Gründe:
I
Der Kläger begehrt Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 28. Februar 2002 bis 31. Dezember 2004. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob der Kläger auf Grund des bei ihm und seiner Ehefrau vorhandenen Vermögens bedürftig ist.
Der Kläger ist am 16. August 1945 geboren, seine Ehefrau am 30. Juni 1950. Der Kläger bezog bis 27. Februar 2001 Arbeitslosengeld
und hiernach Alhi. Alhi wurde ihm zunächst in Höhe von wöchentlich 593,39 DM unter Berücksichtigung eines Betrags in Höhe
von 14,84 DM wöchentlich gewährt. Ab 1. Januar 2002 bewilligte die Beklagte bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 27.
Februar 2002 dem Kläger Alhi in Höhe von 303,45 _ (Bemessungsentgelt 895,00 _, Leistungsgruppe C, keine Kinder). Der Kläger
beantragte am 1. Februar 2002 die Fortzahlung von Alhi und legte hierzu ua eine Verdienstbescheinigung seiner Ehefrau vor.
Diese ist Eigentümerin zweier Wohnungen in einem Dreifamilienhaus. Die Erdgeschosswohnung mit ca 100 qm Wohnfläche bewohnen
der Kläger und seine Ehefrau, während die Wohnung im 1. Stock (ca 75 qm) vermietet wird. Die Dachgeschosswohnung gehört einem
anderen Eigentümer. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) enthielt eine vom Kläger vorgelegte Aufstellung
über Versicherungen ua folgende Angaben:
Versicherte Person Art der Versicherung Rückkaufswert fällig am
J. , H. Lebensversicherung 39.914,72 1.7.08
J. , H. Lebensversicherung 31.131,43 1.12.05
J. , H. Lebensversicherung 1.568,45 1.12.09
R. , H. Lebensversicherung 1.360,00 1.8.10
R. , H. Rentenversicherung 11.705,10 1.7.15
R. , H. Rentenversicherung 11.269,54 1.7.15
Eine Aufstellung der Konten enthielt ua folgende Angaben (Beträge in DM):
Inhaber/in Art des Kontos Stand 31.12.2001 ggf fällig
J. , H. Girokonto 1.967,74
R. , H. Girokonto 2.026,76
R. , H. Bau-Cashkonto 12.695,44
J. , H. Sparkonto 3.646,86
R. , H. Sparkonto 2.770,48
R. , H. Sparkonto 30,56
R. , H. VL-Sparkonto 1.614,29 1.1.04
R. , H. VL-Investmentkonto 799,99 1.1.07
J. , H. Sparkonto 380,58
J. , H. Fonds-Sparkonto 6.289,42
R. , H. Bausparkonto 39.565,93
R. , H. Darlehenskonto 119.310,46 19.10.08
R. , H. Darlehenskonto 48.879,16 1.3.09
Der Kläger legte ferner eine Nebenkostenaufstellung vor, sowie eine Aufstellung über eine offene Handwerkerrechnung und vorgesehene
Arbeiten im Haus und Garten.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 6. März 2002 den Antrag des Klägers auf Alhi ab. Der Kläger verfüge über ein Vermögen
in Höhe von 122.573,70 _, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Der Kläger sei mithin nicht bedürftig. Unter
Berücksichtigung eines Freibetrags für ihn in Höhe von 29.120,00 _ und für seine Ehefrau in Höhe von 26.520,00 _ verbleibe
ein zu berücksichtigender Betrag in Höhe von 66.933,70 _. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom
28. Mai 2002). Zur Begründung führte sie aus, der Kläger und seine Ehefrau verfügten über eine vermietete Wohnung mit einem
Verkehrswert in Höhe von 113.822,26 _. Setze man hiervon die aktuellen Verbindlichkeiten ab, verbleibe ein Wert von 38.342,05
_. Hinzu kämen Lebens- und Rentenversicherungen im Wert von 49.569,36 _ und Sparguthaben in Höhe von 34.662,29 _. Insgesamt
ergebe sich ein Vermögen von 122.573,70 _, von dem ein Freibetrag in Höhe von 55.640,00 _ abzusetzen sei. Aus dem "anzurechnenden"
Vermögen in Höhe von 66.933,70 _ ergebe sich, dass der Anspruch auf Alhi für 76 Wochen "ruhe".
