Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung; Verweisbarkeit im sog. Mehrstufenschema nach einer Lösung vom Ausbildungsberuf
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
hat.
Der 1953 geborene Kläger hat eine Lehre als Möbeltischler absolviert und war anschließend durchgehend bei seinem Ausbildungsbetrieb
versicherungspflichtig beschäftigt. Im Jahr 2003 wurde beim Kläger das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung festgestellt,
die mit einem Stent versorgt wurde, ohne dass ein Herzinfarkt erfolgt war. Seit dem 24.10.2007 bestand Arbeitsunfähigkeit
infolge einer erneuten akuten Herzerkrankung.
Ein im Januar 2008 gestellter Rentenantrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 26.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 07.07.2008 abgelehnt. Das hiergegen vor dem Sozialgericht Würzburg unter dem Az. S 8 R 482/08 geführte Klageverfahren wurde nach Einholung eines Terminsgutachtens von Dr. R. vom 24.03.2009 durch Rücknahme beendet.
Am 16.06.2009 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente wegen seiner
Herzbeschwerden, seines Rückens und einer Zuckererkrankung. Die Beklagte holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten
von Dr. S. vom 12.08.2009 sowie ein internistisch/kardiologisches Gutachten von Frau Dr. H. vom 23.09.2009 ein. Beide Gutachter
kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger zwar seine letzte Tätigkeit als Schubladenbauer in der Möbelindustrie nicht mehr ausüben
könne, jedoch für den allgemeinen Arbeitsmarkt noch ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer
Leistungseinschränkungen vorliege.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 01.10.2009 einen Rentenanspruch ab. Der hiergegen am
09.10.2009 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Eine Rente
nach §
43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VI - komme nicht in Betracht, da der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens sechs Stunden
täglich verrichten könne. Auch eine Rente nach §
240 SGB VI komme nicht in Betracht, da der Kläger nach Auskunft seines letzten Arbeitgebers nur als angelernter Arbeitnehmer tätig gewesen
sei und sich somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse. Die Benennung eines Verweisungsberufs sei nicht
erforderlich.
Hiergegen hat der Kläger am 03.11.2009 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Zur Begründung hat der Prozessbevollmächtigte
des Klägers darauf hingewiesen, dass der Kläger zwischenzeitlich in der Klinik Bad N. in stationärer psychosomatischer Behandlung
gewesen und hieraus am 09.06.2009 als arbeitsunfähig entlassen worden sei. Bei ihm sei Berufsschutz anzuerkennen, da er eine
Berufsausbildung als Schreiner absolviert habe, als Schreiner von der Ausbildungsfirma auch übernommen worden und durchgehend
dort tätig gewesen sei. Er sei auch als Schreiner entlohnt worden und genieße somit Facharbeiterschutz, so dass es durchaus
entscheidend sei, dass die Gutachter im Verwaltungsverfahren zu der Ansicht gelangt seien, dass er diese Tätigkeit nicht mehr
ausüben könne. Für eventuelle Verweisungstätigkeiten fehle dem Kläger jedoch infolge der psychischen Erkrankung die notwendige
Umstellungsfähigkeit.
Das Sozialgericht hat nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte ein internistisches Gutachten von Dr. D. eingeholt, der am
05.10.2010 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:- Koronare Herzerkrankung; 1-Gefäß-Erkrankung; Zustand nach PTCA und 2-fach
Stent RCA 11/03; Kontrollangiographisch 80 %ige Stenose eines kleinen rechtsventrikulären Seitenastes und hämodynamisch nicht-relevante
20-30 %ige RCA-Stenose im Stent bei normaler linksventrikulärer Herzfunktion
- Diabetes mellitus Typ IIa
- Beginnende diabetische Neuropathie ohne wesentliche Funktionseinschränkung und ohne quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens
- Hypercholesterinämie
- Anpassungsstörung mit depressiver Verarbeitung
- Rezidivierendes LWS- und HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen ohne Wurzelreizsymptomatik
Trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Die zuletzt
ausgeübte Tätigkeit als Schubladenbauer in der Möbelindustrie könne der Kläger nicht mehr verrichten. Auch sei ihm eine Tätigkeit
als Hausmeister eher nicht zuzumuten, unter besonderer Berücksichtigung der vom Kläger beschriebenen Schwindelattacken. Die
Tätigkeit als einfacher Pförtner könne er grundsätzlich ausüben. Einschränkungen bestünden lediglich, wenn Nachtschichttätigkeiten
erforderlich seien. Gegenüber den genannten Rentenbegutachtungen sei eher von einer Verbesserung der Situation auszugehen.
