Anspruch auf Hinterbliebenenrente; Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe bei plötzlichem und unerwartetem
Tod des Versicherten
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Witwenrente bzw. um die Frage, ob der Anspruch gemäß §
46 Abs.
2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) ausgeschlossen ist.
Die 1962 geborene Klägerin heiratete am 17.05.2010 den Versicherten M. D. A., geboren 1942. Der Ehemann verstarb am 26.07.2010.
Der Versicherte bezog seit 01.08.2007 Regelaltersrente von der Beklagten, zuletzt in Höhe von 977,16 Euro.
Die Klägerin beantragte am 27.12.2010 Witwenrente nach dem verstorbenen Versicherten. Beigefügt war ein Bericht des Hausarztes
Dr. Ö. vom 20.08.2010. Laut diesem Bericht wurde der Versicherte von Mai 2007 bis zu seinem Tod am 26.07.2010 in der Hausarztklinik
Dr. Ö. beobachtet und behandelt. In der Zeit von Ende 2008 bis Mitte 2009 erfolgte keine Behandlung in der Klinik, da sich
der Versicherte in einem Altersheim aufgehalten habe. Es folgten auch noch medikamentöse Behandlungen in anderen Kliniken.
Als Diagnosen wurden gestellt: Koronare Arterienkrankheit, Hypertonie, Prostatahyperplasie, cerebrovaskuläre Krankheit, antidepressive
Behandlung. Am 20.04.2010 habe der Versicherte morgens früh zu Hause Kraftlosigkeit in der rechten Hand, Sprachstörung und
rechtsseitig hängenden Mundwinkel bemerkt. Er wurde in der neurologischen Klinik bei Diagnose eines rechten mittelgradigen
Arterieninfarktes 10 Tage stationär behandelt. Danach habe der Versicherte im Großen und Ganzen Sprachfähigkeit erlangen können,
die motorische Kraft und die Funktionen hätten sich teilweise gebessert. Am 20.07.2010 habe sich der Versicherte wegen Beschwerden
und Schmerzen im Brustbereich und Atemnot in der Notaufnahme vorgestellt. Nach Behandlungen in 2 Krankenhäusern wurde er am
23.07.2010 entlassen. Am 26.07.2010 wurde er in die Notaufnahme eingeliefert. Auf die ärztlichen Bemühungen habe er nicht
angesprochen und sei verstorben.
Im Antrag gab die Klägerin weiter an, über keinerlei Einkommen (auch nicht Vermögenseinkommen) zu verfügen.
Mit Bescheid vom 01.03.2012 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Witwenrente ab. Die Vermutung einer Versorgungsehe sei
nicht widerlegt. Der Versicherte sei bei der Eheschließung 20 Jahre älter als seine Ehefrau gewesen, schwer krank und offenbar
in einem Heim untergebracht gewesen. Ein anderer Zweck für die Eheschließung erschließe sich nicht.
Dagegen hat die Klägerin am 23.04.2012 Widerspruch erhoben. Im Wesentlichen gab sie an, sie sei schon seit 9/2009 auf die
Adresse des Versicherten gemeldet. Seit diesem Datum hätten beide in einem eheähnlichen Verhältnis gelebt. Dass der Versicherte
ernsthaft erkrankt gewesen sei, sei ihm erst im April 2010 durch die Universitätsklinik in E. mitgeteilt worden. Beigelegt
war ein Ehefähigkeitszeugnis des Standesamtes E. vom 09.04.2010.
Die Beklagte hat weitere Entlassungsberichte verschiedener Krankenhäuser in der Türkei beigezogen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dem Entlassungsbericht der medizinischen
Fakultät der E.-Universität vom 30.04.2010 sei zu entnehmen, dass eine insulinpflichtige Blutzuckererkrankung, Bluthochdruck
sowie Durchblutungsstörungen vorgelegen hätten. Zur Aufnahme habe ein Schlaganfall mit Lähmungserscheinung geführt, der Patient
sei bewegungsunfähig gewesen. Die Tatsache, dass die Ehe nur 2 Wochen später geschlossen worden sei, lasse nur den Schluss
zu, dass die Eheschließung aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes erfolgt sei.
Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth am 19.12.2012 Klage erheben lassen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie habe mit dem Versicherten seit 23.09.2009
zusammengelebt. Darüber hinaus sei der Tod des Versicherten binnen eines Jahres am 17.05.2010 nicht absehbar gewesen. Die
Eheleute hätten seit längerem vorgehabt zu heiraten, hätten aber sehr lange auf das Ehefähigkeitszeugnis der Stadt E. warten
müssen. Der Klägerbevollmächtigte hat Unterlagen der Gemeinde E. vorgelegt. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten Herrn G.,
wohnhaft in A. mit der Beschaffung der notwendigen Unterlagen in Deutschland beauftragt.
Die Gemeinde E. hat ein Merkblatt vom 20.11.2009 vorgelegt, worin die Unterlagen bezeichnet sind, die für die Eheschließung
in der Türkei erforderlich seien. Dieses Merkblatt sei am 20.11.2009 angelegt worden, als der Bevollmächtigte sich erstmals
erkundigt habe, welche Unterlagen benötigt würden. Weiter enthalten sind 2 Prüfungsergebnisse der Standesamtsaufsicht vom
19.03.2010 sowie ein Anschreiben an den Bevollmächtigten mit der Übersendung eines Ehefähigkeitszeugnisses vom 09.04.2010.
Nach Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 04.03.2014 die Klage abgewiesen. Die rechtliche Vermutung einer Versorgungsehe sei nicht entkräftet
worden. Für das Vorliegen einer Versorgungsehe spreche die Ehedauer zwischen dem Versicherten und der Klägerin, diese habe
lediglich wenige Wochen gedauert. Wenige Tage vor der Eheschließung habe der verstorbene Versicherte zum 2. Mal einen Arterieninfarkt
erlitten. Danach sei die Sprachfähigkeit des verstorbenen Versicherten erheblich beeinträchtigt gewesen, ebenso die motorische
Kraft und Funktion. Die Tatsache, dass die Klägerin und der verstorbene Versicherte seit Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft
gelebt hätten, führe nicht zu einer Widerlegung. Es könne als wahr unterstellt werden, dass die Klägerin seit 2009 unter derselben
Adresse wie der verstorbene Versicherte gelebt habe. Allein die Tatsache, dass wohl im Jahre 2009 bei der Gemeinde E. Unterlagen
für ein Ehefähigkeitszeugnis beantragt worden seien, spreche gegen das Vorliegen einer Versorgungsehe. Andererseits sei der
verstorbene Versicherte bereits zu dieser Zeit erheblich erkrankt gewesen, zum anderen folge aus der Einholung eines Ehefähigkeitszeugnisses
noch kein unbedingter Heiratswille. Im Rahmen der Gesamtschau sei der Klägerin die Widerlegung einer Versorgungsehe nicht
gelungen.
Dagegen hat die Klägerin am 07.04.2014 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Im Wesentlichen hat sie erneut vorgetragen,
bei Eheschließung sei der Tod des Versicherten nicht absehbar gewesen.
Die Beklagte hat dargelegt, da die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert habe, greife die gesetzliche Vermutung ein. Besondere
Umstände seien nicht ersichtlich. Von einem ernsten Willen zur Eheschließung könne weder im November 2009 noch zu einem früheren
Zeitpunkt ausgegangen werden.
Der Senat hat ein medizinisches Sachverständigengutachten nach Aktenlage durch den Internisten und Arbeitsmediziner Dr. C.
einholen lassen. Dr. C. hat am 29.09.2014 zu der Frage Stellung genommen, ob der Tod des Ehemanns der Klägerin aufgrund seines
Gesundheitszustandes binnen eines Jahres nach Schließung der Ehe am 17.05.2010 absehbar gewesen sei. Dr. C. hat dargelegt,
Grund für den Tod des Versicherten sei eine koronare Herzkrankheit gewesen. Bei dem Versicherten habe eine arteriosklerotische
Allgemeinerkrankung mit durchblutungsbedingten Komplikationen im Bereich des Gehirns und des Herzens bestanden. Die weiteren
Erkrankungen wie künstliches Hüftgelenk links, Oberschenkelbruch, Zustand nach Prostataoperation, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung,
depressive Störung seien nicht maßgeblich gewesen.
