Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht für das von der Klägerin an den Beigeladenen zu 1) in der
Zeit von 01.01.2011 bis 31.12.2013 gezahlte Gehalt Abgaben nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG - in Höhe von Euro 105.037,94 nachgefordert hat.
Die Klägerin betreibt in Form einer GmbH eine Agentur, welche im Handelsregister ab dem 27.09.2002 mit dem Unternehmensgegenstand
"Konzeption und Beratung auf dem Gebiet des Corporate-Identity-Designs, der Werbung, der Mediengestaltung und Medientechnik"
eingetragen war. Am 06.12.2013 wurde der Unternehmensgegenstand ergänzt durch den Zusatz "sowie ausführungsjournalistische
Tätigkeiten (u.a. Pressearbeit, Mediaproduktion)". Am 20.09.2017 wurde der gesamte bisherige Unternehmensgegenstand ersetzt
durch den Begriff "Holistische Unternehmens- und Markenberatung und Markenführung". Die Klägerin beschäftigt regelmäßig zwischen
20 und 25 Mitarbeitern in insgesamt sieben Abteilungen (Beratung, Projektmanagement, Kreation Digital, Kreation Text sowie
drei Abteilungen für kreatives Design). Der Beigeladene zu 1) - dessen Ausbildung Studiengänge der Kunst- und Medienwissenschaften
sowie des Kommunikationsdesigns umfasst - ist und war im streitigen Zeitraum einer von zwei einzelvertretungsberechtigten
Geschäftsführern. Sein Gesellschaftsanteil beträgt 60 %, Entscheidungen der Gesellschaft werden mit einfacher Mehrheit getroffen.
Laut dem Organigramm der Klägerin (Stand Juli 2015) hat der Beigeladene zu 1) als CEO die disziplinarische Führung bezüglich
aller Mitarbeiter einschließlich der weiteren Führungskräfte sowie die fachliche Führung über die Mehrzahl der kreativen Abteilungen
(ausgenommen: "Kreation Text").
Im April 2015 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1a
SGB IV durch. Mit Bescheid vom 28.08.2015 stellte sie für den Prüfzeitraum von 01.01 2011 bis 31.12.2013 - im Gegensatz zu vorangegangenen
Prüfungen - die Abgabepflicht nach § 27 Abs. 1 KSVG (Künstlersozialabgabe) im Hinblick auf das an den Beigeladenen zu 1) gezahlte Geschäftsführergehalt fest. Begründet wurde
diese Feststellung sowie die Nachforderung in Höhe von Euro 105.037,94 mit der geistigen Oberleitung des Beigeladenen zu 1)
als selbständiger GmbH-Geschäftsführer über die künstlerischen/publizistischen Leistungen der Klägerin in Form von - dem Bereich
der Öffentlichkeitsarbeit zuzuordnender - strategischer Kommunikationsberatung.
Der hiergegen am 14.09.2015 eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, der Beigeladenen zu 1) übe im Wesentlichen eine
Beratungstätigkeit in markenstrategischen Prozessen aus. Die Entwicklung, künstlerische Gestaltung und Umsetzung dieser Prozesse
sei ein nachrangiger Bestandteil der Beratung und werde ausschließlich durch entsprechend ausgebildete Mitarbeiter übernommen.
Der Beigeladene zu 1) sei in erster Linie für die Führung der Mitarbeiter, für das Finanz- und Risikomanagement, für die Weiterentwicklung
der Unternehmensstrategie und als erster Repräsentant der Klägerin gegenüber Kunden verantwortlich. Früher durchgeführte Betriebsprüfungen
hätten diesbezüglich keine Beanstandungen ergeben, die Klägerin genieße insoweit Vertrauensschutz.
Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 29.10.2015 abgelehnt,
da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestünden. Am 07.12.2015 beantragte die
Klägerin beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, welche mit Beschluss vom 14.01.2016
abgelehnt wurde. Die 15. Kammer Sozialgerichts München führt in dieser Entscheidung aus, dass sich die angefochtenen Bescheide
der Beklagten nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweisen würden. Die Darstellung einer überwiegend administrativen
Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei nicht überzeugend. Dieser trete auch nach außen als fachliche Leitfigur der Klägerin
auf, habe die fachliche Führung über die maßgeblichen kreativen Abteilungen inne und zeichne im Internetauftritt der Klägerin
als "studierter Designer" für den Bereich "Kreation" verantwortlich.
