SozR 4-1500 § 51 Nr 16 RdNr 9). Anders ausgedrückt: Streitgegenstand ist in einer solchen Konstellation das Rechtsverhältnis, dessen Nichtbestehen der Kläger
bzw der Antragsteller festgestellt wissen möchte (BVerwG Beschluss vom 22.2.1998 - 6 P 3/97 - Buchholz 300 §
17a GVG Nr 14 = juris RdNr 10).
Ohne Bedeutung für die Beurteilung des streitigen Rechtsverhältnisses sind die Rechtsfolgen/Wirkungen, die eine erfolgreiche
Klage auslösen würde, selbst wenn solche in Rechtsbereichen eintreten, für die ein anderer Rechtsweg eröffnet wäre. Gleiches
gilt für den Einfluss etwaiger Vor- oder Folgefragen. Auch Fragen aus - rechtswegfremden - Bereichen, die dem eigentlichen
Streitgegenstand "vorgelagert" oder "nachgelagert" und weiter zu prüfen sind, berühren die - nach den oben genannten Grundsätzen
zu treffende - Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit nicht (GmSOGB Beschluss vom 29.10.1987 - GmS-OGB 1/86 - SozR 1500 § 51 Nr 47 S 83; BSG Beschluss vom 10.12.2015 - B 12 SF 1/14 R - SozR 4-1720 § 17a Nr 14 RdNr 11). Grundsätzlich kommt dem für den Streitgegenstand zuständigen Gericht auch die "Vorfragen-" und "Nachfragenprüfungskompetenz"
zu, wenn für diese Fragen als solche eigentlich ein anderer Rechtsweg eröffnet wäre (§
17 Abs
2 Satz 1
GVG; BSG Beschluss vom 10.12.2015, aaO).
Die Beklagte hat im Schreiben vom 15.5.2019 und in dem vom Kläger angefochtenen Beitragsbescheid vom 18.9.2019 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2019 die Verpflichtung aller niedergelassenen Ärzte betont, sich an der Finanzierung
des allein von ihr - der KÄV - organisierten Bereitschaftsdienstes zu beteiligen. Diese Verpflichtungen ergeben sich aus §
23 Nr 2 Heilberufsgesetz, § 26 BO und § 8 BDO; auf die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Regelungen in ihrem Zusammenwirken zielt das Anfechtungsbegehren des Klägers.
Das hat er mit seiner Anfechtungsklage hinreichend deutlich gemacht.
2. Nach §
40 Abs
1 Satz 1
VwGO ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher
Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Bei der
in Rede stehenden Streitigkeit handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art
iS des §
40 Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
VwGO, für die grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn der vorgetragene
Lebenssachverhalt nach Normen des öffentlichen Rechts zu beurteilen ist (Sodan in Sodan/Ziekow,
VwGO, 5. Aufl 2018, §
40 RdNr 266).
Die für das von der Beklagten festgestellte und vom Kläger in Frage gestellte Rechtsverhältnis maßgeblichen Normen sind solche
des öffentlichen Rechts. Das gilt unabhängig von ihrer Qualifizierung als formelles Gesetz (§ 23 Heilberufsgesetz), Satzung der Ärztekammer (§ 26 BO) oder satzungsrechtliche Regelung der beklagten KÄV (BDO). Diese Vorschriften normieren in ihrem Zusammenwirken Verpflichtungen des klagenden Arztes, die die beklagte Körperschaft
mit hoheitlichen Mitteln (Erlass von Verwaltungsakten zur einzelfallbezogenen Heranziehung zum Dienst und zur Kostenbeteiligung)
durchsetzen kann. In Anwendung dieser Normen steht der Kläger zur Beklagten in einem Über-/Unterordnungsverhältnis, was den
öffentlich-rechtlichen Charakter der Nomen begründet (ua GmSOGB Beschluss vom 10.7.1989 - GmS-OGB 1/88 - SozR 1500 § 51 Nr 53 = NJW 1990, 1527). Die Beteiligten stellen deshalb zutreffend den öffentlich-rechtlichen Charakter des Verfahrens nicht in Frage.