Es sei dem Kläger gelungen, seinen damals noch bestehenden Alkoholabusus einzustellen bzw. zu reduzieren. Auch sei offensichtlich
durch die ambulante Psychotherapie eine gewisse Stabilisierung eingetreten, so dass bei dem zweiten stationären Aufenthalt
in der Psychosomatischen Klinik als Folge der Rentenantragsablehnung nur noch von einer mittelgradigen Depression ausgegangen
worden sei, die sich im Verlauf der stationären Behandlung und nach Entlassung - auch durch Entwicklung einer gewissen Zukunftsperspektive
- deutlich verbessert habe. Die qualitative Minderung der Erwerbsfähigkeit sei mit der Erstdiagnose der koronaren Herzerkrankung
im Jahr 2003 eingetreten. Die körperlichen Einschränkungen müssten als dauerhaft angesehen werden, während die psychische
Gesamtsituation durch die ambulante Psychotherapie verbesserungsfähig sei. Es werde dringend angeraten, ein stationäres Heilverfahren
in einer psychosomatischen Fachklinik durchzuführen, um eine weitere Chronifizierung des psychischen Leidens zu vermeiden.
Der Sachverständige Dr. D. wies in dem Gutachten ausdrücklich darauf hin, dass sowohl in körperlicher Hinsicht als auch in
psychischer Hinsicht eine Verdeutlichungstendenz beim Kläger unzweifelhaft festzustellen gewesen sei.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers übersandte mit Schriftsatz vom 26.10.2010 ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen
Dienstes der Krankenkassen (MdK) Bayern vom 14.04.2010, in dem festgestellt worden war, dass der Kläger auch für den allgemeinen
Arbeitsmarkt nur noch über ein weniger als dreistündiges Leistungsvermögen verfüge. Es liege eine erhebliche Gefährdung der
Erwerbsfähigkeit vor. Ferner wurde ein Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klinik Bad N. über den stationären Aufenthalt
vom 25.01. bis 15.02.2010 übersandt.
Das SG hat sodann mit Urteil vom 07.12.2010 die Klage gegen den Bescheid vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29.10.2009 als unbegründet abgewiesen. Aufgrund des eingeholten Gutachtens von Dr. D. stehe zur Überzeugung der Kammer
fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach §
43 SGB VI habe. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI komme nicht in Betracht. Der Kläger habe sich vom Ausbildungsberuf gelöst, er habe nach Auskunft seines Arbeitgebers nur
eine angelernte Tätigkeit ausgeübt, so dass er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Selbst wenn man einen Berufsschutz
als angelernter Arbeiter im oberen Bereich annehmen wolle, sei der Kläger im Zweifel auf eine Tätigkeit als Pförtner verweisbar.
Zur Begründung der hiergegen am 17.01.2011 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Prozessbevollmächtigte
des Klägers vor, dass der Kläger zwar nach wie vor ein Arbeitsverhältnis habe, bei seinem bisherigen Arbeitgeber aber nicht
mehr tätig sein könne, weil keine innerbetrieblichen Umsetzungsmöglichkeiten vorhanden seien. Der Kläger habe seinen Krankengeldanspruch
ausgeschöpft und sei seit drei Jahren durchgehend arbeitsunfähig. Er müsse deshalb Rente erhalten. Die Klagerücknahme in dem
Verfahren vor dem SG Würzburg im Jahr 2008 sei erfolgt, weil damals die weitere Inanspruchnahme von anderen Sozialleistungen
(Krankengeld) sinnvoller (höher) gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger bei seinem Arbeitgeber immer die Tätigkeit eines
gelernten Schreiners ausgeübt, so dass ihm entsprechender Berufsschutz zuerkannt werden müsse. Das SG habe insoweit keine Ermittlungen angestellt. Auch die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers seien nicht ausreichend
berücksichtigt worden.