Mit Bescheid vom 29.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte ergänzend aus, Vertrauensschutz
im Hinblick auf frühere Betriebsprüfungen bestehe nicht. Ältere Prüfungsmitteilungen würden nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
insoweit keine Feststellungen hinsichtlich nicht geprüfter Sachverhalt bzw. nicht erhobener Abgaben treffen.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin am 29.04.2016 durch ihre Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München (SG). Zur Begründung wurde erneut vorgetragen, der Schwerpunkt der klägerischen Tätigkeit liege im Bereich der markenstrategischen
Beratung auf dem Gebiet der Corporate Identity und des Corporate Branding; Designelemente stellten hierbei lediglich einen
Teilbereich dar, künstlerischen oder publizistischen Ausführungstätigkeiten käme nur untergeordnete Bedeutung zu. Insbesondere
stelle der Bereich Strategie/Beratung keine Vorbereitungshandlung für eine Werbekonzeption und damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit
dar. Der Schwerpunkt liege vielmehr in der Optimierung der strategischen Ausrichtung und dem Ausbau der Identität des Unternehmens.
Die weitere Umsetzung der zuvor im Bereich Strategie ermittelten Erkenntnisse und die hieraus entwickelte strategische Neuausrichtung
würden sodann durch abhängig beschäftigte Mitarbeiter im Sinne einer visuellen Gesamterscheinung umgesetzt. Der Beigeladenen
zu 1) als Mehrheitsgesellschafter der Klägerin wie auch weiterer Unternehmen im Firmenverbund werde dementsprechend schwerpunktmäßig
im Bereich Führung, Strategie- und Business-Development sowie Risiko- und Finanzmanagement tätig. Neben einer quantitativen
Analyse des auftraggebenden Unternehmens, seines Wettbewerbs- und Marktumfeldes würden beispielsweise auch Workshops zu Entwicklung
von Werten und zur Markenführung angeboten. Der ermittelte Wertekanon werde dann zunächst auf Verhaltensebene, dann auf Dienstleistungsebene
und zuletzt auf kommunikativer Ebene implementiert. Dieser Ansatz findet sich auch bei großen, klassischen Unternehmensberatungen.
Der Beigeladene zu 1) sei Spezialist darin, die Kunden auf C-Level-Ebene zu Visionsfindung zu beraten und dauerhaft zu begleiten.
Die Entwicklung, künstlerische Gestaltung und Umsetzung von Design sei dagegen ein unabhängiger weiterer Bereich der Klägerin,
welcher von zwei Kreativdirektoren eigenständig fachlich geführt werde. Entgegen den Angaben im Organigramm stehe der Beigeladene
zu 1) seinen Kreativdirektoren lediglich auf Wunsch als Diskussionspartner zur Verfügung.
Mit Urteil vom 21.07.2017 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Zu Recht und in zutreffender Höhe habe die Beklagte das Geschäftsführergehalt des Beigeladenen
zu 1) der Abgabepflicht zur Künstlersozialkasse unterworfen. Dieser übe schwerpunktmäßig eine künstlerische/publizistische
Tätigkeit im Sinne des Gesetzes aus. Eine Aufteilung des Entgeltes in künstlerische/publizistische und administrative Anteile
sei nicht vorzunehmen. Der Bereich "Strategie" sei unmittelbar mit den von der Klägerin erbrachten kreativen Elementen verzahnt.
Es sei nicht schlüssig, dass die Unternehmensstruktur abweichend von der festgelegten Organisationsstruktur gelebt werde.
Der Beigeladene zu 1) habe die geistige Oberleitung über das klägerische Unternehmen. Auch im Hinblick auf seine Ausbildung
sei es denkunlogisch, dass er sich mit den kreativen Aspekten nicht auseinandersetze. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten
Unterlagen gingen über den Umfang einer - auch visualisierten - klassischen Unternehmensberatung weit hinaus. Die Klägerin
verkenne insoweit den weiten Kunstbegriff des Gesetzes. Hierunter würden auch alle Vorfeldaktivitäten für Öffentlichkeitsarbeit
und Werbung fallen, wie insbesondere unternehmensstrategische Aufstellung und die Entwicklung von Kommunikationsstrategien.