3. Der Rechtsstreit wird jedoch von der in §
51 Abs
1 Nr
2 SGG geregelten abdrängenden Sonderzuweisung an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit erfasst.
a) Nach §
51 Abs
1 Nr
2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV,
auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Davon ausgenommen sind nach §
51 Abs
3 SGG die - hier nicht vorliegenden - Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach §
69 SGB V betreffen.
Die Zuweisung nach §
51 Abs
1 Nr
2 SGG erfasst alle Rechtsstreitigkeiten, bei denen die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im Recht der GKV haben
kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
51 RdNr 14). Angelegenheiten der GKV sind Streitigkeiten, die entweder die versicherungs- oder leistungsrechtlichen Beziehungen der Krankenkassen
zu ihren Mitgliedern und zu den Leistungserbringern auf der Grundlage des
SGB V (Flint in jurisPK-
SGG, 1. Aufl 2017, §
51 SGG RdNr 91; Groß in Berchtold,
SGG, 6. Aufl 2021, § 51 RdNr 6, 7) oder auch die Beziehungen der Leistungserbringer untereinander betreffen (BSG Urteil vom 15.3.2017 - B 6 KA 35/16 R - BSGE 126, 1 = SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr
12, RdNr
19). Von §
51 Abs
1 Nr
2 SGG erfasst wird, wie sich bereits aus §
57a SGG ergibt, das gesamte Vertragsarztrecht (ua Flint, aaO, §
51 RdNr 96 ff). Dazu gehören auch die Rechtsbeziehungen der KÄV zu ihren Mitgliedern (§
77 Abs
3 SGB V) sowie zu sonstigen Leistungserbringern, die innerhalb des vertragsärztlichen Systems Leistungen erbringen und über die KÄV
abrechnen (inzident BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1; BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13; BSG Urteil vom 17.7.2013 - B 6 KA 34/12 R - SozR 4-2500 § 81 Nr 6; BSG Urteil vom 12.12.2018 - B 6 KA 50/17 R - BSGE 127, 109 = SozR 4-2500 § 95 Nr 35). Das betrifft demnach alle Streitigkeiten, die die Eingliederung von Ärzten in das System der vertragsärztlichen Versorgung
zum Gegenstand haben, für das die Krankenkassen als Träger der GKV den Versicherten kraft Gesetzes die Leistungen zur Verfügung
zu stellen haben (BSG Beschluss vom 16.8.2000 - B 6 SF 1/00 R - SozR 3-1500 § 51 Nr 26 S 71; BSG Urteil vom 21.3.1984 - 6 RKa 45/82 - BSGE 56, 215, 216 f = SozR 1500 § 12 Nr 2 S 2).
In Fällen, in denen nicht unmittelbare Rechtsfolgen aus der Anwendung von Normen des Rechts der GKV streitgegenständlich sind,
ist die Auslegung der Zuweisung in §
51 Abs
1 Nr
2 SGG an einer sach- und interessengerechten Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte
auszurichten. Auch wenn im Interesse der Rechtsschutzsuchenden zwar Klarheit über den einzuschlagenden Rechtsweg bestehen
muss (BVerwG Urteil vom 24.5.1972 - I C 33.70 - BVerwGE 40, 112, 114) und die Annahme oder die Ausweitung einer Sonderzuweisung kraft Sachnähe ausscheidet (BVerwG Beschluss vom 2.7.1979 - I C 9.75 - BVerwGE 58, 167, 170; BVerwG Urteil vom 27.4.1984 - 1 C 10/84 - BVerwGE 69, 192, 197), ist eine enge Auslegung von Sonderzuweisungen aus §
40 Abs
1 Satz 1
VwGO nicht abzuleiten (BSG Beschluss vom 1.4.2009 - B 14 SF 1/08 R - SozR 4-1500 § 51 Nr 6 RdNr 15; BVerwG Urteil vom 27.9.1962 - I C 51.61 - BVerwGE 15, 34, 36; BVerwG Urteil vom 5.5.1983 - 5 C 52/81 - NJW 1984, 191; BFH Beschluss vom 10.9.1991 - VII B 143/91 - BFHE 165, 315, 318; Sodan in Sodan/Ziekow,
VwGO, 5. Aufl 2018, §
40 RdNr 482; Rennert in Eyermann,
VwGO, 15. Aufl 2019, §
40 RdNr 100; Ruthig in Kopp/Schenke,
VwGO, 26. Aufl 2020, §
40 RdNr 4). Orientiert am erkennbaren Willen des Gesetzgebers, eine bestimmte Rechtsmaterie in ihrer Gesamtheit einer anderen Gerichtsbarkeit
als der Verwaltungsgerichtsbarkeit zuzuweisen, sollen mit sinnvollen Zuständigkeitskonzentrationen nach dem Grundsatz des
Sachzusammenhangs unbefriedigende Rechtswegspaltungen vermieden werden (BSG Beschluss vom 1.4.2009 aaO; BVerwG Urteil vom 8.11.1961 - VI C 231.58 - BVerwGE 13, 150, 153; BVerwG Urteil vom 16.3.1965 - I C 78.64 - BVerwGE 20, 334, 339; BVerwG Urteil vom 3.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255, 260; BGH Urteil vom 10.1.1984 - VI ZR 297/81 - BGHZ 89, 250, 256 f; Ruthig, aaO, RdNr 49c; Rennert, aaO).