Der Versicherte habe schon seit den 90er Jahren an einer koronaren Herzkrankheit gelitten und einen Herzinfarkt durchgemacht.
Bis zur Zeit der Eheschließung im Mai 2010 sei die Herzerkrankung nicht durch eine massive Symptomatik in Erscheinung getreten
oder habe eine Herzleistungsschwäche höheren Grades vorgelegen, die die Befürchtung eines baldigen Todes hätten nähren können.
Aus der Zeit von April 2010 liege ein Befund einer echokardiografischen Untersuchung vor. Dort würden eine diastolische Dysfunktion
und eine regionale Wandbeweglichkeitsstörung des linken Ventrikels beschrieben, eine klinisch relevante Einschränkung der
Pumpfunktion des linken Herzens sei nicht erwähnt. Am 20.07.2010 sei ein Lungenödem aufgetreten aufgrund eines frischen Herzinfarktes
bei multiplen massiven Herzkranzgefäßeinengungen bis zum vollständigen Verschluss eines Gefäßes. Daneben hätten bei dem Versicherten
eine Hirndurchblutungsstörung und Schlaganfälle vorgelegen. Zuerst habe sich 2003 ein Schlaganfall ereignet. Aus dem Jahr
2007 liege ein Bericht vor, in dem von arteriosklerotischen Veränderungen am Augenhintergrund und von einer mittelgradig ausgeprägten
Paraparese die Rede sei. Der Versicherte habe am 20.04.2010 einen 2. Schlaganfall erlitten. Neben einer Sprachstörung habe
eine armbetonte Halbseitenlähmung (Hemiparese) rechtsseitig vorgelegen, wobei in erster Linie wohl die Sprachstörung eine
gewisse Besserung erfahren habe. Von Juni und Juli 2010 lägen neurologische Untersuchungsbefunde vor, die eine Fortdauer der
nach dem 2. Schlaganfall aufgetretenen psychomotorischen Unruhezustände und eine mehr oder weniger ausgeprägte Halbseitenlähmung
rechtsseitig belegten mit der Notwendigkeit einer Rollstuhlbenutzung bei der Fortbewegung im häuslichen Bereich. Der Versicherte
habe also ca. 4 Wochen vor der Eheschließung erneut einen Schlaganfall gehabt mit einer Halbseitenlähmung und einer zumindest
teilweise reversiblen Sprachstörung. Allerdings berechtige dies nicht zu der Annahme, dass die zerebrovaskuläre Erkrankung
in absehbarer Zeit zumindest innerhalb Jahresfrist zum Tode führen würde. Weder die allgemeine klinische Erfahrung noch die
besonderen Umstände im Falle des Versicherten legten rückblickend eine solche Vermutung nahe.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.10.2014 mitgeteilt, dass mit dem Gutachten von Dr. C. davon auszugehen sei, dass der
Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nicht absehbar gewesen sei. Allerdings ergäben sich aus dem Antrag auf Ausstellung
eines Ehefähigkeitszeugnisses keine Anhaltspunkte, die eine Versorgungsehe entkräften könnten.
Mit Schreiben vom 31.10.2014 hat der Senat erneut die Klägerin um Mitteilung gebeten, aus welchen Gründen die Klägerin und
ihr verstorbener Ehemann am 17.05.2010 geheiratet hätten. Die Klägerin hat durch ihren Bevollmächtigten vortragen lassen,
sie und ihr Ehemann hätten sich bereits im Juni 2009 verständigt zu heiraten und seien dann bereits am 23.09.2009 zusammengezogen.
Es habe ca. sechs Monate gedauert, bis das Ehefähigkeitszeugnis erteilt worden sei. Die Heirat sei am 17.05.2010 erfolgt,
weil es länger gedauert habe, die notwendigen Papiere zu beschaffen. Die Klägerin habe auch bei ihrer Tochter Überzeugungsarbeit
leisten müssen. Diese habe nicht gewollt, dass die Mutter geheiratet habe. In der mündlichen Verhandlung des Senats am 03.12.2014
hat der Bevollmächtigte weiter angegeben, dass die Eheleute schlichtweg aus Liebe geheiratet hätten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 04.03.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01.03.2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 27.12.2010
hin die gesetzlichen Leistungen einer Hinterbliebenenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 04.03.2014 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Beklagtenakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ist gemäß §
46 Abs.
2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) ausgeschlossen.