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 10. Juni 2003 abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass das vorhandene und verwertbare
Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau den zu berücksichtigenden Freibetrag in Höhe von 55.640,00 _ übersteige. Die hiergegen
eingelegte Berufung hat das LSG durch Beschluss gemäß §
153 Abs
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) vom 22. September 2004 zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, nach § 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) (vom 13. Dezember 2001) sei das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen, soweit es den Freibetrag übersteige. Zutreffend
habe die Beklagte für jedes vollendete Lebensjahr 520,00 _ in Abzug gebracht, sodass ein Freibetrag für den Kläger und seine
Ehefrau von insgesamt 55.640,00 _ resultiere. Der erkennende Senat folge hinsichtlich der Berechnung dem Widerspruchsbescheid
der Beklagten. Die vermietete Wohnung habe einen Verkehrswert in Höhe von 113.822,26 _. Hiervon seien die noch offenen Verbindlichkeiten
sowie Darlehen für Renovierung abzuziehen. Es verbleibe ein Wert von 38.342,05 _. Hinzu kämen Lebens- und Rentenversicherungen
im Wert von 49.569,36 _ und Sparguthaben in Höhe von 34.662,29 _. Insgesamt ergebe sich damit ein Vermögen von 122.573,70
_, von dem der Freibetrag abzusetzen sei, sodass ein anzurechnendes "Einkommen" in Höhe von 66.933,70 _ verbleibe. Hinsichtlich
des sicherungshalber abgetretenen Bausparguthabens, das vom SG nur mit einem Teilbetrag in Höhe von 14.000,00 DM als nachweislich zur Sicherung abgetreten anerkannt worden sei, folge dessen
Freigabe im Gegensatz zur Auffassung des SG bei Verkauf der vermieteten Eigentumswohnung und der Rückzahlung der darauf entfallenden Lasten aus dem Verkaufspreis. Soweit
teilweise die Guthaben der Lebens- und Rentenversicherungen derzeit nicht verfügbar oder nur zu ungünstigen Bedingungen verfügbar
sein sollten, liege es an dem Kläger und seiner Ehefrau, die zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs jeweils fehlenden Beträge
dadurch zu erlangen, dass die nach und nach erforderliche Auflösung des zumutbar verwertbaren Anteils des streitbaren Vermögens
so erfolge, dass entweder die günstigsten, oder die später fällig werdenden Anlageformen möglichst lange erhalten blieben.
Soweit der Kläger unter Hinweis auf eine Auskunft des Deutschen Herold vom 20. März 2002 die Auffassung vertrete, dass diese
Lebensversicherung keine vorzeitige Rückkaufsmöglichkeit besitze, könne das dahingestellt bleiben, da es dem Kläger freistehe,
insoweit den Vertrag zu erhalten. Der ihm zugebilligte Freibetrag in Höhe von 55.640,00 _ eröffne ihm insoweit verschiedene
Dispositionsmöglichkeiten. Auch sei die Veräußerung der vermieteten Eigentumswohnung nicht schon deshalb unzumutbar, weil
die Erwerbs- und Renovierungskosten wesentlich höher seien als ein jetzt zu erzielender Verkaufspreis (entsprechend dem Verkehrswert).