b) Auch die Reichweite einer abdrängenden Sonderzuweisung richtet sich ebenso wie die Einordnung der Streitigkeit als öffentlich-rechtlich
oder zivilrechtlich zunächst nach dem Streitgegenstand, der durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den
Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Lebenssachverhalts festgelegt wird (zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff; ua BVerwG Urteil vom 10.5.1994 - 9 C 501/93 - BVerwGE 96, 24, 25 = Buchholz 310 §
121 VwGO Nr 68; BSG Beschluss vom 22.4.2008 - B 1 SF 1/08 R - SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26; BSG Beschluss vom 21.7.2016 - B 3 SF 1/16 R - SozR 4-1500 § 51 Nr 16 RdNr 8). Maßgeblich ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge wesentlich
von Bestimmungen des Sozialrechts, hier des Rechts der GKV, geprägt ist oder von Bestimmungen, für die der Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten gegeben ist. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch beinhaltet dabei nicht die zur Begründung vorgetragene
Anspruchsgrundlage oder Norm (Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll,
VwGO, 7. Aufl 2018, §
121 RdNr 13).
Bei der vom Kläger erhobenen Klage handelt es sich um eine Anfechtungsklage, deren Streitgegenstand die Aufhebung des angefochtenen
Beitragsbescheides ist (vgl §
113 Abs
1 Satz 1
VwGO; so auch ohne ausdrückliche Regelung im sozialgerichtlichen Verfahren Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
131 RdNr 3a), mithin um eine Abwehrkonstellation.
c) Die Rechtsnormen, aus denen die Beklagte in dem angefochtenen Beitragsbescheid vom 18.9.2019 Rechtsfolgen zulasten des
Klägers im Hinblick auf dessen Eingliederung in den ÄBD abgeleitet hat, sind dem Recht der Krankenversicherung zuzuordnen.
aa) Wenn eine Behörde einen Sachverhalt erkennbar durch Verwaltungsakt regelt, ist dagegen eine Anfechtungsklage auch dann
zulässig, wenn Zweifel daran bestehen, ob tatsächlich ein Verwaltungsakt vorliegt und vor allem, ob die Behörde durch Verwaltungsakt
handeln darf. Das gilt zunächst in Abgrenzung von privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Handeln der Träger von hoheitlicher
Gewalt. Insoweit darf die Frage, wie gehandelt worden ist, nicht mit der Frage verwechselt werden, ob so hat gehandelt werden
dürfen (Ehlers/Schneider in Schoch/Schneider/Bier,
VwGO, Stand Januar 2020, §
40 RdNr 242). Dieser dem Rechtsschutz des Betroffenen dienende Gedanke kann aber auch für die Abgrenzung der gerichtlichen Zuständigkeiten
herangezogen werden. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden über die Pflicht auch der niedergelassenen Privatärzte
zur Beteiligung an den Kosten des Bereitschaftsdienstes unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie in Ausführung des
ihr nach §
75 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrages und in Umsetzung der oben näher erläuterten Vorschriften von Heilberufsgesetz, BO und
BDO die niedergelassenen Ärzte, auch soweit sie nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, im Hinblick auf die Mitwirkung
am Bereitschaftsdienst wie Vertragsärzte behandeln will und muss. Ob die Beklagte als Selbstverwaltungskörperschaft des Sozialversicherungsrechts
so handeln darf, ist in der Sache der Gegenstand des Verfahrens. Darüber ist jedenfalls in der hier vorliegenden Abwehrkonstellation
durch die Gerichtsbarkeit zu entscheiden, die ausschließlich für das öffentlich-rechtliche Handeln der KÄVen zuständig ist,
nämlich der Sozialgerichtsbarkeit. Dass die beklagte KÄV keine originäre Zuständigkeit für das ärztliche Berufsrecht hat und
ihr eine solche auch nicht durch die Ärztekammer übertragen worden ist, liegt auf der Hand. Ob die Beklagte als sozialversicherungsrechtlich
verfasste Körperschaft auf der Grundlage der hier umstrittenen Vorschriften berufsrechtliche Verpflichtungen der niedergelassenen
Ärzte umsetzen kann, darf jedoch nicht vorab durch die Klärung des Rechtsweges präjudiziert werden. Darauf läuft das Vorbringen
des Klägers aber hinaus: Weil die Beklagte aus seiner Sicht keine Entscheidungen zu seiner Mitwirkung am Notdienst treffen
darf, soll der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben sein. Damit wäre aus der Sicht des Klägers mit der Entscheidung
für den richtigen Rechtsweg der Rechtsstreit auch schon in der Sache entschieden. Das ist nicht Sinn der Prüfung der Rechtswegzuständigkeit.