Am 11.09.2017 legte die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Berufung beim Bayer. Landessozialgericht ein. Unzutreffend sei
das SG von einer engen Verzahnung der Bereiche "Kreation" und "Strategie" ausgegangen. Es habe verkannt, dass es im Bereich Strategie
keine kreativen Elemente gebe und die strategische Beratung gerade keine Vorfeldtätigkeit für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung
darstelle. Weiter sei übersehen worden, dass sich der berufliche Schwerpunkt des Beigeladenen zu 1) zwischenzeitlich von seiner
Ausbildung gelöst und hin zu den Elementen einer klassischen Unternehmensberatung verschoben habe. Das Unternehmen der Klägerin
stelle gerade keine Werbeagentur in klassischem Sinne dar, auch werde keine "strategische Kommunikationsberatung" angeboten.
Es möge zwar sein, dass Erkenntnisse im Bereich der marktstrategischen Neuausrichtung letztlich für die Öffentlichkeitsarbeit
genutzt werden. Denn die im Rahmen der Identitätsfindung gewonnenen Ergebnisse könnten voraussichtlich bei der Darstellung
des Unternehmens in der Öffentlichkeit nicht ignoriert werden. Dies stelle aber die Eigenständigkeit der strategische Beratung
nicht in Frage. Daneben könne eine rein theoretisch bestehende geistige Oberleitung für den kreativen Bereich wie auch für
die GmbH insgesamt nicht ausreichen, um die Voraussetzungen für eine Künstlersozialabgabe zu erfüllen. Die Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts führe im vorliegenden Fall zu nicht sachgerechten Ergebnissen.
In der mündlichen Verhandlung nahm der Senat Einsicht in verschiedene, vom Beigeladenen zu 1) zur Verdeutlichung seines Betätigungsfeldes
mitgebrachte Vorstandsvorlagen (u.a. L. AG). Der Beigeladene zu 1) führte im Weiteren aus, dass er aufgrund seiner Reputation
von den Auftraggebern als maßgeblicher Ansprechpartner und Berater eingefordert werde. Der ganz überwiegende Anteil seiner
Arbeitszeit sei daher durch zeitaufwändige C-Level Beratungstermine beim Kunden gebunden. Schon allein deswegen könne ein
maßgeblicher Anteil an der innerhäuslich erbrachten Kreativarbeit nicht angenommen werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.07.2017 sowie den Bescheid vom 24.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 29.03.2016 aufzuheben, hilfsweise die Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen. Die Beigeladene zu 2) hat keine Anträge gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts sowie die Senatsakte
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Einschätzung der Beklagten bestätigt, wonach die Klägerin in der Zeit von 01.01.2011 bis 31.12.2013 für die Tätigkeit
des Beigeladenen zu 1) Künstlersozialabgaben i.H.v. Euro 105.037,94 an die Beigeladenen zu 2) zu entrichten hat.
Nach § 28p Abs. 1a
SGB VI (in der Fassung des Art 2 Nr. 1a des 3. KSVG-ÄndG, in Kraft getreten zum 15. Juni 2007) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern unter anderem, ob
diese die Künstlersozialabgabe rechtzeitig und vollständig entrichten (Satz 1). Sie erlassen insoweit die erforderlichen Verwaltungsakte
einschließlich der Widerspruchsbescheide (Satz 3) und unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, soweit sie Melde-
und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem KSVG betreffen (Satz 4). Zur Künstlersozialabgabe sind unter anderem Unternehmen verpflichtet, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit
für Dritte betreiben, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG sind Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen,
die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichtetes Unternehmen im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe
eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig
sind.
