Rechtsweg bei Streitigkeiten über den Erlass von Gerichtskosten der Fachgerichtsbarkeiten
Das Ablehnungsgesuch der Erinnerungsführer gegen den Richter am Landessozialgericht R sowie gegen alle weiteren Gerichtspersonen,
die mit dem Antrag der Erinnerungsführer auf Erlass und hilfsweise auf Stundung der ihnen auferlegten Verschuldenskosten befasst
waren, wird als unzulässig verworfen.
Die Erinnerung der Erinnerungsführer gegen den Bescheid der Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.
August 2010 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Die Erinnerungsführer tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 225,- EUR festgesetzt.
Gründe:
Das Ablehnungsgesuch der Erinnerungsführer vom 15. Februar 2011 gegen den Richter am Landessozialgericht R sowie gegen alle
weiteren Gerichtspersonen, die mit dem Antrag der Erinnerungsführer auf Erlass und hilfsweise auf Stundung der ihnen auferlegten
Verschuldenskosten in Höhe von 225,- EUR befasst waren, ist als unzulässig zu verwerfen. In Fällen unzulässiger Befangenheitsgesuche
ist anerkannt, dass das Gericht abweichend von §
60 Abs.
1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) in Verbindung mit §
45 Abs.
1 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) ausnahmsweise unter Mitwirkung der abgelehnten Richter entscheiden kann. Ein solcher Fall liegt unter anderem dann vor,
wenn die Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung des Ablehnungsgesuches völlig ungeeignet ist (Bundesverfassungsgericht,
Beschluss vom 24. Februar 2006, 2 BvR 836/04).
Völlig ungeeignet ist das vorliegende Befangenheitsgesuch, soweit es sich pauschal gegen alle weiteren mit dem Antrag der
Erinnerungsführer befassten Gerichtspersonen richtet (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 19. Januar 2010, B 11 AL 13/09
C; Beschluss vom 29. März 2007, B 9a SB 18/06 B; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25. August 2009, V S 10/07).
Anknüpfungspunkt des Ablehnungsgesuches gegen den Richter am Landessozialgericht R ist dessen Mitteilung an die Erinnerungsführer,
dass eine Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Verwaltungsgericht in Betracht komme. Die Erinnerungsführer meinen,
die Besorgnis der Befangenheit folge daraus, dass ihnen trotz bestehender Hilfebedürftigkeit durch die Verweisung ein kostenpflichtiges
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zugemutet werden solle, ohne ihnen zuvor die Möglichkeit einzuräumen, bei ihrer Rechtsschutzversicherung
wegen einer Kostendeckung nachzufragen, wobei der Eindruck entstehe, dass sie durch die Erhebung weiterer Gerichtskosten für
ihren Erlassantrag sanktioniert werden sollen. Dieses Vorbringen ist deswegen völlig ungeeignet, weil gerichtliche Hinweise
im Rahmen der richterlichen Aufklärungstätigkeit üblich sind und der Förderung des Verfahrens dienen. Sie sind grundsätzlich
nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu begründen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom
26. Februar 2007, 2 BvC 6/04; Beschluss vom 25. Januar 1955, 1 BvR 522/53).
Die unter Bezugnahme auf § 30a des Einführungsgesetzes zum
Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) am 6. September 2010 eingelegte Erinnerung gegen den Bescheid der Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg
vom 23. August 2010, mit dem der Antrag auf Erlass von Verschuldenskosten in Höhe von 225,- EUR abgelehnt und dem Hilfsantrag
auf Stundung zwar dem Grunde nach, jedoch nur unter Auferlegung von Ratenzahlungen stattgegeben worden ist, ist als unzulässig
zu verwerfen. Die Erinnerung ist nicht statthaft, da § 30a EGGVG lediglich für die Anfechtung von Verwaltungsakten auf dem Gebiet des Kostenrechts für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit
gilt. Bei Streitigkeiten über den Erlass von Gerichtskosten der Fachgerichtsbarkeiten ist Klage beim sachlich zuständigen
Verwaltungsgericht zu erheben (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2011, OVG 1 S 1.11, mit
weiteren Nachweisen). Eine Verweisung des Verfahrens nach §
17a des Gerichtsverfassungsgesetzes (
GVG) scheidet aus, nachdem die Erinnerungsführer ihren Erlass- und Stundungsantrag mit Schreiben vom 15. Februar 2011 zurückgenommen
haben, so dass es an der Durchführung des Verwaltungsverfahrens fehlt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. November
1993, V ZB 37/92; Urteil vom 3. April 1992, V ZR 83/91).
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe, der ausweislich des Schreibens der Erinnerungsführer vom 15. Februar 2011 für einen beabsichtigten
neuen Antrag auf Erlass und hilfsweise auf Stundung der Verschuldenskosten bestimmt ist, hat ebenfalls keinen Erfolg. Die
Bestimmungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gelten nur für die von der
ZPO erfassten Streitigkeiten sowie für andere Verfahren, für die diese Bestimmungen als entsprechend anwendbar erklärt worden
sind. Sie finden demnach auf Verwaltungsverfahren keine Anwendung (Geimer in Zöller,
ZPO, 28. Auflage 2010, §
114 Rn 1 mit weiteren Nachweisen).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit den §§
154 ff. der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Es handelt sich vorliegend nicht um ein gerichtskostenfreies Verfahren nach §
183 SGG. Auch wenn es in dem Gerichtsverfahren, in dem die Verschuldenskosten verhängt wurden, um Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende ging, sind die Erinnerungsführer am vorliegenden Verfahren nicht in ihrer Eigenschaft als privilegierte Personen
im Sinne dieser Vorschrift - insbesondere auch nicht als Leistungsempfänger - beteiligt. Die besondere Kostenregelung des
§ 30a Abs. 2 Satz 3 EGGVG in Verbindung mit § 14 Abs. 9 Satz 1 der Kostenordnung (KO), wonach die Verfahren nach § 30a EGGVG gebührenfrei sind, findet aus den bereits genannten Gründen keine Anwendung. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Gegen diesen Beschluss kann gemäß §
177 SGG keine Beschwerde an das Bundessozialgericht erhoben werden.