Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- (KV) und sozialen Pflegeversicherung (PV)
aus der Kapitalauszahlung einer betrieblichen Altersversorgung.
Der Kläger ist im Jahre 1938 geboren. Er bezieht eine Altersrente von EUR 1.984,71 monatlich (Stand März 2003), seit Januar
2004 von der Firma K. Fotoservice GmbH bzw. der K. Fotolabore GmbH ein "Ruhegeld" von EUR 511,29 monatlich und seit Januar
2005 von der A. Versicherung eine weitere Versorgung von monatlich EUR 511,30. Er ist bei der Beklagten zu 1) seit 01. April
2003 Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Beide Beklagte erheben
Beiträge aus der Altersrente und den Betriebsrenten des Klägers.
Der Kläger hatte am 05. August 1970 bei der Westfälischen Provinzial Versicherung (im Folgenden: Westfälische) eine Kapitallebensversicherung
mit einer Versicherungssumme von DM 30.000,00 auf sich mit einer Laufzeit bis zum 01. Juni 2004 abgeschlossen. Die Beiträge
von anfangs DM 404,70 halbjährlich trug er zunächst selbst. Auf Grund einer "Mustervereinbarung" vom 24. November 1977 zwischen
dem Kläger und seinem Arbeitgeber (damals: K.-C. Photo-Labor GmbH und Co. KG) galt die Versicherung künftig als Direktversicherung.
Entsprechend übernahm der Arbeitgeber mit Urkunde vom 29. Dezember 1977 die Versicherung als Versicherungsnehmer, der Kläger
blieb versicherte Person. Die Beiträge zahlte fortan der Arbeitgeber. Der Kläger verzichtete jedoch im Gegenzug zunächst auf
Tantiemen von DM 2.400,00 jährlich. Am 28. April 1989 schloss der Kläger mit seinem nunmehrigen Arbeitgeber (Foto A. Verwaltungs-GmbH)
den Vertrag über die Bestellung als Geschäftsführer, hierbei verpflichtete sich der Arbeitgeber, die Prämie für die Lebensversicherung
bei der Westfälischen weiterhin, längstens bis zur Beendigung dieses Vertrages, zu zahlen, ein Gehaltsverzicht hierfür war
nicht mehr vereinbart. Nach seinem Ausscheiden aus der Beschäftigung zum März 2003 wurde der Vertrag bei der Westfälischen
beitragsfrei fortgeführt.
Unter dem 27. September 2004 teilte die Westfälische der Beklagten zu 1) mit, sie habe dem Kläger am 01. Juni 2004 eine einmalige
Kapitalleistung von EUR 113.968,00 ausbezahlt. Mit Bescheid vom 05. Oktober 2004, der im Briefkopf nur die Beklagte zu 1)
nannte, wurde dem Kläger mitgeteilt, die Kapitalzahlung der Westfälischen sei beitragspflichtig zur KV und zur PV, sie werde
auf zehn Jahre umgelegt. Mit weiterem Bescheid vom 05. Oktober 2004, der im Briefkopf nur die Beklagte zu 1) nannte sowie
am Ende den Hinweis enthielt, hinsichtlich der Beiträge zur PV ergehe er zugleich im Namen der Beklagten zu 2), wurde dem
Kläger weiter mitgeteilt, die Kapitalleistung der Westfälischen führe zu monatlichen Versorgungsbezügen von EUR 949,73, aus
denen sich Beiträge zur KV von EUR 141,51 (Beitragssatz 14,9 v.H.) und zur PV von EUR 16,14 (Beitragssatz 1,7 v.H.), zusammen
EUR 157,65, ergäben.
Der Kläger erhob Widerspruch, über den die Beklagten zunächst nicht entschieden. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 verzichtete
die Beklagte zu 1) aber unter Hinweis auf anhängige Musterverfahren auf die Einrede der Verjährung. Mit Bescheid vom 23. Februar
2005 wiederholte die Beklagte zu 1) ihre Ausführung, die Kapitalleistung des Klägers unterliege der Beitragspflicht zur KV.
Dieser Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung mit Hinweis auf den Widerspruch.
Am 18. März 2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG).
Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, das Vorverfahren sei noch nicht durchgeführt worden. Mit Widerspruchsbescheid
vom 30. Juni 2005 wies der "von der Selbstverwaltung der Kasse bzw. Pflegekasse eingesetzte Widerspruchsausschuss III" den
Widerspruch des Klägers "gegen die Bescheide der Barmer Ersatzkasse und der Barmer Ersatzkasse - Pflegekasse vom 05. Oktober
2004" zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kapitalzahlung der Westfälischen sei als Rente der betrieblichen Altersversorgung
beitragspflichtiges Einkommen. Sie sei am 01. Juni 2004 fällig geworden und daher nach dem ab dem 01. Januar 2004 geltenden
Recht beitragspflichtig zur KV und PV. Das Bundessozialgericht (BSG) habe auch festgestellt, dass der betriebliche Zusammenhang
einer Direktversicherung nicht verlorengehe, wenn der Begünstigte noch vor dem Versicherungsfall selbst Versicherungsnehmer
geworden sei und die weiteren Beiträge entrichtet habe (Verweis auf BSG SozR 3-2500 § 229 Nr. 8). Es spiele demnach keine
Rolle, dass der Kläger die Versicherungsbeiträge bis zur Übernahme der Lebensversicherung durch seinen Arbeitgeber im Jahre
1977 und auch danach bis zum Jahre 1989 selbst aufgebracht hat. Eine Aufteilung in Beiträge auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses
und private Beiträge sei unzulässig.
In der Sache trug der Kläger vor dem SG vor, er habe weit über die Hälfte der gesamten Versicherungszeit die Beiträge aus eigenem, der Beitragspflicht schon unterworfenem
Einkommen getragen. Sein Arbeitgeber habe die Beiträge nur 15 Jahre der Laufzeit getragen, er aber 19 Jahre. Eine Beitragspflicht
sei zumindest für die erste Periode durch nichts zu rechtfertigen. Auch den Zeitraum, in dem die Finanzierung der Direktversicherung
ausschließlich durch ihn im Wege der Gehaltsumwandlung erfolgt sei, einer doppelten Beitragspflicht zu unterwerfen, widerspreche
dem Grundsatz, dass lediglich Arbeitseinkommen oder vergleichbare Leistungen des Arbeitgebers in die Beitragspflicht einfließen
dürften. Das Vorgehen des Gesetzgebers und die dazu ergangene Rechtsprechung ständen auch in einem eklatanten Widerspruch
zum Gleichheitssatz des Grundgesetzes (
GG). Mittel für die Alterssicherung dürften nicht unterschiedlich behandelt werden, je nachdem ob sie privat aufgebracht oder
im Rahmen einer Direktversicherung durch Gehaltsverzicht in eine betriebliche Altersversorgung eingebracht worden seien. Der
Kläger legte zur Verfassungswidrigkeit der Beitragspflicht die Stellungnahme von Prof. Dr. F. H. vom 07. September 2004 an
den Bundestagsausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung sowie das im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft
von Prof. Dr. Richard Giesen erstattete Rechtsgutachten aus dem November 2004 vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie meinte, wenn die "Betrieblichkeit", also der Zusammenhang zwischen der Versorgung
und der früheren Erwerbstätigkeit, bestehen bleibe, wenn ein ehemals Beschäftigter die Versicherung weiterführe, müsse dies
auch hier gelten, wo die Direktversicherung ursprünglich als private Lebensversicherung begonnen und erst später vom Arbeitgeber
übernommen worden sei.
