LSG Hamburg, Urteil vom 03.12.2014 - 5 KA 26/12
Parallelentscheidung zu LSG Hamburg - L 5 KA 24/12 - v. 03.12.2014
Vorinstanzen: SG Hamburg S 3 KA 36/11
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Im Streit ist ein Arzneimittelregress in Höhe von 1.618,10 EUR wegen unwirtschaftlicher Verordnung des Medikaments Forsteo
im Quartal II/2008.
Bei dem Arzneimittel Forsteo mit dem Wirkstoff Teriparatid handelt es sich um ein hormonell wirkendes Medikament zur Behandlung
besonderer Erscheinungsformen der Osteoporose, das die Knochenneubildung stimuliert, das erstmals am 10. Juni 2003 zugelassen
wurde und dessen Zulassungsumfang sich seither mehrfach geändert hat:
- Seit August 2007 wurde das Anwendungsgebiet, das sich bis dahin auf die Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen
Frauen mit einem hohen Frakturrisiko beschränkt hatte, auch auf Männer mit einem hohen Frakturrisiko erweitert. Zur Art und
Dauer der Anwendung hieß es in Abschnitt 4.2 Abs. 3 der damaligen Fachinformation: Die maximale Therapie-Dauer mit Forsteo
beträgt 18 Monate (siehe Abschnitt 4.4). In Abschnitt 4.4 wurde ausgeführt, dass sich bei Studien in Ratten eine erhöhte Inzidenz
von Osteosarkomen bei Langzeit-Anwendung von Teriparatid gezeigt habe. Bis zum Vorliegen weiterer Daten dürfe die empfohlene
Behandlungsdauer von 18 Monaten nicht überschritten werden.
- Im April 2008 wurde der Abschnitt 4.2 Abs. 3 um einen zweiten Satz erweitert, der wie folgt lautete: Diese 18-monatige Therapie
sollte im Laufe des Lebens beim gleichen Patienten nicht wiederholt werden.
- Im Jahr 2009 wurde die maximale Therapiedauer auf 24 Monate angehoben, was wesentlich auf eine 2009 veröffentlichte Studie
zurückging.
Aufgrund eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21. November 2006 wurde folgender Therapiehinweis zu Teriparatid
in die Anlage 4 zur aufgrund von § 92 Abs. 1 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch ( SGB V) erlassenen Arzneimittel-Richtlinie (AMRL) aufgenommen (BAnz. 2007, Nr. 58 (S. 3121), veröffentlicht auch in DtschÄrztebl
2007, 104 (15)):
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise
Teriparatid ist zur Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen nur ein Mittel der zweiten Wahl. Die
Verordnung bleibt lediglich definierten Ausnahmefällen vorbehalten. Hinsichtlich der Frakturrate hat Teriparatid gegenüber
anderen Osteoporosemitteln, insbesondere Bisphosphonaten, keine nachgewiesene Überlegenheit ...
Teriparatid ist wegen der im Vergleich zu Bisphosphonaten bis zu 35-fach höheren Tagestherapiekosten in der Regel unwirtschaftlich.
Unter folgenden kumulativen Bedingungen ist eine Verordnung von Teriparatid möglich:
- nur bei manifester Osteoporose mit mindestens 2 neuen Frakturen in den letzten 18 Monaten
und
- kein ausreichendes Ansprechen auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung über mindestens ein Jahr
oder
- nach Absetzen der Bisphosphonatbehandlung aufgrund von Unverträglichkeiten ...
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie und nimmt in H. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Im streitgegenständlichen
Quartal verordnete er seinem am xxxxx 1947 geborenen, damals bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 krankenversicherten
Patienten C.K. einmal 3ml Forsteo Injektionslösung. Die Verordnung, die auch eingelöst wurde, hatte abzüglich des Apotheken-
wie des Herstellerrabattes - der Patient war von der Zuzahlung befreit - einen Nettowert von 1.618,10 EUR. Für den Patienten
waren folgende Diagnosen gestellt worden: Osteoporose mit pathologischer Fraktur; Fraktur des Unterschenkels, einschließlich
des oberen Sprunggelenks, Fraktur der Patella. Auf die im Prüfverfahren vorgelegten Diagnose- und Verordnungsblätter sowie
die Verordnungsliste wird Bezug genommen. Herr K. war von April 2004 bis Dezember 2005 schon einmal für 21 Monate mit Forsteo
behandelt worden. Ab Juli 2007 wurde das Arzneimittel dann wieder verordnet.
Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 beantragte am 19. Juni 2009 bei der gemeinsamen Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen
in H., wegen Unwirtschaftlichkeit einen Verordnungsregress gegenüber dem Kläger festzusetzen. Dieser habe Forsteo außerhalb
der Zulassung verordnet. Bereits mit dem ersten, 21-monatigen Behandlungszyklus sei die maximale Behandlungsdauer von 18 Monaten
überschritten worden. Nach einer Unterbrechung von 18 Monaten sei das Medikament dann wieder verordnet worden. Mit dem Prüfantrag
