Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten zuletzt noch die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2106 (BK 2106) der Anlage
der
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) - Druckschädigung der Nerven -.
Der 1950 geborene Kläger war seit dem 13. Juli 1972 bei der B AG in Berlin als Schlosser beschäftigt und seit dem 01. Februar
1999 krankgeschrieben, ohne danach wieder erwerbstätig gewesen zu sein.
Im November 2001 leitete die Beklagte ein Verfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit ein. Der Kläger legte eine Tätigkeitsbeschreibung
und ärztliche Atteste der ihn behandelnden Ärzte T - Allgemeinmedizin -, Dres. W und anderen - Orthopädie -, Dres. E und anderen
- (Unfall-)Chirurgie, Sportmedizin, Durchgangsärzte -, Dr. B - Neurologie/Psychiatrie - vor, aus welchen sich neben Spondylosis
deformans, Gonarthrose, Fettstoffwechselstörung, chronischem Schmerzsyndrom bei degenerativer Wirbelsäulenerkrankung und anderen
Erkrankungen die Diagnosen Sulcus-ulnaris-Syndrom mit Zustand nach mehrfachen Operationen und schwer einstellbarem, insulinpflichtigem
Diabetes mellitus mit Polyneuropathie und erektiler Dysfunktion ergaben. Ferner legte er unter anderem diverse Krankanhausberichte
unterschiedlicher Kliniken der Ceinen Reha-Entlassungsbericht der Reha-Klinik H vom 10. April 2000, einen Bericht des Chefarztes
der Klinik für vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie der D GmbH vom 13. Juli 2001, einen Operationsbericht der Klinik H über
eine am 03. Mai 2001 durchgeführte Ulnarisoperation, sowie eine Epikrise des Instituts "N" für Prävention, Behandlung und
Rehabilitation der rheumatischen und kardiovaskulären Patienten über eine stationäre Behandlung vom 05. Mai bis zum 17. Mai
2003 vor. Die Beklagte lehnte mit Bescheiden vom 07. November 2003 einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
wegen der BK 2101, 2102, 2103 und 2106 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden
vom 10. Februar und 11. März 2004 zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit den am 09. März 2004 und 07. April 2004 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klagen weiterverfolgt, welche zunächst unter den gerichtlichen Aktenzeichen S 25 U 132/04 und S 25 U 182/04 geführt worden sind. Das SG hat mit Beschluss vom 12. Juli 2004 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem gerichtlichen
Aktenzeichen S 25 U 132/04 verbunden. Das SG hat aus dem anhängig gewesenen Rentenverfahren S 32 RJ 2371/01 ein nervenärztliches Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T vom 31. Oktober 2000, einen sozialmedizinischen
Untersuchungsbericht des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin P vom 09. August 2001, ein Gutachten der Fachärztin für
Arbeitsmedizin Dr. F vom 08. September 2004, einen Untersuchungsbericht Prof. Dr. Ws vom 09. August 2004 sowie neuere Stellungnahmen
der den Kläger behandelnden Ärzte beigezogen. Das SG hat ein zum Verfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) L 3 U 21/04 erstelltes gerichtliches Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W vom 03. Januar 2005 beigezogen und
von Amts wegen beim Facharzt für Orthopädie Dr. W-R das medizinische Sachverständigengutachten vom 11. August 2005 eingeholt.
Dr. W-R hat unter anderem das Vorliegen eines mehrfach operierten Sulcus-ulnaris-Syndroms links bestätigt, wobei die Erkrankung
des Nervus ulnaris links bereits Anfang 1999 vorgelegen habe. Ob diese Erkrankung auf eine nachgewiesene berufliche Belastung
zurückzuführen sei, müsse eine Arbeitsbelastungsanalyse ergeben. Eine berufsbedingte Erkrankung unterstellt, seien die auf
das Sulcus-ulnaris-Syndrom zurückzuführenden Funktionsausfälle als nicht wesentlich zu klassifizieren und ihm keine höhere
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) als 10 vom Hundert (v.H.) einzuräumen.