Mit Urteil vom 17. April 2008 änderte das SG die Bescheide beider Beklagter vom 05. Oktober 2004 und 23. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni
2005 ab und verpflichtete die Beklagten, die Anteile der Kapitalzahlung der Westfälischen, die auf den vom Kläger selbst vom
01. Juni 1970 bis zur Umwandlung in eine Direktversicherung (Versicherungsschein vom 29. Dezember 1977) getragenen Beiträgen
beruhen, nicht der Beitragspflicht in der KV und PV zu unterwerfen. Im Übrigen wies das SG die Klage ab. Es verpflichtete "die Beklagte", dem Kläger ein Drittel seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten. In dem
Urteil führte das SG aus, die angefochtene Entscheidung sei im Namen beider Beklagter ergangen und habe die Beitragspflicht sowohl zur KV als
auch zur PV geregelt. Auch der Widerspruchsbescheid sei für beide Beklagte ergangen. Die (in der Klage) verwendete Bezeichnung
"Barmer Ersatzkasse" könne dahin ausgelegt werden, dass der Kläger sich nicht nur gegen die Krankenkasse, sondern auch gegen
die Pflegekasse wende. Der Widerspruchsbescheid sei in das laufende Klagverfahren einbezogen worden. In der Sache hätten die
Beklagten nur die Anteile der Kapitalleistung, die auf nach der Umwandlung in eine Direktversicherung gezahlten Beiträgen
beruhten, der Beitragspflicht unterwerfen dürfen. (Erst) ab dieser Umwandlung habe eine betriebliche Altersversorgung im Sinne
der gesetzlichen Regelungen bestanden. Hierbei spiele es keine Rolle, dass die Beiträge bis 1989 im Wege der Gehaltsumwandlung
allein der Kläger getragen habe. Es reiche aus, wenn es nach Auffassung der Beteiligten um die Ausnutzung der steuerrechtlichen
Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung gegangen sei, die damals eingeführt worden seien. Dagegen fehle
der Versicherung in der Zeit vom 01. Juni 1970 bis zur Umwandlung in eine Direktversicherung ein Zusammenhang zwischen der
Erwerbstätigkeit des Klägers und der späteren Leistung. Ein solcher Zusammenhang sei auch nicht 1977 rückwirkend hergestellt
worden (Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. September 2007, L 4 P 1312/07, veröffentlicht in juris). Im Übrigen sei die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Mit umfangreicher Begründung,
auf die verwiesen wird, führte das SG aus, dass die gesetzlichen Regelungen, die der Verbeitragung zu Grunde lägen, nicht verfassungswidrig seien.
Das Urteil des SG wurde beiden Beklagten jeweils am 07. Mai 2008 und dem Kläger am 09. Mai 2008 zugestellt.
Am 13. Mai 2008 hat zunächst die Beklagte zu 1), am 29. Mai 2008 sodann auch die Beklagte zu 2) Berufung zum Landessozialgericht
Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Der Kläger hat am 09. Juni 2008 "Anschlussberufung" eingelegt.
Die Beklagten meinen, dass die gesamte Kapitalzahlung der Westfälischen an den Kläger der Beitragspflicht unterliege. Es spiele
keine Rolle, dass der Kläger die Versicherungsbeiträge bis 1977 und auch danach bis 1989 durch Gehaltsverzicht selbst aufgebracht
habe.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. April 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die
Berufung des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. April 2008 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 05. Oktober 2004
und 23. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2005 auch insoweit aufzuheben, als darin der von
seinem Arbeitgeber ab der Umwandlung seiner Lebensversicherung in eine Direktversicherung (Versicherungsschein vom 29. Dezember
1977) finanzierte Teil der Kapitallebensversicherung der Westfälischen Provinzial Versicherung der Beitragspflicht unterworfen
wird.
Er meint, gerade wegen der einheitlichen Betrachtung müsse eine ursprünglich private Lebensversicherung auch privat bleiben,
solange sie vom Versicherungsnehmer selbst finanziert werde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten
sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen des Klägers und der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind form- und fristgerecht erhoben (§
151 Abs.
1 SGG) und auch sonst zulässig, insbesondere war die Berufung für keine der beiden Beklagten nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG zulassungsbedürftig, da jeweils Beitragsforderungen von mehr als einem Jahr in Streit stehen (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG). Auch die Berufung des Klägers ist zulässig. Insbesondere wurde - auch - sie innerhalb der Berufungsfrist eingelegt, da
dem Kläger das Urteil des SG erst am 09. Mai 2008 zugestellt worden war. Da die Berufungen der Beklagten nicht zurückgenommen wurden und auch nicht als
unzulässig zu verwerfen sind, kann hier die Frage offen bleiben, ob der Kläger eine echte (unselbstständige) Anschlussberufung
eingelegt hat oder eine selbstständige Berufung, die er nur als Anschlussberufung bezeichnet hat. In jedem Fall ist auch über
seine Berufung in der Sache zu entscheiden.
1. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist die Beitragspflicht des Klägers aus der Kapitalzahlung der Westfälischen sowohl
zur KV als auch zur PV für die zehn Jahre vom 01. Juni 2004 bis zum 31. Mai 2014. Dem SG ist darin zu folgen, dass sich aus den Bescheiden vom 05. Oktober 2004 und vor allem dem Widerspruchsbescheid vom 30. Juni
2005, in dessen Gestalt die Ausgangsbescheide Verfahrensgegenstand werden (§
95 SGG), hinreichend deutlich ergibt, dass beide Beitragsforderungen in Streit stehen. In dem Bescheid vom 05. Oktober 2004 werden
auch ausdrücklich die PV-Beiträge festgesetzt. In dem Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2005 wird ausdrücklich ausgeführt,
dass er von dem Widerspruchsausschuss "der Kasse bzw. Pflegekasse" erlassen werde und dass die inhaltlichen Ausführungen zu
den KV-Beiträgen auch für die PV-Beiträge gälten. Daran ändert der Bescheid vom 23. Februar 2005 nichts. In ihm hat allein
die Beklagte zu 1) erneut die Beitragspflicht zur KV festgestellt.
