Auflösung einer bereits durchgeführten Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung
Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zur Verfolgung einer Beanstandung im sozialgerichtlichen Verfahren
Voraussetzungen des Aufschubs einer Beitragszahlung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beigeladene Land Baden-Württemberg, bei dem der Kläger in einem Beamtenverhältnis
stand, diesen nach seinem Ausscheiden zu Recht bei der Beklagten nachversicherte.
Der am 1956 geborene Kläger ist Inhaber eines Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre (BWL) an der Universität G. in N ...
Er absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Diplom-Kaufmann und war u.a. von Oktober 1987 bis September 1992 rentenversicherungspflichtig
tätig. Vom 01.10.1992 bis 30.09.1998 stand er als wissenschaftlicher Assistent in B. an der Universität M. in einem Beamtenverhältnis
auf Zeit. Diese Tätigkeit führte er im unmittelbaren Anschluss und befristet bis 31.03.1999 im Angestelltenverhältnis fort.
Vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 übte er eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit in der freien Wirtschaft aus. Mit Schreiben
vom 27.04.2000 wurde ihm vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur der Ruf auf eine Universitätsprofessorenstelle
in G. erteilt. Nach seinen Angaben nahm er nach Verhandlungen über die Ausstattung der Professur den Ruf im November 2000
an. Mit Wirkung zum 01.01.2001 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor
an der Universität G. ernannt (Urkunde vom 15.12.2000).
Unmittelbar nach dem Ende des Beamtenverhältnisses leitete das beim Beigeladenen für die Nachversicherung zuständige Landesamt
für Besoldung und Versorgung (LBV) das Verfahren zur Nachversicherung des Klägers ein. In dem ihm zur Klärung auch von Aufschubgründen
übersandten Fragebogen gab der Kläger Anfang November 1998 an, er plane nach (damals noch nicht erfolgter) Fertigstellung
seiner Habilitationsschrift, erfolgreicher Habilitation und Erteilung der Lehrbefugnis für BWL die Aufnahme einer Tätigkeit
als Professor im Beamtenverhältnis an einer deutschen Universität. Er bewerbe sich derzeit, habe aber noch keine konkrete
Einstellungszusage oder sonstige Mitteilung eines künftigen Dienstherrn. Am 29.04.1999 führte das beigeladene Land die Nachversicherung
des Klägers bei der Beklagten für die Zeit vom 01.10.1992 bis 30.09.1998 durch Zahlung entsprechender Beträge durch und übersandte
u.a. dem Kläger die entsprechende Nachversicherungsbescheinigung.
Im Rahmen eines im Mai 2005 eingeleiteten Kontenklärungsverfahrens suchte der Kläger bei der Beklagten um Auskunft darüber
nach, ob die nach seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit seitens des Landes B. durchgeführte Nachversicherung
Nachteile für ihn erbrächten. Nach dem Hinweis der Beklagten, die nachversicherten Zeiten seien bei einem Anspruch auf eigene
Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften nicht mehr berücksichtigungsfähig, machte der Kläger zunächst gegenüber dem
LBV geltend, wegen des im April 2000 erteilten Rufes auf die Stelle eines Universitätsprofessors hätten Gründe für einen Aufschub
der Beitragszahlung im Sinne des §
184 Abs.
2 Nr.
2 des
Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB VI) vorgelegen (Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem unversorgten
Ausscheiden). Eigentlich sei es Ziel gewesen, die Professur zum Wintersemester 2000/2001, d.h. am 01.10.2000 zu übernehmen.
Dies habe sich auf Grund von Verhandlungen über die Ausstattung der Professur verzögert. Nachdem das LBV und nach Weiterleitung
des Schriftwechsels an die Beklagte auch diese darauf hingewiesen hatten, die erneute Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung
unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor sei erst mit Wirkung vom 01.01.2001 und damit
nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis erfolgt und der Kläger einen rechtsmittelfähigen
Bescheid wünschte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.02.2006 und Widerspruchsbescheid vom 20.05.2006 "die Auflösung
der Nachversicherung Ihrer versicherungsfreien Beschäftigung vom 01.10.1992 bis 30.09.1998" ab. Im Hinblick auf das Ausscheiden
aus dem Beamtenverhältnis mit Ablauf des 30.09.1998 und der Berufung in das neue Beamtenverhältnis zum 01.01.2001, also erst
nach Ablauf von zwei Jahren, sei die Nachversicherung zu Recht erfolgt. Die Prognoseentscheidung "voraussichtlich" stehe nicht
für sich allein (irgendwann), sondern sei im ursächlichen Zusammenhang mit der Frist "innerhalb von zwei Jahren" zu sehen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des §
184 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB VI könne die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge längstens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aus der
versicherungsfreien Beschäftigung aufgeschoben werden.
