Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anrechung einer dem Kläger und Berufungskläger (im Folgenden: Kläger) zugeflossenen Erbschaft
bei der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von 01.07.2007 bis 30.11.2007.
Der 1951 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II, damals noch im Zuständigkeitsbereich der ARGE
SGB II A Land. Von dort wurden ihm mit Bescheid vom 12.10.2006 monatliche Leistungen in Höhe von 597,66 EUR bewilligt.
Laut Sterbeurkunde verstarb der leibliche Vater des Klägers, W H, am 25.02.2007 in C. Ausweislich des Erbscheins vom 12.06.2007
beerbte der Kläger den verstorbenen W H zu 1/4. Am 25.06.2007 erhielt der Kläger in dieser Erbschaftssache von Frau H H 4.406,04
EUR in bar entsprechend seinem Anteil an der nach Abzug der Beisetzungskosten vorhanden Erbmasse in Höhe von 17.624,15 EUR.
In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.03.2007 hatte der Kläger gegenüber der damals zuständigen ARGE SGB II A Land keine Änderungen
in seinen Vermögensverhältnissen angegeben. Daraufhin waren ihm mit Bescheid vom 04.04.2007 weiterhin monatliche Leistungen
von 01.05.2007 bis 31.10.2007 in Höhe von 597,66 EUR bewilligt worden. Am 17.04.2007 hatte der Kläger die Zustimmung zum Umzug
nach W ohne Kostenzusage erhalten. Der Umzug war zum 01.06.2007 erfolgt. Mit Bescheid vom 26.07.2007 hob die ARGE SGB II A
Land die Bewilligung ab 01.06.2007 wegen des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit auf.
Am 10.04.2007 hatte der Kläger beim Beklagten und Berufungsbeklagten (damals Arbeitsgemeinschaft, jetzt: Jobcenter; im Folgenden:
Beklagter) unter Vorlage der Zustimmung zum Umzug der ARGE SGB II A Land vom 17.04.2007 Leistungen nach dem SGB II beantragt
und einen ab 01.06.2007 geltenden Mietvertrag vorgelegt. Unter dem Datum 23.04.2007 hatte er im Zusatzblatt 2.1 (Einkommen)
keine Angaben gemacht und im Zusatzblatt 3 (Vermögen) nur das Vorhandensein eines Guthabens auf dem Girokonto bejaht. Der
Beklagte hatte ihn aufgefordert, die Ummeldebescheinigung sowie einen Nachweis für die Schwerbehinderung bis zum 15.06.2007
nachzureichen. Mit Bescheid vom 10.05.2007 wurden für die Zeit von 01.06.2007 bis 30.11.2007 monatliche Leistungen in Höhe
von 620,55 EUR, mit Änderungsbescheid vom 02.06.2007 aufgrund der Regelsatzerhöhung ab 01.07.2007 monatlich 622,55 EUR bewilligt.
Die Meldebestätigung hatte der Kläger mit Schreiben vom 14.06.2007 eingereicht und sich gleichzeitig für die Zeit vom 15.06.2007
bis 23.06.2007 wegen Urlaubs abgemeldet. Am 23.10.2007 beantragte er die Fortzahlung von Leistungen bei unveränderten Verhältnissen.
Daraufhin wurden ihm ab 01.12.2007 weiterhin monatliche Leistungen in Höhe von 622,55 EUR bewilligt, so auch auf seinen nächsten
Fortzahlungsantrag vom 02.05.2008.
Durch ein anonymes Schreiben erfuhr der Beklagte am 10.07.2008 von der Erbschaft und forderte mit Schreiben vom 16.07.2008
Unterlagen über den Nachlass vom Kläger zwecks Prüfung des Leistungsanspruchs ab August 2007. Diese Unterlagen (Sterbeurkunde,
Erbschein u.a.) gelangten am 31.07.2008 zur Akte.
