Vertragsarztrecht
Leistungsabrechnung
Gebührenpositionen für zeitaufwendige Transfusionsbehandlungen bei schwer kranken Versicherten
Tatbestand:
Streitig ist die Abrechnungsfähigkeit von Gebührenordnungspositionen des EBM betreffend Zusatzpauschalen für Beobachtung und
Betreuung neben solchen für Transfusionen für das 2. bis 4. Quartal 2008.
Die Kläger sind als Fachärzte für innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie zugelassen und in
einer Gemeinschaftspraxis in B a d H tätig. Die Beklagte erteilte ihnen am 23. Oktober 2008 einen Honorarbescheid für das
Quartal 2/2008, der sachlich-rechnerische Richtigstellungen gegenüber den von den Klägern abgerechneten Gebührenordnungspositionen
enthielt.
Die Kläger erhoben am 26. Oktober 2010 Widerspruch gegen diesen Bescheid, soweit in ihm in 47 Fällen statt der Gebührenordnungsposition
01511 die Gebührenordnungsposition 01510 angesetzt und in 49 Fällen die Gebührenordnungspositionen 02110 und 02111 ausgeschlossen
wurden. Es handele sich um Fälle der Transfusionstherapie bei Patienten mit konsumierenden Erkrankungen, welche einen hohen
zeitlichen pflegerischen und ärztlichen Aufwand erforderten. Eine mindestens 4-stündige praxisklinische Betreuung sei in jedem
Einzelfall notwendig gewesen. Nach dem aktuellen EBM schlössen die Gebührenziffern 02110 und 02111 nicht die Betreuungsziffern
01510 bis 01512 aus.
Durch Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Anfrage bei der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung habe ergeben, dass die Gebührenziffern 01510 bis 01512 EBM nicht abgerechnet werden könnten, wenn keine
andere Leistung erfolge als die Erst- oder Folgetransfusion. Nur bei einer zusätzlichen parenteralen Behandlung könne die
Abrechnung vorgenommen werden. Statt des im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vorgenommenen Ansatzes der Gebührenziffer
01510 EBM hätte also von Rechts wegen nur die Gebührenziffern 02110 bzw. 02111 berücksichtigt werden dürfen. Wegen des Verbotes
der reformatio in peius verbleibe es aber bei der günstigeren ursprünglichen Entscheidung.
Dagegen haben die Kläger am 10. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Potsdam erhoben. Bereits vorher hatte die Beklagte den
Klägern am 22. Januar 2009 einen Honorarbescheid für das 3. Quartal 2008 erteilt und mit diesem im Wege der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung in 54 Fällen die Abrechnung der Gebührenziffer 01511 EBM korrigiert. Den dagegen aus den gleichen Gründen
wie gegen den Honorarbescheid für das 2. Quartal 2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom
9. Juli 2010 zurück. Dagegen haben die Kläger am 15. Juli 2010 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam zum Az 1 KA 55/10 erhoben.
Eine weitere Klage zur derselben Problematik ist von den Klägern am 27. September 2010 vor dem Sozialgericht Potsdam zum Az
1 KA 77/10 anhängig gemacht worden, nachdem die Beklagte den von den Klägern erhobenen Widerspruch gegen den Honorarbescheid
vom 23. April 2009 für das 4. Quartal 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2010 zurückgewiesen hatte.
Das Sozialgericht hat die Klagen durch Beschluss vom 29. Februar 2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden
und ihnen durch Urteil vom selben Tage stattgegeben. Es hat die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt,
für das 2. Quartal 2008 jeweils 49mal die Gebührennummern 02110 und 02111 nachzuvergüten, für das 3. Quartal 54mal die Gebührennummer
01511 nachzuvergüten und für das 4. Quartal 2008 46mal die Gebührennummer 01510 und 15mal die Gebührennummer 01511 nachzuvergüten.
Die von der Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen seien zu Unrecht erfolgt. Gegenstand einer Richtigstellung
sei die Frage, ob Leistungen im Einklang mit den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben abgerechnet wurden. Die fachkundig
besetzte Kammer gehe davon aus, dass die streitigen Gebührennummern für Transfusionen nebeneinander abgerechnet werden dürften.