Am 12.06.2006 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, bereits während seiner Beschäftigung an der Universität M. habe er sich um Stellen an
verschiedenen Universitäten bemüht und schon im Laufe des Jahres 2000 Verhandlungen mit der Universität G. geführt, die schließlich
zu der am 01.01.2001 aufgenommenen Tätigkeit als Professor im Beamtenverhältnis geführt hätten. Es sei durchaus abzusehen
gewesen, dass er voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren eine versicherungsfreie Tätigkeit ausüben würde. Spätestens mit
dem Ruf an die Universität G. sei die objektive Voraussicht der Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung eingetreten.
Damit seien die Voraussetzungen für einen Aufschub der Nachversicherung erfüllt gewesen. Anders als die Beklagte meine, sei
der Wortlaut des §
184 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB VI nicht so eindeutig, dass die Nachversicherung "längstens" bis zum Ablauf von zwei Jahren aufgeschoben werden könne.
Nach Beiladung des Landes B. hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27.03.2007 im Wesentlichen mit der Begründung
abgewiesen, es könne offen bleiben, ob zum Zeitpunkt der Durchführung der Nachversicherung Ende April 1999 tatsächlich kein
Aufschubgrund mehr vorgelegen habe, denn der Aufschub ende jedenfalls mit dem Wegfall der "objektiven Voraussicht", innerhalb
von zwei Jahren eine versicherungsfreie Beschäftigung aufzunehmen. Dies sei denklogisch nach Ablauf von zwei Jahren der Fall,
da innerhalb des bereits abgelaufenen Zweijahreszeitraums eine solche Beschäftigung nicht mehr aufgenommen werden könne.
Gegen den ihm am 13.04.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14.05.2007, einem Montag, beim Landessozialgericht
(LSG) Berufung (L 6 R 2425/07) eingelegt. Er meint, das Gesetz gebe keine Auskunft über den Zeitpunkt oder die Häufigkeit der Prüfung einer erteilten Aufschubentscheidung.
Auch sei nicht geregelt, dass die Nachversicherung spätestens zwei Jahre nach dem Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis vorzunehmen
sei. Für die bei Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zu treffende Prognose könne nicht von Bedeutung sein, wie sich die
Situation später rückschauend tatsächlich darstelle. Spätestens durch den Ruf auf seine Professorenstelle im April 2000 ergebe
sich die voraussichtliche Aufnahme einer Tätigkeit innerhalb des Zweijahreszeitraumes. Er verweist auf eine Bekanntmachung
des Ministeriums der Finanzen zur "Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.05.1999", woraus sich ergebe,
dass ein Aufschub der Beitragszahlung über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren zulässig sei.
Am 21.03.2012 hat die Beklagte das zwischenzeitlich ruhende Verfahren wieder angerufen (L 10 R 1214/12) und auf das Urteil des LSG vom 15.02.2012, L 5 R 736/11 verwiesen, das die Richtigkeit der getroffenen Entscheidung bestätige. Selbst wenn am 30.09.1998 Aufschubgründe vorgelegen
hätten, wären diese spätestens am 30.09.2000 entfallen, d.h. spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ein neues versicherungsfreies
Beamtenverhältnis begründet werden müssen. Ein solches habe jedoch erst am 01.01.2001, also nach Ablauf der Zweijahresfrist
begonnen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.03.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids
vom 15.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 20.05.2006 zu verurteilen, die für die Zeit vom 01.10.1992 bis
30.09.1998 gezahlten Beiträge zur Nachversicherung gegenüber dem Beigeladenen zu beanstanden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der
Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §
151 Abs.
1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht
hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2006,
mit dem die Beklagte die "Auflösung" der durchgeführten Nachversicherung ablehnte.
