Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von der abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung anhand der Einzelfallumstände
bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 3 der Sozialversicherungspflicht
unterliegt.
Die Beigeladene zu 3 wurde durch notariellen Vertrag vom 1. September 1998 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der
Handel und Vertrieb von Bildern, Pressgeschichten, Fotos und Promotions jeglicher Art, die in Verbindung mit den Medien stehen.
Der 1974 geborene Kläger hielt zunächst einen Anteil am Stammkapital von 25 %. Mehrheitsgesellschafter mit einem Anteil von
anfangs 75 % ist Herr R.B., ein Musikverleger. Im Oktober 2002 trat als weiterer Gesellschafter mit einem Anteil von 2 % Herr
H.S: in die Gesellschaft ein. Die Anteile von Herrn B. und dem Kläger betragen seitdem 74 % beziehungsweise 24 %. Beschlüsse
kommen nach § 6 Abs. 4 der Satzung der Beigeladenen zu 3 vom 19. April 1999 mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen
zustande. Seit dem 15. April 1999 sind sowohl Herr B. als auch der Kläger Geschäftsführer der Beigeladenen zu 3. Mit Gesellschafterbeschluss
vom 17. Juni 1999 wurde dem Kläger Alleinvertretungsbefugnis erteilt und er wurde von den Beschränkungen des §
181 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) befreit. Diese Änderungen wurden am 9. April 2009 in das Handelsregister eingetragen.
Der Kläger bezieht für seine Tätigkeit ein festes monatliches Gehalt, welches als Betriebsausgaben verbucht und auf das Lohnsteuer
gezahlt wird. Daneben erhält er eine Tantieme. Die Beigeladene zu 3 entrichtete für den Kläger für die Zeit vom 15. April
1999 bis 31. Juli 2000, für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2003 und ab 1. Januar 2005 Beiträge zur Kranken-, Pflege,
Renten- und Arbeitslosenversicherung. In der Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Dezember 2001 wurden wegen unentgeltlicher Ausübung
der Tätigkeit keine Beiträge entrichtet. Für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis 31. Dezember 2004 wurden Beiträge zur Renten- und
Arbeitslosenversicherung entrichtet; Krankenversicherungspflicht bestand wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze
nicht.
Im November 2006 stellte die Beigeladene zu 3 bei der Beklagten einen Antrag auf Erstattung der für den Kläger seit 2002 gezahlten
Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und führte dazu aus, dieser unterliege keinem Weisungsrecht,
könne seine Tätigkeit frei gestalten und bestimmen und auch seine Arbeitszeit frei einteilen.
Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 13. Februar 2007 gegenüber dem Kläger fest, dass er bei der Beigeladenen zu
3 abhängig beschäftigt sei und damit der Sozialversicherungspflicht unterliege. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch, woraufhin
die Beklagte die Beigeladene zu 2 um Stellungnahme bat. Diese teilte mit Schreiben vom 11. Juli 2007 mit, dass der Kläger
ihrer Auffassung nach sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Mit Änderungsbescheid vom 26. Februar 2008 stellte die
Beklagte fest, dass für den Kläger in der Zeit vom 15. April 1999 bis 31. Juli 2000, vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2003
und ab 1. Januar 2005 die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung gegeben sei.
In der Zeit vom 1. Juli 2003 bis 31. Dezember 2004 habe nur Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung
bestanden. Den Widerspruch des Klägers wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 31. März 2008 zurück.
Mit seiner dagegen erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er führe das Unternehmen nach Gutdünken. Zu dem Mehrheitsgesellschafter,
Herrn B., bestehe ein tiefes Vertrauensverhältnis, da er mit dessen Sohn zur Schule gegangen sei. Herr B. habe daher die Geschäftsidee
des Klägers, eine Bildagentur zu gründen, vielversprechend gefunden und sei bereit gewesen, ihn finanziell zu unterstützen
und den GmbH-Mantel zur Verfügung zu stellen. Er übe dagegen keinerlei Einfluss auf das Unternehmen aus, sondern sei als einer
der weltweit führenden Musikverleger zeitlich voll ausgelastet. Vom Geschäft der Bildagenturen habe er dagegen keine Kenntnisse.
Der Kläger führe somit die Geschäfte allein und treffe die notwendigen Entscheidungen. Aufgrund seiner Gewinnbeteiligung trage
er auch ein Unternehmerrisiko. Sein monatliches Festgehalt habe im Jahr 2011 EUR 3.700 netto betragen und liege damit weit
unter den marktüblichen Vergütungen.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 30. August 2011 stattgegeben und ausgeführt, die Tätigkeit des Klägers unterliege
aufgrund ihrer tatsächlichen Ausgestaltung trotz der geringeren Kapitalbeteiligung nicht der Sozialversicherungspflicht. Dies
ergebe sich vor allem aus der bereits 1999 getroffenen Gesellschaftervereinbarung, wonach der Kläger die Gesellschaft als
alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer wie ein selbständiger Unternehmer führe. Er unterliege keinerlei Weisungen,
beziehe ein vergleichsweise niedriges Gehalt und sei daher auf seine Gewinnbeteiligung angewiesen. Außerdem verfüge er allein
über die notwendigen Branchenkenntnisse, während der Gesellschafter B. lediglich als Geldgeber fungiere.
