Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Arbeitslosengeld. Streitig ist die Erfüllung der Anwartschaftszeit, insbesondere die
Frage, ob die Klägerin versicherungspflichtig gemäß §
26 Abs.
2b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) in der seit dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist.
Die im Jahre 1959 geborene Klägerin arbeitete bis zum 5. April 2000 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
bei der Firma K. in H.. Am xxxxx Mai 2000 brachte sie ihren Sohn L. zur Welt, welcher aufgrund von Geburt an bestehender schwerster
Behinderungen einer intensiven pflegerischen Versorgung bedurfte. Vom 10. April 2000 bis zum 14. August 2000 bezog die Klägerin
von der Securvita BKK – Krankenkasse Mutterschaftsgeld. Seit Geburt ihres Sohnes erhält die Klägerin von der beigeladenen
Pflegekasse Leistungen der sozialen Pflegeversicherung im Rahmen der Pflegestufe III im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr.
3, Abs.
3 S. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung bzw. im Rahmen des Pflegegrades 5 im Sinne von §
15 Abs.
3 S. 4 Nr.
5 SGB XI in der seit dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung. Die bei dem Sohn der Klägerin erforderliche intensive pflegerische Versorgung
wurde von dessen Geburt an bis zum 5. Januar 2020 durch die Klägerin selbst in deren Haushalt erbracht. Aufgrund der pflegerischen
Versorgung ihres Sohnes gab die Klägerin ihre zuvor ausgeübte berufliche Tätigkeit auf. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 29.
Februar 2004 formal beendet.
Am 20. Dezember 2019 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 6. Januar 2020 persönlich arbeitssuchend und beantragte
die Gewährung von Arbeitslosengeld. Hintergrund war, dass ihr Sohn zum 6. Januar 2020 aus deren gemeinsamen Haushalt ausziehen
sollte und die Klägerin fortan nicht mehr dessen pflegerische Versorgung übernehmen musste. Die Klägerin fügte Schriftverkehr
mit der Beigeladenen bei, wonach diese für die Klägerin ab dem 1. Januar 2017 von keiner Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung
ausging und keine Beiträge an die Beklagte abgeführt hatte.
Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20. Dezember 2019, mit welchem die Beigeladene Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
als Pflegeperson bei der Klägerin abgelehnt hatte, leitete die Pflegekasse an die Beklagte weiter und bat die Beklagte um
Entscheidung.
Mit Bescheid vom 8. April 2020 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Arbeitslosengeld ab. Diese habe die Anwartschaftszeit
nicht erfüllt, da sie in den letzten zwei Jahren vor dem 20. Dezember 2019 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig
gewesen sei.
Mit ihrem hiergegen am 6. Mai 2020 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass sie versicherungspflichtig gewesen
sei und die Anwartschaftszeit erfülle. Sie habe ihre berufliche Tätigkeit zur Pflege und Versorgung ihres mehrfach schwerstbehinderten
Sohnes einstellen müssen. Die Pflegekasse sei zur Beitragszahlung zur Arbeitslosenversicherung verpflichtet gewesen. Sie stehe
für eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung am Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2020 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Rahmenfrist umfasse
die Zeit vom 20. Dezember 2017 bis 19. Dezember 2019. Innerhalb dieser Rahmenfrist sei die Klägerin nicht versicherungspflichtig
im Sinne der §§
24,
26 und
28a SGB III gewesen. Aufgrund einer Änderung der Rechtslage würden Pflegepersonen seit dem 1. Januar 2017 grundsätzlich unter den in
§
26 Abs.
2b SGB III genannten Voraussetzungen versicherungspflichtig. Dabei beschränke sich die Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III zum 1. Januar 2017 jedoch nur auf Pflegepersonen, die unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung
geschützten Personenkreis gehört hätten (mithin arbeitslosenversicherungspflichtig gewesen seien oder Anspruch auf eine laufende
Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III gehabt hätten) und nicht nach anderen Vorschriften des
SGB III versicherungspflichtig seien (vgl. §
26 Abs.
2 und Abs.
3 SGB III). Die Klägerin sei unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 nicht versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung gewesen.
Damit habe sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2020 entschied die Beklagte, dass die Klägerin nicht versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung
sei. Hiergegen legte die Klägerin am 30. Juli 2020 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2021 als unzulässig
verworfen wurde. Die dagegen bei dem Sozialgericht Hamburg erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen S 44 AL 33/21 anhängig.