legte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom
9. Januar 2008 vor, auf das Bezug genommen wird.
Im Rahmen der Anhörung bezog der Kläger sich auf seine Stellungnahme im Parallelverfahren betreffend das Quartal III/2007
(L 5 KA 28/12), in der er ausgeführt hatte, bei Herrn K. handele es sich um einen medizinisch schwierigen und nicht anders behandelbaren
Fall. Bei Erstvorstellung am 29. Januar 2004 seien mehrere osteoporosebedingte Frakturen festgestellt worden. Der T-Score
habe bei -5,4 gelegen, als Folge der osteoporosebedingten Wirbelkörperveränderung habe eine massive Kyphose der Brustwirbelsäule
bestanden, der Patient habe innerhalb weniger Monate 6 cm an Körpergröße verloren. Die gesamte Wirbelsäule sei schmerzbedingt
bewegungsunfähig gewesen. Am 4. März 2004 seien multiple Vertebroplastiken an der Brust- und an der oberen Lendenwirbelsäule
vorgenommen worden. Da der Patient trotz Einnahme des Bisphosphonats Fosamax weiterhin erhebliche Beschwerden gehabt habe,
sei mit einer Teriparatid-Therapie begonnen worden. Unter der Therapie seien die Schmerzen innerhalb weniger Wochen zurückgegangen;
die Knochendichte habe sich sprunghaft verbessert auf einen T-Score von -3,35 am 22. April 2005. Der Patient habe während
der Behandlung von Anfang an Calcium und Vitamin D eingenommen, das er sich selbst besorgt habe. Nach Beendigung der Teriparatid-Therapie
sei wieder mit Alendronat behandelt worden. Aufgrund erneuter Beschwerden sei die Knochendichte am 28. Juni 2007 wieder gemessen
worden; der T-Score habe -3,91 betragen. Das Lungenvolumen habe sich als Folge der osteoporosebedingten schweren Brustwirbelsäulen-Kyphose
sukzessive auf ca. 50 Prozent des Normalwerts verringert, was wiederum zu rezidivierenden Pneumonien geführt habe. Wegen des
insgesamt lebensbedrohlichen Allgemeinzustands sei eine erneute Forsteo-Therapie angezeigt gewesen. Eine zugelassene Alternativbehandlung
habe für diesen Patienten nicht bestanden. Insbesondere habe der Knochenverlust unter Alendronsäure wieder zugenommen. Die
18-monatige Therapiedauer sei kein zwingendes Recht. Unter den Voraussetzungen eines zulässigen Off-label-uses, die hier vorliegen
würden, könne über diesen Zeitraum hinaus therapiert werden. Insbesondere habe die Osteoporose bei Herrn K. ein lebensbedrohliches
Ausmaß angenommen. Der Kläger legte ergänzend eine Korrespondenz mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss vor, auf die Bezug genommen
wird.
Die Gemeinsame Prüfungsstelle setzte mit Bescheid vom 30. Oktober 2009 einen Regress in Höhe des Nettowerts fest. Die Indikation
für die Verordnung von Forsteo werde zwar im Wesentlichen als gerechtfertigt angesehen. Doch sei die maximal zulässige Behandlungsdauer
von 18 Monaten überschritten worden, da die erstmalige Behandlung bereits 2004 begonnen worden sei. Damit sei sogar die maximal
zugelassene Behandlungsdauer von 24 Monaten überschritten, wie sie in der aktuell gültigen Fachinformation Stand März 2009
festgelegt worden sei. Die damit zulassungsüberschreitende Verordnung erfülle auch nicht sämtliche Voraussetzungen für eine
ausnahmsweise zulässige Off-label-Verordnung. Es würden zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Voraussetzungen für das
neue Anwendungsgebiet fehlen.
Der Kläger rief gegen diese Entscheidung den beklagten Beschwerdeausschuss der Ärzte und Krankenkassen H. an. In Ergänzung
zu seinen bisherigen Ausführungen bezog er sich auf eine Studie von Saag et. al. (Arthritis & Rheumatism, Vol. 60:3346-3355
(November 2009)), die die Überlegenheit von Forsteo gegenüber Alendronat über einen Beobachtungszeitraum von 36 Monaten nachgewiesen
habe. Er brachte zudem vor, dass es sich nicht um eine Off-label-Verordnung gehandelt habe, da die Fachinformation eine Wiederholung
der Therapie nicht ausschließe. Vielmehr werde sie fortgesetzt oder wiederholt, wenn in medizinisch begründeten Einzelfällen
keine andere Therapie in Frage komme. Für Herrn K. sei eine Wiederholung der Behandlung mit Forsteo unumgänglich gewesen.
Der Beklagte hörte den Kläger am 22. September 2010 an und entschied sodann im schriftlichen Verfahren. Mit Beschluss vom
2. März 2011 wies er den Widerspruch des Klägers zurück. Bei erstmaliger Verordnung in 2004 sei Forsteo noch gar nicht zur
Behandlung von Männern zugelassen gewesen. Auch wenn dies dann im Zeitpunkt der streitbefangenen Verordnung der Fall gewesen
sei, sei Forsteo doch über den zugelassenen Behandlungszeitraum hinaus verordnet worden. Eine Behandlung über die maximale
Behandlungsdauer hinaus stehe auch nicht im Ermessen des Arztes. Der Hinweis in der Fachinformation, dass die Behandlungsdauer
18 Monate nicht überschreiten solle, habe das Ziel, für den Vertreiber die Produkthaftung bei längerem Gebrauch auszuschließen;
zudem könne eine längere Anwendung nicht als wirtschaftlich gelten, weil wegen der Studienlage der Therapienutzen über den
maximalen Behandlungszeitraum hinaus nicht als gesichert bewerten könne. Schließlich könne der nachträgliche Behandlungserfolg
die zulassungsüberschreitende Verordnung nicht rechtfertigen.
Hiergegen hat der Kläger am 30. März 2011 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen vertieft,
insbesondere zur Schwere der Erkrankung von Herrn K., und ergänzt, der Beklagte habe sich nicht damit auseinandergesetzt,
dass Forsteo im Zeitpunkt seiner Entscheidung für die Behandlung von Männern und sogar für eine 24-monatige Therapie zugelassen
gewesen sei. Auch heiße es nur noch einschränkend, die Therapie sollte nicht wiederholt werden. Damit liege schon keine zulassungsüberschreitende
Verordnung vor. Im Übrigen seien selbst die Voraussetzungen für eine Off-label-Verordnung erfüllt. Bei einer schweren Osteoporose,
wie sie bei Herrn K. vorliege, handele es sich um eine tödlich verlaufende Erkrankung, insbesondere da ein Lungenversagen
drohe. Damit habe der Beklagte über die eigentlich streitigen Punkte nicht entschieden, sein Beschluss sei schon deswegen
aufzuheben. Dabei räumt der Kläger ein, dass nicht die in den Therapiehinweisen geforderten mindestens zwei neuen Frakturen
in den letzten 18 Monaten nachgewiesen worden waren; er halte es für unverantwortlich, auf eine Darstellbarkeit in bildgebenden
Verfahren zu warten, obwohl dies formell erforderlich sei. Darüber hinaus hat er im Rahmen eines Verhandlungstermins in anderer
Sache am 10. November 2011 angegeben, dass es vor Beginn des zweiten Behandlungsintervalls im Juli 2007 - anders als vor dem
ersten Behandlungsintervall ab April 2004 - keine erneuten Frakturen in den letzten 18 Monaten gegeben habe.