2. Vor diesem Hintergrund haben die Berufungen aller drei Beteiligter keinen Erfolg. Das Urteil des SG ist vollen Umfangs zu bestätigen. Die Beklagten haben zu Recht den Anteil der Kapitalleistung der Westfälischen, der auf
den seit der Umwandlung in eine Direktversicherung am 29. Dezember 1977 gezahlten Beiträgen beruht, auf zehn Jahre umgerechnet
der Beitragspflicht zur KV und PV unterworfen. Dagegen waren sie nicht dazu berechtigt, auch den Anteil jener Leistung, der
auf den vor dieser Umwandlung gezahlten Beiträgen beruht, zu verbeitragen.
a) Die angegriffenen Bescheide sind nicht deshalb rechtswidrig, weil darin auch über die Beiträge zur PV entschieden wurde.
Zwar wird in keinem der Briefköpfe die Beklagte zu 2) genannt. Jedoch lässt sich aus den Bescheiden noch hinreichend deutlich
erkennen, dass nicht etwa die Beklagte zu 1) autonom auch über die PV-Beiträge entschieden hat, wofür sie nicht zuständig
ist. Der Bescheid vom 05. Oktober 2004, in welchem die Höhe des monatlichen Beitrags festgesetzt wurde, ist aus der Sicht
eines objektiven Empfängers so zu verstehen, dass ihn, soweit er die Beiträge zur PV betrifft, die Beklagte zu 2) erlassen
hat. Denn der enthält den Zusatz, der Bescheid ergehe auch im Namen der "Pflegekasse". Deutlich wird dann, wie bereits ausgeführt,
aus dem einleitenden Absatz des maßgeblichen Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2005, dass er auch im Namen bzw. durch die
Beklagte zu 2) ergangen ist. Für die Entscheidung über den gegen die Festsetzung der Beiträge zur PV eingelegten Widerspruch
war nach § 10 der Satzung der Beklagten zu 2) i.V.m. § 9 der Satzung der Beklagten zu 1) (beide Satzungen nach www.barmer.de,
abgerufen am 20. Oktober 2009) auch der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss zuständig, denn dieser nahm
für die Beklagte zu 2) die Aufgabe des Widerspruchsausschusses als Widerspruchsstelle wahr. Dies wurde aus dem Widerspruchsbescheid
auch hinreichend deutlich. Auch hat der Kläger dies so verstanden. Denn er hat nicht gerügt, dass das SG die Klage auch gegen die Beklagte zu 2) gerichtet ansah.
b) Die Beklagten haben die Kapitalzahlung der Westfälischen an den Kläger zu Recht auf zehn Jahre umgelegt und der Beitragspflicht
zur KV und PV unterworfen, allerdings nur für die Zeit nach Umwandlung in eine Direktversicherung am 29. Dezember 1977 (Versicherungsschein
vom 29. Dezember 1977).
aa) Der Bemessung der Beiträge pflichtversicherter Rentner - der Kläger ist als versicherungspflichtiger Rentner Mitglied
der beiden Beklagten - zur KV ist nach §
237 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB V) außer dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift) bis zur Beitragsbemessungsgrenze
(§
238 SGB V) auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (§
237 Satz 1 Nr. 2
SGB V) zu Grunde zu legen. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung,
soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden (§
237 Satz 2, §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V). Wird eine solche betriebliche Altersversorgung einmalig mit einem Kapitalbetrag ausbezahlt, so bestimmt §
229 Abs.
1 Satz 3
SGB V in der seit 01. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG)
vom 14. November 2003 (BGBl. I, S. 2190): Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor
Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher
Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate.