Selbst wenn man insoweit die Richtigkeit der Behauptung des Klägers unterstelle, liege die Unwirtschaftlichkeit hier nicht
in einem evtl Verkauf der Eigentumswohnung, sondern im vorhergehenden Kauf, nämlich in der Bezahlung eines Kaufpreises (nebst
sonstiger Erwerbskosten) und der Aufwendung von Renovierungskosten in einer Gesamthöhe, die den späteren Verkehrswert deutlich
überstiegen. Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt habe, der Anspruch des Klägers auf Alhi "ruhe" für 76
Wochen, entspreche dies nicht der Rechtslage. Durch die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Neufassung der AlhiV sei die bisherige Regelung des § 9 AlhiV 2002 entfallen, nach der bei "Anrechnung" von Vermögen die Bedürftigkeit für die Zahl voller Wochen nicht bestanden habe, die
sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergeben habe, nach dem sich die Alhi gerichtet
hätte. Einer Änderung des Widerspruchsbescheides habe es gleichwohl nicht bedurft, da im Verfügungssatz des Widerspruchsbescheides
keine Begrenzung der Berücksichtigung des Vermögens enthalten sei. Ferner liege auch kein Fall der Übergangsvorschrift des
§ 4 AlhiV 2002 vor, da es sich bei der Bewilligung ab 28. Februar 2002 um einen neuen Bewilligungsabschnitt gehandelt habe.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom LSG in dem Beschluss zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung der
§§ 190, 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III), § 4 AlhiV 2002 iVm § 6 AlhiV 1974 sowie der §§ 1 AlhiV 2002 iVm den EG-Richtlinien 2000/43 vom 29. Juni 2002, 2000/78 vom 27. November 2000 und 2000/73 vom 23. September 2002 sowie
einen Verstoß gegen Art
3 Abs
1 und
3, Art
14 Abs
1 und Art
20 Abs
1 Grundgesetz (
GG). Zunächst sei nicht von den Regelungen der AlhiV 2002 auszugehen. Vielmehr finde gemäß § 4 Abs 1 AlhiV 2002 die frühere AlhiV 1974 weiterhin Anwendung. Dies folge auch aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. Juli 2004 (Hinweis auf die
Entscheidung B 11 AL 79/03 R). Dass die für ihn günstigeren Regelungen der AlhiV 1974 weiter gelten müssten, folge darüber hinaus aus der europarechtlich untersagten Altersdiskriminierung. Er sei 1945 geboren,
sodass er im Zeitpunkt der Antragstellung im Februar 2002 56 Jahre alt gewesen sei und damit zu dem arbeitsförderungsrechtlich
besonders geschützten Personenkreis gehört habe. Schließlich folge aus Art
3 Abs
1 GG iVm dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip, dass die AlhiV 1974 für ihn weiter anwendbar sein müsse. Doch auch bei Anwendung der AlhiV 2002 sei die Entscheidung des LSG rechtsfehlerhaft, weil die Berufungsentscheidung die Begriffe der Verwertbarkeit und der offensichtlichen
Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung iS des § 1 Abs 1 und § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 verkenne. Darüber hinaus werde auch der Begriff des Verkehrswerts und die Berücksichtigungspflichtigkeit wesentlicher Änderungen
des Verkehrswerts gemäß § 1 Abs 4 AlhiV 2002 verkannt. Insgesamt sei der Rechtsprechung des BSG der Grundsatz zu entnehmen, dass im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei
der Alhi "kein wirtschaftlicher Ausverkauf" erfolgen dürfe. Insbesondere sei von einem zu hohen Verkehrswert der vermieteten
Eigentumswohnung ausgegangen worden. Soweit das LSG meine, die Unwirtschaftlichkeit des Verkaufs der Eigentumswohnung entstehe
nicht durch den Verkauf selbst, sondern läge im vorherigen Kauf und in der Aufwendung von Renovierungskosten in einer Gesamthöhe,
die den späteren Verkehrswert übersteige, beruhten diese Ausführungen auf einem Missverständnis von Erfahrungssätzen des Immobilienmarkts.
