Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten für ärztliche/zahnärztliche und kieferorthopädische Behandlungen für
die Kläger sowie über die Gewährung von Leistungen für Hauptpflegeprodukte und Medikamente wegen einer Neurodermitiserkrankung
des Klägers zu 2).
Die Kläger lebten seit Oktober 2004 gemeinsam mit Herrn V Z, dem Vater des 1999 geborenen Klägers zu 1), in N (Landkreis B-H)
und bezogen ab 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von der Beklagten. Die Klägerin zu 1) beantragte
mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 - ein entsprechender Antrag war von ihr nach eigenen Angaben bereits am 25. Juli 2005
gestellt worden - bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine Behandlung ihres Sohnes, des Klägers zu 2), entsprechend
einer Rechnung des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. R vom 20. Juli 2005 in Höhe von 156,20 €. Mit
einem weiteren auf den 13. Dezember 2005 datierten Schreiben beantragte die Klägerin zu 1) die Übernahme von Kosten für die
Eingliederung einer Kopf-Kinn-Kappe (KKK) beim Kläger zu 2) in Höhe von 64,67 € (Liquidation der Zahnärztin Dr. B vom 2. Januar
2006) sowie die Übernahme eines Versichertenanteils von 18,33 € für beim Kläger zu 2) erbrachte kieferorthopädischen Leistungen
durch Dr. B (Rechnung vom 2. Januar 2006). Mit Schreiben vom 6. Januar 2006 beantragte Klägerin zu 1) die Übernahme eines
Eigenanteils in Höhe von 305,21 € an den Kosten einer bei ihr geplanten zahnprothetischen Behandlung (Versorgung eines Zahnes
durch eine Teilkrone) entsprechend dem Heil- und Kostenplan der Dres. P & M vom 22. Dezember 2005 (Gesamtkosten in Höhe von
434,57 €, Festzuschuss der IKKdirekt in Höhe von 129,36 €). Die Beklagte lehnte diese Anträge jeweils mit Bescheiden vom 20.
Januar 2006 ab. Den mit Schreiben vom 5. September 2006 gestellten Antrag der Klägerin zu 1) auf Kostenübernahme "für erforderliche
und notwendige anstehende kieferorthopädische und zahnärztliche Behandlungen" lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. September
2006 ab. Mit Schreiben vom 18. Januar 2007 beantragte die Klägerin zu 1) schließlich die Übernahme von zukünftigen Kosten
für die weitere kieferorthopädische Behandlung des Klägers zu 2) sowie die Gewährung eines monatlichen Mehrbedarfs von 30,-
€ für Hautpflegeprodukte und Medikamente in Zusammenhang mit der Neurodermitiserkrankung des Klägers zu 1). Mit Bescheid vom
22. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Übernahme von Kosten für die kieferorthopädische Behandlung des Klägers zu 2) ab.
Anfang März 2007 zogen die Kläger und Herr Z gemeinsam nach B um und der laufende Leistungsbezug bei der Beklagten endete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2008 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 20. Januar 2006, vom
9. (gemeint: 7.) September 2006 und 22. Januar 2007 als unbegründet zurück und führte aus: Die von der Klägerin zu 1) für
sich und den Kläger zu 2) geltend gemachten Kosten für ärztliche bzw. zahnärztliche Versorgung gehörten nicht zum notwendigen
Lebensunterhalt. Die Kläger bildeten gemeinsam mit dem Partner der Klägerin zu 1) eine Bedarfsgemeinschaft. Sie seien nach
§
5 Abs.
1 Nr.
5a Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) bzw. §
10 SGB V krankenversichert und nach §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2a Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Pflegeversicherung - (
SGB XI) pflegeversichert. Medizinisch erforderliche Leistungen würden durch die gesetzlichen Krankenkassen erbracht. Anfallende
Zuzahlungen seien gemäß §
62 SGB V auf das zumutbare Maß begrenzt. Auch aus §
23 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) könne mangels einer vorliegenden Bedarfslage kein
Anspruch hergeleitet werden. Schließlich seien keine Leistungen nach § 21 Abs. 5 SGB II zu gewähren, denn die wegen der -
im Übrigen nicht nachgewiesenen - Neurodermitis begehrten Leistungen für Hautpflegeprodukte und Medikamente stünden nicht
in Zusammenhang mit einer aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen besonderen Kostform.