Mit Bescheid vom 01.08.2008 änderte der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum 01.07.2007 bis 30.11.2007
ab und bewilligte in dieser Zeit nur noch monatlich 152,55 EUR, wobei sie von Juli bis November 2007 jeweils monatlich 500,00
EUR abzüglich 30,00 EUR Versicherungspauschale als Einkommen berücksichtigte. Nach vorheriger Anhörung vom 04.08.2008 und
Mitteilung des Klägers vom 12.08.2008, dass er nicht bereit sei zurückzuzahlen, erließ der Beklagte am 13.08.2008 einen Aufhebungs-
und Erstattungsbescheid bezüglich der Bewilligung von Leistungen in der Zeit vom 01.07.2007 bis 31.03.2008 und forderte insgesamt
4.136,04 EUR vom Kläger zurück, weil er in dieser Zeit Einkommen aus einer Erbschaft erhalten habe, die gemäß § 11 SGB II
auf einen angemessenen Zeitraum mit entsprechenden Teilbeträgen anzusetzen sei, so dass sein monatlicher Anspruch nur in geringerer
Höhe bestanden habe.
Gegen den Änderungsbescheid vom 01.08.2008 und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13.08.2008 legte die Prozessbevollmächtigte
des Klägers Widerspruch ein und beantragte die Stundung. Die Erbschaft sei nicht als Einkommen sondern als Vermögen gemäß
§ 12 SGB II zu bewerten, so dass ihm mindestens 3.100,00 EUR als Grundfreibetrag zu belassen seien. Außerdem habe sich der
Kläger nach Trennung von seiner Lebensgefährtin und Auszug aus der gemeinsamen Wohnung von dem Geld Mobiliar und Hausratsgegenstände
angeschafft, so dass die Erbschaft bereits im Juni verbraucht gewesen sei. Daraufhin stellte der Beklagte die Rückforderung
ruhend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die im Juni 2007 erhaltene Erbschaft sei
Einkommen i.S.d. § 11 SGB II. Einkommen seien Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu
erhalte, Vermögen, was er in der Bedarfszeit schon habe. Der Vermögensfreibetrag finde daher keine Anwendung. Einmalige Einnahmen
seien auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Die Anrechung
könne im Folgemonat des Zuflusses erfolgen. Um den Krankenversicherungsschutz zu gewährleisten, solle die Anrechung so vorgenommen
werden, dass ein Zahlbetrag Arbeitslosengeld II verbleibe. Die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.05.2008
sei aufgrund des Fortzahlungsantrages vom 23.10.2007 erfolgt. Der Kläger habe keine Angaben zur erhaltenen Erbschaft gemacht.
Mit Bescheid vom 01.08.2008/13.08.2008 sei die Aufhebung für die Zeit von 01.12.2007 bis 31.03.2008 ebenfalls nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfolgt. Dies sei fehlerhaft und werde nun korrigiert. Maßgebend sei § 45 SGB X. Ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt könne nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand
des Verwaltungsaktes vertraut habe. Auf Vertrauen könne sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (u.a.) der Verwaltungsakt
auf Angaben beruhte, der der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig
gemacht habe oder er die Rechtswidrigkeit kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X). Lägen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, sei dieser auch mit
Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§
330 Abs.
2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III)). Der Erhalt der Erbschaft sei vom Kläger bei der erneuten Antragstellung am 23.10.2007 nicht mitgeteilt worden. Bedingt
durch die unterlassenen Angaben des Klägers sei es zu einer rechtswidrigen Bewilligung von Leistungen ab 01.11.2007 gekommen.
Der Bescheid vom 25.10.2007 sei demnach ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt und gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X zurückzunehmen. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 50 SGB X.
Dagegen hat der Kläger am 30.10.2008 beim Sozialgericht Chemnitz Klage mit dem Begehren erhoben, im streitigen Zeitraum ungekürzte
Leistungen zu erhalten, weil die Erbschaft als Vermögen anzusehen sei. Dem ist die Beklagte unter Bezugnahme auf ihre Bescheide
entgegen getreten, weil die Erbschaft während des Arbeitslosengeld II-Bezuges zugeflossen sei.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.10.2009 abgewiesen. Die
dem Kläger nach dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II zugeflossene Erbschaft sei Einkommen i.S.d. § 11 SGB II. Ob eine
andere Betrachtungsweise dann angebracht sei, wenn die Erbschaft z.B. aus einer Immobilie bestehe, könne dahinstehen, da ein
derartiger Sachverhalt nicht vorliege. Der Kläger habe die Erbschaft in Form von Geld erhalten. Es komme nicht darauf an,
dass die Erbschaft im Juni/Juli 2007 verbraucht gewesen sei; Aspekte der Entreicherung spielten keine Rolle. Hinsichtlich
der Berechnung der Höhe der zurückgeforderten Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum werde auf den Widerspruchsbescheid
Bezug genommen.