Die Beklagte veranlasste auf das Gutachten hin Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD), welcher sich an den Arbeitskollegen
des Klägers G wandte, welcher als Polier von 1972 bis 1998 mit dem Kläger eng zusammengearbeitet hatte und unter dem 09. Oktober
2005 berichtete. Danach sei der Kläger ein Teil der Stammkolonne gewesen, welche seit 1970 bestanden habe und bis zur Baukrise
2000 immer zusammen von Baustelle zu Baustelle gezogen sei. Der Kläger sei grundsätzlich für alle Stahlarbeiten zuständig
gewesen. Er habe nichthandelsübliche Stahlteile hergestellt und diese oft unter besonders schwierigen Bedingungen und räumlich
sehr beengten Verhältnissen einbauen müssen. Er habe des Weiteren alle anfallenden Schweißarbeiten ausgeführt. Das Zuschneiden
der Stahlteile sei auf der Baustelle nicht wie in einer stationären Werkstatt mit Sägen, sondern überwiegend mit Trennschneidern
(Winkelschleifern) erfolgt. Die meistgebrauchten Werkzeuge des Klägers seien Winkelschleifer und das Schweißgerät gewesen.
Bei Betonagearbeiten sei der Kläger für die Innenrüttler verantwortlich gewesen. Die Wartung und Instandhaltung dieser Hochleistungsrüttler
sei dem Kläger übertragen gewesen. Soweit keine Schlosserarbeiten auszuführen gewesen seien, sei er auch mit Schalarbeiten,
Stemmarbeiten (Drucklufthammer), Verpressen von Rissen im Beton mit Kunststoffen beschäftigt gewesen. Der TAD erstellte unter
dem 15. Februar 2006 eine technische Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition. Angesichts des von Herrn G beschriebenen Tätigkeitsbilds
habe der Kläger keine im Sinne der BK 2106 gefährdende Teiltätigkeiten ausgeübt, weil bei der Vielfältigkeit seiner Betätigungen
ein ständiger Wechsel in der Beanspruchung von Muskelgruppen gegeben gewesen sei.
Der Kläger hat zum Klageverfahren eine ergänzende Stellungnahme Herrn Gs vom 27. November 2005 vorgelegt, wonach die Arbeiten
mit einem Trennschleifer äußerst kraftaufwändig gewesen seien, weil das Gerät allein sieben bis acht Kilogramm wiege. Hinzu
komme beim Schneiden und Schleifen die Unwucht der unausgewuchteten Maschine. Das größte Übel beim Arbeiten mit solchen Maschinen
sei die durch die nicht abstellbare Unwucht auftretende Vibration. Weil der Kläger fast täglich mit solchen Maschinen einige
Stunden zum Teil unter sehr schwieriger Körperhaltung an sehr schwer zugänglichen Stellen und bei jeden Wetter gearbeitet
habe, seien Schäden an Gelenken, Muskeln und Nerven aus laienhafter Sicht nicht auszuschließen. Bei Elektroschweißarbeiten
sei die körperliche Anstrengung vergleichbar mit dem Arbeiten mit einem Trennschleifer, nur dass die Elektrode nicht so schwer
sei. Diese Arbeiten erforderten ebenfalls eine körperliche Anspannung. Dort, wo der Kläger zunächst geschnitten habe, seien
die Teile danach auch zusammengeschweißt und beschliffen worden. Dass er mit Schleifen, Schneiden und Elektro-Schweißen über
die Hälfte seiner täglichen Arbeitszeit verbracht habe, könne er ruhigen Gewissens bestätigen. Beim Arbeiten mit dem Innenrüttler
werde durch eine eingebaute Unwucht eine Vibration von hoher Frequenz erzeugt. Der Beton werde durch die Vibration verdichtet.