Der Senat hat Befundberichte des behandelnden Hausarztes des Klägers, Dr. E., sowie der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
Dr. F. beigezogen und vom behandelnden Internisten Dr. K. angefordert. In den von Dr. E. mit übersandten Fremdbefunden waren
u.a. auch Berichte der Neurologischen Dr. W. sowie ein Bericht über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 08.11.2010
bis 17.11.2010 im Krankenhaus G-Stadt, nachdem er bei einem Arztbesuch einen Kreislaufkollaps erlitten hatte, enthalten. Am
Tag der Entlassung hat danach der Kläger berichtet, dass er zurzeit eine belastende private Situation wegen eines Gerichtstermins
bezüglich der Genehmigung seiner Rente habe. Er sei schon in psychologischer Behandlung und werde sich bei seiner Psychologin
in nächster Zeit wieder vorstellen.
Mit Bescheid des Versorgungsamtes D-Stadt vom 14.06.2012 wurde dem Kläger aufgrund eines Verschlimmerungsantrages ab dem 19.03.2012
ein Grad der Behinderung von 60 wegen einer Verschlimmerung des Diabetesleidens zuerkannt, das jetzt einmal täglich insulinpflichtig
geworden war.
Der Senat hat ein internistisches Gutachten von Dr. C. eingeholt, der am 16.01.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:
1. Aus internistischer Sicht:
- Koronare Herzerkrankung mit Zustand nach PTCA und 2-fach Stentimplantation 11/03
- Arterielle Hypertonie
- Diabetes mellitus Typ 2
- Hypercholesterinämie
- Nutriv-toxischer Leberparenchymschaden
2.Aus orthopädischer Sicht:
- Degenerative Wirbelsäulenerkrankung
3.Aus nervenärztlicher Sicht:
- Anpassungsstörung mit depressiver Verarbeitung
4.Aus HNO-ärztlicher Sicht:
- Mittelgradige Presbyakusis links
- Hochgradig kombinierte Schwerhörigkeit mit Tinnitus rechts
Die Gesundheitsstörungen auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet würden die Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt allenfalls mittelgradig einschränken. Leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Wechsel
sowie in geschlossenen Räumen würden zumutbar erscheinen, die auch in dem bisherigen Berufsumfeld des Klägers innerhalb eines
Schreinereibetriebes anfallen dürften. Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten
auf Leitern und Gerüsten, an Maschinen und am Fließband sollten vermieden werden. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben.
Anders stelle sich die Situation im Hinblick auf die psychische Störung des Klägers dar. Die vorliegenden Arztberichte stünden
in Diskrepanz zu den zitierten Sachverhalten des Gutachtens von Dr. S. von August 2009. In der Zusammenschau müsse davon ausgegangen
werden, dass es im bisherigen Verlauf nicht gelungen sei, den Kläger zu motivieren, einer Berufstätigkeit nachzugehen und
es wohl auch zukünftig nicht gelingen werde, den Kläger von seinem Rentenbegehren abzubringen. Mit einer Verschlimmerung der
depressiven Störung müsse gerechnet werden, eventuell sogar mit dem Auftreten von fremd- und eigenaggressivem Verhalten. Die
Erkrankung verlaufe bekannterweise in Schüben und sei bereits mehrfach durch die Ablehnung eines Rentenbegehrens verschlimmert
worden. In dieser Hinsicht müsse seines Erachtens von einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers ausgegangen werden, da bisherige
Therapieansätze keine Verhaltensänderung gezeigt hätten. Insbesondere sei auch nach dem letzten Aufenthalt in der psychosomatischen
Klinik kein Minijob angetreten worden, zu dem sich der Kläger wohl im Entlassungsgespräch habe motivieren lassen. Darüber
hinaus erscheine der Kläger durch die wiederholte Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit sowie durch die Einschätzung seiner betreuenden
Psychotherapeutin Frau F. Bestätigung im Hinblick auf seine Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu erhalten. Weitere differenzierte
Äußerungen zu diesem psychiatrischen Krankheitsbild stünden ihm aber als klinisch tätiger internistischer Oberarzt nicht zu.