Am 31. Juli 2020 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 8. April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2020
Klage bei dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Ihr stehe ab dem 6. Januar 2020 ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu. Aufgrund
der seit der Geburt ihres Sohnes am xxxxx 2000 bis zum 5. Januar 2020 nicht erwerbsmäßig ausgeübten Pflegetätigkeit sei die
Anwartschaftszeit erfüllt. Dabei könne offenbleiben, ob die Rahmenfrist, wie von der Beklagten angenommen, den Zeitraum vom
20. Dezember 2017 bis zum 19. Dezember 2019 umfasse oder der Zeitraum vom 6. August 2017 bis zum 5. Januar 2020 als maßgebliche
Rahmenfrist anzusehen sei. In beiden Zeiträumen habe sie durchgehend in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und
die Anwartschaftszeit erfüllt. Die Voraussetzungen des §
26 Abs.
2b SGB III in der seit dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung seien erfüllt. Im Zeitraum vom xxxxx 2000 bis 5. Januar 2020 habe sie kontinuierlich
mit einem wöchentlichen Zeitaufwand von erheblich mehr als zehn Stunden sowie verteilt über sämtliche Wochentage ihren Sohn
nicht erwerbsmäßig gepflegt. Unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit habe sie in einem Beschäftigungsverhältnis bei der
Firma K. in einem Versicherungspflichtverhältnis im Sinne von §
24 Abs.
1 SGB III gestanden. §
26 Abs.
2b SGB III stelle explizit und ausschließlich auf das Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses „unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit“
ab und nicht auf ein Versicherungspflichtverhältnis unmittelbar vor dem 1. Januar 2017. Es seien keine gesetzessystematischen
oder sonstigen Gesichtspunkte ersichtlich, die es rechtfertigten, sie abweichend vom eindeutigen gesetzlichen Wortlaut vom
Versicherungsschutz für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen nach §
26 Abs.
2b SGB III auszuschließen. Der Übergangsvorschrift des §
446 SGB III, welche lediglich Regelungen für Personen treffe, die entweder am 31. Dezember 2016 aufgrund der Inanspruchnahme einer Pflegezeit
oder im Rahmen eines als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson durch entsprechende Antragstellung zu diesem Zeitpunkt begründeten
Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag bereits versicherungspflichtig gewesen seien, sei nicht zu entnehmen, dass alle
sonstigen, schon vor dem 31. Dezember 2016 nicht erwerbsmäßig tätigen Personen entgegen dem Wortlaut von §
26 Abs.
2b SGB III in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung nicht versicherungspflichtig sein könnten. Wenn durch den Gesetzgeber ein
vom Wortlaut des §
26 Abs.
2b SGB III abweichender Ausschluss von der Versicherungspflicht intendiert gewesen wäre, hätte der Gesetzgeber dies eindeutig regeln
müssen. Es möge sein, dass sich die Beklagte an die von ihr genannte Verlautbarung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen
Rentenversicherung Bund, der Bundesagentur für Arbeit und des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. vom 13. Dezember
2016 gebunden fühle, nach welcher sich die Versicherungspflicht gemäß §
26 Abs.
2b SGB III angeblich nur auf Pflegepersonen beschränken solle, die unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung
geschützten Personenkreis gehört hätten. Diese Beschränkung lasse sich dem Wortlaut des §
26 Abs.
2b SGB III, welcher ausschließlich darauf abstelle, dass der Betroffene unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit (nicht unmittelbar
vor dem 1. Januar 2017) versicherungspflichtig gewesen sei oder einen Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach
dem
SGB III gehabt habe, allerdings nicht entnehmen. Eindeutige gesetzliche Bestimmungen könnten nicht zu Ungunsten eines Betroffenen
durch verwaltungsinterne Vorschriften oder Interpretationshilfen eingeschränkt werden.