Ein gegenseitiger Ausschluss der Abrechenbarkeit sei im EBM nicht vermerkt. Die Nebeneinanderabrechnung stehe auch nicht im
Widerspruch zu den allgemeinen Bestimmungen des EBM. Eine Leistung oder ein Leistungskomplex sei berechnungsfähig, wenn der
Leistungsinhalt vollständig erbracht worden sei. Eine Leistung sei dann nicht berechnungsfähig, wenn sie Teilleistung einer
anderen Leistung oder eines Leistungskomplexes sei. In den strittigen Behandlungsfällen seien sowohl der Leistungsinhalt nach
01210f EBM als auch nach 01510ff EBM jeweils vollständig erbracht worden. Unstreitig sei, dass die Kläger jeweils Transfusionen
im Sinne der Gebührenordnungspositionen 01210, 01211 EBM vorgenommen hätten. Bei diesen Transfusionen handele es sich aber
gleichzeitig um parentererale intravasale Behandlungen im Sinne der Gebührenordnungsposition 01510 EBM, so dass bei erfolgter
notwendiger Beobachtung und Betreuung des Kranken nach den Zeitvorgaben der 01510ff EBM gleichzeitig diese Gebührenordnungspositionen
abgerechnet werden dürften. Diese Gebührenordnungspositionen seien Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung, welche
den tatsächlichen zeitlichen Aufwand abdecken sollten.
Gegen das ihr am 23. März 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. April 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
eingegangene Berufung der Beklagten. Die Abrechnung der Gebührenordnungspositionen 01510 und 01511 EBM neben den 02110 und
02111 EBM sei ausgeschlossen. Denn die Gebührenordnungspositionen 1510f EBM enthielten als fakultativen Leistungsbestandteil
eine "Infusion". Sie würden daher auch die hier fraglichen Infusionen abgelten. Ein und dieselbe Infusion (Transfusion) könne
nicht ein weiteres Mal abgerechnet werden. Aus dem allgemeinen Teil des EBM ergebe sich, dass eine Gebührenposition nicht
abrechnungsfähig sei, wenn sie fakultativer Bestandteil einer anderen Leistungsposition sei. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung
habe bestätigt, dass es sich bei der "parenteralen intravasalen Behandlung mittels Kathetersystems" um einen innerhalb der
Gebührenordnungspositionen 01510ff zu erbringenden Leistungsinhalt handele, der auch durch diese Gebührenordnungsposition
(mit-)vergütet werde. Aus der Verwendung des Begriffs "Zusatzpauschale" im EBM könne nicht abgeleitet werden, dass eine zusätzliche
Vergütung neben einem anderweitig zu vergütenden Grundtatbestand gewährt werden solle. Das zeige sich beispielsweise an den
Gebührenordnungspositionen 13502, 13545 und 13550 EBM. Durch die Formulierung "unter parenteraler intravasaler Behandlung
mittels Kathetersystems" in den Gebührenordnungspositionen 01510 bis 01512 EBM werde deutlich, dass diese Behandlung Leistungsbestandteil
der jeweiligen Gebührenordnungsposition sei. Das Sozialgericht habe versäumt zu prüfen, ob die Berechnungsfähigkeit einer
parenteralen intravasalen Behandlung jedenfalls deswegen ausscheide, weil es sich um eine (besondere Art von) Infusion handele,
die fakultativer Leistungsinhalt sei. Auf die Frage, ob neben einer Transfusion gegebenenfalls noch weitere Infusionen erfolgten,
könne es nicht ankommen, weil alle weiteren Infusionen als fakultativer Leistungsinhalt von der Gebührenordnungsposition 01510
erfasst würden. Bei den streitigen Leistungen werde die Abrechungsfähigkeit der Gebührenordnungspositionen 01510ff EBM zwar
nicht mehr in Frage gestellt, weiter allerdings die zusätzliche Abrechnungsfähigkeit der Gebührenordnungspositionen 02110f
EBM verneint. Den Nachweis, dass ohne die zusätzliche Abrechnung dieser Gebührenordnungsposition keine kostendeckende vertragsärztliche
Tätigkeit möglich sei, hätten die Kläger nicht erbracht. Für die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen könne es auch nicht darauf
ankommen, welche Abrechnungspraxis in anderen Bundesländern bestehe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Februar 2012 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Die Gebührenordnungspositionen 01510ff EBM würden den gesteigerten
Aufwand für Betreuung und Beobachtung als Zusatzpauschale vergüten, Transfusionen nach den Gebührenordnungspositionen 02110f
seien als parenterale intravasale Behandlungen mittels Kathetersystem im Sinne der Gebührenordnungspositionen 01510ff anzusehen.