Für die Bemessung der Beiträge zur PV bei Mitgliedern der Krankenversicherung der Rentner gelten nach §
57 Abs.
1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB XI) die §§
226 und
228 bis
238 und §
244 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB V) sowie die §§ 23a und 23b Abs. 2 bis 4 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB IV) entsprechend. Die Beitragsbemessung folgt daher den gleichen Regeln wie in der KV.
bb) Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des §
1 Abs.
2 des
Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (
BetrAVG) vom 19. Dezember 1974 (BGBl. 1 S. 3610) gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung
auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich
der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen,
wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seinen Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der
Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Dieser Versorgungszweck
kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung aller Beteiligten
allein zur Ausnutzung der steuerlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung
erfolgt. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit
des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtiger Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer
solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (vgl. z.B. BSG SozR
4-2500 § 229 Nr. 4; zuletzt Urteile vom 12. November 2008 - B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R - jeweils veröffentlicht in Juris).
cc) Diese seit dem 01. Januar 2004 geltenden und daher auf die Kapitalzahlung vom 01. Juni 2004 an den Kläger bereits anwendbaren
Vorschriften sind nicht verfassungswidrig. Dies hat das BSG in ständiger Rechtsprechung festgestellt (Urteil vom 25. April
2007, B 12 KR 25/05 R; zuletzt Urteile vom 12. November 2008 - B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R - alle veröffentlicht in Juris). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese Ansicht bestätigt (Nichtannahmebeschluss
der 2. Kammer des Ersten Senats vom 07. April 2008, 1 BvR 1924/07, SozR 4-2500 § 229 Nr. 5). Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die genannten Entscheidungen.
dd) Vor diesem Hintergrund hat das SG zutreffend entschieden, dass, soweit es die ab dem 29. Dezember 1977 auf den damaligen Arbeitgeber der Klägerin laufende
Versicherung betrifft, es sich um eine Rente aus betrieblicher Altersvorsorge entsprechend §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V handelt, bei der eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung zugesagt worden ist, weshalb der für diese Zeit geleistete
Einmalbetrag entsprechend §
229 Abs.
1 Satz 3
SGB V ab 01. Juni 2004 zu verbeitragen war. Aus dem Nachtrag vom 29. Dezember 1977 zum Versicherungsschein ergibt sich deutlich,
dass der damalige Arbeitgeber des Klägers als Versicherungsnehmer die Zahlungspflichten aus der ursprünglich privaten Lebensversicherung
des Klägers bei der Westfälischen, die im Hinblick auf die Auszahlung nach Vollendung des 65. Lebensjahres der Altersversorgung
des Klägers dienen sollte, übernahm. Bereits die Übernahme durch einen Arbeitgeber der versicherten Person begründet einen
ausreichenden Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis des Versicherten. Aus der Mustervereinbarung vom 24. November
1977 folgt weiterhin, dass die weiteren Prämien an die Westfälische - allein - der Arbeitgeber gezahlt hat. Dass der Kläger
im Gegenzug auf Bestandteile seines Gehalts verzichtet hat (Entgeltumwandlung), ändert an der Beschäftigungsbezogenheit der
nunmehr als Direktversicherung laufenden Versicherung nichts. Denn Leistungen aus einer Direktversicherung im Sinne des §
1 Abs.
2 BetrAVG verlieren ihren Charakter als Versorgungsbezug nicht deshalb, weil sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers
bzw. des Bezugsberechtigten beruhen (z.B. BSG SozR 4-2500 § 229 Nr. 4). Es reicht mithin aus, wenn es nach Auffassung der
Beteiligten allein um die Ausnutzung der steuerrechtlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen
Altersversorgung geht, die insoweit seinerzeit durch das
BetrAVG eingeführt worden war.
c) Weiterhin hat das SG zu Recht entschieden, dass die Versicherung des Klägers bei der Westfälischen, soweit es um die Zeit von ihrem Abschluss
ab 01. Juni 1970 bis zur Umwandlung in eine Direktversicherung am 29. Dezember 1977 (Versicherungsschein vom 29. Dezember
1977) geht, keine betriebliche Altersversorgung als sog. Direktversicherung war und der auf diese Zeit entfallende Kapitalanteil
nicht der Beitragspflicht unterliegt.
Wie der Senat bereits in dem auch vom SG zitierten Urteil vom 14. September 2007 (L 4 P 1312/07) entschieden hat, fehlt es bei einer privat abgeschlossenen Versicherung, bei der nicht der Arbeitgeber des Versicherten
Versicherungsnehmer ist, an einem Zusammenhang zwischen der Erwerbstätigkeit des Versicherten und dem Erwerb der späteren
Leistung, auch wenn der spätere Auszahlungstermin bereits feststeht und zeitlich mit dem Ende einer - bereits vorhandenen
oder noch erwarteten - Erwerbstätigkeit des Versicherten zusammenfällt. Ein solcher Zusammenhang wird auch nicht rückwirkend
durch die spätere Umwandlung des Versicherungsvertrags in eine auf den Arbeitgeber laufende Direktversicherung hergestellt.