Die Beklagte hat auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen, auf §
446 SGB III sowie auf eine Verlautbarung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Bundesagentur für Arbeit
und des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. vom 13. Dezember 2016 verwiesen. Darin heiße es, dass in den übrigen,
über die von der Übergangsregelung des §
446 SGB III erfassten hinausgehenden Bestandsfällen erstmalig ab 1. Januar 2017 Versicherungspflicht eintrete. Hierbei handele es sich
um die Bestandsfälle, in denen für Pflegetätigkeiten von Pflegepersonen erst am 1. Januar 2017 Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III eintrete, weil am 31. Dezember 2016 weder die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III noch nach §
28 a Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB III in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung erfüllt gewesen seien. Dies gelte daher für die Bestandsfälle, in denen vor
dem 1. Januar 2017 eine Antragspflichtversicherung nach §
28a Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB III abgelehnt oder nicht beantragt worden sei. Die Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III zum 1. Januar 2017 beschränke sich nur auf Pflegepersonen, die unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 bereits zu dem durch die
Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehört hätten (mithin arbeitslosenversicherungspflichtig gewesen seien
oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III gehabt hätten) und nicht nach anderen Vorschriften des
SGB III versicherungspflichtig seien. An diese Ausführungen sei die Beklagte gebunden. Unmittelbar vor der Einführung der aktuellen
Fassung des §
26 Abs.
2b SGB III sei die Klägerin nicht versicherungspflichtig gewesen.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2020, der Klägerin zugestellt am 21. Oktober 2020, hat das Sozialgericht die Beteiligten zum
beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheides angehört.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien nicht
zu beanstanden. Es werde auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2020 gemäß §
136 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) verwiesen. Aus der Übergangsvorschrift des §
446 SGB III ergebe sich eindeutig, dass nur Pflegepersonen, die am 31. Dezember 2016 bereits der Arbeitslosenversicherung angehört hätten
(aufgrund §
26 Abs.
2b SGB III in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung oder gemäß §
28a SGB III), in die gemäß §
26 Abs.
2b SGB III ab 1. Januar 2017 eingeführte Pflichtversicherung einbezogen werden sollten.
Gegen den der Klägerin am 21. Dezember 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 8. Januar 2021 Berufung eingelegt.
Das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Dem Gerichtsbescheid lasse
sich eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den von ihr vorgebrachten Ausführungen nicht entnehmen. Die Vorschrift des §
446 SGB III treffe für Personen, die wie sie im unmittelbaren Anschluss an ein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne von §
24 Abs.
1 SGB III bereits vor dem 1. Januar 2017 eine nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit aufgenommen hätten und diese über den 1. Januar 2017
hinaus kontinuierlich weiter ausgeübt hätten, ohne dass bereits vor dem 1. Januar 2017 eine Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III a. F. wegen der Inanspruchnahme einer Pflegezeit im Sinne des Pflegezeitgesetzes bestanden hätte oder eine Antragspflichtversicherung nach Maßgabe von §
28a Abs.
1 Nr.
1 SGB III a.F. als Pflegeperson begründet worden wäre, keine Regelung. Auch ergebe sich aus dieser nicht im Umkehrschluss, dass solche
Personen nicht in die ab 1. Januar 2017 eingeführte Pflichtversicherung einbezogen werden sollten. Der Regelungsgehalt des
§
446 SGB III erschöpfe sich vielmehr in einer Regelung der Art und Weise der Fortführung einer am 31. Dezember 2016 bereits bestehenden
Versicherungspflicht nach dem
SGB III als pflegeversicherte Person, wovon die Klägerin weder im positiven noch im negativen Sinne erfasst sei. Aus dem eindeutigen
gesetzlichen Wortlaut des §
26 Abs.
2b SGB III in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung ergebe sich, dass es für das Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses
als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson ab diesem Zeitpunkt ausschließlich darauf ankommen solle, dass der Betroffene unmittelbar
vor Beginn der Pflegetätigkeit versicherungspflichtig gewesen sei oder einen Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung
nach dem
SGB III gehabt habe. Diese Voraussetzung eines unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit bestehenden Versicherungspflichtverhältnisses
sei in ihrer Person unstreitig erfüllt. Es werde auf die Gesetzgebungsmaterialien zu §
26 Abs.
2b SGB III n.F. (Bundestagsdrucksache 18/5926, Seite 146 ff.) hingewiesen. Dort heiße es hinsichtlich der Einbeziehung nicht erwerbsmäßig
tätiger Pflegepersonen in den Schutz der Arbeitslosenversicherung unter anderem wie folgt: Grundgedanke der Versicherungspflicht
der Pflegepersonen bleibe nach wie vor, dass sich die Regelung nur auf Personen erstrecke, die vor Aufnahme der Pflegetätigkeit
bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehört hätten. Voraussetzung für die Versicherungspflicht
sei deshalb, dass die Betroffenen unmittelbar vor Beginn der Pflege versicherungspflichtig zur Arbeitsförderung gewesen seien
oder Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III gehabt hätten. Auch in den Gesetzgebungsmaterialien finde sich sonach kein Anhaltspunkt für die Annahme der Beklagten, dass