Unter Zugrundelegung dieser Prämissen ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin - was von ihr nicht bestritten wird -
ein Unternehmen der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1Nr 7 KSVG betreibt. Der Begriff der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit ist hierbei weit zu fassen. Darunter fällt jede positive Darstellung
eines Unternehmens in der Öffentlichkeit im Sinne eines methodischen Bemühens um absatzförderndes Verständnis und Vertrauen
in der Öffentlichkeit durch Aufbau und Pflege von Kommunikationsbeziehungen. Damit sind unter diesem Begriff nicht nur klassische
Werbeagenturen zu subsumieren, sondern alle Berater, PR-Agenturen, Multimediaagenturen und sogar Unternehmen mit einer anderen
Haupttätigkeit, bei welchen die einer Werbeagentur entsprechende Geschäftstätigkeit gleichwohl eine - wenn auch untergeordnete
- Nebenrolle spielt (Finke/ Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl. 2009, Rn. 136 ff. zu § 24). Hierbei muss es sich ein Unternehmen zurechnen lassen, wenn es im Geschäftsleben als Werbeunternehmen auftritt. Liegt eine
entsprechende Eintragung im Handelsregister vor, so kann die Verpflichtung zur Künstlersozialabgabe sogar ohne Rücksicht auf
eine in tatsächlicher Hinsicht abweichend ausgeübte Geschäftstätigkeit bestehen. Denn bei einem als Gesellschaft geführten
Unternehmen, das aufgrund seiner Rechtsform in das Handelsregister einzutragen ist - wie vorliegend bei einer GmbH -, ist
über die Firma als solches hinaus auch der im Gesellschaftsvertrag niedergelegte und aus der Handelsregistereintragung zu
entnehmende Unternehmensgegenstand für die Beurteilung der Frage maßgebend, ob das Unternehmen zum Kreis der in § 24 KSVG abschließend Aufgeführten gehört (BSG, Urteil vom 12.11.2003, AZ: B 3 KR 10/03 R, Rn 20, zitiert nach juris). Vorliegend war die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum mit dem Unternehmensgegenstand
"Konzeption und Beratung auf dem Gebiet des Corporate-Identity-Designs, der Werbung, der Mediengestaltung und Medientechnik",
sowie ab Dezember 2013 mit dem weiteren Zusatz "sowie ausführungsjournalistische Tätigkeiten (u.a. Pressearbeit, Mediaproduktion)"
eingetragen. Eine Änderung des Unternehmensgegenstandes hin zu einer ganzheitlichen Unternehmens- und Markenführung erfolgte
erst im September 2017. Angesichts des streitgegenständlichen, die Jahre 2011 bis 2013 umfassenden Prüfungszeitraums kann
offenbleiben, ob nicht auch der geänderte Unternehmenszweck maßgeblich auf die absatzsteigernde Außendarstellung der Auftraggeber
im Sinne des Begriffs der Werbung abzielt.
Der Senat kommt in Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles weiter zu der Überzeugung, dass das an den Beigeladenen
zu 1) im streitigen Zeitraum gezahlte Gehalt nach § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG als Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe heranzuziehen ist. Das an einen aufgrund seiner maßgeblichen gesellschaftsrechtlichen
Stellung als selbstständig zu qualifizierenden Geschäftsführer/Gesellschafter einer juristischen Person gezahlte Entgelt unterliegt
der Abgabepflicht, wenn dadurch künstlerische/publizistische Leistung abgegolten werden. Hierbei ist im Wege einer Gesamtschau
unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen wie auch der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen, ob die Leistungen
nach dem KSVG der Tätigkeit das Gepräge geben. Notwendig Geschäftsführertätigkeiten, die für eine selbstständige Berufsausübung typisch
sind, bleiben hierbei grundsätzlich unbeachtlich. Eine Aufteilung des Gehalts in KSVG-spezifische und sonstige Anteile erfolgt nicht (BSG, Urteil vom 16.04.1998; Az.: B 3 KR 7/97 R; Finke/Brachmann/ Nordhausen, KSVG, Rn. 29 ff. zu § 25).