Das Begehren des Klägers richtet sich darauf, die durchgeführte Nachversicherung rückgängig, also ungeschehen zu machen. Die
vom Beigeladenen gezahlten Nachversicherungsbeiträge sollen nicht - wie dies §
185 Abs.
2 Satz 1
SGB VI vorsieht - als Pflichtbeiträge gelten, da sie - so die Auffassung des Klägers - zu Unrecht entrichtet worden seien. Damit
macht der Kläger geltend, der Beigeladene habe an die Beklagte zu Unrecht als Pflichtbeiträge geltende Nachversicherungsbeiträge
gezahlt.
Zur Verfolgung eines solchen Begehrens steht im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung (anders als in anderen Bereichen
des Sozialrechts, vgl. BSG, Urteil vom 13.06.1985, 7 RAr 107/83 in SozR 2100 § 27 Nr. 4 zur Arbeitslosenversicherung und BSG, Urteil vom 25.04.1991, 12 RK 31/90 in SozR 3-2400 § 27 Nr. 1 zur Krankenversicherung) das Rechtsinstitut der Beanstandung zur Verfügung. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung
hierfür existiert zwar nicht, doch verwendet das Gesetz an verschiedenen Stellen diesen Begriff (vgl. §§
26 Abs.
1,
27 Abs.
2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB IV -, §
202 SGB VI), setzt also ein solches Beanstandungsrecht - wie nach der früheren Rechtslage in der
Reichsversicherungsordnung und dem Angestelltenversicherungsgesetz - voraus (vgl. BSG, Urteil vom 13.06.1985, a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Die Beanstandung hat den Zweck, der Unrechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung
Rechtswirksamkeit zu verschaffen, was durch deren Geltendmachung geschieht. Ist ein Beitrag unwirksam, so kann dies grundsätzlich
von jedem geltend gemacht werden, der an der Beitragsentrichtung materiell beteiligt ist, also von dem Versicherten, dem Arbeitgeber
und dem Versicherungsträger. Letzterer ist sowohl im Interesse der Versichertengemeinschaft als auch des betroffenen Versicherten
verpflichtet, die Beanstandung vorzunehmen, sobald er Kenntnis von der Unwirksamkeit der Beitragsleistung hat. Die Beanstandung
hat vor allem den Zweck, auch den Versicherten über die Feststellung der Unwirksamkeit zu unterrichten.
Für dieses prozessuale Begehren steht dem Kläger die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zur Verfügung (so auch
Urteil des LSG vom 15.02.2012, L 5 R 736/11), so dass der Senat einen entsprechenden Antrag des Klägers zu Grunde legt. Mit den angefochtenen Bescheiden lehnte die Beklagte
sinngemäß eine derartige Beanstandung ab, wogegen sich der Kläger mit der Anfechtungsklage wendet. Mit der Verpflichtungsklage
begehrt er die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme einer derartigen Beanstandung.
Der Senat bejaht ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für diese Klage. Wie oben ausgeführt kann (auch) der Versicherte nach
der Rechtsprechung die "Unwirksamkeit" (gemeint: Rechtswidrigkeit) geleisteter Beiträge geltend machen. Ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis
wird danach nicht gefordert. Vor diesem Hintergrund, der Einschätzung der Beklagten, wonach die Nachversicherungszeit bei
der beamtenrechtlichen Versorgung nicht berücksichtigungsfähig sei, und dem Umstand, dass sowohl die Alterssicherung in der
gesetzlichen Rentenversicherung als auch im Bereich des Beamtenrechts in der Vergangenheit erheblichen Veränderungen unterlag,
und auch für die Zukunft solche Veränderungen zumindest nicht auszuschließen sind, kann dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis
für die Herstellung aus seiner Sicht rechtmäßiger Zustände nicht abgesprochen werden.
Jedoch besteht kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Beanstandung der Nachversicherungsbeiträge. Damit erweist
sich der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2006 als rechtmäßig und
verletzt den Kläger daher auch nicht in seinen Rechten.