Gegen den ihm am 28.10.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27.11.2009 Berufung eingelegt, mit der er sein
Begehren weiterverfolgt.
Er beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16.10.2009 und die Bescheide der Beklagten vom 01.08.2008 und vom 13.08.2008
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2008 die Leistungszeit 01.12.2007 bis 31.03.2008 betreffend aufzuheben,
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Bescheide und hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte
des Beklagten (1 Band) sowie die Verwaltungsakte der damaligen ARGE SGB II A Land (1 Band) verwiesen, die vorlagen und Gegenstand
der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (§§
143,
144 Abs.
1 Satz 2,
151 Abs.
1 SGG) ist zulässig. Insbesondere ist die Berufungssumme in Höhe von 750,00 EUR erreicht. Denn für die Zeit von 01.07.2007 bis
30.11.2007 hat der Beklagte die Bewilligung von Leistungen in Höhe von 2.350,00 EUR aufgehoben und zurückgefordert.
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Soweit der Kläger vor Erlass des Änderungsbescheides vom 01.08.2008 für die Zeit 01.12.2007 bis 31.03.2008 nicht angehört
worden war, ist dieser Mangel durch die mit Schreiben vom 04.08.2008 erfolgte Anhörung zur Aufhebung und Rückforderung von
Leistungen im genannten Zeitraum geheilt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Denn in diesem Schreiben hat der Beklagte die entscheidungserheblichen Umstände, die Anlass sowohl für den Änderungsbescheid
vom 01.08.2008 wie auch für den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 13.08.2008 waren, mitgeteilt und Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben. Insbesondere ist im Anhörungsschreiben aufgeführt, dass der Kläger seiner Verpflichtung, alle Änderungen
in den Verhältnissen mitzuteilen, die für die Leistung erheblich sind, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Der
Kläger hat die Gelegenheit zur Stellungnahme dahingehend wahrgenommen, dass er am 12.08.2008 mitgeteilt hat, dass er nicht
bereit sei zurückzuzahlen.
Zutreffend hat der Beklagte den dem Kläger als Erben zugeflossenen Anteil an der Erbschaft nach seinem Vater W H als einmalige
Einnahme bedarfsmindernd als Einkommen i.S.d. § 11 SGB II berücksichtigt. Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt
das SGB II selbst zwar nicht vor. Die für das SGB II zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) haben jedoch in ständiger
Rechtsprechung bereits entschieden, dass Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das ist, was jemand nach
Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. nur BSG, Urteil vom
28.10.2009 - B 14 AS 62/08 R, zitiert nach Juris, RdNr. 21 m.w.N.). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer
Zufluss als maßgeblich bestimmt. Insoweit besteht vorliegend kein Zweifel, dass der Erbteil am Nachlass des W H dem Kläger
nach Antragstellung zugeflossen ist, denn sowohl der Erbfall am 25.02.2007 als auch der konkrete Zufluss des Erbteils am 25.06.2007
lagen beide nach der Antragstellung des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II. Unerheblich ist insoweit, dass in der Zwischenzeit
ein Wechsel in der örtlichen Zuständigkeit eingetreten ist. Denn der Kläger hat von sich aus weder die damalige ARGE SGB II
A Land noch den Beklagten vom Erbfall und der Erbschaft unterrichtet.
Der Senat folgt in ebenfalls ständiger Rechtsprechung der Rechtsansicht des BSG zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen.
In Hinblick auf die hier streitige Erbschaft ergibt sich nichts anderes. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, weshalb
einem Leistungsbezieher nach dem SGB II als Erben zugeflossenes Geldvermögen des Erblassers als Vermögen i.S.d. § 12 SGB II
zu bewerten sein könnte. Dies ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) zum Erbrecht. Soweit in §
1922 Abs.
1 BGB als Erbschaft das Vermögen des Erblassers als Ganzes bezeichnet wird, ist dieser Vermögensbegriff ein anderer als in § 12
SGB II. Denn zum Vermögen als Ganzes im erbrechtlichen Sinne gehören nicht nur die in § 12 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II konkret
aufgezählten Vermögensgegenstände wie Geldguthaben, geldwerten Ansprüche, Hausrat, ggf. ein Fahrzeug und ein angemessenes
Hausgrundstück, sondern neben den dem Erblasser zustehenden Ansprüchen auch alle seine Verbindlichkeiten und insbesondere
auch seine Schulden. Dies verdeutlicht, dass sich der in beiden Gesetzen verwendete Begriff "Vermögen" inhaltlich grundsätzlich
unterscheidet.