Schon aus dem Wortlaut des EBM ergebe sich, dass die Gebührenordnungspositionen 01510ff EBM eine zusätzliche Vergütung für
Beobachtung und Betreuung vorsehen würden und die parenterale intravasale Behandlung lediglich Anknüpfungstatsache für den
eigentlichen Leistungsinhalt Beobachtung und Betreuung sei. Das Verhältnis der beiden Gebührungsordnungspositionen entspreche
nicht dem von einzelner Leistung zur Komplexleistung, für das der EBM zusätzliche Vergütungen vermeiden wolle. Eine Zusatzpauschale
benötige denknotwendig einen Grundtatbestand. Diese Funktion erfüllten die einzelnen Absätze des obligatorischen Leistungsinhalts
der Gebührenordnungspositionen 01510ff. Der fakultative Leistungsinhalt "Infusionen" erfasse nur weitere, zusätzliche Infusionen,
die nicht bereits vom Anknüpfungstatbestand erfasst seien. Das betreffe beispielsweise Fälle, in denen zusätzlich zur Transfusion
noch Kochsalzlösung gegeben werde oder ein Kathetersystem während der Behandlung gespült werden müsse. Eine Bluttransfusion
sei auch keine bloße Infusion. Für eine Transfusion würden höhere Sicherheitsstandards gelten und auch ein besonderes Haftungsrisiko
bestehen. Es würden für ein und dieselbe Transfusion auch nicht zwei Gebührentatbestände abgerechnet, sondern der besondere
Aufwand für Beobachtung und Betreuung während und nach der Transfusion der entsprechenden Gebührenordnungsposition zugeordnet.
Wenn die Beklagte eine Transfusion dem fakultativen Leistungsinhalt der Gebührenordnungspositionen 01510ff zuordne, scheide
sie für die Begründung des obligatorischen Leistungsbestandteils aus, so dass die Gebührenordnungspositionen 01510ff ohne
Anwendungsbereich blieben, was aber nicht richtig sein könne. Eine Leistung könne nicht zugleich obligatorischer und fakultativer
Leistungsbestandteil sein. Eine als Zusatzpauschale bezeichnete Gebührenordnungsposition sei nicht geeignet, eine andere Gebührenposition
zu konsumieren. Es erscheine auch abwegig, dass eine solche Gebührenordnungsposition ihren eigenen Grundtatbestand bereits
mitvergüte. Dass die Gebührenordnungspositionen 02110f die Gebührenordnungsposition 01510 nicht verdrängen könnten, ergebe
sich auch bereits aus dem Vergleich der Punktwerte. Im Übrigen müssten auch die Auswirkungen der von der Beklagten für richtig
gehaltenen Auffassung auf die Versorgungswirklichkeit betrachtet werden. Der von den Leistungen betroffene Patientenkreis
sei so schwer erkrankt, dass durchweg dessen Versorgung im Krankenhaus gerechtfertigt wäre. Die Verdrängung dieser Patienten
in das Krankenhaus widerspreche aber regelmäßig deren eigenen Wünschen und sei auch nicht wirtschaftlich. Aus einer Auswertung
des wissenschaftlichen Instituts der niedergelassenen Onkologen ergebe sich, dass bundesweit in ca. 88 Prozent der Fälle die
Gebührenordnungspositionen 01510ff neben den 02110f EBM abgerechnet werden würden. In den verbleibenden 12 Prozent der Fälle
sei die Therapie mit einem deutlich geringeren zeitlichen und logistischen Aufwand verbunden. Die Kassenärztliche Vereinigung
Berlin zahle aufgrund einer Vereinbarung mit der AOK Nordost sogar eine zusätzliche Vergütung für Bluttransfusionen. Umso