Allerdings folgt dies nicht ohne weiteres aus §
26 Abs.
1 Satz 3
SGB IV, wonach Beiträge nach Ablauf der Verjährungsfrist des §
27 Abs.
2 Satz 1
SGB IV (vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entrichtet wurden) nicht mehr beanstandet werden dürfen. Denn §
26 Abs.
1 Satz 3
SGB IV wurde erst mit Wirkung zum 01.01.2008 in das Gesetz eingefügt (BGBl. I, 2007, 3024 ff.), zu einem Zeitpunkt also, als der Kläger bereits das vorliegende Verfahren eingeleitet hatte. Der Senat kann diese Frage
offen lassen. Denn bei den in Rede stehenden Beiträgen handelt es sich um vom Beigeladenen zu Recht entrichtete Nachversicherungsbeiträge.
Gemäß §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VI werden Personen, die als Beamte oder Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, als Berufssoldaten und Soldaten auf
Zeit sowie als Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit
worden sind, nachversichert, wenn sie ohne Anspruch auf Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind
oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 2) nicht gegeben
sind.
Ein derartiger sog. Nachversicherungsfall lag beim Kläger nach seinem zum 30.09.1998 erfolgten Ausscheiden aus den Diensten
des beigeladenen Landes vor. Denn der Kläger war vom 01.10.1992 bis 30.09.1998 als wissenschaftlicher Assistent an der Universität
M. entgeltlich beschäftigt und deshalb in dieser Tätigkeit dem Grunde nach ("kraft Gesetzes") versicherungspflichtig im Sinne
des §
1 Satz 1 Nr. 1
SGB VI. Als Beamter auf Zeit war er jedoch im Hinblick auf die ihm dienstrechtlich gewährte Versorgungsanwartschaft gemäß §
5 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI versicherungsfrei. Da er aus dieser Tätigkeit mit Ablauf des 30.09.1998 unversorgt ausschied, trat am 01.10.1998 die Rechtsfolge
des §
8 Abs.
2 SGB VI ein, der Kläger war nachzuversichern, das sog. Nachversicherungsverhältnis wurde begründet.
Denn hierfür kommt es im Normalfall und anders als der Wortlaut des §
8 Abs.
2 Satz 1 a.E.
SGB VI (Gründe für einen Aufschub der Betragszahlung nach §
184 Abs.
2 SGB VI nicht gegeben) nahelegt nur auf das unversorgte Ausscheiden des Beschäftigten (Nachversicherungsfall) an (BSG, Urteil vom 29.07.1997, 4 RA 107/95 in SozR 3-2600 § 8 Nr. 4 m.w.N., auch zum Nachfolgenden). Das Rechtsinstitut der Nachversicherung schützt entgeltlich beschäftigte Personen,
die in dieser Beschäftigung rentenversicherungsfrei oder befreit waren, vor einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Benachteiligung
im Rentenversicherungsschutz. Die Nachversicherten haben nämlich während der Zeit ihrer versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht
befreiten Beschäftigung eine an sich ("dem Grunde nach") kraft Gesetzes rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt
und hätten als Mitglieder eines Rentenversicherungsträgers den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, wenn sie
nicht wegen der durch ihre Beschäftigung vermittelten Sicherung durch ein anderes, dem Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung
im Wesentlichen gleichwertiges Versorgungssystem versicherungsfrei gestellt oder von der Versicherungspflicht befreit worden
wären. Sie hätten, gebe es das Institut der Nachversicherung nicht, ab dem Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens aus der
versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Beschäftigung auch keine Rechte, Ansprüche oder Anwartschaften
in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt. Wäre der Kläger daher am 01.10.1998 erwerbsunfähig oder gesundheitlich rehabilitationsbedürftig
geworden, hätten ihm keine Rechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber der Beklagten zugestanden, ebenso wenig
hätte er nach Beendigung seines Beamtenverhältnisses Rechte aus der Beamtenversorgung gehabt. Demgegenüber hätte ein wissenschaftlicher
Mitarbeiter an der Universität, der von dem beklagten Land nicht im Beamtenverhältnis, sondern im Angestelltenverhältnis beschäftigt
worden wäre, unter im Übrigen gleichen Bedingungen rentenwirksame Beitragszeiten zurückgelegt und hätte bereits einen gewissen
Schutz bei Erwerbsunfähigkeit und im Bedarfsfall nach medizinischer Rehabilitation erlangt. Aus diesem Grund werden die in
§
8 Abs.
2 Satz 1 Nrn. 1 bis 4
SGB VI umschriebenen Personen kraft Gesetzes nachversichert, wenn, d.h. sobald, sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung
aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben (BSG, a.a.O).