Das Ergebnis einer noch anstehenden erneuten Heilbehandlung in einer Psychosomatischen Klinik bleibe abzuwarten. Wie der langjährige
Verlauf zeige, werde spätestens nach einer erneuten Ablehnung des Rentenantrags bzw. des Widerspruchsverfahrens mit einer
erneuten Dekompensation ("Ausflippen" in den Worten des Klägers) zu rechnen sein. Eine grundlegende Verhaltensänderung könne
seines Erachtens nicht erwartet werden, da der Kläger in seiner Meinung, nicht mehr arbeiten zu können, durch sein betreuendes
Umfeld bestärkt werde und ihm zudem noch ein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 60 ausgestellt worden sei.
Der Senat hat des Weiteren ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten von Dr. H. eingeholt, der am 14.10.2013 zu folgenden
Diagnosen gelangt ist:
1. Verdacht auf rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig allenfalls leichte Episode, DD Dysthymia
2.Koronare Herzerkrankung mit Z.n. PTCA und 2-fach Stent-Implantation 11/03
3.Diabetes mellitus Typ II mit Verdacht auf diabetische Polyneuropathie leichten Grades
4.Degenerative Wirbelsäulenerkrankung ohne radikuläre Symptomatik
Der Kläger könne trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sowohl die Tätigkeit
eines Schreiners in der Möbelfertigung als auch leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch
vollschichtig verrichten. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet lägen keine Gesundheitsstörungen vor, welche eine Tätigkeit
nicht mehr noch mindestens sechs Stunden ermöglichen würden. Zu vermeiden seien nervlich belastende Tätigkeiten, beispielsweise
Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord, in der Nachtschicht, am Fließband sowie insbesondere Tätigkeiten an unfallgefährdeten
Arbeitsbereichen, beispielsweise auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr. Körperlich schwere Tätigkeiten z.B. Tragen von
schweren Lasten ohne Hilfsmittel, seien sicherlich ebenfalls nicht geeignet. Darüber hinaus ergäben sich körperliche Einschränkungen
im Wesentlichen aus den internistischen Gesundheitsstörungen. Diesbezüglich sei auf die entsprechenden Vorgutachten zu verweisen.
Einschränkungen bestünden zweifellos hinsichtlich der Leistungsmotivation. Diese sei jedoch nicht krankheits- bzw. störungsbedingt,
sondern durchaus sehr bewusstseinsnah. Darüber hinaus seien sichere Einschränkungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit,
des Verantwortungsbewusstseins und der Gewissenhaftigkeit, der Selbstständigkeit des Denkens und Handelns, des Beurteilungsvermögens,
des Reaktionsvermögens und der Umstellungsfähigkeit, der praktischen Anstelligkeit und Findigkeit, der Ausdauer und der Anpassungsfähigkeit
an den technischen Wandel nicht nachweisbar. Die Wegefähigkeit des Klägers sei ebenfalls gegeben. Beigefügt war dem Gutachten
ein Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klinik Bad N. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 27.06.2013 bis
25.07.2013. Hierin war als besonderer Hinweis enthalten, dass die akute Belastungssituation sich durch die unklare Rentensituation
des Klägers ergebe, der diese Unsicherheiten nach seinem Herzinfarkt depressiv ausagiere. Die Prognose einer Genesung könnte
im Hinblick auf eine rasche Begutachtung des Patienten und eine klare Entscheidung hinsichtlich seines Rentenbegehrens einen
positiven Einfluss auf den therapeutischen Prozess haben.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund seines Rentenantrags vom 16.06.2009 Rente wegen
voller,
hilfsweise
wegen teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2010 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Akten des Versorgungsamtes D-Stadt mit
dem Az: 1 541 526/0, die Akten des Sozialgerichts Würzburg aus dem Verfahren S 8 R 482/08 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 07.12.2010 einen Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente
nach §
43 SGB VI abgelehnt. Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI steht dem Kläger nicht zu.
Gemäß §
43 Abs
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1.teilweise erwerbsgemindert sind,
2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung
haben und
3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß §
43 Abs
1 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach §
43 Abs
2 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen auf
internistischem, orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet noch in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Senat stützt hierbei seine Überzeugung auf die eingeholten Gutachten von Dr. C. auf internistischem Fachgebiet sowie von
Dr. H. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 16.01.2013 ausführlich dargelegt, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers
auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen führen. Unzweifelhaft
hat der Kläger seit dem Jahr 2003 eine koronare Herzerkrankung, die infolge der damals durchgeführten Intervention mit Stent-Setzung
gut behandelt ist und auch von den Folgewirkungen her wohl optimal therapiert wird. So hat Dr. C. eine Echokardiographie mit
unauffälligem Befund durchgeführt. Die medikamentöse Einstellung des Bluthochdrucks sei sehr gut. Es bestünden keinerlei Einschränkungen
der Leistungsfähigkeit des Klägers, insbesondere kein Anhalt für eine Herzinsuffizienz, während der Kläger allerdings hier
über eine bei Belastung schnell auftretende Luftnot klage, die jedoch nicht objektivierbar sei. Es hätte sich auch keinerlei
Anhalt für eine irgendwie geartete chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ergeben. Die Fettstoffwechselstörung erscheine durch
die Blutfett senkende Therapie befriedigend eingestellt. Gleiches gelte für den Diabetes mellitus, dessen Gesamtsituation
sich allein durch die Notwendigkeit einer einmaligen Insulingabe täglich nicht verschlechtert habe. Spätfolgen der Diabeteserkrankung
wie etwa eine diabetische Retinopathie oder eine diabetische Nephropathie ließen sich nicht feststellen. Allenfalls könnte
ein leicht pelziges Gefühl im Bereich der rechten Hand und in beiden Beinen, das der Kläger angibt, als beginnende diabetische
Polyneuropathie interpretiert werden, die allerdings noch nicht zu einer wesentlichen Einschränkung des Allgemeinzustandes
des Klägers geführt habe. Die demonstrativ vorgebrachte Lähmung der rechten Hand bzw. des rechten Armes erscheine nicht glaubhaft,
da der Kläger einerseits eine normale Handbeschwielung aufweise, andererseits beim Binden der Schuhe keinerlei Beeinträchtigung
zeige. Im Gangbild zeige sich der Kläger zwar etwas verlangsamt in den Bewegungsabläufen, keineswegs aber schwankend oder
unsicher. Gehhilfen würden nicht benötigt. Auch das orthopädische Krankheitsbild im Sinne einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung
führe lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Die degenerative Wirbelsäulenerkrankung erscheine durch konsequente
konservative Maßnahmen beherrschbar, die bislang aber nicht durchgeführt worden seien.
Soweit Dr. C. sich zum Leistungsvermögen des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet geäußert und hier eine mögliche
quantitative Einschränkung in den Raum gestellt hat, ist dem nicht zu folgen, da Dr. C. - wie er selbst ausgeführt hat - "klinisch
tätiger internistischer Oberarzt" ist und insoweit fachfremd geurteilt hat. Der Senat hat deshalb ein neurologisch-psychiatrisches
Gutachten von Dr. H. eingeholt, der in seinem Gutachten sowohl aus neurologischer Sicht als auch aus psychiatrischer Sicht
zu einem noch mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen sowohl für die Tätigkeit als Schreiner als auch für Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen gekommen ist. Wie schon Gutachter vor
ihm weist Dr. H. ausdrücklich darauf hin, dass beim Kläger eine extreme Verdeutlichungstendenz bis hin zur Simulation festzustellen
gewesen sei. Bei den durchgeführten Testungen wie z.B. dem DemTectest hätten sich erhebliche Hinweise für Aggravation bzw.
geringe Mobilisation der tatsächlich vorhandenen Fähigkeiten ergeben. Das Ergebnis des DemTectestes würde einen hochgradigen
Demenzverdacht nahelegen, der in keiner Weise mit der tatsächlichen Situation korreliere. In der Selbstbeurteilung des Klägers
werde ein außerordentlich hoher Punktwert erzielt, wobei bereits dieses Ergebnis eigentlich für eine Aggravation oder eine
Persönlichkeitsstörung spreche. In der Fremdbeurteilung komme hingegen keine sichere depressive Symptomatik zur Darstellung.