Da eine Veräußerung der vermieteten Eigentumswohnung im Jahre 2002 unter Berücksichtigung der bestehenden Belastungen zu einem
Verlustgeschäft in Höhe eines fünfstelligen Eurobetrags führen würde, sei bei der ihm - dem Kläger - angetragenen Vermögensverwertung
von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen. Des Weiteren habe er bereits vorgetragen, die Lebensversicherungen
in Höhe eines Rückkaufswerts von 31.131,43 DM und 1.568,45 DM stellten Direktversicherungen iS des §
2 Abs
2 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung dar. Über dieses Versicherungsvermögen könne vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht verfügt werden. Die weitere Lebensversicherung
mit einem Rückkaufswert von 39.914,72 DM sei als ergänzende Sicherheit einer Bank zur Sicherung des Kaufpreises für die Anschaffung
der von ihm und seiner Ehefrau selbst bewohnten Eigentumswohnung im Erdgeschoss überlassen worden. Dies sei Bedingung dafür,
dass die selbstgenutzte Wohnung - die ein Schutzgut iS des § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiV 2002 darstelle - weiterhin ungefährdet im Eigentum seiner Ehefrau verbleiben könne. Weiterhin sei das LSG von einem zu niedrigen
Betrag seiner Darlehensschulden ausgegangen.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. September 2004 und das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10.
Juni 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2002 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 28. Februar 2002 längstens bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Beschluss für inhaltlich zutreffend. Zu Recht sei das LSG davon ausgegangen, dass die
Voraussetzungen des § 4 Abs 1 AlhiV 2002 für eine Anwendung der AlhiV 1974 nicht einschlägig seien. Die klägerischen Vermögensgegenstände seien gemäß § 1 Abs 1 AlhiV 2002 verwertbar gewesen, weil diese Vermögensgegenstände belastet und auch verkauft hätten werden können. Auch sei die Verwertung
der Vermögensgegenstände nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 gewesen. Dies folge bereits aus den Tatsachenfeststellungen des LSG, die gemäß §
163 SGG auch für das BSG bindend seien. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, inwieweit diese Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerhaft
zu Stande gekommen seien. Soweit das BSG mittlerweile entschieden habe, dass auch die AlhiV 2002 eine Härtefallklausel entsprechend § 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV 1974 enthalten müsse, könne hieraus kein anderes Ergebnis folgen. Es seien keine Gesichtspunkte für einen Härtefall erkennbar.
Auch das Alter des Klägers führe hier nicht zu einer Bejahung einer Härte, denn das höhere Alter des Antragstellers werde
im Recht der Alhi auch unter Zugrundelegung der AlhiV 1974 allein durch die Höhe der Freibeträge berücksichtigt. Daneben könne eine nochmalige Berücksichtigung des Alters unter
Härtegesichtspunkten nicht in Betracht kommen.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Der Beschluss des LSG beruht auf einer Verletzung des § 1 Abs 1 und § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 (vom 13. Dezember 2001, BGBl I 3734), weil das LSG von einem unzutreffenden Begriffsverständnis des "verwertbaren" Vermögens
und der "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung" von Sachen und Rechten im Sinne der genannten Vorschriften
ausgegangen ist. Auf Grund der Feststellungen des LSG kann nicht abschließend entschieden werden, ob dem Kläger ab 28. Februar
2002 bis längstens 31. Dezember 2004 ein Anspruch auf Alhi zusteht.
Der Kläger hatte nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi gemäß § 190 Abs 1 Nr 1, 2, 3 und 4
SGB III (idF, die die Norm durch das 3.
SGB III-ÄndG vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2624 erhalten hat) erfüllt. Streitig ist die Bedürftigkeit des Klägers gemäß § 190 Abs 1 Nr 4
SGB III. Nach § 193 Abs 1
SGB III (idF des 1.
SGB III-Änderungsgesetz vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970) ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht
auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht.
Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das Vermögen eines Partners die Erbringung
von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs 2
SGB III). Den Einsatz von Vermögen vor dem Bezug von Alhi regelt die auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 206 Nr 1
SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl I 594) erlassene AlhiV (zur Verfassungsgemäßheit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr 1
SGB III vgl bereits das Urteil des Senats vom 27. Mai 2003, BSGE 91, 94 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1; vgl hierzu auch die Urteile des Senats vom 9. Dezember 2004, B 7 AL 30/04 R und B 7 AL 44/04 R - beide zur Veröffentlichung vorgesehen).
Zu Recht hat das LSG zunächst entschieden, dass für den geltend gemachten Anspruch auf Alhi ab 28. Februar 2002 ausschließlich
die Vorschriften der AlhiV 2002 anwendbar sind. Die Übergangsvorschrift des § 4 AlhiV 2002 ist auf den Kläger nicht anwendbar. § 4 AlhiV 2002 bestimmt: "Haben die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe nach § 190 Abs 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Oktober 2001 bis zum 31. Dezember 2001 vorgelegen, gelten mit
Ausnahme des § 9 die Vorschriften der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 7. August 1974 in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung für die Dauer der laufenden Bewilligung mit folgenden
Maßgaben weiter: ...". Die Vorschriften der AlhiV 1974 gelten nach dem Wortlaut des § 4 AlhiV 2002 mithin nur für die "Dauer der laufenden Bewilligung" des Klägers, hier also bis zum 27. Februar 2002, weiter. Für den neuen
Bewilligungsabschnitt ab 28. Februar 2002 galten auch für ihn die Neuregelungen der AlhiV 2002. Auch aus dem Urteil des 11. Senats des BSG vom 14. Juli 2004 (SozR 4-4220 § 4 Nr 1) kann entgegen der Rechtsansicht des
Klägers nichts anderes folgen, weil die dort angestellten rechtlichen Erwägungen zu § 4 AlhiV 2002 ersichtlich eine andere Fallgestaltung - Aufhebung einer Bewilligung von Alhi wegen Bezugs von Übergangsgeld mit anschließender
"Neubewilligung" - betrafen. Die AlhiV 2002 war daher grundsätzlich auf die Prüfung der Bedürftigkeit für den Anspruch des Klägers auf Alhi ab 28. Februar 2002 anzuwenden.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers gegen den Übergang von der AlhiV 1974 zur AlhiV 2002 (Art
3, Art
14, Art
20 GG) teilt der Senat nicht. Der Senat hat in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R) im Einzelnen geprüft und klargestellt, dass die in § 1 Abs 2 AlhiV 2002 vorgesehene Freibetragsregelung von 520,00 _ je vollendetem Lebensjahr pro Partner im Grundsatz nicht zu beanstanden ist
(vgl auch Urteil des Senats vom 27. Januar 2005 - B 7a/7 AL 34/04 R). Die vom Kläger behauptete Altersdiskriminierung - auch
unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorschriften - liegt nicht vor. Vielmehr ist tendenziell davon auszugehen, dass die
AlhiV 2002 jüngere Arbeitslose schlechter stellt, denen seit der Einführung des § 6 Abs 4 in die AlhiV 1974 (durch die 6. Änderungsverordnung der AlhiV vom 18. Juni 1999, BGBl I 1433) ein niedrigerer Freibetrag für Alterssicherungsvermögen zusteht als älteren Arbeitnehmern
(zu dieser "Benachteiligung" jüngerer Arbeitsloser bereits BSGE 91, 94 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1). Der Senat hat allerdings in seinen genannten Urteilen vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R und B 7 AL 44/04 R) gefordert, dass die AlhiV 2002 ebenso wie die AlhiV 2003 eine allgemeine Härtefallklausel enthalten müsse, wie sie bereits in der AlhiV 1974 in § 6 Abs 3 Satz 1 enthalten war. Andernfalls wäre der Abstand der Alhi zur Sozialhilfe nicht mehr gewährleistet, die in § 88 Abs 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz sogar im Rahmen dieses letzten sozialen Sicherungsnetzes die Prüfung allgemeiner Härtefallgesichtspunkte vorsah.