Dabei sei nicht zu vermeiden, dass sich die Vibration in den Körper des Bedieners stark übertrage. Die Vibration der von der
Kolonne benutzten Hochleistungsrüttler sei wesentlich stärker gewesen als diejenige des Trennschleifers; dafür sei mit den
Rüttlern nicht so oft gearbeitet worden. Der Kläger habe bei Betonierarbeiten immer den Rüttler bedient; außerdem sei er mit
der Pflege dieser Maschine betraut gewesen, so dass er immer noch länger der Vibration ausgesetzt gewesen sei. Für Schal-
und Ausschalarbeiten seien im Spezialbrückenbau selten Kräne im Einsatz gewesen. Somit sei auch diese Leistung eine große
körperliche Anstrengung, weil sehr viel Quertransport und Höhentransport von Hand habe ausgeführt werden müssen.
Nachdem das SG zur BK 2102 ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. W-R vom 23. April 2007 eingeholt hatte, hat es mit
Urteil vom 04. Juni 2007 unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide
und unter Anerkennung der BK 2106 zur Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung verurteilt.
Das SG hat unter anderem zur Begründung ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK 2106 beim Kläger gegeben
seien. Eine arbeitsbedingte Druckschädigung der Nerven im Sinne der BK 2106 setze nach dem einschlägigen arbeitsmedizinischen
Schrifttum eine sich wiederholende mechanische und durch Druck schädigende Einwirkung voraus. Gefährdend seien vor allem Tätigkeiten
mit körperlichen Zwangshaltungen, Haltungskonstanz, einseitigen Belastungen oder Arbeiten mit hohen Wiederholungsraten. Für
die Anerkennung eines Sulcus-ulnaris-Syndroms als BK 2106 sei als arbeitsbedingte Belastung ein von außen einwirkender Druck
zu fordern, zum Beispiel bei aufgestütztem Ellenbogen, beziehungsweise eine repetitive Flexion und Extension im Ellenbogengelenk.
Eine entsprechende berufliche Belastung insbesondere der inneren Ellenbogengelenksregion sei beim Kläger nachgewiesen. Hierbei
könne sich auf die Angaben seines Kollegen G gestützt werden. Demgegenüber gehe der TAD ohne nähere Begründung davon aus,
dass die Ausführung der einzelnen Teilverrichtungen einen ständigen Wechsel in der Beanspruchung von Muskelgruppen mit sich
gebracht habe, so dass einzelne Muskelgruppen nicht übermäßig beansprucht worden seien.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 13. Juni 2007 zugestellte Urteil am 27. Juni 2007 Berufung eingelegt. Sie hat Stellungnahmen
des TAD vorgelegt, wonach das spezifische Belastungsmuster für eine BK 2106 beim Kläger nicht gegeben sei, wofür von außen
wirkender Druck, zum Beispiel bei aufgestützten Ellenbogen, oder eine Friktionstrauma im Sulcus durch repetitive Flexion und
Extension im Ellenbogengelenk, zum Beispiel bei Pianisten, Bläsern und Saiteninstrumentalisten, erforderlich sei. Es gebe
keinen objektiven Befund, dass es durch die angegebenen Schmerzen zu einer wesentlichen Schonung und Gebrauchsminderung des
linken Arms gekommen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Juni 2007 abzuändern und die Klage auch im Übrigen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt der Berufung unter anderem mit einer Fotodokumentation zu seiner
Tätigkeit entgegen. Er verweist insbesondere auf den immer wieder lang andauernden Einsatz eines Trennschleifers mit einem
Gewicht von fünf bis neun Kilogramm und Schipparbeiten.