bb) Auch ungeachtet dieser eher formalen Erwägungen ist hier eine Streitigkeit in Angelegenheiten der GKV iS des §
51 Abs
1 Nr
2 SGG gegeben. Der hessische Gesetzgeber hat mit §
23 Nr
2 Heilberufsgesetz eine eigenständige, über das allgemeine ärztliche Berufsrecht hinausgehende Regelung getroffen. Er hat die
seit Jahrzehnten dort und in der (Muster-)BO für die Ärztinnen und Ärzte (§ 26) normierte generelle Verpflichtung aller in niedergelassener Praxis tätigen Ärzte zur Mitwirkung an der Notfallversorgung
in dreifacher Hinsicht konkretisiert und erweitert. Zunächst hat er bestimmt, dass sich auch die niedergelassenen Ärzte, die
nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, an dem von der KÄV organisierten Bereitschaftsdienst beteiligen müssen.
Weiterhin ist der Landesärztekammer die Möglichkeit genommen worden, einen eigenen Dienst zu organisieren, mit der KÄV bei
der Verabschiedung einer BDO zusammenzuwirken und auf die einzelfallbezogene Einteilung von Ärzten - etwa durch das Erfordernis eines Einvernehmens bei
Privatärzten - Einfluss zu nehmen. Schließlich ist die Berechtigung der KÄV normiert worden, auch Nichtvertragsärzte im Rahmen
einer Zwangsabgabe zur Finanzierung des Dienstes heranzuziehen.
Der Schwerpunkt der Neuregelung liegt vor dem Hintergrund der Entwicklung des Rechts des Bereitschaftsdienstes in den letzten
Jahrzehnten bei der Bündelung aller Kompetenzen für den Dienst bei der KÄV, nicht bei der spezifisch berufsrechtlichen Frage,
ob auch niedergelassene Ärzte ohne Kassenzulassung an der Notfallversorgung mitwirken müssen. Diese Verpflichtung ergab sich
schon immer aus § 26 der (Muster-)BO für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte, die durch Beschluss des 114. Deutschen
Ärztetages 2011 so geändert worden ist, dass pauschal auf die Heilberufsgesetze der Länder verwiesen wird. Eine inhaltliche
Änderung des geltenden Rechts war damit nicht verbunden (Lippert in Ratzel/Lippert/Prütting, MBO, 7. Aufl 2018, S 403). Für sich genommen stellt der Kläger diese selbstverständliche berufsrechtliche Verpflichtung auch nicht in Abrede, sondern
macht nur geltend, hinsichtlich der Mitwirkung an der Notfallversorgung Verpflichtungen nur gegenüber seiner Ärztekammer und
nicht gegenüber der KÄV zu haben.
Mit der Änderung des § 23 Heilberufsgesetz und deren Umsetzung durch § 26 BO ist die Organisation (auch) der Mitwirkung von
Nichtvertragsärzten am Bereitschaftsdienst vollständig zu einer Aufgabe der KÄV gemacht worden. Damit hat der Landesgesetzgeber
dem Umstand Rechnung getragen, dass kraft Bundesrechts der KÄV die Sicherstellung der Versorgung der Versicherten auch zu
den sprechstundenfreien Zeiten obliegt (§
75b Abs
1 SGB V) und dass die Versicherten in Notfällen auch Nichtvertragsärzte in Anspruch nehmen dürfen (§
76 Abs
1 Satz 2
SGB V). Das hat in prozessualer Hinsicht die Konsequenz, dass die Streitverfahren, die sich aus der Konzentration aller Zuständigkeiten
im Zusammenhang mit dem ÄBD ergeben, Angelegenheiten der Krankenversicherung iS des §