Der Beklagte hat an seiner Entscheidung festgehalten und ergänzt, es treffe zwar zu, dass Forsteo im Verordnungszeitpunkt
auch für die Behandlung von Männern zugelassen gewesen sei. Auch lege die aktuelle Fassung der Fachinformation nahe, dass
unter gewissen, wohl als abgesichert zu betrachtenden Umständen, eine weitere Therapiefolge als zulässig erachtet werde. Doch
würden sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch den vorliegenden Unterlagen beweiskräftige Tatsachen ergeben, um einen
solchen wiederholten Behandlungszyklus zu rechtfertigen. Das gelte umso mehr, als aus dem Gesamtvorbringen des Klägers folge,
dass er in Kenntnis einer Off-label-Situation verordnet habe. Bei einer Off-label-Verordnung trage der verordnende Vertragsarzt
aber das Kostenrisiko, sofern er das Arzneimittel nicht auf Privatrezept verordne und es damit dem Versicherten überlasse,
von seiner Krankenkasse die Genehmigung zur Verordnung einzuholen.
Das Sozialgericht hat die Verwaltungsakte beigezogen und die betroffene Krankenkasse (zu 1) sowie die Kassenärztliche Vereinigung
H. (zu 2) beigeladen.
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2012 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen und zur
Begründung unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zunächst ausgeführt, dass Gegenstand der Klage allein der Beschluss des Beklagten vom 2. März 2011 sei. Die als Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage zulässige Klage sei nicht begründet. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, im Wege der Einzelfallprüfung
einen Regress gegenüber dem Kläger festzusetzen. Da auch die Höhe des festgesetzten Regresses rechtlich nicht zu beanstanden
sei beschwere der angegriffene Beschluss den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG). Der Beklagte könne die Regressfestsetzung stützen auf § 106 Abs. 2 SGB V in der Fassung vom 14. November 2003 (a.F.), der im streitbefangenen Quartal gegolten habe, in Verbindung mit § 17 Abs. 7
Satz 1 der von der Beigeladenen zu 2 und den Landesverbänden der Krankenkassen vereinbarten "Prüfungsvereinbarung über das
Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit durch den Prüfungs- und den Beschwerdeausschuss" vom 21. April 2005 in der Fassung
des 3. Nachtrags vom 13. April 2007 (Prüfungsvereinbarung). Insbesondere sei der Beklagte grundsätzlich berechtigt, die Wirtschaftlichkeit
einzelner Verordnungen zu prüfen. § 17 Abs. 1 Prüfungsvereinbarung berechtige die Prüfgremien auf Antrag unter anderem einer
Krankenkasse zu einer solchen Einzelfallprüfung. Die Vorschrift stehe auch mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang. Zwar
nenne § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. die Einzelfallprüfung nicht. Doch berechtige § 106 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 SGB V a.F. die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen, gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die
im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Prüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten zu vereinbaren und ermächtige regelmäßig
auch zu Einzelfallprüfungen (Hinweis auf ständige Rechtsprechung des BSG). Ebenso wenig sei es rechtlich zu beanstanden, dass der Beklagte sich im streitbefangenen Prüfverfahren für eine Einzelfallprüfung
entschieden habe. Sachgerecht sei diese Prüfmethode insbesondere dann, wenn wie hier das individuelle Vorgehen eines Arztes
in bestimmten einzelnen Behandlungsfällen hinsichtlich des Behandlungs- oder Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots
überprüft werden solle (ebenfalls Hinweis auf ständige Rechtsprechung des BSG). Schließlich handele es sich um einen Fall des § 106 SGB V a.F. und nicht um einen Regress "wegen sonstigen Schadens" im Sinne des § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte. Denn hier stehe ein
Fehler der Verordnung selbst in Streit, wie dies bei Verstößen gegen die AMRL der Fall sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 - B 6 KA 48/09 R, GesR 2011, 308, m.w.N.). Letztlich könne die Abgrenzung zu Regressfestsetzung "wegen sonstigen Schadens" an dieser Stelle
sogar dahin stehen, da das Verfahren nach § 17 Abs. 1 Prüfungsvereinbarung auch die Feststellung eines sonstigen Schadens
umfasse, wie sich aus § 17 Abs. 2 Prüfungsvereinbarung ergebe. In formeller Hinsicht bestünden keine Bedenken gegen die Regressfestsetzung.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106 Abs. 2 SGB V a.F. in Verbindung mit § 17 Abs. 7 Satz 1 Prüfungsvereinbarung lägen vor. Insbesondere seien die streitbefangenen Verordnungen unwirtschaftlich gewesen. Forsteo
sei in der gegebenen Konstellation nicht verordnungsfähig zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewesen, auch
nicht nach den Grundsätzen des Off-label-uses (dazu, dass bei fehlender Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels eine gleichwohl
ausgestellte vertragsärztliche Verordnung zumindest auch unwirtschaftlich sei, Hinweis auf BSG, Beschluss vom 27. Juni 2012 - B 6 KA 72/11 B, juris, m.w.N.). Im Rahmen der GKV seien nur solche Verordnungen zulässig, die die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit,
jeweils nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse, böten (Hinweis auf ständige Rechtsprechung
des BSG). Die erfolgreiche Anwendung des verordneten Arzneimittels müsse anhand zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen
in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt sein. Bei Fertigarzneimitteln, die nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zum Verkehr zugelassen worden seien, werde auf das Zulassungsverfahren verwiesen, so dass - anders als im Bereich ärztlicher
Behandlung - kein Raum für eine Überprüfung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) bzw. seinen Vorgänger sei (Hinweis
auf ständige Rechtsprechung, u.a. BSG, Urteil vom 5. November 2008 - B 6 KA 63/07 R, juris, m.w.N.). Dem liege die Annahme zugrunde, dass das Arzneimittelzulassungsverfahren Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
in ähnlicher Weise wie das Überprüfungsverfahren durch den Bundesausschuss gewährleiste. Sei die arzneimittelrechtliche Prüfung
durchlaufen und dementsprechend für das Arzneimittel die Zulassung erteilt worden, so sei es lediglich in diesem Umfang verordnungsfähig
im Sinne des SGB V. Die arzneimittelrechtliche Zulassung von Forsteo habe die streitgegenständliche Verordnung nicht abgedeckt. Das Arzneimittel
sei im Verordnungszeitpunkt für eine Anwendung von längstens 18 Monaten - und nicht 24 Monaten - zugelassen gewesen. Schon