Mit dem unversorgten Ausscheiden des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit zum 30.09.1998 war beim Kläger somit zum 01.10.1998
ein Nachversicherungsverhältnis entstanden. Dabei handelt es sich (BSG, a.a.O.) um ein dreiseitiges Rechtsverhältnis zwischen dem Beschäftigten, dem Rentenversicherungsträger und dem Arbeitgeber.
Im Normalfall besteht dann die Hauptpflicht des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem nachversicherten Beschäftigten darin,
ihn sofort nach dem unversorgten Ausscheiden zukunftsgerichtet so zu behandeln, als ob er versicherungspflichtig beschäftigt
gewesen wäre. Hauptpflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Rentenversicherungsträger ist, die im Normalfall sofort fällig werdenden
(§§
40 Abs.
1,
41 des
Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs -
SGB I -) Nachversicherungsbeiträge zu tragen und unmittelbar an den Rentenversicherungsträger zu zahlen (§§
181 Abs.
5,
185 Abs.
1 Satz 1
SGB VI). Den unversorgt Ausgeschiedenen treffen gegenüber dem Arbeitgeber oder dem Rentenversicherungsträger demgegenüber keine
Hauptpflichten. Der Nachversicherte hat gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Erteilung einer Nachversicherungsbescheinigung
(§
185 Abs.
3 SGB VI) und gegen den Rentenversicherungsträger einen Anspruch auf Vormerkung der Zeit seiner nachversicherten Beschäftigung als
eines Tatbestands nachversicherter Beitragszeit (§
149 Abs.
5, §
185 Abs.
4 SGB VI).
Mit der Entstehung des Nachversicherungsverhältnisses am 01.10.1998 hatte die Beklagte gegen den Beigeladenen somit einen
Anspruch auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge, den der Beigeladene Ende April 1999 erfüllte.
Diesem Anspruch standen keine Aufschubgründe i.S. des §
184 Abs.
2 SGB VI entgegen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) ist zwischen anspruchshindernden Aufschubgründen (§ 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - zeitlich begrenzte Unterbrechung - und Nr. 3 - Zahlung einer der Nachversicherung gleichwertigen Versorgung
-) und fälligkeitshemmenden Aufschubgründen (u.a. der hier in Rede stehende § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative -
Aufnahme einer anderen versicherungsfreien Beschäftigung mit Versorgungsanwartschaft voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren
nach dem Ausscheiden) zu unterscheiden. Im ersten Fall kommt es bereits nicht zur Entstehung eines (erfüllbaren) Beitragsanspruches
des Rentenversicherungsträgers, weil er den Nachversicherten wegen der Absicherung in einem vorrangigen Sicherungssystem noch
nicht so behandeln muss, als sei er versicherungspflichtig beschäftigt gewesen (mangelndes Sicherungsbedürfnis). Dem gegenüber
ist der Nachversicherte bei den fälligkeitshemmenden Aufschubgründen für die Zeit bis zur Wiederaufnahme einer versicherungsfreien
Beschäftigung auf den sofortigen Schutz des Rentenversicherungsträgers angewiesen, weil er während dieses Schwebezustandes
durch kein anderes Versorgungssystem geschützt ist.
Im vorliegenden Fall behauptet der Kläger einzig das Vorliegen des bereits erwähnten Aufschubtatbestandes nach §
184 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 zweite Alternative
SGB VI. Danach wird die Beitragszahlung aufgeschoben, wenn eine andere Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei
Jahren nach dem Ausscheiden aufgenommen wird, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft Versicherungsfreiheit
besteht oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt, sofern der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft
aus der anderen Beschäftigung berücksichtigt wird.