Vor dem Hintergrund einer auffälligen Biografie des Klägers sei eine gestörte Persönlichkeitsentwicklung durchaus denkbar.
Die Schwierigkeit liege im vorliegenden Fall jedoch zum Einen darin, die tatsächliche Befindlichkeit des Klägers zu beurteilen.
Zum Anderen erschienen die Berichte über die depressiven Symptome ausgesprochen tendenziell und sehr vordergründig. Die Darstellung
depressiver Verstimmungszustände sei sehr eng mit den Ablehnungen seiner Rentenanträge verbunden. Der Kläger habe als Grund
für den Rentenantrag eine frühere Empfehlung seines behandelnden Arztes angegeben. Die Frage nach tatsächlichen Einschränkungen
und Auswirkungen habe er aber ausgesprochen unkonkret beantwortet. Tatsächliche Beschwerden habe er eigentlich nicht angeben
können. Darüber hinaus sei als Grund für die eingeschränkte Belastbarkeit u.a. auch eine zu große Entfernung zwischen Wohnort
und infrage kommenden Arbeitsplätzen angegeben worden. Im Grunde hätten bei näherem Nachfragen vom Kläger berichtete Einschränkungen
den qualitativen Einschränkungen entsprochen, die schon mehrfach in den Vorgutachten genannt worden seien. Aus psychiatrischer
Sicht seien hervorzuheben die Angaben, die der Kläger im Rahmen der Begutachtung bei Dr. D. im Oktober 2010 gemacht habe.
Er habe damals angegeben, gelegentlich Stimmen gehört zu haben, diese in der Form des Satzes "Komm mit". Eine derartige Symptomatik
lasse sich aus psychiatrischer Sicht im Gesamtbild in keiner Weise nachvollziehen. Es handle sich hier um ein vollkommen untypisches
Symptom, welches nicht nur einen Aggravations-, sondern sogar einen Simulationsverdacht erwecke. Die in der psychologischen
Testung gefundenen Untersuchungsergebnisse zeigten deutlich eine Bearbeitung der Testaufgaben in Richtung eines vermeintlichen
Wunschergebnisses. Das vom Kläger gezeigte Verhalten sei keinesfalls Ausdruck einer klinisch relevanten psychischen Störung.
Aus diesem Grund seien therapeutische Ansätze auch nicht erfolgversprechend. Das Verhalten sei durchaus sehr bewusstseinsnah
und von einer inneren Überzeugung getragen, die etwaigen Schwierigkeiten bei einer Arbeitsplatzsuche oder der Ausübung einer
beruflichen Tätigkeit bewusst aus dem Wege gehen möchte. Diese bewusste Entscheidung lasse sich naturgemäß therapeutisch nicht
korrigieren, könnte allerdings vom Kläger durchaus mit bewusster Willensanstrengung überwunden werden. Der Verzicht hierauf
resultiere offensichtlich auch aus einer fehlenden Notwendigkeit, aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Rahmen eines sekundären
Krankheitsgewinns.
Die Hinweise von Dr. H. auf die Verdeutlichungstendenz, die der Kläger bei der dortigen Begutachtung gezeigt hat, decken sich
auch mit den Feststellungen von Dr. D. in dessen Gutachten vom 05.10.2010. Bei Dr. D. hatte der Kläger angegeben, dass er
einen 400,00 EUR-Job als Kurierfahrer in Aussicht habe, falls die Rente abgelehnt werde, obwohl er andererseits angab, wegen
seiner Schwindelanfälle, die wohl internistisch bedingt seien, nicht mehr Auto fahren zu wollen. Bei Dr. D. hatte der Kläger
noch einen ausgefüllten Tagesablauf geschildert: Danach stehe er gegen 7.30 Uhr auf, erledige anschließend Küchen- und Hausarbeiten.