der Wortlaut der Fachinformation ("maximale Therapie-Dauer"; "darf nicht überschritten werden") mache hinreichend deutlich,
dass es sich bei dem 18-Monats-Zeitraum nicht lediglich um eine Empfehlung handele und die Bestimmung der Anwendungsdauer
im Einzelfall dem Behandler überlassen bleibe, wie es bei Verwendung des Wortes "soll" anzunehmen wäre, sondern dass eine
Anwendungshöchstdauer zwingend zu beachten sei. Das werde noch verstärkt, indem in der Fachinformation auf die Rattenversuche
hingewiesen werde, bei denen sich unter der Langzeitanwendung von Teriparatid eine erhöhte Inzidenz von Osteosarkomen gezeigt
habe. Soweit der Kläger hervorhebe, der Behandler habe den Behandlungszyklus nach Erreichen der maximalen Therapie-Dauer in
Ausnahmefällen wiederholen können, gelte, dass diese Möglichkeit zwar grundsätzlich bestanden habe, jedoch im streitgegenständlichen
Quartal von dem Warnhinweis überlagert worden sei, die empfohlene Behandlungsdauer von 18 Monaten dürfe "bis zum Vorliegen
weiterer Daten" nicht überschritten werden. Dem mithin bestehenden Verordnungsausschluss zu Lasten der GKV könne der Kläger
nicht entgegenhalten, die Osteoporose habe bei Herrn K. ein lebensbedrohliches Ausmaß angenommen. Obgleich es keinerlei Anlass
gebe, an seiner medizinischen Einschätzung zu zweifeln und sich die Prüfgremien bei der hier angewandten Methode eingeschränkten
Einzelfallprüfung gerade auf die Angaben und Unterlagen des Behandlers stützten, komme eine Verordnung zu Lasten der GKV allenfalls
nach den Grundsätzen eines Off-label-uses in Betracht. Diese seien nicht erfüllt. Was unter Off-label-use zu verstehen sei,
sei bislang weder gesetzlich noch in der Rechtsprechung abschließend geklärt. In Betracht kämen Überschreitungen des jeweils
von der Zulassung umfassten Anwendungsgebietes, der Altersgruppen oder des Geschlechts, der Anwendungsart und -dauer und der
Dosierung sowie die Negierung von Kontraindikationen. Die Kammer gehe zugunsten des Klägers davon aus, dass auch eine Anwendung
über die maximale Anwendungsdauer hinaus als Off-label-use zu charakterisieren sei, da eine derartige Ausweitung arzneimittelrechtlich
einer Anpassung, Änderungsanzeige oder Neuzulassung bedürfe (Hinweis auf Plate/Nies/Behles/Schweim, A&R 2008, 261 ff.). Damit
würden auch die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze eines Off-label-uses zur Anwendung kommen. Die zulassungsüberschreitende
Verordnung eines Medikaments komme indes nur in Betracht, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen
oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei
und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg
(kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Damit Letzteres angenommen werden könne, müssten Forschungsergebnisse vorliegen,
die erwarten ließen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Davon könne ausgegangen
werden, wenn entweder - die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt sei und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen
Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht seien und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive
einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegten oder - außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse
veröffentlicht seien, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich
nachprüfbare Aussagen zuließen und auf Grund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen
in dem vorgenannten Sinne bestehe. Diese Voraussetzungen seien nicht vollständig erfüllt. Es habe im streitbefangenen Quartal
jedenfalls an der ausreichend begründeten Aussicht gefehlt, bei einer Ausweitung des Behandlungszeitraums den gewünschten
Behandlungserfolg mit Forsteo erzielen zu können. Es sei anerkannt und bereits mehrfach vom BSG bestätigt worden, dass die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende
Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein müsse, während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens
regelmäßig gleich sei. Dass schon im Quartal II/2008 eine Datenlage bestanden habe, die Anlass für eine Zulassungserweiterung
gegeben hätte, werde auch vom Kläger nicht behauptet. Es habe im Zeitpunkt der streitbefangenen Verordnungen keine randomisierte,
placebokontrollierte Doppelblindstudie zur Langzeitanwendung von Forsteo bei Patienten mit Osteoporose gegeben. Das mache
schon die Fachinformation deutlich, die gerade auf die Studienlage Bezug nehme und die Anwendungsdauer deswegen "bis zum Vorliegen
weiterer Daten" auf 18 Monate beschränke. Auch der Kläger habe nicht dargetan, dass im Zeitpunkt der streitbefangenen Verordnungen
für Forsteo eine Phase III-Arzneimittelzulassungsstudie durchgeführt worden oder es zur Veröffentlichung gleichwertiger Forschungsergebnisse
gekommen gewesen sei; lediglich ergänzend werde daher angemerkt, dass die von ihm angeführte 36-Monats-Studie von Saag et.
al. erst 2009 veröffentlicht worden sei und die im Parallelverfahren vorgelegte Studie derselben Autoren aus 2007 (New England
Journal of Medicine, Vol. 357:2028-2039 (15. November 2007)) noch eine Studiendauer von 18 Monaten gehabt habe. Die Ausweitung
der maximalen Therapiedauer auf 24 Monate sei erstmals in die Fachinformation Stand März 2009 aufgenommen worden. Selbst darin
sei es bei dem Warnhinweis geblieben, dass bis zum Vorliegen weiterer Daten die empfohlene Behandlungsdauer von dann 24 Monaten
nicht überschritten werden dürfe. Weitergehende Verordnungsmöglichkeiten zu Lasten der GKV seien auch verfassungsrechtlich
nicht geboten. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont habe, folge aus den Grundrechten regelmäßig kein verfassungsrechtlicher
Anspruch auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen und seien die gesetzlichen Krankenkassen
nicht von Verfassung wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit
verfügbar ist. Selbst bei einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage liege kein Verfassungsverstoß
vor, wenn die Leistungspflicht einer Krankenkasse im Rahmen der zulassungsüberschreitenden Anwendung eines Arzneimittels mit
der Begründung verneint werde, nach den vorliegenden Erkenntnissen lägen keine wissenschaftlichen Forschungsergebnisse vor,
aus denen sich hinreichende Erfolgsaussichten für den begehrten Off-label-use ableiten ließen (Hinweis auf BVerfG, Beschluss
vom 30. Juni 2008 - 1 BvR 1665/07, NJW 2008, 3556). Auch die weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 106 Abs. 2 SGB V a.F. in Verbindung mit § 17 Abs. 7 Satz 1 Prüfungsvereinbarung sei erfüllt, da der Vorrang der Beratung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Prüfungsvereinbarung) nicht eingreife.