Ob aus der dargelegten Qualität dieses Tatbestandes als Einrede mangelnder Fälligkeit zwingend zu schließen ist, dass gleichwohl
gezahlte Nachversicherungsbeiträge zu Unrecht entrichtet sind, lässt der Senat offen. Grundsätzlich jedenfalls führt die fehlende
Fälligkeit einer Schuld (hier: Pflicht zur Zahlung der Beiträge an die Beklagte) lediglich dazu, dass die Beklagte ihre Forderung
nicht durchsetzen kann. Die Entstehung und Erfüllbarkeit der Schuld durch den Beigeladenen würde dadurch nicht gehindert (vgl.
BSG, a.a.O.).
Jedenfalls aber ist der Senat an einer Prüfung dieses Aufschubtatbestandes gehindert. Auch hierauf hat der Senat in der mündlichen
Verhandlung hingewiesen. Für eine solche Prüfung fehlt es an einer entsprechenden Entscheidung des Beigeladenen. Denn gemäß
§
184 Abs.
3 SGB VI entscheiden die Arbeitgeber über den Aufschub der Beitragszahlung. Die somit in der Form der Aufschubbescheinigung (§
184 Abs.
4 SGB VI) unverzüglich nach dem Ausscheiden des Beschäftigten zu treffende (BSG, a.a.O.) Aufschubentscheidung ist notwendige Voraussetzung dafür, dass der Rentenversicherungsträger (und die Sozialgerichtsbarkeit)
das Vorliegen von Aufschubgründen prüfen müssen oder dürfen (ständige Rechtsprechung des BSG, BSG, a.a.O. m.w.N.). Insbesondere tritt der "Aufschub" nicht bereits dann ein, wenn die gesetzlichen Tatbestände eines Aufschubgrundes
erfüllt sind (BSG, a.a.O.). Entsprechend muss der Rentenversicherungsträger dann, wenn unmittelbar nach dem Ausscheiden eine konkrete Aufschubentscheidung
in Form einer Aufschubbescheinigung des Arbeitgebers nicht vorliegt, seinen Beitragsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend
machen (BSG, a.a.O.). Hieran würde auch eine spätere (und damit verspätete) Aufschubentscheidung nichts ändern, weil die Rechtsfolgen
der Nachversicherung einschließlich der Fälligkeit bereits eintraten (BSG, a.a.O.). Da der Beigeladene unmittelbar nach dem Ausscheiden des Klägers keine derartige Aufschubentscheidung traf, war
die Forderung auf Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge fällig und musste vom Beigeladenen gezahlt werden. Soweit der
Kläger rügt, im Zeitpunkt der Durchführung der Nachversicherung Ende April 1999 nicht mehr befragt worden zu sein, kommt es
hierauf nicht an. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Forderung bereits fällig geworden. Damit wurden die Beiträge zu Recht entrichtet,
was die vom Kläger begehrte Beanstandung ausschließt.
Damit darf und muss über die Frage, ob die Voraussetzungen des vom Kläger behaupteten Aufschubtatbestandes vorlagen, nicht
mehr entschieden werden. Lediglich ergänzend führt der Senat aus (und in der mündlichen Verhandlung ist auch dies vom Senat
dargelegt worden), dass diese Voraussetzungen nicht vorlagen. Denn für den Aufschub der Beitragszahlung kommt es darauf an
(BSG, a.a.O.), ob bei Ablauf des Tages des unversorgten Ausscheidens des Beschäftigten - hier also am 01.10.1998 - bei Würdigung
aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles mit hinreichender Wahrscheinlichkeit konkret zu erwarten ist, dass dieser binnen
zwei Jahren eine andere entsprechende Beschäftigung aufnehmen wird. Erforderlich ist insoweit eine hinreichend sichere, auf
objektiven Merkmalen beruhende Erwartung. Eine hinreichende (subjektive und objektive) "Voraussichtlichkeit" ist nur gegeben,
wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens die Erwägungen, welche die Aufnahme
einer anderen entsprechenden Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren nahelegen, so stark überwiegen, dass keine erheblichen
Zweifel daran verbleiben. Keinesfalls reichen vage Spekulationen über Möglichkeiten einer Wiedereinstellung aus (BSG, a.a.O.).
