Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger, bei dem seit 5.12.2005 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt ist (Bescheid vom 1.2.2006), begehrt
in der Hauptsache insbesondere die Feststellung eines Einzel-GdB von 30, mindestens aber 20, für eine Funktionsbeeinträchtigung
im Bereich des rechten Sprunggelenks und zum wiederholten Male die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das
Merkzeichen G. Zuvor hatte der Beklagte (zuletzt) mit Bescheid vom 30.6.2015 die Feststellung des Merkzeichens G abgelehnt.
Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen blieben erfolglos.
Den geltend gemachten Anspruch hat das LSG mit dem Kläger am 16.2.2021 zugestellten Beschluss vom 12.2.2021 verneint. Der
Beklagte habe es zu Recht mit Bescheid vom 14.1.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.2.2019 (§
95 SGG) abgelehnt, neben den bereits mit Bescheid vom 1.2.2006 festgestellten Gesamt-GdB von 100 einen Einzel-GdB von wenigstens
20 für eine Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Sprunggelenks festzustellen. Unabhängig davon, dass der Kläger keinen
Anspruch auf Feststellung eines bestimmten Einzel-GdB habe, sei seinem Anspruch auf Feststellung eines GdB mit der Feststellung
eines (Gesamt-)GdB von 100 und damit in maximaler Höhe Genüge getan. Über das klägerische Überprüfungsbegehren auf Feststellung
des Merkzeichens G habe der Beklagte in diesem Bescheid keine Entscheidung getroffen. Soweit der Kläger hier die Feststellung
der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G geltend mache, sei die Klage - wie bereits das SG - zutreffend entschieden habe, unzulässig. Denn zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung habe insoweit keine vom
Kläger angefochtene Verwaltungsentscheidung vorgelegen. Der diesbezüglich nach Maßgabe des § 44 SGB X ergangene, die Rücknahme des Bescheids vom 30.6.2015 ablehnende Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 3.4.2019 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 28.5.2019 sei nicht gemäß §
96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Vielmehr wäre hiergegen entsprechend der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung im vorgenannten
Widerspruchsbescheid vom Kläger eine weitere Klage zu erheben gewesen. Auch der Bescheid vom 10.12.2020, mit dem der Beklagte
erneut den Antrag des Klägers auf Feststellung des Merkzeichens G abgelehnt habe, sei nicht nach §
96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
Mit beim BSG am 15.3.2021 eingegangenem Schreiben vom 8.3.2021 hat der Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens
der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt und näher begründet.
II
Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.
Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1
ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint.
Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung
allein in Betracht kommende zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§
160a SGG). Die Revision darf gemäß §
160 Abs
2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Das ist hier unter
Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers insbesondere auch in seinem Schreiben vom 8.3.2021 und des weiteren Akteninhalts
nicht erkennbar.
Es ist nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
2 und
4 SGG) geltend machen könnte, dass der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) zukommt. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten Bestimmung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage
aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch
das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche Rechtsfragen stellen sich im Fall des Klägers aber nicht. Des Weiteren
ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
Soweit der Kläger meint, das LSG habe sein Klagebegehren neben dem bereits mit Bescheid vom 1.2.2006 festgestellten Gesamt-GdB
von 100 (ua) einen Einzel-GdB von wenigstens 20 für eine Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Sprunggelenks festzustellen,
zu Unrecht verneint, verkennt er, dass der Einzel-GdB keiner eigenen Feststellung zugänglich ist. Denn er erscheint nicht
im Verfügungssatz des Verwaltungsakts und ist nicht isoliert anfechtbar. Er erwächst auch nicht in Bindung (Senatsurteil vom 5.5.1993 - 9/9a RVs 2/92 - SozR 3-3870 § 4 Nr 5 S 26 = juris RdNr 20). Wird die Festlegung eines Einzel-GdB angegriffen, muss zugleich dargetan werden, dass sich hierdurch der Gesamt-GdB ändern
muss (Senatsurteil vom 5.5.1993, aaO; Senatsbeschluss vom 20.2.2019 - B 9 SB 67/18 B - juris RdNr 9). Dies hat der Kläger nicht getan. Vielmehr hat der Beklagte mit Bescheid vom 1.2.2006 bereits den Gesamt-GdB mit 100 und damit
in maximaler Höhe festgestellt.
Darüber hinaus rügt der Kläger, die Vorinstanzen hätten durch die von ihnen übereinstimmend vorgenommene Auslegung seiner
Klageanträge gegen §
123 SGG verstoßen. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der
Anträge gebunden zu sein. Zutreffend sind die Vorinstanzen jedoch davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des
SG eine angefochtene Verwaltungsentscheidung des Beklagten zum Merkzeichen G noch nicht vorgelegen habe. Der diesbezüglich nach
Maßgabe des § 44 SGB X ergangene, die Rücknahme des Bescheids vom 30.6.2015 ablehnende Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 3.4.2019 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 28.5.2019 ist nicht gemäß §
96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil durch ihn der hier allein angefochtene und streitgegenständliche Bescheid vom
14.1.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.2.2019 (§
95 SGG) weder abgeändert noch ersetzt worden ist. Entsprechendes gilt für den während des Berufungsverfahrens von dem Beklagten erlassenen
Bescheid vom 10.12.2020, mit dem er erneut die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G abgelehnt
hat.
Sollte der Kläger darüber hinaus eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG in seinem Einzelfall rügen wollen, kann er auch
insoweit keine Revisionszulassung erreichen (vgl stRspr; zB Senatsbeschluss vom 27.12.2018 - B 9 SB 3/18 BH - juris RdNr 18).
Schließlich durfte das LSG auch ohne mündliche Verhandlung im Beschlussverfahren nach §
153 Abs
4 SGG entscheiden, nachdem es die Beteiligten hierzu zuvor angehört hatte.
Aufgrund der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der
PKH (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).