Der Senat hat aufgrund Beweisanordnung vom 10. Juni 2008 das medizinische Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie
Dr. B vom 12. November 2008 eingeholt, welches dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 25. September
2008 erstellt hat. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass neben der distal-symmetrischen motosensorischen diabetischen Polyneuropathie
ein Sulcus-ulnaris-Syndrom mit motorischen und sensiblen Ausfällen sowie einem neuropathischen Schmerzsyndrom und ohne wesentliche
Änderung zu den Vorbefunden aus den Jahren 2000 und 2001 bestehe. Es liege eine Erkrankung der Druckschädigung der Nerven
(BK 2106) vor. Unterstelle man, wie für die Zwecke dieser Beweisanordnung vorgegeben, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen
der BK 2106 erfüllt seien, so sei das Sulcus-ulnaris-Syndrom mit wesentlicher Wahrscheinlichkeit durch diese Tätigkeit verursacht
worden. Eine repetitive Belastung bei schwerer körperlicher Arbeit, wie sie der Kläger ohne Zweifel im Rahmen seines Arbeitsplatzes
ausgeführt habe, könne zu einer erheblichen Belastung der Muskel- und Sehnenansätze im Bereich des Epicondylus medialis und
des Eintritts des Nervus ulnaris in die Muskel- und Sehnenlogen des Unterarms führen. Insbesondere repetitive Beuge- und Streckbewegungen
im Bereich des Ellenbogengelenks würden für Irritationen des Nervus ulnaris verantwortlich gemacht. Eine beruflich bedingte
Druckbelastung sei gegeben. Als konkurrierende Ursache sei das Vorliegen einer diabetischen Polyneuropathie, gleichwohl in
der beruflichen Tätigkeit die wesentliche Teilursache zu sehen. Es sei nur von einem geringen Funktionsausfall im Versorgungsgebiet
des Nervus ulnaris auszugehen. Da es zusammen mit dem neuropathischen Schmerzsyndrom zu einer Schonung und verminderten Beanspruchung
und damit Einschränkung des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt komme, solle hier die MdE auf 20 v.H. veranschlagt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und Verwaltungsakten
der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat zu Unrecht entschieden, dass beim Kläger eine BK 2106 vorliegt. Die angefochtenen Bescheide sind insofern rechtmäßig
und beschweren den Kläger nicht. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Anerkennung der BK 2106.
Als Versicherungsfall gilt nach §
7 Abs.
1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB VII) auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet, §
9 Abs.
1 S. 1
SGB VII. Die versicherten Tätigkeiten ergeben sich aus §§
2,
4 und
6 SGB VII, wozu nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII vor allem die Beschäftigung gehört. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen
zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen
bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt
sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten
versehen. Die BK 2106 ist die Druckschädigung der Nerven. Gemäß diesen Vorgaben lassen sich etwa bei der BK 2106 folgende
Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss
zu Einwirkungen von Belastungen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen
müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit,
Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit
vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende
Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher
Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG aaO., auch Rn.
18 und 20).
Hiervon ausgehend ist der Senat nicht im nach §
128 Abs.
1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) gebotenen Maße überzeugt, dass beim Kläger eine BK 2106 vorliegt, insbesondere nicht, dass die hierauf beruhenden, anhaltenden
Beschwerden des Klägers auf seine berufliche Tätigkeit als Schlosser, welche nach §§
2 Abs.
1 Nr.
1, 9 Abs.
1 S. 1
SGB VII versichert war, zurückzuführen sind.
Zwar ist nach sämtlichen, sich hierzu äußernden ärztlichen Stellungnahmen die Diagnose eines Sulcus-ulnaris-Syndroms gesichert.
Hierbei handelt es sich etwa nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dr. Bum eine für BK 2106 in Frage kommende
Erkrankung, welche auf einer Druckschädigung der Nerven beruht. Dr. Bs Einschätzung deckt sich insofern mit dem einschlägigen
arbeitsmedizinischen Schrifttum (vgl. etwa Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010,
5.7.1. S. 231).
Dies vor Augen bestehen aber vernünftige Zweifel daran, dass der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt.