Mit ihrer Klage vom 10. März 2008 hat die - damals unvertretene - Klägerin zu 1) zunächst die Aufhebung der Bescheide vom
20. Januar 2006, vom 9. (gemeint: 7.) September 2006 und 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.
März 2008 sowie die Verurteilung der Beklagten zu Erstattung der notwendigen Aufwendungen in den Widerspruchsverfahren von
jeweils 30,- €, hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten beantragt, neue Bescheide zur Zahlung von Mehrbedarfen für notwendige
ärztliche/zahnärztliche Behandlungen und den entstandenen notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren zu erlassen. Auf
Hinweis des Sozialgerichts Berlin (SG) hat die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 26. April 2008 "richtig gestellt", dass auch ihr Sohn C Kläger sei. Nachdem die
Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28. Mai 2008 beantragt hatten, die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide
zur Zahlung von 479,74 € sowie zur Zahlung eines Mehrbedarfs in Höhe von monatlichen 30,- € ab Januar 2007 an den Kläger zu
2) zu verurteilen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Klägern neue Bescheide zur Zahlung von Mehrbedarf für ärztliche/zahnärztliche
Behandlungen und Mehrbedarf für Hautpflegeprodukte und Medikamente des Klägers zu 2) zu erteilen, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2008 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die
Beklagte habe zu Recht die Übernahme von ärztlichen und zahnärztlichen bzw. kieferorthopädischen Kosten für die Kläger sowie
die Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für Mittel zur Behandlung von Neurodermitis für den Kläger zu 2) abgelehnt.
Eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Zahnarztkosten im Sinne des §
55 SGB V nach dem vorgelegten Heil- und Kostenplan bestehe nicht. Es liege keiner der in §
21 Abs.
2 bis 5
SGB III geregelten Mehrbedarfe vor. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs. 1 SGB II lägen nicht
vor. Danach könne ein Darlehen nur gewährt werden, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen
unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht gedeckt werden könne. Es sei nicht erkennbar, dass es sich bei
den geltend gemachten Kosten um einen von der Regelleistung umfassten und unabweisbaren Bedarf handele. In §
55 SGB V sei für Leistungsempfänger nach dem SGB II eine "Vollversorgung" mit Zahnersatz vorgesehen. Auch für die vom Kläger zu 2)
geltend gemachten Kosten einer ärztlichen, zahnärztlichen und kieferorthopädischen Behandlung in Höhe je 156,20 €, 18,33 €
und 64,67 € sowie die pauschale Übernahme von zukünftigen kieferorthopädischen und zahnärztlichen Kosten sei weder im SGB
II noch in den über § 5 Abs. 2 SGB II ergänzend heranzuziehenden Vorschriften des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB
XII) über die Hilfen zur Gesundheit enthalten. Denn auch nach § 48 Abs. 1 SGB XII würden Leistungen zur Krankenbehandlung
entsprechend dem 3. Kapitel 5. Abschnitt 1. Titel des
SGB V erbracht und damit gelte dieselbe Selbstbeteiligung an den Gesamtkosten der Behandlungen. Die Klage sei auch hinsichtlich
des geltend gemachten Mehrbedarfs für die Neurodermitiserkrankung des Klägers zu 2) unbegründet. Die Voraussetzungen für einen
abschließend geregelten Mehrbedarf nach § 21 Abs. 2 bis 5 SGB II lägen nicht vor. Ein Anspruch auf darlehensweise Gewährung
des geltend gemachten Bedarfs nach § 23 Abs. 1 SGB II scheide ebenfalls aus. § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII könne wegen § 5 Abs.
