Herabsetzung eines Grades der Behinderung nach Ablauf einer Heilungsbewährung
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger wendet sich in der Hauptsache gegen die Herabsetzung des ihm mit Bescheid vom 16.11.2009 seit dem 27.7.2009 zuerkannten
Grades der Behinderung (GdB) von 100 nach Ablauf der Heilungsbewährung auf 40 ab dem 25.5.2015. Wie zuvor bereits das SG (Gerichtsbescheid vom 13.9.2019) hat auch das LSG die Entscheidung des Beklagten (Bescheid vom 20.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.2.2016) bestätigt. Die nach der Heilungsbewährung des Kieferhöhlen-Carcinoms beim Kläger verbliebenen Funktionsstörungen rechtfertigten
keinen höheren Gesamt-GdB als 40 (Urteil vom 22.1.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht ausschließlich den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der geltend
gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch
nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher,
um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit
(Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog
Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 31.1.2018 - B 9 V 63/17 B - juris RdNr 6; Senatsbeschluss vom 30.11.2017 - B 9 V 35/17 B - juris RdNr 4). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht.
Er hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:
"1. Beurteilt sich eine Feststellung des GdB nach §
2 Abs.
1 SGB IX, die gesundheitliche Beeinträchtigungen betrifft, die in dem Zeitraum vom 27.07.2009 bis zum 17.6.2015 festgestellt worden
sind, nach der jeweils geltenden Fassung des §
2 Abs.
1 SGB IX für die jeweiligen Zeiträume, für die sie galten bzw. gelten?
2. Beurteilt sich eine Feststellung des GdB nach §
2 Abs.
1 SGB IX, die gesundheitliche Beeinträchtigungen betrifft, die in dem Zeitraum vom 27.07.2009 bis zum 17.06.2015 festgestellt worden
sind, nach der jeweils geltenden Fassung des §
2 Abs.
1 SGB IX nach dem Grundsatz, dass sich die Entstehung und der Fortbestand des sozialrechtlichen Anspruchs auf Leistungen nach dem
Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat?
3. Sind anspruchsbegründende Ereignisse oder Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, insbesondere
des Urteils vom 04.09.2013 - B C (richtig: 10) EG 6/12 R - auch gesundheitliche Untersuchungen und Feststellungen, die der
Überprüfung eines Grades der Behinderung i.S.v. §
2 Abs.
1 SGB IX dienen?"
Der Kläger hat jedoch schon die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragestellungen nicht hinreichend dargetan. Er weist
selbst auf das Urteil des Senats vom 4.9.2013 (B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 24) und die dortigen Ausführungen zu den Grundsätzen des intertemporalen Rechts hin. Danach ist die Entstehung und der Fortbestand
sozialrechtlicher Ansprüche oder Rechtsverhältnisse grundsätzlich - soweit Übergangsregelungen fehlen - nach dem Recht zu
beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (aaO, RdNr 37 mwN). Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass diese Entscheidung zum Elterngeldrecht ergangen ist. Dies allein reicht
aber nicht aus, um eine weitere Klärungsbedürftigkeit zu begründen. Denn der Kläger unterzieht sich nicht der notwendigen
Mühe, sich mit diesem Urteil und der dort zitierten weiteren Rechtsprechung des BSG zum intertemporalen Recht inhaltlich auseinanderzusetzen und versäumt es demzufolge auf dieser Grundlage zu prüfen, ob sich
aus dieser bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung schon ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der aufgeworfenen
Fragestellungen ergeben. Ist dies aber der Fall, gilt eine Rechtsfrage als höchstrichterlich geklärt (vgl stRspr; zB Senatsbeschluss vom 22.3.2018 - B 9 SB 78/17 B - juris RdNr 12 mwN).
Zudem hat der Kläger auch die Klärungsfähigkeit der formulierten Fragenstellungen nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt.
Er legt nicht hinreichend dar, ob es in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren notwendig auf deren Beantwortung ankommt.
Er führt nicht aus, ob auf der Grundlage des vom LSG festgestellten (medizinischen) Sachverhalts (vgl §
163 SGG) nach den auf der Basis seiner Rechtsauffassung jeweils geltenden und anzuwendenden rechtlichen Maßstäben bei der (Gesamt-)GdB-Bemessung
der Prozess zu seinen Gunsten ausgehen würde.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.