unverständlicher sei es, dass sich die Beklagte für Brandenburg einer EBM-konformen Handhabung verweigere, was einer auch
nur annähernd kostendeckenden Versorgung schwerstkranker Menschen in Brandenburg entgegen stehe. Die Situation stelle sich
so dar, dass täglich drei bis vier schwerstkranke Patienten im Finalstadium ihrer Erkrankung zur Transfusionstherapie aufgenommen
und betreut würden. Oftmals handele es sich um austherapierte Leukämiepatienten, die zum Sterben in ihre häusliche Umgebung
entlassen wurden. Der tägliche Transfusionsaufwand betrage bis zu acht Stunden. Eine Fachkrankenschwester, die üblicherweise
bis zu zehn Patienten betreue, müsse in diesen Fällen nahezu für nur einen Patienten zur Verfügung stehen. Dieser Aufwand
sei mit dem derzeitigen Stellenschlüssel nicht zu realisieren. Die streitgegenständlichen Transfusionstherapien würden von
den brandenburgischen Praxen zunehmend eingestellt, was dazu führe, dass die Versicherten mit einem Krankentransport in Berliner
Praxen geschafft werden. Dies würde zwar von den betroffenen Krankenkassen zur Vermeidung einer Aufnahme in das Krankenhaus
in Kauf genommen, verschlechtere aber die Lebensqualität der betroffenen Patienten.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte aus den Verfahren S 1 KA 55/10 und S 1 KA 77/10 sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen
sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Nachvergütung der von ihr berichtigten
Gebührenpositionen verurteilt.
Nach §
106a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -
SGB V - war die Beklagte zwar zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der von den Klägern erhobenen Honorarforderungen befugt
(vgl. BSG, Urt. v. 5. November 2008 - B 6 KA 1/08 R - juris Rn 9). Die Berechtigung der vorgenommenen Korrekturen setzte indessen voraus, dass in der vertragsärztlichen Abrechnung
Gebührenpositionen angesetzt wurden, deren Tatbestand durch die erbrachte ärztliche Leistung nicht erfüllt ist oder die aus
anderen Gründen nicht in Ansatz gebracht werden dürfen (BSG, Urt. v. 10. Dezember 2008 - B 6 KA 45/07 R - juris Rn 13). Eine Befugnis zur Richtigstellung würde insbesondere bestehen, wenn einem Vertragsarzt angeforderte Honorare
nicht zustehen, weil eine Leistung nach den Allgemeinen Bestimmungen des EBM nicht selbständig abrechenbar ist, weil sie Bestandteil
einer anderen abrechenbaren Leistung ist (BSG, Urt. v. 22. März 2006 - B 6 KA 44/04 R - juris Rn 11).
Die Beklagte war danach nicht berechtigt, den Klägern den Ansatz der von ihnen berechneten Gebührenordnungspositionen 01510
- 01512 EBM neben den Gebührenordnungspositionen 02110 und 02111 EBM zu versagen. Die Auslegung der Abrechnungsbestimmungen
führt nämlich zu dem Ergebnis, dass beide Arten von Gebührenordnungspositionen nebeneinander anwendbar sind.
Maßgeblich für die Auslegung der Vergütungsbestimmungen des EBM ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in erster
Linie der Wortlaut der Regelungen (BSG, Urt. v. 22. März 2006, B 6 KA 44/04 R - juris Rn 10; Urt. v. 10. Dezember 2008 - B 6 KA 45/07 R - juris Rn 15; Motz in Eichenhofer/Wenner,