2 Satz 1 SGB II und §
21 Satz 1 SGB II nicht als Anspruchsgrundlage herangezogen werden. Leistungen zur Krankenbehandlung nach §
48 SGB V würden nur unter den entsprechenden Voraussetzungen des
SGB V erbracht. Der Hilfsantrag der Kläger sei abzuweisen, da die angegriffenen Bescheide aus den dargelegten Gründen rechtmäßig
seien.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und tragen vor: Sie hätten eine Anspruch auf Zahlung der tatsächlich
entstehenden Kosten für Heil- und Pflegeprodukte sowie für Zuzahlungen bei Behandlungen und für Heilmittel, die nicht durch
die gesetzliche Krankenkasse gedeckt seien. Der Heil- und Kostenplan vom 22. Dezember 2005 enthalte medizinisch notwendige
Leistungen, die von der Krankenversicherung nicht (mehr) übernommen würden. Der von der Klägerin zu 1) beanspruchte Zahnersatz,
der nicht höherwertig sei, diene zudem der Eingliederung der Klägerin zu 1) in Arbeit und sei mindestens als Darlehen nach
§ 16 Abs. 2 SGB II zu gewähren. Darüber hinaus sei die Regelleistung ohnehin viel zu niedrig, um daraus die in Rede stehenden
Kosten zu bezahlen. Mit seiner Entscheidung vom 9. Februar 2010 zur Verfassungswidrigkeit der Regelsätze habe das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) große Teile des SGB II als verfassungswidrig erklärt.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
1. die Bescheide vom 20. Januar 2006, 9. September 2006 und 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
6. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von 479,74 € zu verurteilen,
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zu 2) einen monatlichen Mehrbedarf von 30,- €, beginnend ab Januar 2007, zu zahlen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, den Klägern neue Bescheide zur Zahlung von Mehrbedarf für notwendige ärztliche/zahnärztliche
Behandlungen und Mehrbedarf für Hautpflegeprodukte und Medikamente des Klägers zu 2) zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Ein Hefter Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens S 12 AS 86/06 (SG Freiburg) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung, über die der Senat in Abwesenheit der Beteiligten nach §
126 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheiden konnte, ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens können nur die (noch) geltend gemachten einmaligen Leistungen bzw. außerordentlichen Bedarfe,
jedoch nicht die Höhe der laufenden Leistungen und somit auch nicht die Höhe der Regelleistung bzw. des Sozialgeldes sein.
Nur dieser Sachverhalt ist dem Gericht in diesem Verfahren unterbreitet worden und nur hierauf bezieht sich das Klagebegehren
(vgl. insoweit zur Abtrennbarkeit des Streitgegenstandes auch BSG, Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 13/10 R - juris). Hier hat die Beklagte in selbständigen Bescheiden Regelungen zu Lebenssachverhalten getroffen, die hinreichend
von den nach §§ 20, 22 SGB II getroffenen Entscheidungen abgrenzbar sind. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist allerdings
die mit der Klageerhebung bei verständiger Würdigung (vgl. §
123 SGG) von dem durch die Klägerin zu 1) vertretenen Kläger zu 2) begehrte Übernahme der Kosten für die Eingliederung der KKK in
Höhe von 64,67 €. Von diesem Verpflichtungsbegehren haben die Kläger mit der von ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz
vom 17. Dezember 2008 vorgenommenen Begrenzung des als einmalige Leistung für die Klägerin zu 1) bzw. den Kläger zu 2) begehrten
Betrages auf insgesamt 479,74 € Abstand genommen und an dieser Antragstellung auch im Berufungsverfahren festgehalten. Mit
der Angabe dieses durch die Addition der im Verwaltungsverfahren mit Anträgen unter dem 13. Dezember 2005 und 6. Januar 2006
begehrten Zahlungen in Höhe von 156,20 €, 18,33 € und 305,21 € ermittelten Gesamtbetrages hat der Kläger zu 2) konkludent
zum Ausdruck gebracht, dass die ursprünglich mit Schreiben 13. Dezember 2005 ebenfalls begehrte Übernahme der Kosten für die
Eingliederung der KKK in Höhe von 64,67 € nicht weiter gerichtlich geltend gemacht werden sollte. Jedenfalls aufgrund einer
entsprechenden Begrenzung des Klageantrages im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 28. Mai 2008 sind die Begehren
der Kläger, die Beklagte zur Übernahme der Kosten für nicht näher bezeichnete Behandlungen zu verpflichten (Schreiben vom
5. September 2006 und 18. Januar 2007), ebenfalls nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens. Diese Begehren haben weder in den
Hauptanträgen, die mit denen lediglich bezifferte Kosten geltend gemacht werden, noch in dem Hilfsantrag Ausdruck gefunden.
