Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung; Übernahme von Stromkosten für die Heizung
Gründe:
Die am 14. September 2009 eingelegte Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 21. August
2009 ist gemäß den §
172 Abs.
1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) statthaft. Insbesondere ist die Beschwerde nicht gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG ausgeschlossen, da die Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen
für die Prozesskostenhilfe, sondern wegen mangelnder Erfolgsaussichten verneint wurde. Sie wurde auch gemäß §
173 SGG form- und fristgerecht eingelegt und ist deshalb zulässig.
Die Beschwerde ist auch begründet, weil die Rechtsverfolgung gemäß § 173a
SGG i. V. m. den §
114 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und die Klägerin bedürftig ist.
Gemäß §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe
erfolgt für jeden Rechtszug besonders (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
119 Abs.
1 Satz 1
ZPO).
Hieran gemessen war dem Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin stattzugeben. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das
Gericht im Prozesskostenhilfeverfahren die Prüfung der Sach- und Rechtslage nur summarisch vorzunehmen hat und aus Gründen
der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten insbesondere bei von Fachgerichten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeiten keine
allzu überspannten Anforderungen zu stellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2002 - 1 BvR 81/00 - NJW 2000, 1936 ff.). Damit muss der Erfolg des Rechtsbegehrens nicht gewiss sein; Erfolgsaussichten sind nur dann zu verneinen, wenn diese
nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen sind (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 23. Februar 2009 - L 3 B 740/08 AS-PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 8, m. w. N.).
In diesem Sinne besaß die Beschwerde zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag, auf den abzustellen
ist (vgl. Knittel in: Hennig:
Sozialgerichtsgesetz [16. Erg.-Lfg., August 2009], §
73a Rdnr. 53; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl. 2008], §
73a Rdnr. 12c), hinreichende Erfolgsaussichten.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Kosten der Unterkunft. Es entspricht nunmehr gefestigter Rechtsprechung
(vgl. BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 5 Rdnr. 21 = JURIS-Dokument Rdnr. 21; BSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 - B 14 AS 121/08 B - JURIS-Dokument Rdnr. 9), dass die Position Haushaltsenergie (mithin Stromverbrauch, Kochenergie, Beleuchtung und Warmwasserbereitung)
schon vor entsprechender Klarstellung in § 20 Abs. 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) in der Regelleistung enthalten war und die Übernahme von Stromkosten auf Grundlage des § 22 SGB II mithin voraussetzt, dass
sie (zumindest teilweise) für die Heizung der Wohnung aufzubringen sind. Daher durfte das Sozialgericht nicht mit der Begründung,
dass Kosten für Strom, auch hieraus resultierende Nachforderungen, Bestandteil der Regelleistung sind und grundsätzlich nicht
gesondert geltend gemacht werden können, die Erfolgsaussichten der Klage verneinen.
Die Klägerin hatte ihrer Klage den Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2009 beigefügt. Hieraus ergibt sich, dass sie bereits
ihren Widerspruch vom 16. Mai 2009 damit begründete, dass der überwiegende Teil der Stromkosten durch die Nutzung eines elektrischen
Heizstrahlers entsteht, der die einzige Wärmequelle in ihrem Badezimmer darstelle. Diesen habe sie benutzen müssen, da das
Badezimmer im Winter lediglich eine Durchschnittstemperatur von 8° C aufgewiesen habe mit der Folge, dass das Badezimmer regelmäßig
im Winter habe beheizt werden müssen. Die Beklagte hat in ihrem Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass nach den KdU-Richtlinien
der Stadt L. zwar Kosten für eine Elektroheizung, wie zum Beispiel ein Nachtspeicherofen, übernommen werden könnten, ein Heizstrahler
könne eine solche Elektroheizung im Sinne der KdU-Richtlinie jedoch nicht darstellen. Zudem sei kein Nachweis über den Stromverbrauch
geführt worden. Diese Begründung ist nicht stichhaltig, da mit einer solchen Begründung auch jeder anderen nicht stationäre
beziehungsweise nicht fest eingebauten Wärmequelle, sogar wenn sie die einzige Wärmequelle in einem Haus darstellt, die Eigenschaft
als Heizung abgesprochen werden könnte. § 22 SGB II spricht von Leistungen für Unterkunft und Heizung und legt bereits vom
Wortlaut her keine Einschränkung auf bestimmte Heizanlagen nahe.
Eine andere Frage ist, ob Heizkosten auch dann zu übernehmen sind, wenn die Gesamtaufwendungen wegen eines unwirtschaftlichen
Heizverhaltens der Leistungsempfängerin unangemessen hoch sind oder ein Nachweis über die tatsächlichen Kosten für die Heizung
der Wohnung nicht geführt werden kann. Dies wird aber vom Sozialgericht im Hauptsacheverfahren aufzuklären sein. Dabei wird
das Sozialgericht dem Einwand der Klägerin nachgehen müssen, ihre Wohnung befinde sich in einem unsanierten DDR-Plattenbau.
Es handle sich um eine Eckwohnung im obersten Stockwerk, die im Winter eiskalt sei. Der Stromverbrauch wird auf Grund einer
Plausibilitätsprüfung der Angaben der Klägerin, der Stromrechnungen und der technischen Verbrauchsdaten des Heizstrahlers
festgestellt oder gegebenenfalls geschätzt (§
287 ZPO) werden müssen. Da diese Ermittlungen von Amts wegen (vgl. §
103 Abs.
1 Satz 1
SGG) anzustellen sind, ist im vorliegenden Fall - wie in der Regel - die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung
im Sinne von §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
114 ZPO zu bejahen (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 23. Februar 2009 - L 3 B 740/08 AS-PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 10, m. w. N.).
Die Klägerin ist auch im Sinne von §
73a SGG i. V. m. §
115 ZPO bedürftig. Sie kann die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen. Dies ergibt sich aus der Erklärung über die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse und den hierzu vorgelegten Unterlagen. Diese Verhältnisse lagen auch noch im Zeitpunkt der
Beschwerdeentscheidung vor (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 4. Juli 2007 - L 1 B 142/07 AL-PKH).
Der Klägerin ist daher Rechtsanwältin gemäß §
73a SGG i. V. m. §
121 Abs.
2 ZPO beizuordnen, da angesichts der nicht einfach zu überschauenden Tat- und Rechtsfragen in diesem Verfahren eine effektive Rechtsverfolgung
nur mit einem Rechtsbeistand möglich erscheint.
II. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (§
183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§
202 SGG i. V. m. §
127 Abs.
4 ZPO).
III. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).