Gemäß §
46 Abs.
2a SGB VI haben Hinterbliebene keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat, es sei
denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende
Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Als besondere Umstände im Sinne des §
46 Abs.
2a SGB VI sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf von der Versorgungsabsicht verschiedene Beweggründe
für die Heirat schließen lassen (BSG, Urteil vom 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, mwN, veröffentlicht in [...]). Die Annahme des Anspruchs ausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer
von nicht mindestens einem Jahr ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe
beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den
Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände
für die Heirat sind nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der jeweiligen
Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen
Umstände des Einzelfalles zu bewerten (BSG, Urteil vom 06.05.2010, B 13 R 134/08 R; BSG Urteil vom 05.05.2009, B 13 R 55/08 R mwN). Die Umstände sind nachzuweisen, die Beweislast trägt der Antragsteller. Bei abschließender Gesamtbewertung müssen
diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger
und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Demgemäß steigt mit
dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Erkrankung und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem
Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der
gesetzlichen Annahme (Vermutung) einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres
nach Eheschließung angeführt werden (BSG Urteile vom 05.05.2009 und vom 06.05.2010 aaO).
Im vorliegenden Falle konnte die Klägerin eine Versorgungsehe nicht entkräften.
Festzustellen ist zunächst, dass die Ehe der Klägerin lediglich etwa 8 Wochen gedauert hat, nämlich vom 17.05. bis 26.07.2010.
Allerdings war zum Zeitpunkt der Eheschließung sowohl nach den Aussagen des beratungsärztlichen Dienstes der Beklagten durch
Dr. P. wie auch nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. C. nicht absehbar, dass der Tod innerhalb eines
Jahres eintreten werde. Zum Zeitpunkt der Eheschließung litt der Versicherte zwar schon an einer koronaren Herzerkrankung,
die jedoch nicht durch eine massive Symptomatik in Erscheinung getreten war und auch keine Herzleistungsschwäche höheren Grades
verursacht hatte. Aus der Zeit von April 2010 liegt vielmehr der Befund einer echokardiografischen Untersuchung vor. Dort
wurden eine diastolische Dysfunktion und eine regionale Wandbeweglichkeitsstörung des linken Ventrikels beschrieben, eine
klinisch relevante Einschränkung der Pumpfunktion des linken Herzens ist nicht erwähnt geworden.
Vielmehr erfolgte der Tod des Versicherten dann am 26.07.2010, vorangegangen waren ein erneuter Herzinfarkt und ein Lungenödem
am 20.07.2010. Nach diesem Ereignis war mit seinem Tod jederzeit zu rechnen gewesen, zum Zeitpunkt der Eheschließung im Mai
2010 war dies jedoch nicht absehbar gewesen.
Es ist jedoch ebenfalls festzustellen, dass sich der zum Zeitpunkt der Eheschließung knapp 69-jährige Versicherte in einem
schlechten Gesundheitszustand befunden hat. Nach einem ersten Schlaganfall im Jahre 2003 hat er am 20.04.2010 einen zweiten
Schlaganfall erlitten. Neben einer Sprachstörung hat eine armbetonte Halbseitenlähmung rechtsseitig vorgelegen, wobei die
Sprachstörung eine gewisse Besserung erfahren hatte. Als Folge der zerebralen Durchblutungsstörung hat auch eine gesteigerte
psychomotorische Unruhe vorgelegen. Neurologische Untersuchungsbefunde von Juni und Juli 2010 legen dar, dass nach dem 2.
Schlaganfall psychomotorische Unruhezustände und eine mehr oder weniger ausgeprägte Halbseitenlähmung rechtsseitig mit der
Notwendigkeit einer Rollstuhlbenutzung bei der Fortbewegung im häuslichen Bereich erforderlich waren.
Bei der Würdigung der Gesamtumstände ist zu berücksichtigen, dass ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender
besonderer Umstand im Sinne des §
46 Abs.
2a Halbsatz 2
SGB VI insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Tod des Versicherten unvermittelt (plötzlich und unerwartet) eingetreten ist.
In diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, dem Ehegatten
eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen. In der Gesetzesbegründung wird als Beispiel hierfür der "Unfalltod" genannt
(BT-Drs. 14/4595 S. 44). Unvermittelt eingetreten in diesem Sinne ist der Tod aber auch bei einem Verbrechen oder bei einer
Erkrankung, die plötzlich aufgetreten ist und schnell zum Tode geführt hat, z. B. Infektionskrankheit oder Herzinfarkt bei
unbekannter Herzerkrankung (BSG, Urteil vom 05.05.2009 aaO).
Ein solch unvermittelter Tod hat jedoch nicht vorgelegen, vielmehr waren bei dem Versicherten relevante Vorerkrankungen bekannt.
Dies mag auch erklären, warum trotz des schlechten Gesundheitszustandes des Versicherten am 17.05.2015 die Eheschließung erfolgt
ist. Nach neurologischen Untersuchungsbefunden vom Juni und Juli 2010 lagen beim Versicherten psychomotorische Unruhezustände
und eine mehr oder weniger ausgeprägte Halbseitenlähmung rechtsseitig vor mit der Notwendigkeit einer Rollstuhlbenutzung bei
der Fortbewegung im häuslichen Bereich. Daneben hat noch eine Sprachstörung vorgelegen, wobei die Sprachstörung eine gewisse
Besserung erfahren hatte. Angesichts dieses schlechten Gesundheitszustandes hätte es eher nahe gelegen, die Trauung zeitlich
noch etwas zu verschieben, bis der Versicherte in einem besseren Gesundheitszustand gewesen wäre.
Der Senat sieht durchaus auch, dass bei der Klägerin und dem Versicherten schon ab November 2009 ernsthafte Heiratsabsichten
bestanden haben. Die Klägerin hat seit September 2009 mit dem Versicherten zusammengelebt. Ihr Bevollmächtigter hat jedenfalls
erstmals im November 2009 mit dem Standesamt E. Kontakt aufgenommen, welche Unterlagen für eine Eheschließung erforderlich
seien. Übersandt wurde dann schließlich das Ehefähigkeitszeugnis vom 24.03.2010 am 09.04.2010 an den Bevollmächtigten der
Klägerin in Deutschland. Fakt ist jedenfalls, dass zumindest erste Überlegungen im November 2009 realisiert worden sind, die
auf Heiratsabsichten schließen lassen. Insbesondere wurden dann schließlich auch die erforderlichen Unterlagen, die kostenpflichtig
waren, auch angefordert und übersandt, und zwar am 09.04.2010. Damit ist für den Senat nachgewiesen, dass jedenfalls vor dem
zweiten Schlaganfall, der sich am 20.04.2010 ereignet hat und nochmals eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes
des Versicherten hervorgerufen hat, konkrete Heiratsvorbereitungen eingeleitet worden sind. Ein besonderer Umstand, der die
Versorgungsehe entkräften könnte, ist darin jedoch nicht zu sehen. Es ist es durchaus üblich, dass zwischen dem Entschluss
zu heiraten und der Verwirklichung schon aus organisatorischen Gründen mehrere Wochen oder Monate liegen.
Als Motiv für die Eheschließung trägt die Klägerin vor, sie habe aus Liebe geheiratet.
Der Senat sieht darin jedoch keinen besonderen Umstand. Besondere Umstände, die die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen
vermögen, können nur solche sein, die eindeutig darauf schließen lassen, dass die Ehe nicht zumindest überwiegend aus Gründen
der Versorgung geschlossen wurde. Die Darlegung allgemeiner, bei einer Heirat regelmäßig mit entscheidenden Gesichtspunkten,
wie der Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen und die Absicht, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen und zwar
aus Liebe, rechtfertigt nicht die Annahme besonderer Umstände im Sinne des Gesetzes (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Urteil
vom 08.08.2012, L 13 R 555/10).
Daneben ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach eigenen Angaben über keinerlei eigenes Einkommen oder Vermögen
verfügt und verfügt hat, der Versicherte jedoch eine Altersrente bezogen hat. Damit hat die Ehe gerade der Versorgung gedient.
Nach alledem ist es der Klägerin nicht gelungen, die Annahme einer Versorgungsehe zu entkräften. Die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.