Mittags gehe er für 1 - 1 1/2 Stunden spazieren, mit einer Strecke von ca. 3 km. Danach würde er sich hinlegen. Am Nachmittag
würde er häufig auch mit der Frau zusammen leichte Arbeiten im Garten verrichten wie Rasenmähen. Abends würde er kochen, wenn
die Frau in der Spätschicht sei, anschließend Fernsehen. An Wochenenden mache er zusammen mit seiner Ehefrau gelegentlich
kleine Ausflüge wie zur Therme nach Bad K. oder Bad W ... Man habe einen 8tägigen Urlaub im Bayerischen Wald verbracht, man
treffe sich noch gelegentlich mit Freunden in einem Restaurant oder in einer Wirtschaft. Hobbys habe er allerdings fast keine
mehr. Er sei früher im Gesangverein gewesen, habe dies jedoch wegen Konzentrationsstörungen aufgegeben. Eine wesentliche Einschränkung
der Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit des Klägers lässt sich daraus nach Überzeugung des Senats nicht ableiten. Gegenüber
dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. hat der Kläger jedoch erklärt, dass er nicht mehr viel mache, er sitze meistens
nur noch herum und überlege wie es weiter gehen solle. Er stehe in der Regel um 7 Uhr auf und frühstücke dann, gehe danach
etwas spazieren und versuche den Tag rumzubringen. Im Haushalt mache er nur etwas, wenn es ihm einigermaßen gut gehe, dann
könne er helfen. Sein früheres Hobby, das Singen im Männerchor, übe er derzeit nicht mehr aus, da er dazu keine Lust mehr
habe. Weiter gab der Kläger an, nicht mehr weit laufen zu können. Er könne nur vom Haus bis zur Straße, ca. 10 m, laufen und
müsse dann stehen bleiben. Aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten und beigezogenen Befundberichte lässt sich diese
vom Kläger dargestellte erhebliche Einschränkung seines Alltags jedoch nicht objektivieren, zumal er andererseits angab, dass
er sich über seine beiden Enkel freue, mit diesen spiele und spazieren gehe (rund um den Block) und er auch noch sexuell aktiv
sei.
Bei den von Dr. D. durchgeführten Untersuchungen zeigten sich sowohl auf internistischem als auch auf orthopädischem Fachgebiet
inkonsistente Verhaltensmuster. Auf internistischem Fachgebiet hat Dr. D. insbesondere auf die völlig unterschiedlichen Belastungserprobungen
hingewiesen, bei denen der Kläger maximal eine Belastbarkeit bis 145 Watt ohne Anzeichen einer kardialen Leistungseinschränkung
ausgehalten hatte und andererseits bereits nach kurzfristiger Minimalbelastung unter extremer Atemnot litt, die nicht objektiviert
werden konnte. Hinsichtlich der orthopädischen Situation hat Dr. D. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger in der
Untersuchungssituation noch ein unsicheres Gangverhalten und die Unfähigkeit gezeigt habe, verschiedene Koordinationsübungen
zu verrichten (Hackengang, Zehenstand). Nach Abschluss der Untersuchung sei das Bewegungsverhalten aber völlig ungestört gewesen.
Der Kläger sei sogar nach der Untersuchung (offensichtlich beunruhigt über seine verlorene Brieftasche mit Führerschein) zum
Gutachter zurückgekehrt, im Gehverhalten zielstrebig und sicher ohne Hinweis auf jegliche Koordinationsbeeinträchtigung. Unzweifelhaft
sei gleichwohl, dass der Kläger unter einem beträchtlichen Leidensdruck stehe und aufgrund seiner Erkrankungen in seinem Leistungsvermögen
sowohl körperlich als auch psychisch eingeschränkt sei.
Festzuhalten ist, dass alle im Verfahren gehörten Sachverständigen der Auffassung sind, dass der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten
kann. Die von den Sachverständigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind weitgehend vergleichbar. Es muss sich
um körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Stellung handeln. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit besonderer nervlicher
Belastung, Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems
wie Heben und Tragen von schweren Lasten, häufiges Bücken oder Überkopfarbeit, Arbeiten in Zwangshaltungen und häufiges Steigen.