Dieser Vorrang gelte nicht bei der Beanstandung von Verordnungen, deren Unzulässigkeit sich wie hier aus gesetzlichen oder
vertraglichen Verordnungsausschlüssen ergäben (§ 10 Abs. 3, 3. Aufzählungszeichen Prüfungsvereinbarung). Auf ein Verschulden
des Vertragsarztes komme es nicht an. Ermessen sei dem Beklagten nicht eingeräumt. Er habe daher gemäß § 17 Abs. 7 Satz 1
Prüfungsvereinbarung einen Regress in Höhe der tatsächlich entstandenen oder der geschätzten Kosten beschließen müssen. Bedenken
gegen den Betrag von 1.618,10 EUR, der den Nettokosten der streitbefangenen Verordnung entspreche, bestünden nicht.
Mit seiner am 18. September 2012 gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 12. September 2012 zugestellte Urteil eingelegten
Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem vorgerichtlichen sowie aus dem Klageverfahren. Er äußert
darüber hinaus nunmehr die Auffassung, dass ein Off-label-use schon deshalb nicht angenommen werden könne, weil sich der Zulassungsumfang
ausschließlich aus dem Abschnitt 4.1 "Anwendungsgebiete" der Fachinformation ergebe. Nur dieser Text finde sich auch in der
für den verordnenden Arzt relevanten Roten Liste. Somit habe ein anderer Prüfmaßstab zu gelten als im alternativen Falle der
Prüfung einer Unwirtschaftlichkeit der Verordnung. Das Sozialgericht habe jedoch auch den Prüfmaßstab für einen Off-label-use
in verfassungskonformer Auslegung entsprechend den vom BVerfG im sogenannten "Nikolaus-Beschluss" aufgestellten Kriterien
verkannt. Da der Patient vorliegend innerhalb eines kurzen Zeitraums um 6 cm geschrumpft, sein Brustkorb zusammengesackt und
es zu Pneumonien gekommen sei, habe insoweit akute Lebensgefahr bestanden. Dies alles sei unter Behandlung mit Bisphosphonaten,
einer osteoporosespezifischen und angezeigten Therapie, geschehen. In dieser konkreten Behandlungssituation sei ihm außer
der streitigen Therapie, die letztlich auch geholfen habe, gar nichts anderes übrig geblieben. Es habe auch eine Behandlungspflicht
bestanden, die sich auf die Verordnung selbst erstreckt habe, selbst wenn keine Zulassung vorgelegen haben sollte. Schließlich
meint der Kläger, dass vorliegend schon deshalb andere Maßstäbe gelten müssten, weil es sich einerseits um einen "Beyond-label-use"
im Sinne des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2006 (L 5 KR 93/06, ASR 2007, 126) gehandelt haben könnte und der Patient andererseits unter einer besonderen Form der Osteoporose, die auch als "Osteoporosis
maligna" bezeichnet werde, leide, die durch einen besonders aggressiven Verlauf bei einer Resistenz gegenüber den üblichen
etablierten Behandlungsmaßnahmen gekennzeichnet sei, so dass von einer seltenen Erkrankung auszugehen sei. Hierzu und zu seinem
Vorbringen, dass ihm keine Therapieoption außer der gewählten offen gestanden habe, nimmt der Kläger Bezug auf eine von ihm
vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. M. vom 11. Januar 2013, der Herrn K. im Juni 2004 in einer Spezialklinik
für Stoffwechselerkrankungen behandelt und empfohlen habe, bei dem Patienten die Therapie mit Forsteo fortzusetzen. Demnach
sei eine wirtschaftlichere Verordnung nicht möglich gewesen. Er habe sich nie an die Krankenkasse gewandt, um Rechtssicherheit
zu gelangen, weil er nach seinen Erfahrungen mit dem MDK noch nie ein Gutachten gesehen habe, dass seinen Ansprüchen an ein
Gutachten genügen könnte. Er habe immer nur Berichte erhalten, die zu Ungunsten des Patienten ausgegangen seien. Der im Rahmen
einer Einzelfallprüfung, deren Rechtmäßigkeit als solche nicht bezweifelt werde, verhängte Regress sei mithin rechtswidrig
und der Berufung stattzugeben. Hilfsweise werde begehrt, die Revision zuzulassen. Aus dem Urteil des Sozialgerichts ergebe
sich bereits, dass in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt worden sei, was konkret unter Off-label-use zu verstehen
sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Juli 2012 sowie den Beschluss des Beklagten vom 2. März 2011 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen - des Klägers - Widerspruch
gegen den Beschluss der Gemeinsamen Prüfungsstelle der Ärzte- und Krankenkassen in H. vom 30. Oktober 2009 zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und führt ergänzend aus, dass nach der Rechtsprechung des BSG der Roten Liste keine ausschlaggebende Bedeutung für die Frage abschließender zulassungsgerechter Anwendung eines Medikaments
zukomme (Hinweis auf BSG, Beschluss vom 31. Mai 2006 - B 6 KA 53/05 B, MedR 2007, 557). Maßgeblich seien Fachinformation und Packungsbeilage, die hier den Inhalt des Zulassungsbescheids wiedergäben und belegten,
dass der Kläger über die zulässige maximale Therapiedauer hinaus das Medikament Forsteo verordnet habe. Der Kläger habe auch
selbst eingeräumt, das Medikament bewusst außerhalb seiner Zulassung eingesetzt zu haben, also im Rahmen eines Off-label-use.
Selbst wenn die Voraussetzungen eines zulässigen Off-Label-use zu Gunsten des Klägers angenommen würden, wäre gleichwohl die
Festsetzung des Regresses gerechtfertigt. Der Kläger hätte den durch die Rechtsprechung des BSG entwickelten Lösungsweg der Verordnung des Medikaments auf Privatrezept beschreiten müssen, um der Krankenkasse eine Vorabprüfung
zu ermöglichen. Der Kläger habe damit auf eigenes Kostenrisiko gehandelt. Da der Streitfall keine durch die Rechtsprechung
nicht hinreichend geklärten Rechtsfragen enthalte, rege der Beklagte an, die Revision nicht zuzulassen.
Die Beigeladenen zu 1 und 2 haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Sitzungsniederschrift vom 3. Dezember 2014 sowie den
Inhalt der darin aufgeführten Akten und Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Beklagte hat den
Widerspruch des Klägers gegen den Regressbeschluss der Gemeinsamen Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen in H. vom 30.
Oktober 2009 zu Recht zurückgewiesen.