51 Abs
1 Nr
2 SGG sind.
cc) Diese Rechtsfolge ist nie in Zweifel gezogen worden für Streitverfahren, die die Vergütung von Notfallbehandlungen durch
Nichtvertragsärzte betreffen (zuletzt Senatsurteil vom 13.5.2020 - B 6 KA 6/19 R - SozR 4-2500 § 106d Nr 8 RdNr 20; Senatsurteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 6/18 R - SozR 4-2500 § 76 Nr 5 RdNr 17). Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte, die nicht Mitglieder einer KÄV sind, rechnen diese Leistungen gegenüber der KÄV
ab; diese prüft sie nicht anders als vertragsärztliche Abrechnungen, kann sie berichtigen und erlässt Honorarbescheide. Diese
können (nur) von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit überprüft werden. Privatärzte, die Versicherte der Krankenkassen
in Notfällen behandeln, erhalten von diesen keine Vergütung, sondern sind auf die Abrechnung gegenüber der KÄV verwiesen,
ohne ihr anzugehören. Die prozessuale Folge dieser bundesrechtlichen Einbeziehung aller niedergelassenen Ärzte in die Erbringung
und Abrechnung von Notfällen, nämlich der Rechtsweg zu den Sozialgerichten, ist in diesem Zusammenhang kaum ausdrücklich thematisiert
worden, ist aber zwingend. Die auf dem Kompetenztitel des Art
74 Nr 12
GG beruhende Entscheidung des Bundesgesetzgebers für die Erstreckung der Sicherstellungspflicht der KÄV auch auf den Notdienst
und für die Einbeziehung nicht zugelassener Ärzte in die Notfallversorgung (Senatsurteile vom 19.8.1992 - 6 RKa 6/91 - BSGE 71, 117 = SozR 3-2500 § 120 Nr 2 und vom 28.10.1992 - 6 RKa 2/92 - SozR 3-2500 § 75 Nr 2) ordnet den Bereitschaftsdienst für die Versicherten der Krankenkassen dem Recht der GKV auch iS des §
51 Abs
1 Nr
2 SGG zu.
Aus der Mitwirkung von Nichtvertragsärzten an einem von der KÄV allein organisierten Bereitschaftsdienst folgt im Übrigen
die Berechtigung der KÄV, auch solche Ärzte zu einem Betriebskostenanteil heranzuziehen (Senatsurteil vom 17.7.2013 - B 6 KA 34/12 R - SozR 4-2500 § 81 Nr 6). Der Streit darüber betrifft eine Angelegenheit der Krankenversicherung und speziell des Vertragsarztrechts iS des §
10 Abs
2 SGG. Von dem am 17.7.2013 zur Rechtslage auch in Hessen vom Senat entschiedenen Fall unterscheidet sich die hier zu beurteilende
Konstellation dadurch, dass der damalige Kläger sich gegenüber der KÄV zur Mitwirkung am Bereitschaftsdienst freiwillig bereit
erklärt hatte, während hier gerade eine dahingehende Verpflichtung in Rede steht. Das kann aber auf die Zuordnung des Rechtsstreits
zu den Angelegenheiten nach §
51 Abs
1 Nr
2 SGG keinen Einfluss haben. Die Reichweite der Kompetenz der KÄV bei der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten in Notfällen
und die Frage, ob insoweit Nichtvertragsärzte nur freiwillig in den organisierten Notdienst einbezogen oder aber auch gegen
deren Willen dazu herangezogen werden können, betrifft die GKV. Ob zwischen einer KÄV und einem Arzt, der nicht zugelassen
ist, Streit über die Reichweite einer Teilnahmeerklärung zum ÄBD oder über eine Mitwirkungspflicht an sich besteht, beeinflusst
die gerichtliche Zuständigkeit für die Entscheidung nicht. In beiden Konstellationen geht es um die Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes,
die bundesrechtlich der KÄV als Selbstverwaltungskörperschaft des Sozialversicherungsrechts zugewiesen ist.
Der Streit darüber, ob der hessische Gesetzgeber zur Konkretisierung der allgemeinen berufsrechtlichen Verpflichtung aller
niedergelassenen Ärzte zur Mitwirkung an der Notfallversorgung im Sinne einer Eingliederung in den von der KÄV organisierten
Bereitschaftsdienst berechtigt war, betrifft deshalb schwerpunktmäßig das Krankenversicherungsrecht, auch wenn das nicht von
Art
74 Abs
1 Nr
12 GG erfasste ärztliche Berufsrecht dadurch berührt wird. Dass den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht generell die Entscheidung
auch berufsrechtlicher Fragen verwehrt ist, ergibt sich im Übrigen aus der Rechtsprechung des Senats zum Ausschluss der Honorierung
vertragsärztlicher Leistungen, die der Arzt außerhalb seines Fachgebietes erbracht hat (zuletzt Senatsurteil vom 15.7.2020 - B 6 KA 19/19 R - SozR 4-2500 § 135 Nr 30, zu einer qualifikationsbezogenen Genehmigung für fachfremde Leistungen). Die Abgrenzung der Fachgebiete erfolgt dabei auf der Grundlage des ärztlichen Weiterbildungsrechts, ohne dass Zweifel bestehen
könnten, dass insoweit die Zuständigkeit der Sozialgerichte gegeben ist.