Es genügt somit nicht, dass der Kläger durchgehend die Aufnahme einer solchen Beschäftigung plante (subjektive "Voraussichtlichkeit").
Erforderlich ist vielmehr, dass auch eine objektive "Voraussichtlichkeit" vorlag. Hierfür genügt - entgegen der Auffassung
des Klägers - der im April 2000 erteilte Ruf des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf eine Universitätsprofessorenstelle
in G. nicht. Denn dieser Ruf erging erst eineinhalb Jahre nach dem Ausscheiden des Klägers. Maßgebend für die Prüfung der
objektiven "Voraussichtlichkeit" ist aber - wie ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung dargelegt - der Zeitpunkt unmittelbar
nach dem Ausscheiden (hier: 01.10.1998). Nachträgliche Entwicklungen innerhalb des Zweijahreszeitraumes dürfen zur Begründung
der Aufschubentscheidung nicht herangezogen werden (BSG, a.a.O.).
Im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers - genauer: am 01.10.1998 - gab es aber keine konkreten tatsächlichen Anhaltpunkte
dafür, dass der Kläger innerhalb von zwei Jahren, also bis spätestens 30.09.2000, eine solche, von ihm begehrte Professorenstelle
erhalten werde. Zeitnah zum Ausscheiden, im November 1998, gab der Kläger selbst an, er plane nach (damals noch nicht erfolgter)
Fertigstellung seiner Habilitationsschrift, erfolgreicher Habilitation und Erteilung der Lehrbefugnis für BWL die Aufnahme
einer Tätigkeit als Professor im Beamtenverhältnis an einer deutschen Universität. Er bewerbe sich derzeit, habe aber noch
keine konkrete Einstellungszusage oder sonstige Mitteilung eines künftigen Dienstherrn. Damit erfüllte der Kläger zum damaligen
Zeitpunkt nach eigener Einschätzung noch nicht einmal die formalen Voraussetzungen (Habilitation, Lehrbefugnis) für die von
ihm begehrte Tätigkeit eines Universitätsprofessors (Habilitation). Auch konkrete Aussichten auf eine Stelle gab es nach den
eigenen Angaben des Klägers nicht, er hatte weder eine Einstellungszusage, noch überhaupt eine Mitteilung in Bezug auf seine
Bewerbungen. Die Annahme, er würde innerhalb von zwei Jahren eine derartige Stelle erhalten, wäre damals rein spekulativ gewesen,
was - wie dargelegt - für den in Rede stehenden Aufschubtatbestand nicht ausreicht.
Lediglich am Rande weist der Senat noch darauf hin, dass die vom Kläger im Übrigen vertretene Auffassung, die Zweijahresfrist
dürfe auch überschritten werden, nicht zutrifft. Denn bei den fälligkeitshemmenden Aufschubgründen wie dem vom Kläger geltend
gemachten §
184 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 zweite Alternative
SGB VI tritt - wie oben dargelegt - für die Zeit bis zur Wiederaufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb der zwei
Jahre ein Schwebezustand ein, während der der Nachversicherte auf den sofortigen Schutz des Rentenversicherungsträgers angewiesen,
eben weil er während dieses Schwebezustandes durch kein anderes Versorgungssystem geschützt ist. Der Grund für diese fälligkeitshemmende
Einrede liegt darin, dass im Falle einer Wiederaufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung bis zum Ablauf dieses Schwebezustandes
es nicht gerechtfertigt ist, den bisherigen Dienstherrn mit der Beitragszahlung zu belasten, ohne dass dem Nachversicherten
entsprechende Vorteile gegenüber stünden (BSG, a.a.O.). Hieraus folgt zwingend, dass der Schwebezustand selbst bei ursprünglichem Vorliegen der "Voraussichtlichkeit" nach
zwei Jahren beendet ist (so auch der 5. Senat des LSG im Urteil vom 15.02.2012, L 5 R 736/11). Hieran würde auch die vom Kläger erwähnte Bekanntmachung des Ministers für Finanzen zur Nachversicherung nichts ändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.