Pflegepersonen nur dann unter die Vorschrift des §
26 Abs.
2b SGB III fielen, wenn diese am 31. Dezember 2016 bereits der Arbeitslosenversicherung angehört hätten. In den Gesetzgebungsmaterialien
zu §
446 SGB III heiße es, dass die Vorschrift sicherstelle, dass für Personen, die am Tag vor dem Inkrafttreten des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes
am 1. Januar 2017 im Wege der Pflichtversicherung wegen der Inanspruchnahme einer Pflegezeit oder im Wege eines Versicherungspflichtverhältnisses
auf Antrag versicherungspflichtig gewesen seien, keine Nachteile im Versicherungsschutz einträten. Davon, dass durch diese
Vorschrift im Umkehrschluss Personen von der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung ausgenommen werden sollten,
die dem Wortlaut nach unter den Anwendungsbereich des neuen §
26 Abs.
2b SGB III fielen, sei den Gesetzgebungsmaterialien nichts zu entnehmen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Dezember 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. April 2020 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit
ab dem 6. Januar 2020 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im erstinstanzlichen Urteil. Ergänzend trägt die Beklagte
vor, dass unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Klägerin die Übergangsvorschrift des §
446 SGB III sinnlos sei. Vor dem 1. Januar 2017 pflegende Personen wären versicherungspflichtig nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F., wenn sie die in der Übergangsvorschrift genannten Voraussetzungen erfüllten - und alle anderen auch. Sie habe keinen
Anlass anzunehmen, dass der Gesetzgeber eine derart sinnlose Vorschrift habe schaffen wollen. §
446 Abs.
2 SGB III normiere die „reguläre“ Versicherungspflicht von Pflegepersonen ab dem 1. Januar 2017, die am 31. Dezember 2016 nach §
28a Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB III in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung versicherungspflichtig gewesen seien. Folge man der Rechtsauffassung der Klägerin,
wären diese auch ohne die Übergangsregelung ab dem 1. Januar 2017 versicherungspflichtig - allein nach §
26 Abs.
2b SGB III in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung. §
28a Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB III sei mit Wirkung zum 1. Januar 2017 aufgehoben worden. Eine Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung aus Pflege-
und Erziehungszeiten der Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Eine Versicherungspflicht aus den Zeiten des Bezuges
von Mutterschaftsgeld gemäß §
26 Abs.
2 Nr.
1 SGB III und der Kindererziehung gemäß §
26 Abs.
2a S. 1 Nr.
1 SGB III komme nicht in Betracht, da diese Vorschriften erst mit Wirkung zum 1. Januar 2003 eingeführt worden seien. Nach dem zuvor
geltenden Recht sei den Interessen der Betroffenen durch eine Verlängerung der Rahmenfrist in §
124 Abs.
3 Nr.
2 SGB III a.F. Rechnung getragen worden. Für Zeiten bis zum 31. Dezember 2020 habe die Übergangsvorschrift des § 434d Abs. 2
SGB III gegolten.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie trägt vor, dass die Klägerin und ihr pflegebedürftiger Sohn seit dem 1. Januar 2001
bei ihr versichert seien. Seither unterliege die Klägerin der Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson
und die Beigeladene habe entsprechende Rentenversicherungsbeiträge gezahlt. Versicherungspflicht wegen Kindererziehung gemäß
§
26 Abs.
2a SGB III bestehe bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres, sodass hier theoretisch in der Zeit bis zum 22. Mai 2003 eine Versicherungspflicht
wegen Kindererziehung möglich wäre. Die Vorschrift sei jedoch erst zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten. Im Übrigen sei die
Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 29. Februar 2004 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen,
sodass sie nach §§
24,
25 SGB III versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei.
Die Klägerin erwidert hierzu, dass sie bereits seit wenigstens den 1990iger Jahren bei der Beigeladenen gesetzlich krankenversichert
sei. Im Zusammenhang mit der Geburt ihres Sohnes habe sie von der Krankenkasse der Beigeladenen auch Mutterschaftsgeld bezogen;
diesbezüglich wird auf die Bescheinigung der Krankenkasse der Beigeladenen vom 14. September 2000, Blatt 119 der Gerichtsakte,
verwiesen. Im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 29. Februar 2004 sei sie keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
nachgegangen. Zwar habe das Arbeitsverhältnis bis zum 29. Februar 2004 noch formal fortbestanden. Seit der Geburt ihres Sohnes
sei sie aber wegen dessen Pflege nicht mehr tatsächlich gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen. Die Klägerin hat einen Rentenversicherungsverlauf
vom 15. August 2020 zur Gerichtsakte gereicht, wegen dessen Inhalts auf Blatt 120 ff der Gerichtsakte verwiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen.