Soweit im Hilfsantrag die Verpflichtung zur Neubescheidung hinsichtlich der "Zahlung von Mehrbedarf für ärztliche/zahnärztliche
Behandlungen begehrt wird", bezieht sich dieser Antrag - wie durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die Hauptanträge verdeutlicht
wird - lediglich auf die mit Hauptantrag zu 1. verfolgte Übernahme der o.a. Behandlungskosten in Höhe von 479,74 €.
Die Klage ist unzulässig, soweit sich die Kläger durch die uneingeschränkte Anfechtung der Bescheide vom 20. Januar 2006,
7. September 2006 und 22. Januar 2007 jeweils gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die Eingliederung der KKK sowie
für nicht näher bestimmte zahnärztliche bzw. kieferorthopädische Behandlungen (Schreiben vom 5. September 2006 bzw. 18. Januar
2007) wenden. Für diese nach Rücknahme der korrespondierenden Verpflichtungsklage nunmehr "isolierte" Anfechtungsklage besteht
jeweils kein Rechtsschutzbedürfnis.
Die Klage ist weiterhin unzulässig, soweit der Kläger zu 2) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
(§
54 Abs.
1 und 4
SGG) Leistungen für einen neurodermitisbedingten Mehrbedarf bzw. eine entsprechende Neubescheidung begehrt. Insoweit ist die
Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (87 Abs. 1 Satz 1
SGG) nicht gewahrt. Da der mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehene Widerspruchsbescheid vom 6. März 2008 den
Klägern nach den glaubhaften Angaben der Klägerin zu 1) am 10. März 2008 bekannt gegeben worden war, lief die Klagefrist am
10. April 2008 ab. Mit der am 10. März 2008 erhobenen Klage wurde bei verständiger Würdigung zwar eine Verpflichtung der Beklagten
hinsichtlich der Übernahme von Kosten für ärztliche/zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen begehrt, jedoch enthalten diese Ausführungen
- ebenso wie der im Übrigen nach Ablauf der Klagefrist eingegangene Schriftsatz der Klägerin zu 1) vom 26. April 2008 - keine
Hinweise auf eine Neurodermitiserkrankung des Klägers zu 2) und einen insoweit bestehenden besonderen Bedarf. Wiederkehrende
neurodermitisbedingte Leistungen in Höhe von 30,- € monatlich für den Kläger zu 2) sind vielmehr nach Ablauf der Klagefrist
erst mit dem am 29. Mai 2008 eingegangenen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 28. Mai 2008 gerichtlich
geltend gemacht worden. Da die Verpflichtungsklage wegen Verfristung unzulässig ist, besteht auch für die "isolierte" Anfechtungsklage
gegen die im Widerspruchsbescheid vom 6. März 2008 - erstmals - verlautbarte Ablehnung der Gewährung von Leistungen wegen
der behaupteten Neurodermitiserkrankung des Klägers zu 2) kein Rechtsschutzbedürfnis.