Zutreffend hat der Beklagte den dem Kläger aus der Erbschaft zugeflossenen Erbteil in Höhe von 4.406,04 EUR erst ab dem Zeitpunkt
des konkreten Zuflusses beim Kläger im Juni 2007 ab Juli 2007 als einmalige Einnahme berücksichtigt. Nach § 2 Abs. 3 Satz
1 der damals geltenden Verordnung zur Berechung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim
Arbeitslosengeld II/Sozialgeld vom 21.12.2006 ((Alg II-V) in der vom 01.01.2007 bis 31.12.2007 geltenden Fassung) waren einmalige
Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zuflossen; abweichend war eine Berücksichtigung ab dem Monat der
auf den Monat des Zuflusses folgt zulässig, wenn - wie hier - für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen - in der Regel
zum Monatsanfang - erbracht worden waren (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Alg II-V).
Vorliegend ist der Kläger ausweislich des Erbscheins des Nachlassgerichts vom 12.06.2007 Erbe des W H geworden. In diese Rechtsstellung
ist der Kläger zwar schon im Zeitpunkt des Erbfalls, also mit dem Tod seines Vaters am 25.02.2007 eingetreten (§§
1922,
1942 Abs.
1 BGB). Nach Ansicht des Senats ist es aber zulässig und sachgerecht, bei der Berücksichtigung von Geldbeträgen, die einem Leistungsbezieher
nach dem SGB II von Todes wegen zufallen, ohne dass er zuvor die Leistungsbehörden über den Erbfall unterrichtet und auf seine
Erbenstellung hingewiesen hat, nicht auf den Anfall der Erbschaft nach den zivilrechtlichen Regelungen abzustellen, weil dies
in der Regel der konkreten Bedarfslage nicht entspricht und die Gewährung von Leistungen einerseits und die Aufhebung und
Rückforderung von bereits bewilligten Leistungen andererseits unnötig erschwert. Wäre allein der Erbfall maßgeblich, so wäre
ein Bewilligungsbescheid u.U. von Anfang an rechtswidrig i.S.d. § 45 SGB X und es müsste ermittelt werden, ob und wann der Leistungsempfänger vom Erbfall Kenntnis erhalten hat, um bewerten zu können,
ab welchem Zeitpunkt er grob fahrlässig leistungsrelevante Umstände verschwiegen hat. Denn mitunter steht im Zeitpunkt des
Erbfalls keineswegs fest, wer Erbe ist, weil z.B. nicht alle Miterben bekannt sind oder der Betreffende nichts von seiner
Erbenstellung weiß. Stellt man hingegen auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses beim erbberechtigten Leistungsempfänger
ab, so erspart man der Behörde derartige zeitraubende und womöglich erfolglose Ermittlungen als Voraussetzung für eine rechtmäßige
Aufhebung und Rückforderung von gewährten Leistungen. Denn spätestens wenn ein Empfänger von Arbeitslosengeld II Geld aus
einer Erbschaft auf seinem Konto gutgeschrieben oder - wie hier - bar auf die Hand bekommt, wird für jeden offensichtlich,
dass sich die Erbschaft spätestens ab diesen Zeitpunkt auf die Leistungsansprüche nach dem SGB II auswirkt und dass spätestens
ab diesem Zeitpunkt den Leistungsbehörden Mitteilung zu machen ist.
Im Übrigen entspricht diese Vorgehensweise dem den SGB II-Regelungen zugrunde liegenden Prinzip von aktueller Bedarfsdeckung
bei Hilfebedürftigkeit einerseits und Zuflussprinzip anderseits. Gibt der Hilfebdürftige indes bei der Abgabe eines Weitergewährungsantrags
oder im Wege einer Veränderungsmitteilung an, dass ein womöglich leistungsrechtlich relevanter Erbfall eingetreten oder dass
er Erbe geworden ist, dann dürfte die Bewilligung nur vorläufig oder - soweit möglich - nur als Darlehen erfolgen, wenn der
(Mit-)Erbe tatsächlich nicht über sein Erbteil verfügen kann, was aus den unterschiedlichsten Gründen, die nicht immer im
Einflussbereich des Erben stehen, der Fall sein kann, etwa weil bei mehreren Erben noch keine Erbauseinandersetzung stattgefunden
hat. Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, zu welchem Zeitpunkt vom Zufluss einer einmaligen Einnahme ausgegangen werden
muss oder darf, wenn der Nachlass etwa aus einer zu verwertenden Immobilie besteht.