Nach der Gesetzesbegründung stellt diese Übergangsvorschrift sicher, dass für Personen, die am Tag vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes im Wege der Pflichtversicherung wegen der Inanspruchnahme einer Pflegezeit oder im Wege eines Versicherungspflichtverhältnisses
auf Antrag versicherungspflichtig waren, keine Nachteile im Versicherungsschutz eintreten. Insbesondere wird nach Absatz 2
für Pflegepersonen, die bislang im Wege eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Nummer
1 versicherungspflichtig waren, das Versicherungspflichtverhältnis kraft Gesetzes gemäß § 26 Abs. 2b fortgesetzt, solange
diese Pflegetätigkeit geleistet wird (BT-Drucksache 18/5926, S. 148).
Auch die Gesetzesbegründung lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass die Person, um deren Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. es geht, unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 versicherungspflichtig zur Arbeitsförderung gewesen sein oder Anspruch auf
eine Entgeltersatzleistung nach dem Dritten Buch gehabt haben müsste. Vielmehr heißt es auch in der Gesetzesbegründung, dass
Voraussetzung für die Versicherungspflicht sei, dass die Betroffenen „unmittelbar vor Beginn der Pflege“ versicherungspflichtig
zur Arbeitsförderung waren oder Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III hatten. Ergänzend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Grundgedanke der Versicherungspflicht der Pflegepersonen nach
wie vor bleibe, dass sich die Regelung nur auf Personen erstrecke, die „vor Aufnahme der Pflegetätigkeit“ bereits zu dem durch
die Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehört hätten. Damit wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass nur Personen,
die vor Aufnahme der Pflegetätigkeit bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehörten,
seit 1. Januar 2017 versicherungspflichtig nach §
26 Abs.
2b SGB III werden. Personen, die niemals dem Schutz der Arbeitslosenversicherung unterstanden oder bei denen zwischen einer Pflichtversicherung
im Rahmen der Arbeitslosenversicherung und der Aufnahme einer Pflegetätigkeit große Lücken bestehen und die damit nicht das
Erfordernis der „Unmittelbarkeit“ erfüllen, sollten nach der Gesetzesbegründung nicht der Versicherungspflicht gemäß §
26 Abs.
2b SGB III n.F. unterfallen. Dass aber der Gesetzgeber Personen, die unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit - und mag diese auch
lange vor dem 1. Januar 2017 aufgenommen worden sein - dem Schutz der Arbeitslosenversicherung unterstanden, aus dem Tatbestand
der Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. ausschließen wollte, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht.
Die Übergangsvorschrift des §
446 SGB III n.F. sollte sicherstellen, dass für Personen, die am 31. Dezember 2016 wegen der Inanspruchnahme einer Pflegezeit nach §
26 Abs.
2b SGB III a.F. oder im Wege eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag nach §
28a Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB III a.F. versicherungspflichtig waren, keine Nachteile im Versicherungsschutz eintreten sollten. Dieser Übergangsregelung bedurfte
es auch ohne die einschränkende Auslegung des §
26 Abs.
2b SGB III n.F., die die Beklagte vornimmt. Erfüllt beispielsweise eine Pflegeperson nicht die Voraussetzungen des §
26 Abs.
2b SGB III n.F., weil etwa der Pflegebedürftige nicht Pflegegrad 2 erreicht, so kann über §
446 Abs.
1 SGB III n.F. eine Fortsetzung der Pflichtversicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung erreicht werden (Timme, in: Hauck/Noftz,
SGB, 03/18, §
446 SGB III, Rn. 4). Für die Dauer der Pflegezeit, d. h. für längstens sechs Monate (vgl. §§ 3 Abs. 1 S. 1, 4 Abs. 1 S. 1 Pflegezeitgesetz - PflegeZG), besteht damit nach §
446 SGB III die Versicherungspflicht fort. Nach Dauer der Pflegezeit besteht für eine solche Person keine Versicherungspflicht mehr,
weil die Voraussetzungen des §
26 Abs.
2b SGB III n. F. nicht erfüllt werden.