Die hinsichtlich der Gewährung von neurodermitisbedingten Leistungen erhobene Klage ist im Übrigen auch unbegründet. Dabei
kann offen bleiben, ob dem Kläger zu 2) auf der Grundlage der durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9. Februar 2010
(- 1 BvL 1/09 u.a. - juris) geschaffenen Härtefallregelung, die - wie die 3. Kammer des 1. Senats des BVerfG mit Beschluss vom 24. März
2010 (- 1 BvR 395/09 - juris) klargestellt hat - nur für die Zeit ab Verkündung des Urteils vom 9. Februar 2010 gilt, bzw. auf der Grundlage des
zum 3. Juni 2010 in Kraft getretenen § 21 Abs. 6 SGB II idF des Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung
der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 27. Mai 2010 (BGBl. I S. 671) iVm § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab 9. Februar 2010 bzw. 3. Juni 2010 ein Anspruch gegen den Beklagten bzw. für die Zeit ab
Januar 2007 ein Anspruch gegen den jeweiligen Sozialhilfeträger aus § 73 SGB XII auf Leistungen zur Deckung eines neurodermitisbedingten
Medikamenten- und Pflegemittelbedarfs zustehen kann. Derartige Ansprüche kamen nämlich bereits deshalb nicht in Betracht,
weil der Kläger zu 2) zu keinem Zeitpunkt eine Neurodermitiserkrankung sowie die dadurch bedingten und nicht von der gesetzlichen
Krankenversicherung zu tragenden Kosten für Medikamente und Pflegeprodukte dargelegt und durch ärztliche Unterlagen untermauert
hat. Im Hinblick auf diesen unsubstantiierten Sachvortrag wären Ermittlungen des Gerichts zur angeblichen Neurodermitiserkrankung
des Klägers zu 2) nicht geboten gewesen (vgl BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 5/02 = SozR 4-2500 § 18 Nr 2).
Soweit die Klägerin zu 1) die Übernahme der Kosten für eine zahnprothetische Behandlung in Höhe von 305,21 € und der Kläger
zu 2) die Übernahme des Eigenanteils an seiner zahnärztlichen Behandlung durch Dr. B in Höhe von 18,33 € sowie der Arztrechnung
von Dr. R in Höhe von 156,20 € begehren, ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zwar zulässig, aber unbegründet.
Eine Anspruchsgrundlage für die erhobenen Ansprüche ist im SGB II nicht ersichtlich. Die Gewährung eines Mehr- oder Sonderbedarfs
im SGB II ist nur in den ausdrücklich gesetzlich normierten Fällen, zu denen die hier geltend gemachten Ansprüche auf Kostenübernahme
für ärztliche Behandlungen nicht gehören, möglich (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 13/10 R - juris). Eine Anspruchsgrundlage ergibt sich ferner nicht unmittelbar aus dem Verfassungsrecht, insbesondere auch nicht
aus der mit der Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9. Februar 2010 (aaO.) geschaffenen Härtefallregelung, die auf vor Verkündung
dieses Urteils liegende Sachverhalte unanwendbar ist.
Die Kläger haben auch keine Ansprüche auf Kostenübernahme gegen den Sozialhilfeträger auf der Grundlage des SGB XII. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass derartige Ansprüche sich nicht aus § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII und § 48 SGB XII herleiten lassen. Sie ergeben sich auch nicht aus § 73 SGB XII. Nach § 73 SGB XII
können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Erforderlich
ist zunächst, dass eine sog atypische Bedarfslage vorliegt. Durch das Abstellen auf eine sog atypische Bedarfslage soll verhindert
werden, dass die Norm zu einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II mutiert (vgl. BSGE 97, 242; BSG, Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 13/10 R -).Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist mithin eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den
speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zudem darf es sich nicht um hinzunehmende Bagatellbedürfnisse
oder Bedürfnisse ohne Grundrechtsbezug handeln. Dagegen ist nicht Voraussetzung des Vorliegens eines atypischen Bedarfs iS
des § 73 SGB XII, dass ein solcher Bedarf nur im Einzel- oder Ausnahmefall vorliegt. Zwar dürfte die von den Klägern hier
geltend gemachten Bedarfe eine sachliche Nähe zu den sog. Hilfen zur Gesundheit gemäß §§ 47 ff SGB XII aufweisen. Eine besondere
Bedarfslage ist jedoch nur dann anzuerkennen, wenn die geltend gemachten Bedarfe auch im System des
SGB V nicht befriedigt werden können (vgl. BSG aaO.). Der den Zahnarztkosten der Klägerin zu 1) zugrunde liegenden Bedarf kann
ebenso wie der die geltend gemachten Arzt- und Zahnarztkosten des Klägers zu 2) verursachende Bedarf in dem auf eine Grundversorgung
mit zumutbarer Eigenbeteiligung angelegten System des
SGB V befriedigt werden, soweit es sich dabei um eine notwendige medizinische Versorgung handelt. Für weitergehende medizinische
Maßnahmen trifft jedoch weder den Grundsicherungsträger noch den Sozialhilfeträger eine Einstandspflicht (vgl. BSG, Urteil
vom 19. September 2008 - B 14/7b AS 10/07 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 18). Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend festgestellt, dass die Kosten der Regelversorgung für medizinisch notwendigen
Zahnersatz für die nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V pflichtversicherten Arbeitslosengeld II-Empfänger von den Krankenkassen in vollem Umfang übernommen werden. Auf die entsprechenden
Ausführungen (S. 5 Abs. 2 Zeile 1 bis letzte Zeile Ende des Gerichtsbescheids) wird gemäß §