Dabei hat der Beklagte auch zu Recht zur Ersetzung des Vorverfahrens über den Widerspruch gegen den Beschluss der gemeinsamen
Prüfungsstelle entschieden. Zwar findet nach § 106 Abs. 5 Satz 8 SGB V in Fällen der Festsetzung einer Ausgleichspflicht für den Mehraufwand bei Leistungen, die durch das Gesetz oder durch Richtlinien
nach § 92 ausgeschlossen sind, ein Vorverfahren nicht statt, aber das Bundessozialgericht beschränkt diese Ausnahme vom Vorverfahrenszwang
auf Fälle, in denen sich die Unzulässigkeit der Verordnung unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz selbst oder aus den Richtlinien
des GBA ergibt und führt ausdrücklich aus, dass Regresse wegen der Verordnung von Arzneimitteln außerhalb ihrer Zulassung
(Off-label-use) grundsätzlich nicht zu den Sachverhalten gehören, in denen die Ausnahmeregelung Anwendung findet, weil es
zur Prüfung der Voraussetzungen regelmäßig einer einzelfallbezogenen Prüfung bedarf, bei der regelmäßig schwierige medizinische
Fragestellungen im Raum stehen (zuletzt Urteil vom 2. Juli 2014 - B 6 KA 25/13 R, juris; vgl. auch Clemens in: jurisPK- SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106 Rn. 359 ff.). Dies gilt auch im Fall eines Regresses wegen unwirtschaftlicher Verordnung wegen Verstoßes gegen die Therapiehinweise
in den Arzneimittel-Richtlinien, den der erkennende Senat vorliegend annimmt (dazu unten). Denn der maßgebliche Therapiehinweis
mit seinen umfangreichen Ausführungen zu Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise bei grundsätzlicher Verordnungsfähigkeit
von Teriparatid kommt faktisch einem regelhaften Verordnungsausschluss mit im Einzelfall zu prüfenden Ausnahmen gleich, sodass
sich die Unzulässigkeit der Verordnung auch insoweit nicht unmittelbar oder eindeutig aus den Richtlinien ergibt. Auch sieht
die Prüfungsvereinbarung vom 21. April 2005 in der hier maßgeblichen Fassung im § 8 Abs. 4 ausdrücklich vor, dass gegen die
Entscheidungen des Prüfungsausschusses Widerspruch erhoben werden kann, und dass daraufhin das Verfahren vor dem Beklagten
weiterzuführen ist.
Entgegen der Auffassung von Clemens (a.a.O. Rn. 371 ff.) ist das Sozialgericht auch zu Recht von der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage
ausgegangen. Die von Clemens in Konstellationen wie dieser für allein einschlägig gehaltene reine Anfechtungsklage vermag
angesichts der allgemein akzeptierten Konstruktion des BSG, wonach die Entscheidung des Beschwerdeausschusses diejenige der Prüfstelle ersetzt und alleiniger Gegenstand eines Klageverfahrens
ist, dem Kläger nicht zum gewünschten Klageerfolg zu verhelfen. Denn mit der isolierten Aufhebung des Beschlusses des Beklagten
wäre die Bescheidung des Widerspruchs des Klägers gegen den Beschluss der Prüfungsstelle wieder offen. Dieser muss wieder
aufleben, weil anderenfalls Widersprüche insbesondere gegen Ermessensentscheidungen oder durch Dritte gleichsam in der Luft
hingen.
Soweit das Sozialgericht darlegt, dass die Prüfgremien vorliegend berechtigt gewesen seien, im Wege der Einzelfallprüfung
einen Regress in Höhe des Nettowertes der beanstandeten Verordnungen gegenüber dem Kläger festzusetzen, und soweit das Sozialgericht
eine unwirtschaftliche Verordnung annimmt, wird auf dessen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Allerdings beruht dies nicht wie in den Verfahren L 5 KA 24, 25 und 28/12 auf einem unzulässigen Off-label-use, sondern
auf einer unwirtschaftlichen Behandlung aufgrund eines Verstoßes gegen die Therapiehinweise.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sowie des Sozialgerichts lag im hier streitgegenständlichen Quartal kein Off-label-use
vor. Anders als noch nach der früheren Version der Fachinformation mit Stand vom August 2007 ergab sich ab April 2008 aus
der Beschreibung des Anwendungsbereichs in Abschnitt 4.2 Abs. 3 keine absolute Beschränkung der maximalen Anwendungsdauer
auf 18 Monate unabhängig davon, ob nur eine durchgehende Therapie im Laufe des Lebens eines Patienten erfolgt oder mehrere.
Der neu hinzugekommene Satz "Diese 18-monatige Therapie sollte im Laufe des Lebens beim gleichen Patienten nicht wiederholt
werden" eröffnete vielmehr ausdrücklich die Möglichkeit, nach vorangegangener, die Maximaldauer ausschöpfender Therapie erneut
Forsteo zu verordnen und sprach lediglich unter Bezugnahme auf die Ausführungen in Abschnitt 4.4 zur erhöhten Inzidenz von
Osteosarkomen bei Langzeitanwendung bei Studien in Ratten die dringende Empfehlung aus, dies nicht zu tun. Damit überließ
der Hersteller es jedoch ausdrücklich der Abwägung des behandelnden Arztes im Einzelfall, auch nach vorangegangener Ausschöpfung
der Therapiehöchstdauer Forsteo erneut zu verordnen. Wenn dies dann im Einzelfall geschieht und lediglich das Resultat der
Abwägung des behandelnden Arztes aus medizinischen Gründen in Zweifel gezogen wird, kann man nicht von einer Anwendung außerhalb
der Zulassung ausgehen, sondern allenfalls von einer unwirtschaftlichen Behandlung nach allgemeinen Maßstäben.
Hiernach ist der vorliegende Regress allerdings dennoch gerechtfertigt. Denn eine unwirtschaftliche Verordnung im Einzelfall
hat auch deshalb vorgelegen, weil der Kläger gegen die Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise in Anlage 4 der
AMRL verstieß.
Das Sozialgericht hat im Urteil in dem parallel geführten, verhandelten und entschiedenen Rechtsstreit L 5 KA 27/12, der dasselbe Quartal, aber eine andere Patientin des Klägers, betrifft, zu Recht ausgeführt, was auch vorliegend gilt, nämlich,
dass im streitbefangenen Quartal die AMRL des damaligen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der Fassung vom 31.