Allerdings hat das BSG in den genannten Urteilen vom 12. November 2008 (B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R) erneut entschieden, dass die gesamte Kapitalzahlung aus einer Versicherung der Beitragspflicht unterworfen werden muss,
die als Direktversicherung abgeschlossen wurde, dann aber von dem Versicherten nach einem Ausscheiden aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis
bis zum Eintritt des Versicherungsfalls privat fortgeführt wird. Das BSG hat hierzu ausgeführt, es sei ohne Belang, ob die
Altersversorgung ganz oder teilweise auf Eigenleistungen des Arbeitnehmers beruhe. Leistungen aus einer Direktversicherung
i.S.d. §
1 Abs.
2 BetrAVG verlören ihren Charakter als Versorgungsbezug nicht etwa aus diesem Grund. Sie blieben auch dann in vollem Umfang Leistungen
der betrieblichen Altersversorgung, wenn nach der Beendigung der Erwerbstätigkeit die Beiträge allein vom Arbeitnehmer als
Versicherungsnehmer gezahlt würden. Auch eine verfassungsorientierte Auslegung des §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes führe nicht dazu, aus ursprünglich als Direktversicherungen abgeschlossenen
Lebensversicherungen den Anteil der Kapitalauszahlung außer Betracht zu lassen, der auf eigenen Einzahlungen des Arbeitnehmers
nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhe. Im Hinblick darauf hält der Senat an seiner Auffassung im Urteil vom 14.
September 2007, dass auch der auf die Zeit nach Beendigung der Zahlungen durch den Arbeitgeber entfallende Kapitalanteil nicht
der Beitragspflicht unterliegt, nicht fest.
Zumindest für Versicherungen, die zunächst privat abgeschlossen und erst später in eine Direktversicherung umgewandelt worden
sind, hält der Senat jedoch an seiner Ansicht fest, dass jene Kapitalanteile, die auf die Zeit der privaten Bedienung der
Versicherung vor der Umwandlung in eine Direktversicherung beruhen, nicht verbeitragt werden können. Das BSG hat in seinen
Urteilen nur solche Zeiten einbezogen, die nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis und also nach der Umwandlung
von einer Direkt- in eine Privatversicherung liegen. Den umgekehrten Fall hat es dagegen bislang nicht zu entscheiden gehabt.
Es mag sein, dass bei der Umwandlung von einer Direkt- in eine Privatversicherung der Zusammenhang mit der (früheren) Beschäftigung
des Versicherten erhalten bleibt. Es kann bei typisierender Betrachtungsweise davon ausgegangen werden, dass der Versicherte
eine solche Versicherung nicht selbst abgeschlossen hätte, wenn sie nicht sein Arbeitgeber als Direktversicherung übernommen
hätte. Im umgekehrten Fall jedoch, also für die Zeit vor der Umwandlung in eine Direktversicherung, fehlt ein ausreichender
Zusammenhang zu der (späteren) Beschäftigung des Versicherten. Dieser Zusammenhang kann auch später nicht rückwirkend hergestellt
werden. Es steht einem beschäftigten Versicherten frei, eine bereits bestehende private Versicherung von seinem Arbeitgeber
als Direktversicherung übernehmen zu lassen. Dagegen wird ein Versicherter faktisch immer gezwungen sein, eine bestehende
Direktversicherung fortzuführen, wenn sein Beschäftigungsverhältnis endet, weil bei solchen Versicherungen, selbst wenn sie
auf den Arbeitnehmer übertragen werden, nach §
2 Abs.
2 BetrAVG die Folgen einer Kündigung nach § 169 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) (bis 31. Dezember 2007 § 176 VVG) dahin modifiziert sind, dass die Forderung des Rückkaufswerts ausgeschlossen ist.
3. Die Kostenentscheidung in dem Urteil des SG war von Amts wegen dahin neu zu fassen, dass die beiden Beklagten als Gesamtschuldner ein Drittel der außergerichtlichen
Kosten des Klägers erster Instanz tragen. Das SG hatte hier lediglich "die Beklagte" verpflichtet, ohne deutlich zu machen, welche Beklagte gemeint war.
4. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §
193 SGG. Da alle Berufungen zurückgewiesen werden, war eine Kostenquote nicht auszusprechen.
5. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zugelassen.