SGB V, §
87 Rn 58). Denn das vertragliche Regelwerk dient dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen.
Die Beseitigung entstehender Unklarheiten oder die Vornahme von aus sachlichen Gründen als notwendig anzusehenden Korrekturen
ist in erster Linie Aufgabe des Bewertungsausschusses als Normgebers. Schon wegen des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums
sind Eingriffe der Rechtsprechung in den Wortlaut der Regelungen regelmäßig unzulässig. Die Bindung an den Wortlaut ergibt
sich auch aus der Funktion des EBM, eine abschließende Regelung vorzugeben, die keinen Raum für die Einbeziehung anderer Leistungsverzeichnisse
oder Gebührenordnungen lässt. Nur soweit der Wortlaut eines Leistungstatbestandes Raum für Zweifel lässt, kann eine systematische
Interpretation im Wege einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen
erfolgen (BSG, Urt. v. 10. Dezember 2008 - B 6 KA 45/07 R - juris Rn 15). Auf die von den Klägern angesprochenen negativen Auswirkungen der Rechtauffassung der Beklagten für die Versorgung
schwerkranker Menschen in Brandenburg kann es daher nicht ankommen.
Die fraglichen Gebührenordnungspositionen haben den folgenden Wortlaut:
Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung (01510-01512)
Obligater Leistungsinhalt
- Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (fortgeschrittenes Malignom, HIV-Erkrankung im Stadium
AIDS) in einer Arztpraxis oder praxisklinischen Einrichtung gemäß §
115 Abs.
2 SGB V unter parenteraler invasaler Behandlung mittels Kathetersystem
und/oder
- (...)
Fakultativer Leistungsinhalt
- Infusion(en)
Dauer mehr als 2 Stunden (01510)
Dauer mehr als 4 Stunden (01511)
Dauer mehr als 6 Stunden (01512)
Erste Transfusion (02110)
Obligater Leistungsinhalt
- Transfusion der ersten Blutkonserve
und/oder
- Transfusion der ersten Blutpräparation
und/oder
- Transfusion von Frischblut
Fakultativer Leistungsinhalt
- ABO-Identitätstest (Bedside-Test)
Jede weitere Transfusion (02111) im Anschluss an die Gebührenordnungsposition 02110
Obligater Leistungsinhalt
- Weitere Transfusion im Anschluss an die Gebührenordnungsposition 02110
Fakultativer Leistungsinhalt
- ABO-Identitätstest (Bedside-Test)
je Konserve bzw. Blutpräparation (auch Frischblut)
Schon das Sozialgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die von den Klägern erbrachten Leistungen den Tatbestand sowohl
der Gebührenordnungspositionen Nr. 01510-01512 als auch den der Gebührenposition 02110/02111 erfüllen. Denn die Transfusionen
stellen parenterale intravasale Behandlungen mittels Kathetersystem dar. Der Senat nimmt dazu entsprechend §
153 Abs.
2 SGG Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil. Auch die Beklagte stellt die Erbringung der Leistungen
als solche nicht mehr in Frage, da sie die von den Klägern vorgenommene Abrechnung der Gebührenordnungspositionen Nr. 01510ff
akzeptiert und lediglich meint, dass daneben die Abrechnung der Transfusionen ausgeschlossen wäre.
Da in den Gebührenordnungspositionen Nr. 1510 - 1512 eine parenterale invasale Behandlung genannt ist, ermöglicht der Wortlaut
der Vorschrift zwar ein Verständnis, nach dem diese Behandlung Teil der in der Gebührenposition erfassten Leistungen ist.
Dann wäre sie entsprechen der Regelung in den allgemeinen Bestimmungen des EBM (Ziff. I 2.1.3 Abs. 2), wonach eine Gebührenordnungsposition
nicht berechnungsfähig ist, wenn deren obligate - und sofern vorhanden - fakultative Leistungsinhalte vollständig Bestandteil
einer anderen Gebührenordnungsposition sind, auch nicht zusätzlich nach den Gebührenordnungspositionen 01210 bzw. 01211 abrechenbar.