Eine arbeitsbedingte Druckschädigung der Nerven setzt eine sich wiederholende mechanische und durch Druck schädigende Einwirkung
voraus. Betroffen sind meist oberflächlich verlaufende Nerven, welche einer von außen kommenden anhaltenden Einwirkung gut
zugänglich sind. So tritt eine Druckschädigung gegebenenfalls ein, wenn ein Nerv diesen wiederholten mechanischen Einwirkungen
aufgrund einer anatomischen Enge nicht genügend ausweichen kann, zum Beispiel über einer knöchernen Unterlage oder innerhalb
eines knöchernen oder fibrösen Kanals wie beim Sulcus-ulnaris-Syndrom. Gefährdend sind zwar für das gesamte Spektrum der für
eine BK 2106 in Frage kommenden Erkrankungen vor allem Tätigkeiten mit körperlichen Zwangshaltungen, Haltungskonstanz, einseitigen
Belastungen oder Arbeiten mit hohen Wiederholungsraten, insbesondere ständig sich wiederholende, gleichartige Körperbewegungen
im Sinne mechanischer Überbelastungen, überwiegend haltungskonstante Arbeiten mit nicht oder nur schwer korrigierbaren Zwangshaltungen,
zum Beispiel Daueraufstützen des Handgelenks oder der Ellenbogen, Andrücken eines Werkzeugs oder bestimmte Gelenkstellungen,
die längere Zeit beibehalten werden müssen (Schönberger und andere, aaO., S. 232). Es bestehen Hinweise auf vermehrt betroffene
Berufsgruppen wie zum Beispiel Berufsmusiker, Schleifer, Metzger, Lebensmittelhändler etc. Zusätzlich gibt es zahlreiche Hinweise
auf bestimmte schädigende berufliche Expositionsfaktoren wie zum Beispiel großer Kraftaufwand bei Greifbewegungen, repetitive
Bewegungen im Handgelenk, gebeugtes oder überstrecktes Handgelenk, wobei diese Expositionsfaktoren auch bei einer Vielzahl
anderer Tätigkeiten zu finden ist (Mehrtens/Brandenburg,
BKV - Kommentar, M 2106 S. 1 f.). Jedoch werden im arbeitsmedizinischen Schrifttum für das - nach übereinstimmender Einschätzung
sämtlicher vorliegender ärztlicher Stellungnahmen - in diesem Zusammenhang allein zugrunde zu legende Sulcus-ulnaris-Syndrom
als typische morphologische Schädigungsmöglichkeiten lediglich von außen wirkender Druck, zum Beispiel bei aufgestütztem Ellenbogen,
und Friktionstrauma durch repetitive Flexion und Extension im Ellenbogengelenk, zum Beispiel bei Pianisten, Bläsern und Saiteninstrumentalisten
genannt (etwa Merkblatt zur BK 2106, Bundesarbeitsblatt 11/2002, S. 62 ff.).
Hieran gemessen ist der Senat vom Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht überzeugt. Die durchgeführten Ermittlungen
vermögen nicht im Wege eines Vollbeweises beim Senat die Überzeugung zu begründen, dass der Kläger während seiner versicherten
Beschäftigung einer Tätigkeit nachging, welche überhaupt geeignet war, zu einem Sulcus-ulnaris-Syndrom zu führen. Es liefen
nach den plausiblen Schilderungen Herrn Gs am Kläger gerade nicht diejenigen Schädigungsmechanismen ab, welche im einschlägigen
arbeitsmedizinischen Schrifttum als Gefahrenquellen für das Sulcus-ulnaris-Syndrom beschrieben werden. Herr G gab in Übereinstimmung
mit den Angaben des Klägers bereits in seiner gegenüber der Beklagten im Vorverfahren abgegebenen Tätigkeitsbeschreibung an,
dass die Tätigkeit des Klägers dadurch geprägt war, dass er jeweils vorort den größten Teil seiner Arbeitszeit unter Zwangshaltungen
und unter Einsatz schwerer Arbeitshandgeräte wie Winkelschleifer und Schweißgeräten Metallarbeiten vornahm. Gerade derartige
Verrichtungen erscheinen unter Zugrundelegung des einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttums nicht geeignet, das beim
Kläger bestehende Slucus-ulnaris-Syndrom herbeizuführen. Es fehlt an einem ständigen, lang andauernden Aufstützen und an einer
- vollschichtigen - ständigen Beugung und Streckung des Ellenbogens. Auch wenn nach den plausiblen Angaben Herrn Gs von der
schweren körperlichen Belastung des Klägers durch teilweise schweres Arbeitshandgerät auszugehen ist, so ist letztlich auch
der Einschätzung des TAD zu folgen, dass die Ausführung der einzelnen Teilverrichtungen einen ständigen Wechsel in der Beanspruchung
von Muskelgruppen mit sich brachte, so dass einzelne Muskelgruppen nicht in einer für die Verursachung des Sulcus-ulnaris-Syndrom
typischen Weise übermäßig beansprucht wurden. Der TAD lässt hierbei die aus den Angaben Herrn Gs deutlich gewordenen Aspekte
immer wiederkehrender Dauerbelastungen mit schwerem Arbeitshandgerät entgegen der Einschätzung des Klägers gerade nicht außer
Betracht. Schließlich ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.