Nach diesen Vorgaben erscheint vorliegend sowohl in Anbetracht der Außendarstellung wie auch der internen Zuständigkeit und
Geschäftsverteilung der Klägerin das Gesamtbild der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als künstlerische/publizistische Tätigkeit
im weitesten Sinne. Zutreffend hat das SG festgestellt, dass die entsprechenden Begrifflichkeiten des KSVG weit auszulegen sind. Künstler/Publizist im Sinne von § 2 KSVG ist demnach nicht nur der klassische darstellende oder bildende Künstler, der Musiker oder Schriftsteller/Journalist, sondern
jeder kreativ Tätige, des sich im weitesten Sinn unter die genannte Generalklausel subsumieren lässt. Entsprechend dem Gesetzeszweck,
die künstlerischen und publizistischen Berufe in umfassender Weise zu berücksichtigen und nicht zu begrenzen, unterfallen
diesen Begriffen insbesondere auch Berufsbilder wie beispielsweise der Creativ Director, der Fachberater zur Gestaltung von
Massenkommunikationsmittel oder auch der Fachmann für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung (Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, Rn. 3, 20 zu § 2). Gerade auch im Hinblick auf die neben den klassischen Medien zunehmend erwachsenden Möglichkeiten, die Marke eines Unternehmens
durch Nutzung neuer digitaler Erhebungswerkzeuge zu definieren und durch neue Formen digitaler Massenkommunikation nach außen
zu tragen - sprich zu publizieren - ist zur Überzeugung des Senats der Anwendungsbereich des KSVG im Wege einer teleologischen Extension ständig fortzuschreiben. Der Schutzzweck der Künstlersozialversicherung erfordert
es, gerade auch Bereiche, die im Rahmen neuer, digitaler Formen von Öffentlichkeitsarbeit maßgeblich am kreativen Wertschöpfungsprozess
teilhaben, in die Finanzierung der Künstlersozialabgabe einzubeziehen. Für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit in den Anwendungsbereich
des KSVG fällt, ist zuvörderst auf den eigenschöpferischen bzw. kreativen Charakter einer Tätigkeit im Sinne einer Richtschnur abzustellen
ist (Finke/ Brachmann/Nordhausen, KSVG, Rn. 5 zu § 2).
Unter diesen Prämissen hat der Senat keine Zweifel, dass der Beigeladene zu 1) im Leistungsportfolio der Klägerin nicht nur
eine beherrschende Führungs- und Leitungsfunktion hinsichtlich der von den Mitarbeitern erbrachten Kreativleistungen einnimmt,
sondern in einem weit verstandenen Sinne auch selbst maßgeblich am kreativen Wertschöpfungsprozess beteiligt ist. Das aktuelle
Leistungsportfolio der Klägerin umfasst entsprechend ihrem Internetauftritt (Stand 2018) neben den möglicherweise zunächst
internen Prozessen der Identitäts- und Charakterprofilierung einer Marke (Branding) sowie der markenstrategischen C-Level-Beratung
der Auftraggeber auch ausführende Elemente von entscheidendem Gewicht, wie z.B. wie die Umsetzung der gefundenen Corporate
Identity durch einzigartige Visualisierung (Corporate Design) die Gestaltung von Medien (Imagebroschüren, Produktionskataloge),
die Entwicklung einer Unternehmenskommunikation, die Koordinierung der digitalen Auftritte u.a. bei Messen und "Point of Sales"
sowie finanzkommunikative Elemente (Veröffentlichung von Geschäftsberichten, begleitende Medien). Damit ist letztlich Ziel
der klägerischen Tätigkeit - wenn auch durchaus unter Einsatz strategischer Elemente und identitätsbildender Prozesse - maßgeblich
die Schärfung der Markenidentität im Sinne einer absatzsteigernden Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung des Auftraggebers
durch den Zwischen- und Endverbraucher.
Dass auch der Beigeladene zu 1) an diesem Prozess selbst maßgeblich kreativ beteiligt ist, legt zunächst - ohne dass dies
für die hier zu treffende Entscheidung alleine tragend wäre - ein Blick auf seinen Werdegang nahe. So hat er ausweislich des
Internetauftritts der Klägerin Studiengänge der Kunst- und Medienwissenschaften sowie des Kommunikationsdesigns abgeschlossen.
Er veröffentlichte unter anderem als Co-Autor ein Buch mit dem Titel "Branding Interface: Gespräche über Markenkommunikation
von morgen" in welchem er sich ausführlich mit künftigen Unternehmenskommunikationsmodellen beschäftigt. Sein Zuständigkeitsbereich
bei der Klägerin wird mit "Verantwortung für Kreation sowie strategische Marketingberatung" beschrieben. Hingegen sind Ausbildungen
oder valide Vorkenntnisse in den für die Tätigkeit eines klassischen Unternehmensberaters maßgeblichen Berufsbildern (z.B.