Nach alledem hat der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Zeitraum 01.07.2007 bis 30.11.2007 zu Recht gemäß § 40 Abs.
1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, §
330 Abs.
3 SGB III im Wege einer gebundenen Entscheidung teilweise aufgehoben. Da der Kläger verpflichtet war, jedenfalls den konkreten Zufluss
von Geld aus dem Erbe seines Vaters als Änderung der Verhältnisse mitzuteilen und er dies nicht getan hat, obwohl er es u.a.
aufgrund der von ihm unterzeichneten Erklärung im Leistungs- und Weitergewährungsantrag hätte angeben müssen, war die Leistungsbewilligung
auch für die Folgezeit vom 01.12.2007 bis 31.03.2008 von Anfang an rechtswidrig. Sie konnte von der Beklagten - wie geschehen
- gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 N. 2 bzw. Nr. 3 SGB X, §330 Abs.
2 SGB III aufheben und die zuviel gewährten Leistungen nach § 50 SGB X zurückfordern.
Keine Bedenken bestehen hinsichtlich der teilweisen Rückforderung von Beträgen, die als Kosten der Unterkunft gewährt worden
waren. Eine Reduzierung des zu erstattenden Betrages nach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II scheidet nach Satz 2 dieser Vorschrift
(in der seit dem 01.04.2006 geltenden Fassung) aus, weil die Bewilligung nur teilweise aufgehoben worden ist. Soweit in der
Literatur verfassungsrechtliche Einwände gegen § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II geltend gemacht werden (vgl. z.B. Conradis in Münder,
SGB II, 3. Aufl. 2009, § 40 RdNr. 24), teilt der Senat diese nicht. Vielmehr ist die Unterscheidung gerechtfertigt, weil dem
Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung von Wohngeld bestanden hätte, wenn keine Leistungen nach dem SGB II gewährt worden
wären. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die Regelungen des SGB II materiell-rechtlich den Vorschriften des Wohngeldgesetzes
angeglichen werden. So heißt es in der Gesetzbegründung (BT Drucks. 15/1516 S. 63): "Mit der Regelung soll bewirkt werden,
dass sich der Ausschluss der Empfänger des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes nach diesem Buch vom Wohngeld nach §
1 Abs. 2 WoGG - neu - rechtlich und tatsächlich nicht auf die Betroffenen auswirkt. Das Wohngeld unterliegt grundsätzlich nicht der Rückforderung.
Die Betroffenen werden durch den teilweisen Ausschluss der Rückforderung der Transferleistung so gestellt, wie sie stünden,
wenn sie Wohngeld erhalten hätten. Der Satz von 56 vom Hundert orientiert sich am tatsächlichen Subventionssatz des besonderen
Mietzuschusses auf der Basis der empirischen Werte der Wohngeldstatistik 2001. Der durchschnittliche Subventionssatz ergibt
sich durch Teilung des durchschnittlichen Wohngeldanspruchs durch die durchschnittliche berücksichtigungsfähige Miete."
Soweit es durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Pauschalierung des Anteils an den Kosten der Unterkunft, der bei vollständiger
Aufhebung und Rückforderung der Leistungen gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II verbleibt, im Einzelfall zu ungleichen Ergebnissen
gegenüber denjenigen kommen kann, bei denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird, sind diese wegen der weitreichenden
Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers im Bereich der Leistungsverwaltung hinzunehmen.
Gegen die Ermittlung seines Bedarfs im streitigen Zeitraum und gegen die Verteilung des zugeflossenen Erbes hat der Kläger
nichts vorgebracht. Fehler sind insoweit und auch sonst nicht ersichtlich. Die Beklagte hat die Verteilung der insgesamt 4.406,04
EUR über den ursprünglichen Bewilligungszeitraum hinaus so vorgenommen, dass ein monatlicher Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld
II verblieben ist und beim Kläger durchgängig Krankenversicherungsschutz bestand. Diese Aufteilung ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe gemäß §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.