B keinerlei Aufschluss über das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen gewinnen lässt. Auch wenn sich der Sachverständige
sprachlich etwas ungenau äußert, indem er formuliert, dass eine repetitive Belastung bei schwerer körperlicher Arbeit, wie
sie gerade der Kläger ohne Zweifel im Rahmen seines Arbeitsplatzes ausführte, zu einer erheblichen Belastung der Muskel- und
Sehnenansätze führen kann, so verweist er doch zutreffend darauf hin, dass das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen
der BK 2106 gemäß den Vorgaben der Beweisanordnung vom 10. Juni 2008 (Hinweis zu 3.a) zu unterstellen gewesen ist. Er selbst
führt in seinem Gutachten im Einklang mit dem arbeitsmedizinischen Schrifttum aus, dass insbesondere repetitive Beuge- und
Streckbewegungen im Bereich des Ellenbogengelenks für Irritationen des Nervus ulnaris verantwortlich gemacht würden, so dass
sich seine anschließende Bewertung, wonach eine beruflich bedingte Druckbelastung gegeben sei, nicht mehr erschließt. Denn
weder nach den eigenen Angaben des Klägers noch nach denjenigen Herrn Gs bestand die Tätigkeit des Klägers darin, seinen Ellenbogen
ständig zu strecken oder zu beugen. Dass, wie die Beklagte zutreffend ausführt, zum Beispiel Pianisten, Bläser und Saiteninstrumentalisten
zu einem Sulcus-ulnaris-Syndrom neigen (so auch Schönberger und andere, aaO., S. 236), steht zwar nicht von vornherein der
Möglichkeit entgegen, dass auch bei anderweitigen beruflichen Expositionen eine solche Erkrankung auftreten kann. Gesicherte
Erkenntnisse für andere für eine BK 2106 in Frage kommende Arbeitsplatzprofile lassen sich aus dem einschlägigen arbeitsmedizinischen
Schrifttum jedoch nicht gewinnen. Soweit die Ausführungen des Sachverständigen Dr. B insbesondere auch mit denjenigen des
erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. W-R im Einklang stehen, wonach die vorliegende Erkrankung als eine BK 2106 angesehen
werden könne, bringen beide Sachverständigen, allerdings Dr. W-R deutlicher als Dr. B, damit lediglich zum Ausdruck, dass
bei Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen auch ein Sulcus-ulnaris-Syndrom eine BK 2106 sein kann.
Hiernach kann dahinstehen, ob der Umstand, dass Dr. B die diabetische Polyneuropathie als konkurrierende Ursache in Erwägung
zieht, der Annahme einer hinreichenden Verursachungswahrscheinlichkeit entgegenstünde. Diese Frage stellt sich nach dem zuvor
Gesagten nicht mehr. Er steht damit allerdings im Einklang mit dem arbeitsmedizinischen Schrifttum, wonach eine beruflich
bedingte länger anhaltende Nervenänderung eine Disposition erfordert, ohne dass eine solche der Annahme einer berufsbedingten
Verursachung von vornherein entgegensteht, sondern eine Bewertung der jeweiligen Bedeutung erfordert (vgl. Schönberger und
andere, aaO., 5.7.3. S. 234).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.