Die Beklagte hat dagegen am 28. September 2011 Berufung eingelegt und trägt vor, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
zu den für die Beurteilung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht gehöre.
Da der Kläger lediglich einen Kapitalanteil von 24 % halte, habe er keine Handhabe, die Geschicke des Unternehmens maßgeblich
zu steuern. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich die Weisungsgebundenheit bei Diensten höherer Art nicht in konkreten Einzelanweisungen
ausdrücken müsse, sondern sie zu einer funktionsgerecht am Betriebsprozess dienenden Teilhabe verfeinert sein könne. Es sei
daher nicht entscheidungserheblich, wenn der Kläger im Tagesgeschäft freie Hand habe oder gegenüber Mitarbeitern Arbeitgeberfunktionen
ausüben könne. Selbst außerordentliche Branchenkenntnisse rechtfertigten keine andere Beurteilung, denn es sei durchaus üblich,
dass Geschäftsführer spezielle Fachkenntnisse aufwiesen, die gerade Voraussetzung für die Übertragung der Aufgabe gewesen
seien. Soweit dem Kläger durch Gesellschafterbeschluss vom 17. Juni 1999 Einzelvertretungsbefugnis und die Befreiung von den
Beschränkungen des §
181 BGB erteilt worden sei, werde darauf hingewiesen, dass es für die versicherungsrechtliche Beurteilung auf den Zeitpunkt der Eintragung
ins Handelsregister ankomme, welche erst am 9. April 2009 erfolgt sei. Schließlich sei der Kläger aufgrund seines festen regelmäßigen
Gehaltes keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. August 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 3 an, die sich ebenfalls
auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils bezieht und ergänzend vorträgt, dass die Sichtweise der Beklagten dazu
führen würde, dass nur ein Gesellschafter mit einem Anteil von mindestens 50 % am Stammkapital der Gesellschaft selbständiger
Unternehmer sein könne. Dies stehe aber im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach ein Minderheitsgesellschafter
sehr wohl eine selbständige Tätigkeit ausüben könne, die im Wesentlichen durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und über Arbeitszeit und Arbeitsort gekennzeichnet sei. Soweit die Beklagte auf die Eintragung
im Handelsregister abstelle, werde darauf hingewiesen, dass das Handelsregister keine verbindliche Aussage zu den tatsächlichen
Verhältnissen treffe, auf die es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber ankomme. Das Sozialgericht habe daher
zutreffend auf den Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses abgestellt.
Die Beigeladene zu 3 beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1, 2 und 4 haben keine Stellungnahmen abgegeben und keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten
und der Beigeladenen zu 2 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§
143,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) Berufung ist auch begründet, denn das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist als Anfechtungs-
und Feststellungsklage (§
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, denn der Kläger war bzw. ist in der Zeit vom 15.
April 1999 bis 31. Juli 2000, vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2003 sowie seit dem 1. Januar 2005 versicherungspflichtig in
der Kranken-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung und in der Zeit vom 1. Juli 2003 bis 31. Dezember 2004 versicherungspflichtig
in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
der Versicherungspflicht (§
5 Abs.
1 Nr.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V), §
20 Abs.
1 Nr.
1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung, §
1 S. 1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI), §
25 Abs.
1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (
SGB III)). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 Satz 1 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (
SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies ist der Fall, wenn
der Beschäftigte in den Betrieb und die Arbeitsorganisation eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art
der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (§
7 Abs.
1 S. 2
SGB IV). Demgegenüber ist die selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko und die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale
überwiegen. Nach diesen Maßstäben ist vorliegend eine abhängige Beschäftigung gegeben.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt eine selbständige Tätigkeit von Gesellschafter-Geschäftsführern grundsätzlich
nur dann vor, wenn der Betreffende entweder über eine Anteilsmehrheit oder jedenfalls über eine Sperrminorität verfügt und
damit rechtlich die Möglichkeit hat, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (BSG, Urteil vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R - Juris, m.w.N). Der Kläger war in den streitigen Zeiträumen aber nur mit einem Anteil von zunächst 25 % und später 24 %
am Stammkapital der Beigeladenen zu 3 beteiligt. Nach § 6 Abs. 4 der Satzung der Beigeladenen zu 3 kommen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustande. Eine Sperrminorität ist dem Kläger nicht eingeräumt worden, sodass
er rechtlich nicht die Möglichkeit hat, ihm nicht genehme Weisungen abzuwenden.