Das LSG ist daher im Grundsatz zu Recht von der Ermittlung eines Freibetrags gemäß § 1 Abs 2 AlhiV 2002 in Höhe von 55.640,00 _ ausgegangen. Dem lag ein Freibetrag für den 56 Jahre alten Kläger in Höhe von 56 x 520,00 _ = 29.120,00
_ und für die 51 Jahre alte Ehefrau des Klägers in Höhe von 51 x 520,00 _ = 26.520,00 _ zu Grunde. Soweit das LSG auch über
nachfolgende Zeiträume bis zum 31. Dezember 2004 zu befinden haben wird, gilt dieser Freibetrag gemäß § 1 Abs 2 AlhiV 2002 jedenfalls für den Kläger auch in den Jahren 2003 und 2004 weiter. Gemäß § 4 Abs 2 Satz 2 AlhiV 2003 (idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I 4607, 4619) ist § 1 Abs 2 AlhiV 2002 (mit den Freibeträgen von 520,00 _ je Lebensjahr) weiterhin anzuwenden für Personen, die bis zum 1. Januar 1948 geboren sind.
Für den Kläger bleibt es mithin für den gesamten streitigen Zeitraum bei der genannten Freibetragsregelung des § 1 Abs 2 AlhiV 2002.
Das LSG ist aber von einem rechtlich unzutreffenden Begriff der Verwertbarkeit iS des § 1 Abs 1 AlhiV 2002 und von einem unzutreffenden Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung in § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 ausgegangen. Insofern handelt es sich - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - auch nicht um tatsächliche Feststellungen
des LSG, die für das BSG gemäß §
163 SGG mangels Verfahrensrügen des Klägers bindend werden könnten. Vielmehr liegen der Entscheidung des LSG unzutreffende rechtliche
Erwägungen zu Grunde. Nach § 1 Abs 1 AlhiV 2002 ist das "gesamte verwertbare Vermögen" des Arbeitslosen und seines Partners zu berücksichtigen, "soweit der Wert des Vermögens
den Freibetrag übersteigt". Hieraus folgt, dass für jeden Vermögensgegenstand die Prüfung der Verwertbarkeit getrennt von
der Frage der Höhe des Freibetrags gemäß § 1 Abs 2 AlhiV 2002 vorzunehmen ist. Vermögen ist verwertbar, wenn es jeweils belastet und/oder auch verkauft werden kann (grundlegend BSG SozR
3-4100 § 137 Nr 6, S 56, SozR 3-4220 § 6 Nr 4, S 5 und SozR 3-4220 § 6 Nr 6, S 14). Ist ein Vermögensgegenstand rechtlich
oder tatsächlich unverwertbar iS des § 1 Abs 1 AlhiV 2002, so bleibt er als Vermögen des Arbeitslosen gänzlich außer Ansatz. Der Freibetrag des § 1 Abs 2 AlhiV 2002 bezieht sich jeweils auf das verwertbare Vermögen. Diese Grundsätze hat das LSG verkannt. Es hat zu dem vom Kläger im Revisionsverfahren
wiederholten Vortrag, bei den Lebensversicherungen in Höhe eines Rückkaufswerts von 31.131,43 DM und 1.568,45 DM habe es sich
um Direktversicherungen seines früheren Arbeitgebers gehandelt, die nicht veräußerbar seien, entschieden, dass die Frage der
Verwertbarkeit letztlich dahingestellt bleiben könne, "da es dem Kläger freisteht, insoweit den Vertrag zu erhalten". Der
ihm zugebilligte Freibetrag in Höhe von 55.640,00 _ eröffne ihm insoweit verschiedene Dispositionsmöglichkeiten. Träfe die
Behauptung des Klägers zu, deren rechtliche Subsumtion insoweit nicht offen gelassen werden darf, so wären die genannten Lebensversicherungen
jedoch unter Umständen überhaupt kein verwertbares Vermögen. Das LSG wird eine entsprechende Subsumtion noch nachzuholen haben,
weil es dem Senat auf Grund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht möglich ist, über die Verwertbarkeit dieser
Lebensversicherungen iS des § 1 Abs 1 AlhiV 2002 eine abschließende Entscheidung zu treffen.