153 Abs.
2 SGG Bezug genommen. Soweit über diese Regelversorgung hinaus entsprechend dem von der Klägerin zu 1) eingereichten Heil- und
Kostenplan vom 22. Dezember 2005 eine höherwertige zahnprothetische Versorgung begehrt wird, liegt kein atypischer Bedarf
iSd § 73 Abs. 1 SGB XII vor und hat die Klägerin die Kosten selbst zu tragen. Soweit der Kläger zu 2) die Übernahme eines
nach §
29 Abs.
2 Satz 1
SGB V von ihm zu tragenden Anteils von 20 v.H. der Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung durch Dr. B in Höhe von 18,33 €
begehrt, liegt ebenfalls kein atypischer Bedarf vor. Denn bei dieser Zahlung handelt es lediglich um einen vorläufig zu erbringenden
Eigenanteil, mit dem einem vorzeitigen Abbruch der Behandlung entgegengewirkt werden soll (vgl. Höfler in Kasseler Kommentar,
SGB V, Stand: August 2004, §
29 Rn. 15) und der gemäß §
29 Abs.
3 Satz 2
SGB V nach Abschluss der Behandlung von der Krankenkasse an den Versicherten zurückgezahlt wird. Dementsprechend kann in dem nur
vorübergehenden Einsatz eigener Mittel, die zudem hier in der Höhe die "Bagatellgrenze" (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2010
- B 14 AS 13/10 R -juris) nicht überschreiten, keine atypische, den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigende Bedarfslage erblickt werden.
Schließlich liegt auch kein atypischer Bedarf vor, soweit der Kläger die Übernahme der Kosten für die ärztliche Behandlung
durch Dr. R in Höhe von 156,20 € begehrt. Denn der Kläger zu 2) hat nach §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V einen Anspruch gegenüber seiner Krankenkasse auf ärztliche Behandlung im medizinisch notwendigen Umfang. Da der Kläger zu
2) das 18. Lebensjahr im Zeitpunkt der Behandlung durch Dr. R noch nicht vollendet hatte, war von ihm für diese ärztliche
Behandlung auch keine Zuzahlung nach §
28 Abs.
4 Satz 1
SGB V zu leisten. Soweit der Rechnung von Dr. R vom 20. Juli 2005 eine über das medizinisch notwendige Maß hinausgehende Versorgung
des Klägers zu 2) zu Grunde liegen sollte, ergäbe sich hieraus kein nach § 73 Abs. 2 SGB XII zu berücksichtigender Bedarf
(vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14/7b AS 10/07 R -).
Da die Beklagte die von den Klägern geltend gemachte Übernahme der Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 479,74 € zu Recht
abgelehnt hat, war die Berufung auch insoweit zurückzuweisen, als eine Verpflichtung zur Neubescheidung begehrt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nrn. 1 oder 2
SGG liegen nicht vor.