Betriebswirt, Jurist, Wirtschaftsingenieur) weder vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich. Auch wenn sich aus den
in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zusammenstellungen - ausgehend von einer strategischen Beratung im Sinne einer Herausarbeitung
und Schärfung des Markenprofils (Branding) unter Einbeziehung von Produkt- und Marktanalysen sowie der unternehmerischen Leitkultur
- ein ohne Zweifel über das Angebot einer klassischen Werbeagentur hinausgehender ganzheitlicher Ansatz der von der Klägerin
angebotenen Leistungen entnehmen lässt, so steht am Ende der Wertschöpfungskette nichtsdestotrotz die Umsetzung der so gewonnenen
Erkenntnisse im Sinne einer umfassenden Außendarstellung. Soweit das Vorbringen der Berufung versucht, die vom Beigeladenen
zu 1) erbrachten strategischen Beratungsleistungen im Sinne einer holistisch - sprich ganzheitlich - verstandenen Markenberatung
zur Schaffung einer "Corporate Identity" sowie eines einheitlichen "Brandings" losgelöst von der sodann folgenden kommunikativen
Umsetzung als autarke Leistung ähnlich einer klassischen Unternehmensberatung darzustellen, gelingt dies nicht. Die vorgetragene
markenstrategische Beratung steht zur Überzeugung des Senats in untrennbarem Verbund mit den in weiterer Konsequenz folgenden
Umsetzungsmaßnahmen.
So werden im Rahmen der Internetpräsenz der Klägerin (https://xxx.de) Auftraggeber wiedergegeben, für welche gerade der Kontakt
zum Beigeladenen zu 1) nachhaltigen Charakter hatte und der Eindruck entstanden ist, dass der Beigeladene zu 1) "an Ideen
kaum zu übertreffen" ist (Designreisen, M. und R. A.). Der Beigeladene zu 1) selbst wird im Zusammenhang mit der in der mündlichen
Verhandlung dargelegten marktstrategischen Beratung der L. AG auf der Homepage der Klägerin wie folgt zitiert: "Markenarbeit
ist die Sichtbarmachung innerer Haltung und folgt der strategischen Ausrichtung. Die Marke L. wurde auf Basis ihrer Werte,
ihrer Kultur und ihrer DNA holistisch weiterentwickelt, um sie erfolgreich im 21. Jahrhundert zu verankern." In der Folge
wird eindrucksvoll gezeigt, dass der vom Beigeladenen zu 1) geleistete strategische Beitrag in eine von der Klägerin umgesetzte
umfassende Neuorientierung der Außendarstellung der Marke L. mündete, ausgehend von der Visualisierung mittels eines neuen
Schrifttyps, eines neugestalteten K.-Logos, einer Versachlichung und Reduzierung des Designs im Sinne einer neuen Klarheit,
einer effizienteren Bildsprache sowie neuer werbewirksamer Slogans (z.B. "We strive to create experiences that enrich people
s lives") bis hin zu einem eigenen Twitter-Account (xxx). Umschrieben wird der von der Klägerin umfassend gestaltete Auftritt
der Marke "L." im Weiteren wie folgt: "Das neue visuelle Erscheinungsbild der L. baut auf den Stärken der Vergangenheit auf.
Das seit mehr als 30 Jahren unveränderte Design hat die Marke durch die Zeit getragen und stark geprägt - und gemeinsam mit
dem seit jeher starken Fokus der Marke auf die Bedürfnisse der Menschen so erfolgreich gemacht. Auch heute ist diese Human
Centricity der Kern von L., der Kern des neuen Premium-Verständnisses. Durch die rasante Digitalisierung der letzten Jahre
jedoch haben sich die Bedürfnisse und die Erwartungshaltung der Menschen geändert. Human Centricity muss ganzheitlich über
alle, auch die neuesten und noch entstehenden Touchpoints erlebbar sein, Premium bekommt eine neue Bedeutung. Aus diesen Überlegungen
heraus wurden die strategische Grundlage für die Brand Identity und der Purpose der Marke entwickelt - und wird nun in der
erneuerten visuellen Identität, im neuen Markenauftritt, holistisch erlebbar gemacht." (https://xxx).