dd) Die Zuständigkeit der Sozialgerichte für die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Teilnahme von Nichtvertragsärzten an
einem allein von der KÄV organisierten Bereitschaftsdienst ist nicht auf die Überprüfung von einzelfallbezogenen Einteilungsentscheidungen
auf der Grundlage des § 3 BDO und von Kostenbescheiden auf der Grundlage des § 8 BDO beschränkt, sondern erfasst auch die in mehreren anderen Verfahren umstrittene Grundsatzfrage, ob Nichtvertragsärzte überhaupt
in einen von der KÄV getragenen Dienst einbezogen werden dürfen. Ob ein nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender
Arzt einen Einteilungsbescheid der KÄV für einen bestimmten Tag allein mit der Begründung angreift, die damit verbundene Belastung
sei im Vergleich zu anderen Ärzten zu hoch, oder auch bzw ausschließlich mit der Begründung, die KÄV dürfe ihm gegenüber unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt hoheitlich handeln, ändert an der Zuordnung eines entsprechenden Verfahrens zu den Angelegenheiten
der Krankenversicherung nichts. Mit der Gestaltung der Begründung eines Anfechtungsbegehrens oder einer anfechtungs- ähnlichen
negativen Feststellungsklage kann der Kläger auf die Rechtsnatur seines Klagebegehrens und die darauf beruhende gerichtliche
Zuständigkeit grundsätzlich keinen Einfluss nehmen.
Sähe man im Sinne der Rechtsauffassung der 11. Kammer des SG Marburg - anders die 12. Kammer im Beschluss vom 3.6.2020 (S 12 KA 305/19) - für alle den Bereitschaftsdienst der Nichtvertragsärzte betreffenden Streitverfahren den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten
für gegeben an, würde das dem Ziel der Neuregelung des Bereitschaftsdienstes in Hessen zuwider laufen. Da für alle die Teilnahme
der Vertragsärzte an diesem Dienst betreffenden Streitverfahren an der Zuständigkeit der Sozialgerichte nicht gezweifelt werden
kann, käme es dann nämlich zwangsläufig zu einem Nebeneinander von Entscheidungen zweier Gerichtsbarkeiten zu identischen
Fragestellungen. Wenn etwa Vertragsärzte und Ärzte wie der Kläger einem bestimmten räumlich beschriebenen Notdienstbezirk
zugeordnet sind und beide den Zuschnitt dieses Bezirks für fehlerhaft halten, könnten dazu gegenläufige Entscheidungen des
SG Marburg und des jeweils örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts ergehen. Die
VwGO kennt im Übrigen keine der Regelung des §
57a Abs
2 SGG entsprechende Konzentration der örtlichen Zuständigkeit auf ein Verwaltungsgericht. Nach §
52 Nr
3 Satz 2
VwGO ist dann, wenn der Verwaltungsakt von einer Behörde erlassen worden ist, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichte
erstreckt, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Da sich
die Zuständigkeit der KÄV auf die Bezirke aller fünf Hessischen Verwaltungsgerichte (Darmstadt, Frankfurt, Gießen, Kassel
und Wiesbaden) erstreckt und in allen Bezirken dieser Gerichte Ärzte niedergelassen sind, sind auch insoweit unterschiedliche
Entscheidungen möglich. Die
VwGO verfolgt mit der Regelung des §
52 Nr 3 Satz 2
VwGO ausdrücklich die Ziele der Dezentralisierung und der Ortsnähe des Verwaltungsgerichts (Ziekow in Sodan/Ziekow,
VwGO, 5. Aufl 2018, § 52 RdNr 25). §
57a Abs
2 SGG liegt demgegenüber die prinzipiell gegenläufige Wertung zugrunde, dass nämlich für die Überprüfung von Entscheidungen der
KÄV regelmäßig nur ein Sozialgericht zuständig ist, damit widersprechende Entscheidungen möglichst vermieden werden.