Auch ungünstige äußere Bedingungen sind zu vermeiden. Mit diesem Restleistungsvermögen kann der Kläger nach Überzeugung des
Senats Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichten.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht.
Die Regelung des §
240 SGB VI findet auf den Kläger grundsätzlich Anwendung, da er 1953 geboren ist. Nach §
240 Abs
2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit
von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten
auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen
ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und
des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit
zugemutet werden können.
Welcher Berufsschutz dem Kläger unter Beachtung des sog. Mehrstufenschemas des BSG (BSGE 55, 45 f.) zukommt, ist vorliegend problematisch. Der Kläger hat erfolgreich eine Ausbildung als Schreiner absolviert und war in
seinem Ausbildungsbetrieb durchgehend als Schreiner beschäftigt. Dabei hat sich betriebsintern die Tätigkeit des Klägers allerdings
verändert. In der vom SG Würzburg in dem Klageverfahren S 8 R 482/08 eingeholten Arbeitgeberauskunft vom 18.11.2008 war angegeben, dass der Kläger als angelernter Arbeiter in der Schubkastenfertigung
am Kommodenband beschäftigt und nach Lohngruppe 2 des Tarifvertrages der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie Baden-Württemberg
entlohnt worden sei. Bei Aufnahme seiner Tätigkeit sei der Kläger in Lohngruppe 5 eingestuft gewesen. Die Anlernzeit für die
vom Kläger ausgeübte Tätigkeit betrage 2 Wochen. Ausgehend von dieser Tätigkeitsbeschreibung hätte sich der Kläger - wie vom
SG Würzburg angenommen - von seiner ursprünglichen Facharbeitertätigkeit gelöst, er hätte nur eine angelernte Tätigkeit ausgeübt
und müsste sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Für diesen besteht jedoch noch ein mindestens 6-stündiges
Leistungsvermögen. In der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2014 hat der Kläger angegeben, dass er zunächst im Betrieb mit
allen anfallenden Arbeiten eines Schreiners betraut gewesen sei. Später sei er dann in die Schubladenfertigung gewechselt,
und zwar schon vor seiner Herzerkrankung im Jahr 2003. Danach sei er im Wege der Wiedereingliederung auf diesen Arbeitsplatz
zurückgekehrt. Es treffe zwar zu, dass am Kommodenband ungelernte Arbeiter eingesetzt gewesen seien. Er sei jedoch der verantwortliche
Schreiner gewesen, der im Zweifelsfalle weitergewusst habe und auch in der Lage gewesen sei, Reparaturen vorzunehmen. Er sei
in etwa wie ein Schichtführer tätig gewesen. Vorarbeiter sei er jedoch nicht gewesen. Durch die Änderung der Tarifgruppe habe
sich kein Unterschied in seinem Verdienst ergeben. Festzuhalten ist, dass der Kläger nicht als Schichtführer und auch nicht
als Vorarbeiter beschäftigt gewesen ist und dass es eine entscheidende Änderung in der tariflichen Einstufung gegeben hat.
Ferner ist die Tätigkeit des Schubladenbaus am Kommodenband von der Eigenart der Tätigkeit eine angelernte Tätigkeit, so wie
dies der Arbeitgeber des Klägers bestätigt hatte, so dass dem SG in seiner Beurteilung des Berufsschutzes zu folgen ist. Gleichwohl kann im Ergebnis offen bleiben, ob dem Kläger ein weiter
reichender Berufsschutz zuzuerkennen wäre, da er nach Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. D., Dr. C. und Dr.
H. auch noch die Tätigkeit eines Schreiners im Umfang von 6 Stunden täglich ausführen könnte, wenn auch unter Beachtung qualitativer
Einschränkungen, insbesondere hinsichtlich der Schwere der Tätigkeit und bezüglich Zwangshaltungen. Auch ausgehend von einem
Berufsschutz als Facharbeiter lägen deshalb die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI nicht vor, zumal sich dann erst die Frage einer weiteren Verweisbarkeit des Klägers auf angelernte Tätigkeiten stellen würde.
Nach alledem war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2010 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.