August 1993, zuletzt geändert am 21. Februar 2008 gegolten hätten. Nach Nr. 14 Satz 1 AMRL seien unter anderem die in Anlage
IV aufgeführten Therapiehinweise vom Vertragsarzt zu beachten. Dem begegneten keine rechtlichen Bedenken. Das Wirtschaftlichkeitsgebot,
das seinen gesetzlichen Niederschlag unter anderen in § 12 SGB V gefunden habe, beanspruche umfassende Geltung und verpflichte den Vertragsarzt unter jedem Aspekt zum wirtschaftlichen Handeln
(Hinweis auf ständige Rechtsprechung, aus jüngerer Zeit BSG, Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 18/11 R, SGb 2013, 287). Die wirkstoffbezogenen Einzeltherapiehinweise des GBA konkretisierten für den Vertragsarzt die sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot
ergebende Verpflichtung in Bezug auf bestimmte pharmakologische Wirkstoffe, von gleichartig wirkenden Arzneimitteln das Günstigere
zu verordnen (Hinweis dazu, dass solche Therapiehinweise in § 92 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 6 SGB V eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage fänden, grundlegend BSG, Urteil vom 31. Mai 2006 - B 6 KA 13/05 R, BSGE 96, 261). Mit dem Beschluss des GBA vom 21. November 2006 liege für das streitbefangene Quartal ein Therapiehinweis zu Teriparatid
vor. Danach sei dieser Wirkstoff zur Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen nur ein Mittel der
zweiten Wahl und wegen der im Vergleich zu Bisphosphonaten bis zu 35-fach höheren Tagestherapiekosten in der Regel unwirtschaftlich.
Die Verordnung bleibe lediglich definierten Ausnahmefällen vorbehalten und sei nur unter bestimmten kumulativen, im Beschluss
dargelegten Bedingungen wirtschaftlich. Diese seien in der Person von Frau W. nicht erfüllt gewesen, wie der Kläger selbst
eingeräumt habe; insbesondere sei es bei ihr in den letzten 18 Monaten vor der Verordnung nicht zu mindestens zwei neuen Frakturen
gekommen. Der Kläger dringe nicht mit seinem Vorbringen durch, gleichwohl sei für seine Patientin die Verordnung von Forsteo
medizinisch begründet gewesen. Dabei brauche nicht entschieden zu werden, ob in diesem Einzelfall die Behandlung mit Teriparatid
tatsächlich die einzig verbliebene Therapiemöglichkeit dargestellt habe. Denn der Kläger könne sich nur dann auf eine ausnahmsweise
Verordnung im medizinisch begründeten Einzelfall berufen, wenn das für alle Vertragsärzte gültige Regelwerk eine solche Ausnahme
vorsehe. Die AMRL berechtigten den Vertragsarzt aber weder in Nr. 14 noch an anderer Stelle dazu, bei einer Verordnung zu
Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in medizinisch begründeten Einzelfällen ausnahmsweise von den Therapiehinweisen
des GBA abzuweichen. Eine Regelung, wie sie inzwischen § 17 Abs. 1 Satz 2 iVm § 16 Abs. 5 AMRL enthalte, sei im streitgegenständlichen
Quartal gerade nicht vorgesehen gewesen. Auch die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V im Wege der Analogie würde zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen. Die Kammer könne daher dahin stehen lassen,
ob eine solche Erweiterung auf Verordnungen, die den Therapiehinweisen des GBA widersprächen, geboten wäre. Nach § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V könne der Vertragsarzt Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen seien, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen.
Die streitgegenständliche Verordnung sei indes keine vergleichbare Verordnung "mit Begründung". Weder habe der Kläger das
Verordnungsblatt mit einer zumindest stichwortartigen Begründung für die ausnahmsweise Verordnung von Forsteo versehen, noch
habe er der Verordnung eine Begründung in gesonderter Form beigefügt oder diese der Beigeladenen zu 1 auf andere Weise zeitnah
mit der Verordnung übermittelt. Erst mehr als ein Jahr nach Ausstellung der Verordnung habe er im Rahmen des Prüfverfahrens
vor der Gemeinsamen Prüfungsstelle die medizinischen Gründe dargelegt, die nach seiner fachlichen Einschätzung im Fall von
Frau W. eine Verordnung trotz entgegenstehender Therapiehinweise rechtfertigten. Eine Begründung, die § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V oder zumindest seinen Rechtsgedanken zur Anwendung bringe, müsse aber in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Verordnung
abgegeben und nach außen kundgetan werden (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Februar
2012 - L 9 KR 292/10, juris). Dafür spreche schon der Wortlaut der Norm, zu deren Tatbestandsvoraussetzungen nicht nur gehöre, dass ein medizinisch
begründeter Einzelfall vorliege, sondern eben auch, dass die Verordnung "mit Begründung" erfolge. In der Gesetzesbegründung
zu § 31 Abs. 1 Satz 4 heiße es hierzu ausdrücklich, "die medizinische Notwendigkeit ist vom Vertragsarzt zu begründen" (BT-Drucks.
15/1525, S. 28). Der Sinn und Zweck des § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V gebiete es, dass der Vertragsarzt die vorgeschriebene Begründung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Verordnung
abgeben müsse, wenn er sich auf diese Vorschrift stützen wolle, die erkennbar als Ausnahmevorschrift konzipiert sei ("ausnahmsweise",
"in medizinisch begründeten Einzelfällen"). Würde man hingegen jede spätere, insbesondere erst im Verfahren nach § 106 SGB V abgegebene Begründung genügen lassen, liefe das Tatbestandsmerkmal "mit Begründung" leer; der als Ausnahme gedachte Fall
des § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V unterschiede sich dann nicht mehr "von anderen Einzelverordnungsregressen, in denen typischerweise die Verordnungsfähigkeit
eines Arzneimittels erstmals im Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung geklärt wird" (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg,
a.a.O.). Der Kläger könne nicht verlangen, zu seinen Gunsten noch weitergehende Ausnahmen für Verordnungen "ohne Begründung"
anzuerkennen. Das bestätige schließlich ein Blick auf die inzwischen geltende Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung
mit § 16 Abs. 5 AMRL, wonach der behandelnde Arzt in medizinisch begründeten Einzelfällen ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen
Krankenkassen Arzneimittel entgegen geltender Therapiehinweise verordnen könne, aber eben nur "mit Begründung". Auch die weitere
Tatbestandsvoraussetzung des § 106 Abs. 2 SGB V a.F. in Verbindung mit § 17 Abs. 7 Satz 1 Prüfungsvereinbarung sei erfüllt, da der Vorrang der Beratung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Prüfungsvereinbarung) nicht eingreife.