Wenn das Hessische LSG und der Hessische VGH keinen Konsens erzielen würden, könnte dieser Zustand nicht überwunden werden. Weil die insoweit maßgebliche BDO kein Bundesrecht iS des §
162 SGG bzw §
137 VwGO ist, käme eine Klärung durch ein Revisionsgericht kaum in Betracht. Gerade eine solche Rechtszersplitterung bei dem für die
Versicherten sehr wichtigen Bereitschaftsdienst wollte der hessische Gesetzgeber mit der Neufassung des § 23 Heilberufsgesetz
verhindern. Das "bunte" Regelungsgeflecht zum Bereitschaftsdienst mit "Gemeinsamen" Notdienstordnungen von Ärztekammer und
KÄV und mit Zuständigkeit etwa einer Bezirksärztekammer auch gegenüber Vertragsärzten (instruktiv die Darstellung der normativen Vorgaben und Zuständigkeiten im Senatsurteil vom 28.10.1992 - 6 RKa 2/92 - SozR 3-2500 § 75 Nr 2), hat erkennbar nicht zur Qualität und Akzeptanz des vertragsärztlichen Notdienstes beigetragen. Es kann dem hessischen Gesetzgeber
nicht unterstellt werden, dass er mit der Überwindung dieses Zustandes durch Schaffung einer klaren organisatorischen Verantwortung
allein bei der KÄV nun eine Spaltung der Kompetenzen bei der gerichtlichen Überprüfung schaffen oder auch nur in Kauf nehmen
wollte, die in ihren Auswirkungen nicht hinter der gespaltenen Zuständigkeit auf der Ebene der Verwaltung zurückbleiben würde.
ee) Eine Aufteilung der gerichtlichen Zuständigkeiten in der Weise, dass zunächst die Verwaltungsgerichte über die Grundsatzfrage
der Einbeziehung der Nichtvertragsärzte entscheiden, während für die Umsetzung - Einteilung zu einem bestimmten Dienst - die
Sozialgerichte zuständig wären, führt zu keinem tragfähigen Lösungsweg. Praktische Auswirkungen könnte diese Aufteilung von
vornherein nur haben, wenn die "Grundsatzentscheidung" der Verwaltungsgerichte alle niedergelassenen Ärzte und die KÄV in
allen Fällen binden würde. Das ist aber nicht der Fall, weil eine derartige inter-omnes-Wirkung nur von einer Normenkontrollentscheidung
des Hessischen VGH auf der Grundlage des §
47 Abs
1 Nr
2 VwGO ausgehen könnte, die hier nicht in Rede steht. Im Übrigen widerspricht die Idee der Aufteilung der Zuständigkeit nach dem
Maßstab der Grundsätzlichkeit dem Prinzip, dass der zuständige gesetzliche Richter prinzipiell mit Eingang der Klage feststehen
muss. Darauf hat der Senat zuletzt im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Angelegenheiten des Vertragsarztrechts und der Vertragsärzte
nach §
12 Abs
3 SGG ausdrücklich hingewiesen (Urteil vom 11.12.2019 - B 6 KA 23/18 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 62 RdNr 12 f). Weder einer Klageschrift noch der Klagebegründung eines Nichtvertragsarztes gegen eine Entscheidung der KÄV im Rahmen des
ÄBD lässt sich immer verlässlich entnehmen, ob die Grundsatzfrage der Zulässigkeit der Kompetenzübertragung auf die KÄV aufgeworfen
oder "nur" die Überprüfung einer Einzelzuteilung eines bestimmten Dienstes begehrt wird. Im Übrigen kann der Kläger die Begründung
während des Klageverfahrens ändern, etwa in einem als "Grundsatzverfahren" beim Verwaltungsgericht anhängigen Prozess auf
die Grundsatzrüge verzichten und nur eine Einzelfallprüfung verlangen; auch das umgekehrte Vorgehen ist nicht schlechthin
ausgeschlossen. Das erhellt, dass insoweit von vornherein keine sinnvolle Abgrenzung möglich wäre.