Der Wortlaut ermöglicht aber auch ein Verständnis des Tatbestands der Gebührenordnungspositionen Nr. 01510 - 10512, nach dem
die besondere Erwähnung einer parenteralen invasalen Behandlung nicht als Beschreibung der für die Abrechnung zu erbringenden
Leistungen zu deuten ist, sondern lediglich einen rechtfertigenden Anlass für die Abrechenbarkeit besonderer Beobachtungs-
und Betreuungsleistungen umschreibt. Dann wären die Kläger nicht gehindert, eine parenterale intravasale Behandlung neben
den Gebührenordnungspositionen Nr. 1510 - 1512 gesondert als Transfusion nach den Gebührenordnungspositionen 01210 und 01211
abzurechnen.
Für das letztere Verständnis der Regelung spricht, dass in dem Wortlaut der Gebührenordnungspositionen Nr. 1510 -1512 beide
Leistungen nicht nebeneinander gestellt worden sind, sondern die eine, nämlich die parenterale invasale Behandlung, als Bedingung
für die Abrechenbarkeit der anderen, nämlich der besonderen Betreuung und Beobachtung, ausgestaltet hat. Auch die Überschrift
und die Positionierung der Gebührenordnungsposition innerhalb des EBM belegen, dass der Fokus der Beschreibung der Leistungserbringung
ausschließlich auf die besondere Betreuung und Beobachtung ausgerichtet ist.
Entgegen der Beklagten ergibt sich kein Gegenargument daraus, dass Infusionen in den Gebührenordnungspositionen 01510 - 01512
EBM ausdrücklich als fakultativer Leistungsinhalt bezeichnet werden. Zwar mag medizinisch gesehen der Begriff der Infusion
ein Oberbegriff sein, unter den auch eine Transfusion fällt. Gebührenrechtlich ist eine Transfusion aber eine andere Leistung
als eine Infusion. Das zeigt sich daran, dass nach dem EBM für eine Infusion mit der Nr. 02100 schon eine andere Gebührenposition
als für eine Transfusion vorgesehen ist und eine Transfusion auch anders als eine Infusion, nämlich wesentlich höher vergütet
wird (600 Punkte gegenüber 160 Punkte). Deswegen kann nicht angenommen werden, dass die Gebührenordnungsposition 01510 EBM
auch Transfusionen erfassen will, wenn sie Infusionen als fakultative Leistungen kennzeichnet.
Verbleiben nach dem Wortlaut der Gebührenordnungspositionen des EBM Zweifel über den Inhalt des jeweils gebührenrechtlich
erheblichen Tatbestandes, kann nach den bereits genannten Grundsätzen für die Auslegung des EBM auch auf systematische Erwägungen
zurückgegriffen werden. Entscheidend für die gesonderte Abrechenbarkeit der Transfusionsleistungen nach den Gebührenordnungspositionen
02110 bzw 02111 spricht nach Auffassung des Senats hier, dass der EBM in seiner Leistungsbeschreibung für die Gebührenordnungspositionen
01510 -01512 für bestimmte ärztliche Leistungen, etwa auch für Infusionen nach den Gebührenordnungspositionen 02100 und 02101,
ausdrücklich einen Ausschluss der Abrechenbarkeit neben der besonderen Betreuung und Beobachtung nach den Gebührenordnungspositionen
01510 - 01512 vorgesehen hat. Transfusionen nach den Gebührenordnungspositionen 02110 und 02111 sind dabei aber nicht genannt.
Auch die Leistungsbeschreibung für die Gebührenordnungspositionen 02110 und 02111 enthält einen ausdrücklichen Ausschluss,
der allerdings die Gebührenordnungsposition 34291 und nicht die 01510 - 01512 betrifft. Demnach war sich der Normgeber des
EBM bei der Formulierung der Gebührenordnungspositionen 01510ff durchaus der Problematik bewusst, dass bezüglich der während
der besonderen Beobachtung und Betreuung noch anfallenden ärztlichen Leistungen Regelungsbedarf besteht, wenn deren gesonderte
Abrechnung ausgeschlossen werden soll. Da für Transfusionen ein solcher ausdrücklicher Ausschluss fehlt, obwohl er für andere
Leistungen durchaus vorhanden ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der EBM die Abrechnung der Gebührenordnungspositionen
02110 und 02111 neben den 01510 - 01512 ausschließen wollte. Dann widerspricht die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische
Richtigstellung aber den Vorgaben des EBM.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.