§ 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 bestimmt, dass als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich
ist. Der Senat hat hinsichtlich des Begriffs der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung in § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 in seinen genannten Urteilen vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R und B 7 AL 44/04 R) klargestellt, dass § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 keine Härteklausel darstellt, bei der allgemeine Erwägungen der Zumutbarkeit anzustellen wären. § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 enthält vielmehr einen rein ökonomischen Begriff der Verwertbarkeit, der einzig und allein auf den Vergleich der Kosten der
Anschaffung eines Vermögenswerts mit dem Erlös bei einem Verkauf abstellt. Soweit das LSG sinngemäß hierzu ausführt, der Erwerb
einer Eigentumswohnung, die nur mit Verlust verkauft werden könnte, sei bereits vom Ansatz her unwirtschaftlich gewesen, verkennt
das LSG den Begriff der Unwirtschaftlichkeit iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002. Diese Norm stellt auf einen strikt monetären Vergleich des aktuell erzielbaren Verkaufserlöses (aktuellen Verkehrswerts)
mit den Erwerbskosten ab. Eine Bewertung des Erwerbs bestimmter Vermögensgegenstände vor Eintritt der Bedürftigkeit nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten
oder dem Grad der vorherigen ökonomischen Geschicktheit des Handelns des Alhi-Anspruchstellers wird hierbei nicht impliziert.
Dass ein Alhi-Antragsteller möglicherweise zu einem ungünstigen Zeitpunkt Aktien oder eine Immobilie gekauft hat, ändert nichts
daran, dass ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust zum Zeitpunkt der Veräußerung iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 nicht hingenommen werden muss. Insofern wird das LSG noch Ermittlungen nachzuholen haben, inwieweit die Eigentumswohnung,
die im Eigentum der Ehefrau des Klägers steht, nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten veräußert werden kann (vgl hierzu
Urteil vom 9. Dezember 2004, B 7 AL 30/04 R, Bl 7 des Umdrucks, mwN aus der Rechtsprechung). Dasselbe gilt im Übrigen für die von der Beklagten wie auch von den Vorinstanzen
ohne jede weitere Prüfung berücksichtigten Lebensversicherungen des Klägers und seiner Ehefrau. Der Senat hat hierzu gefordert,
dass die eingezahlten Beiträge für eine solche Lebensversicherung und der Rückkaufswert in einem angemessenen ökonomischen
Verhältnis stehen müssen (vgl Urteil vom 9. Dezember 2004, aaO). Hierzu hat das LSG lediglich die jeweiligen Rückkaufswerte
der Lebensversicherungen festgestellt, ohne im Einzelnen zu prüfen, ob deren aktuelle Verwertung wirtschaftlich zumutbar wäre
oder nicht. Das LSG hat vielmehr hierzu ausgeführt, dass eine ggf vorliegende Nichtverfügbarkeit oder ein Verkauf zu nur ungünstigen
Bedingungen hinnehmbar sei, weil der Kläger und seine Ehefrau andere leichter verwertbare Bestandteile ihres Vermögens zuerst
veräußern könnten. Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. Vielmehr hätte das LSG jeweils anhand der Kriterien des § 1 Abs 1 bzw § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 bezogen auf die jeweils betroffene Anlageform entscheiden müssen, ob ein Vermögensgegenstand verwertbar oder nur offensichtlich
unwirtschaftlich verwertbar ist. Ist dies der Fall, so scheidet dieser Gegenstand bzw Vermögenswert gänzlich aus der Berechnung
des Freibetrags aus. Das LSG wird mithin zu den einzelnen vom Kläger vorgelegten Vermögensbestandteilen deren Verwertbarkeit
gemäß § 1 Abs 1 AlhiV 2002 festzustellen haben bzw auszuschließen haben, dass eine Verwertung iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 offensichtlich unwirtschaftlich wäre.