ff) Selbst wenn entgegen der Auffassung des Senats davon ausgegangen würde, zumindest die hier erhobene Klage wäre von der
Sonderzuweisung des §
51 Abs
1 Nr
2 SGG nicht erfasst, wäre nicht im Sinne der Auffassung des Klägers evident, dass darüber nur die Verwaltungsgerichte entscheiden
könnten. Das Gegenteil folgt aus §
40 Abs
1 Satz 2
VwGO. Danach können öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz
zugewiesen werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
51 RdNr 37). Eine solche Zuweisung setzt voraus, dass sie als solche bezeichnet und erkennbar ist (BVerwG Urteil vom 24.5.1972 - I C 33.70 - BVerwGE 40, 112, 114; Ehlers/Schneider in Schoch/Schneider/Bier,
VwGO, Stand Januar 2020, §
40 RdNr 486, 494; Rennert in Eyermann,
VwGO, 15. Aufl 2019, §
40 RdNr 102).
Weder § 23 Nr 2 Heilberufsgesetz noch § 26 BO sehen explizit eine Zuweisung von Rechtsstreitigkeiten an ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit
vor. Eine ausdrückliche Zuweisung berufsrechtlicher Streitigkeiten an ein anderes Gericht ist allein für die Ahndung des Verstoßes
gegen Berufspflichten in § 49 Abs 1 Heilberufsgesetz geregelt. Daraus haben das LSG und der Kläger zutreffend abgeleitet,
dass die Zuständigkeit der Sozialgerichte hier nicht auf eine landesgesetzliche Zuweisung gestützt werden kann. Der Senat
entnimmt der Regelung des §
40 Abs
1 Satz 2
VwGO aber den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, dass es im Interesse der Sicherung einer einheitlichen gerichtlichen Zuständigkeit
für eine bestimmte Thematik bundesrechtlich nicht ausgeschlossen ist, die besonderen Verwaltungsgerichte (Sozialgerichte,
Finanzgerichte) oder Berufsgerichte für zuständig zu erklären. Dass der hessische Gesetzgeber davon hier keinen Gebrauch gemacht
hat, mag darauf beruhen, dass dazu kein Anlass gesehen wurde. Zweifel an der Zuständigkeit der Sozialgerichte in Anwendung
einer nur von der KÄV erlassenen BDO sind in der Rechtsprechung bislang nicht artikuliert worden. Den gerichtlichen Entscheidungen (BVerwG Urteil vom 9.6.1982 - 3 C 21/81 - BVerwGE 65, 362; BVerwG Beschluss vom 17.9.2009 - 3 B 67/09; VGH Baden-Württemberg Urteil vom 3.11.1998 - 9 S 3399/96 - MedR 1999, 228; OVG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 6.9.2006 - 1 L 93/06; OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 22.6.2009 - 13 A 3775/06 - MedR 2010, 121) lagen Maßnahmen der regional zuständigen Ärztekammern zugrunde (zur Befreiung vom Notfalldienst VGH Baden-Württemberg Urteil vom 3.11.1998 - 9 S 3399/96 - MedR 1999, 228; zur Auskunft über die Abrechnung der Notfallleistungen bei der zuständigen KÄV OVG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 6.9.2006
- 1 L 93/06; VG Gelsenkirchen Beschluss vom 30.8.2018 - 7 L 478/18), die diese teilweise aufgrund eindeutiger Zuständigkeitsregelungen in den gemeinsamen Notdienstordnungen (OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 22.6.2009 - 13 A 3775/06 - MedR 2010, 121, zur Gemeinsamen Notfalldienstordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der KÄV Westfalen-Lippe vom 12.12.2001/26.1.2002:
§ 4 Abs 4 - Zuständigkeit der Ärztekammer für die Entscheidung über Widersprüche gegen Maßnahmen der KÄV) getroffen hatten. Von diesem Organisationsmodell hat sich der hessische Gesetzgeber gerade abgewandt. Wenn der hessische
Gesetzgeber die von ihm ersichtlich gewollte Einheitlichkeit der Rechtsanwendung beim ÄBD durch eine Klarstellung, dass insoweit
für alle Ärzte die Sozialgerichte zuständig sind, abgesichert hätte, hätte das der Beschleunigung der Verfahren gedient. Die
vom Senat nunmehr bejahte Frage, ob sich die Zuständigkeit der Sozialgerichte unabhängig davon aus §
51 Abs
1 Nr
2 SGG ergibt, hätte dann offenbleiben können.
Die - in Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde grundsätzlich erforderliche (BSG Beschluss vom 1.4.2009 - B 14 SF 1/08 R - SozR 4-1500 § 51 Nr 6 RdNr
19,
20) - Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 52 Abs 1 GKG. Es erscheint angemessen, für die Vorabentscheidung über den Rechtsweg von einem Fünftel der bei Eingang der weiteren Beschwerde
streitigen Beitragsforderung (1500 Euro) auszugehen (BSG Beschluss vom 21.7.2016 - B 3 SF 1/16 R - SozR 4-2500 § 51 Nr 16 RdNr 16).