Dieser Vorrang gelte nicht bei der Beanstandung von Verordnungen, deren Unzulässigkeit sich wie hier aus gesetzlichen oder
vertraglichen Verordnungsausschlüssen ergäben (§ 10 Abs. 3, 3. Aufzählungszeichen Prüfungsvereinbarung).
Auch im vorliegenden Fall ist nach der Verlaufsschilderung des Klägers nicht dargetan, dass der Patient K. in den letzten
18 Monaten vor Beginn der streitgegenständlichen Forsteo-Therapie mindestens zwei neue Frakturen erlitten hatte. Der Kläger
räumt vielmehr selbst ein, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Die angegebene Diagnose spricht entgegen dem ersten Anschein
auch nicht für das Vorliegen mindestens zweier neuer Frakturen: Wiedergegeben wird nur der Text des ICD-10 zur Diagnose S82.0
("Fraktur der Patella") mit vorangehender allgemeinen Bezeichnung des folgenden Diagnoseabschnitts ("S82.- Fraktur des Unterschenkels,
einschließlich des oberen Sprunggelenkes").
Auch die weitere, kumulativ geforderte Bedingung eines nicht ausreichenden Ansprechens auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung
über mindestens ein Jahr ist nicht ausreichend dargetan, so dass die nach den AMRL nur ausnahmsweise gegebene Verordnungsmöglichkeit
nicht bestand. Es ist nicht feststellbar, ob noch Behandlungsalternativen bestanden. Der Kläger hat zwar im Nachhinein angegeben,
dass der Patient K. sich das nach den Fachinformationen ergänzend zu gebende Calcium und Vitamin D selbst besorgt und auch
angewandt habe und dass der Patient Alternativpräparate, insbesondere Bisphosphonate, vor und nach der Forsteo-Therapie erhalten
habe. Dies ist indes nur schwerlich nachprüfbar, weil die Medikamente aus dem Praxisbestand genommen wurden. Gleichzeitig
räumt der Kläger ein, dass vor der Forsteo-Therapie nicht ein Jahr lang Bisphosphonate verordnet worden seien.
Auch ist der Kläger - bewusst - nicht den Weg entsprechend § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V gegangen, das Medikament im medizinisch begründeten Einzelfall mit Begründung zu verordnen, und die Begründung ist nicht
nachholbar.
Der Kläger übersieht bei seiner im Parallelverfahren geführten Argumentation gegen die rechtliche Bewertung durch das Sozialgericht,
dass der hier einschlägige Therapiehinweis in Anlage 4 zur AMRL anders als derjenige, der dem von ihm angeführten Urteil des
BSG vom 31. Mai 2006 (B 6 KA 13/05 R, BSGE 96, 261) zu Grunde lag, keine bloße Empfehlung ausspricht, sondern faktisch einen regelhaften Verordnungsausschluss wegen Unwirtschaftlichkeit
angesichts der besonders hohen Kosten bedingt, der nach dessen abschließendem und an keiner Stelle offenem Wortlaut nur unter
bestimmten, zum Teil kumulativ, zum Teil alternativ erforderlichen Voraussetzungen nicht greift.
Dass es in Fällen der vorliegenden Art dem Arzt - und dem Patienten - nicht zumutbar und der Weg im Übrigen nicht gangbar
sein soll, der Krankenkasse eine Vorabprüfung zu ermöglichen, auf welche Art und Weise auch immer, ist nicht nachvollziehbar.
In dem gesetzlich geregelten Fall des § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V, wonach der Vertragsarzt von der Versorgung ausgeschlossene Arzneimittel ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen
mit Begründung verordnen kann, ist eine entsprechende Vorgehensweise ausdrücklich vorgesehen und wird auch praktiziert. Der
hier streitgegenständliche Therapiehinweis kommt einem solchen Verordnungsausschluss sehr nahe. Das Sozialgericht hat bereits
darauf hingewiesen, dass nach § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 5 AMRL in der Fassung vom 18. Dezember 2008 nunmehr eine
entsprechende Vorgehensweise ausdrücklich auch bei nur eingeschränkter Verordnungsfähigkeit nach einem Therapiehinweis vorgesehen
ist. Auch das BSG hat ausweislich der Formulierung in Rn. 32 des Urteils vom 31. Mai 2006 (B 6 KA 13/05 R, a.a.O.) einen Rückgriff auf § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V im Fall von Therapiehinweisen für möglich erachtet. Dort heißt es im konkreten Fall: Bereits der Wortlaut der Therapiehinweise
gestattet dem Vertragsarzt ein Abgehen von den dort formulierten Vorgaben, ohne dass zu diesem Zweck auf die Ausnahmeregelung
des § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V zurückgegriffen werden muss. In den dortigen "Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise" hatte es geheißen, dass
"angesichts der fast identischen Wirksamkeit von Clopidogrel und ASS sowie der hohen Kosten die Indikationsstellung für Clopidogrel
sehr restriktiv erfolgen" solle.
Vor diesem Hintergrund ist die vom Sozialgericht zitierte Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg sehr wohl auch auf den vorliegenden
Sachverhalt übertragbar, so dass nachträgliche Angaben des Klägers zum Vorliegen der behaupteten ausnahmsweisen Verordnungsfähigkeit
von Forsteo im hiesigen konkreten Einzelfall bei der Beurteilung nicht zu berücksichtigen sind. Im Übrigen ist auch im Nachhinein
nicht nachgewiesen worden, dass die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Verordnungsfähigkeit vorgelegen haben. Es steht
vielmehr fest, dass dies jedenfalls nach dem Beurteilungsmaßstab des Therapiehinweises in Anlage 4 der AMRL nicht der Fall
gewesen ist.
In diesem - wie in den parallel verhandelten Sachverhalten L 5 KA 24 bis 25 sowie 27 bis 28/12 - wird sehr deutlich, dass
der Kläger sehenden Auges in medizinisch nach dem damaligen Erkenntnisstand umstrittenen Einzelfällen Verordnungen auf Kassenrezept
ausgestellt hat, obwohl eine vorherige Überprüfung durch die jeweiligen Kostenträger in deren Interesse sowie in dem Interesse
der behandelten Patienten sinnvoll und angezeigt gewesen wäre. Da er diesen Weg bewusst nicht gegangen ist, erscheint der
festgesetzte Regress nicht nur rechtmäßig, sondern auch sachgerecht.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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