Schließlich hat sich das LSG auch in unzureichender Weise mit der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiV 2002 auseinander gesetzt. Hiernach bleibt als Vermögen außer Betracht ein Hausgrundstück von angemessener Größe, das der Arbeitslose
bewohnt, oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Da die vom Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnte Eigentumswohnung
eine Größe von 100 qm aufweist, dürften - vorbehaltlich weiterer Feststellungen - die Voraussetzungen einer Privilegierung
dieses Vermögensbestandteils gemäß § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiV 2002 gegeben gewesen sein (zur Auslegung des Rechtsbegriffs "angemessene Größe" vgl Urteil des Senats vom 17. Dezember 2002 -
B 7 AL 126/01 R - SGb 2003, 279). Insofern hätte sich das LSG auch mit dem Vorbringen des Klägers auseinander setzen müssen, eine Lebensversicherung mit
einem Verkaufswert von 39.914,72 DM (20.408,07 _) sei zur Sicherheit an eine Bank übereignet worden, um diese selbstbewohnte
Eigentumswohnung zu finanzieren. Träfe dies - vorbehaltlich einer genauen rechtlichen Prüfung der Verträge - zu, so wäre diese
Lebensversicherung nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn die Eigentumswohnung auf Grund ihrer Größe und ihres Werts
auch ohne jede Darlehensbelastung angemessen iS des § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiV 2002 gewesen wäre.
Sollte sich nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen und rechtlichen Erwägungen ergeben, dass das gemäß § 1 Abs 2 AlhiV 2002 zu berücksichtigende Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau den ermittelten Freibetrag von 55.640,00 _ übersteigt, so wäre
dann ggf noch zu prüfen, inwieweit zu Gunsten des Klägers ein Härtefall anzunehmen ist. Der Senat hat - wie oben bereits ausgeführt
- in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R) klarstellt, dass auch im Rahmen der AlhiV 2002 eine allgemeine Härtefallprüfung gewährleistet sein muss.
Zu Recht hat das LSG ausgeführt, dass die Rechtsauffassung der Beklagten in ihrem Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2002, auf
Grund des vorhandenen Vermögens des Klägers und seiner Ehefrau "ruhe" der Anspruch auf Alhi für 76 Wochen, unzutreffend ist.
Durch die AlhiV 2002 wurde § 9 AlhiV 1974 mit sofortiger Wirkung abgeschafft (vgl auch den Wortlaut des § 4 AlhiV 2002). Eine "Umrechnung" des Vermögens auf eine bestimmte Dauer, für die kein Anspruch auf Alhi besteht, ist nicht mehr erforderlich.
Vielmehr ist die Bedürftigkeit des Klägers gemäß § 190 Abs 1 Nr 4 iVm § 193
SGB III und nach den Vorschriften der AlhiV 2002 jeweils bezogen auf den Tag der Bewilligung zu prüfen. Hierbei kann auch - entgegen der Rechtslage zu § 9 AlhiV 1974 - bereits berücksichtigtes oder zu berücksichtigendes Vermögen erneut berücksichtigt werden, wenn es bei einer späteren
Antragstellung weiterhin vorhanden ist. Die in dem Widerspruchsbescheid von der Beklagten insoweit geäußerte Rechtsansicht,
der Anspruch des Klägers auf Alhi ruhe für 76 Wochen, ist jedoch nicht Bestandteil des Verfügungssatzes und war daher nicht
gesondert aufzuheben.
Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.