Dieser Umstand wird auch nicht durch die tatsächlichen Verhältnisse - insbesondere nicht durch eine faktische Machtposition
des Klägers - überlagert. Wie das Bundessozialgericht wiederholt ausgeführt hat, geht eine im Widerspruch zu ursprünglichen
Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung der formellen Vereinbarung nur vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich
möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam
abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem
Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 30. April 2013, aaO.). Vorliegend hat der Mehrheitsgesellschafter, Herr B., von Anfang an und bis heute die Rechtsmacht,
dem Kläger Weisungen zu erteilen. Es mag zutreffen, dass er hiervon in der Praxis keinen Gebrauch macht, weil er dem Kläger
aufgrund seines Vertrauens in dessen Fähigkeiten freie Hand lässt. Dies ändert aber nichts daran, dass er jederzeit eingreifen
könnte, sollte der Kläger einmal nicht in seinem Sinne handeln. Der Kläger hätte einem solchen Eingreifen rechtlich nichts
entgegenzusetzen. An diesen Umständen haben die Beteiligten bis heute nichts geändert.
Es überzeugt auch nicht, dass der Mehrheitsgesellschafter nach dem Vortrag des Klägers aufgrund fehlender Branchenkenntnisse
gar nicht in der Lage wäre, geschäftliche Entscheidungen zu treffen oder dem Kläger Weisungen zu erteilen. Er mag als Musikverleger
nicht über Spezialkenntnisse im Bereich der Bildvermarktung verfügen, er ist jedoch ein erfahrener Geschäftsmann, der umfangreiche
Kenntnisse über grundlegende geschäftliche Abläufe und Entwicklungen, Marktbeobachtung und Finanzfragen haben dürfte. Dass
er sich eine grundsätzliche Einflussmöglichkeit auch tatsächlich vorbehalten will, zeigt sich im Übrigen daran, dass der Kläger
nach dem Gesellschaftsbeschluss vom 17. Juni 1999 verpflichtet ist, ihn mindestens quartalsweise über die geschäftliche Entwicklung
zu informieren. Demgegenüber führt es nicht zu einer anderen Beurteilung, dass allein der Klägerin das spezielle Fachwissen
haben mag, denn dies ist für leitende Angestellte nicht nur typisch, sondern oft gerade Voraussetzung für ihre Einstellung.
Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines leitenden Angestellten und ein in Praxis stark abgeschwächtes Weisungsrecht
machen diesen nicht zu einem Selbständigen. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers
gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen
Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen
Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung (§
1 S. 4
SGB VI, §
27 Abs.
1 Nr.
5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, auch wenn
sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung leiten und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil vom 30. April 2013, aaO.). Demgegenüber geht der Verweis des Klägers auf §
2 Abs.
1 Nr.
8 SGB VI fehl, denn die Anwendbarkeit dieser Vorschrift setzt das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit bereits voraus, was hier
aber gerade nicht der Fall ist.
Soweit das Bundessozialgericht in der Vergangenheit gelegentlich - hauptsächlich in leistungsrechtlichen Fällen - eine selbständige
Tätigkeit des Geschäftsführers einer Familiengesellschaft, der nicht über eine Anteilsmehrheit oder Sperrminorität verfügt,
für möglich erachtet hat, wenn dessen Tätigkeit durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt
war, hat es in seinem Urteil vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R - Juris) ausdrücklich offengelassen, ob dem bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht weiterhin gefolgt werden könne.
Jedenfalls spreche einiges dafür, auch in diesen Fällen der Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse größere Bedeutung
beizumessen, da im Falle eines Zerwürfnisses der Familienangehörigen allein diese zum Tragen komme und eine solche "Schönwetter-Selbständigkeit"
mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwer hinnehmbar
sei. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies aber auch im vorliegenden Fall nicht, denn die Beigeladene zu 3 ist keine
Familiengesellschaft und der Umstand, dass der Mehrheitsgesellschafter den Kläger schon lange kennt und ihm vertraut, weil
er mit seinem Sohn zur Schule gegangen ist, kann den besonderen Bindungen in einer Familie nicht gleichgestellt werden.
Der Kläger war der Beklagten zunächst auch als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer gemeldet worden, vom Arbeitsentgelt wurden
Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben entrichtet und es wurde steuerlich als Betriebsausgaben verbucht.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger eine Tantieme bezieht. Wie das Bundessozialgericht
mehrfach ausgeführt hat, reicht allein die Gewährung einer Tantieme nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen, da dies auch
bei Arbeitnehmern nicht ungewöhnlich ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012, aaO., m.w.N.). Ein typisches Unternehmerrisiko hat der Kläger jedenfalls nicht, da er ein festes
monatliches Gehalt bezieht, das zwar für seine Position relativ niedrig sein mag, aber zur Sicherung des Lebensunterhalts
auch nicht völlig unzureichend ist.
Angesichts der Gesamtumstände vermögen schließlich auch einzelne Indizien, die für sich genommen gegen eine abhängige Beschäftigung
sprechen könnten - z.B. Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Alleinvertretungsbefugnis,
Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB - nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Auf die Frage, ob hinsichtlich der letztgenannten Regelungen der Zeitpunkt
des Gesellschafterbeschlusses oder der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister maßgeblich ist, kommt es daher nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.