Da sich in diesem Zusammenhang die vom Beigeladenen zu 1) erbrachten markenstrategischen Beratungsleistungen als entscheidende
Vorfeldaktivität des folgenden Marken-Re-Designs darstellen, hielt der Senat weitere Ermittlungen im Hinblick auf eine zeitanteilige
Aufgliederung der gesamten Geschäftsführertätigkeit für entbehrlich. Zu Recht hat zudem bereits das SG darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die interne Kompetenzverteilung - unbeschadet des Umfangs der reinen Beratungsleistungen
- daneben auch von einer maßgeblichen fachlichen Aufsicht des Beigeladenen zu 1) über die Kreativabteilungen der Klägerin
(mit Ausnahme der Abteilung "Kreation Text") auszugehen ist. Es ist schlichtweg nicht vorstellbar, dass eine durch die Kreativabteilungen
der Klägerin gestaltete Neukonzeption der Markenidentität eines "Global Players" wie der L. AG dem Kunden ohne fachliche Begleitung,
respektive Supervision und/oder Endabnahme durch den Beigeladenen zu 1) als Hauptgesellschafter und CEO-Geschäftsführer der
Klägerin präsentiert wird.
Letztlich gewinnt zur Überzeugung des Senats für die Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) auch das bereits zitierte
Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.04.1998 (a.a.O.) Bedeutung. Die Klägerin muss sich - jedenfalls für die hier streitgegenständliche
Zeit - an dem im Handelsregister aufgeführten Unternehmenszweck messen lassen, welcher zunächst konzeptionelle und beratende
Leistungen unmittelbar dem Gebiet des Corporate-Identity-Designs, der Werbung, der Mediengestaltung und Medientechnik zuordnete
und ab Dezember 2013 zusätzlich noch ausführungsjournalistische Tätigkeiten umfasste. Die im Rahmen des Berufungsverfahrens
vorgetragene Verschiebung hin zu einer überwiegend beratenden Tätigkeit ließe sich ernsthaft erst ab der zum 20.09.2017 vorgenommenen
Änderung hin zu einer "Holistische Unternehmens- und Markenberatung und Markenführung" diskutieren. Der Senat verkennt nicht,
dass das zitierte Urteil des Bundessozialgerichts unmittelbar nur die Frage betrifft, ob ein Unternehmen dem Anwendungsbereich
des § 24 KSVG und mithin der grundsätzlichen Abgabepflicht unterfällt. Hiervon grundsätzlich zu unterscheiden ist die Frage, ob die von
einem abgabepflichtigen Unternehmen an einen selbstständigen Künstler/Publizisten geleisteten Entgelte Bemessungsgrundlage
der Künstlersozialabgabe sind, § 25 Abs. 1 KSVG. In vorliegendem Fall greift jedoch die Besonderheit, dass der Beigeladene zu 1) zwar aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen
Stellung als selbstständig anzusehen ist, er jedoch seine Leistungen gleichwohl nicht als "Dritter" sondern als alleinvertretungsberechtigter
Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Klägerin erbringt. Insofern können seine Leistungen nicht losgelöst von dem
Handelsregister niedergelegten Unternehmenszweck der GmbH angesehen werden, deren Geschäfte er führt und mit deren Wohl und
Wehe er als Mehrheitsgesellschafter untrennbar verbunden ist.
Die im weiteren angeführten Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) für andere Gesellschaften bzw. Tochterunternehmen auch im Ausland
können - selbst wenn sie im Zusammenhang mit der strategischen Ausrichtung des Gesamtunternehmens stehen sollten - im Wege
der vorliegend vorzunehmenden Gesamtschau keine Berücksichtigung finden. Entsprechend dem insoweit alleine maßgeblichen Anstellungsvertrag
zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin wird das herangezogene Geschäftsführergehalt ausschließlich für die Tätigkeit
als Geschäftsführer der Klägerin gezahlt. Die Berechnung der Abgabe als solche wurde von Seiten der Klägerin nicht angegriffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 VwGO und berücksichtigt das Unterliegen der Klägerin in der Sache. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der von der Beklagten
festgesetzten - gerundeten - Abgabe, § 52 Abs. 3 GKG. Die Festsetzung in Ziff. IV des Tenors ist unanfechtbar, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
Der Senat hielt es für sachgerecht, dem Antrag der Klägerbevollmächtigten auf Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Sache nachzukommen, §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Hierbei war neben dem Umstand, dass der Senat dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.04.1998 auch für die hier zu entscheidende
Frage Bedeutung beigemessen hat, auch das Bedürfnis ausschlaggebend, die im Wege der Kasuistik vorgenommene weite Auslegung
der Begrifflichkeiten des KSVG unter Einbeziehung neuer Unternehmensmodelle höchstrichterlich zu aktualisieren.