Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Beitragszuschüssen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe
von insgesamt 4.066,40 EUR.
Der 1937 geborene Kläger war seit dem 1. August 1986 als Tankwart bei der Firma XY. GmbH, XY-Stadt, beschäftigt. Er bezog
seit dem 1. Januar 1998 Altersrente für Schwerbehinderte, die ihm die Beklagte mit Bescheid vom 14. November 1997 gewährt
hatte. Er war damals freiwilliges Mitglied in der AOK Hessen.
Am 11. Dezember 1997 stellte der Kläger einen Antrag auf Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung, dem die Beklagte mit
gesonderten Bescheiden vom 23. Dezember 1997 für die Zeit ab 1. Januar 1998 entsprach. Beide Bescheide enthielten im Abschnitt
"Mitteilungspflichten und Hinweise" die ausdrückliche Erläuterung, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss mit der Aufgabe
oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle, weshalb die
gesetzliche Verpflichtung bestehe, dem Rentenversicherungsträger jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses mitzuteilen.
Durch Kurzmitteilung der AOK Hessen vom 24. Juli 2000 erfuhr die Beklagte von der Beendigung der dortigen freiwilligen Mitgliedschaft
des Klägers bereits zum 1. Januar 2000. Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 21. August 2000 zu ihrer
Absicht an, die Gewährung der Beitragszuschüsse mit Wirkung vom 1. Januar 2000 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben und von ihm überzahlte Beitragszuschüsse in Höhe von 919,83 DM zurückzufordern.
Nachdem ihr von der Beigeladenen mit Schreiben vom 28. August 2000 mitgeteilt worden war, dass der Kläger seit dem 1. Januar
2000 nunmehr dort freiwillig krankenversichert sei, gewährte ihm die Beklagte ab dem 1. Januar 2000 Zuschüsse zur Kranken-
und Pflegeversicherung (Bescheide vom 31. August 2000). Dabei erläuterte sie dem Kläger abermals, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss
mit der Aufgabe oder dem Ruhen seiner freiwilligen Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle
und deshalb die gesetzliche Verpflichtung bestehe, dem Rentenversicherungsträger jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses
mitzuteilen.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2002 informierte die Beigeladene den Kläger unter anderem darüber, dass er ab 1. April 2002
die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner erfülle. Er bleibe weiterhin Mitglied
bei ihr, allerdings entstehe für ihn ab 1. April 2002 kraft Gesetzes eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der
Rentner. Die bisherige freiwillige Versicherung ende am 31. März 2002. Ab 1. April 2002 werde der Beitragsanteil aus der Rente
bei der Auszahlung der Rente einbehalten und zusammen mit dem Anteil des Rentenversicherungsträgers an sie, die Beigeladene,
abgeführt.
Die Beklagte ihrerseits erhielt erst am 23. Oktober 2007 Kenntnis davon, dass der Kläger bereits seit dem 1. April 2002 gesetzlich
krankenversicherungspflichtig ist.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 25. Januar 2008 ihre Bescheide vom 31. August 2000 über die Bewilligung
der Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung vom 1. April 2002 auf (Ziffer 1) und verlangte vom Kläger
die Erstattung des für die Zeit vom 1. April 2002 bis 30. November 2007 zu Unrecht gezahlten Zuschusses zur Krankenversicherung
in Höhe von 3.899,66 EUR sowie des für die Zeit vom 1. April 2002 bis 31. März 2004 zu Unrecht gezahlten Zuschusses zur Pflegeversicherung
in Höhe von 166,74 EUR. Des Weiteren verfügte die Beklagte, dass die rückständigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 30. November 2007 in Höhe von 4.439,71 EUR einbehalten werden (Ziffer 3), und erklärte
außerdem die Aufrechnung bzw. den Einbehalt von insgesamt 8.506,11 EUR in monatlichen Raten zu je 373,64 EUR (Ziffer 4).
Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner damaligen Bevollmächtigten vom 7. Februar 2008 Widerspruch.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2008 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 25. Januar 2008 dahingehend ab, dass nur noch ein
Betrag in Höhe von 7.691,55 EUR vom Kläger "zu erstatten" sei. Nicht nur die in der Zeit vom 1. April 2002 bis 31. Dezember
2002, sondern auch die in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 nicht einbehaltenen Beiträge zur Krankenversicherung
der Rentner in Höhe von 730,92 EUR seien verjährt und könnten deshalb nicht mehr erhoben werden. Gleiches gelte für die im
selben Zeitraum ebenfalls nicht einbehaltenen Beitragsanteile zur Pflegeversicherung in Höhe von 83,64 EUR. Die rückständigen
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge reduzierten sich daher auf 3.625,15 EUR (4.439,71 EUR./. 814,56 EUR).
Durch Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2008 wies die Beklagte sodann den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25.
Januar 2008, abgeändert durch Bescheid vom 26. Februar 2008, zurück.
Am 6. Juni 2008 erhob der Kläger bei dem Sozialgericht Fulda Klage, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführte, dass
die gesetzlichen Voraussetzungen der von der Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlagen § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 4 SGB X nicht erfüllt seien. Er sei weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen über seine Rechte und Pflichten aufgeklärt
worden. Ihm als "Nichtjuristen" sei daher nicht klar gewesen, dass er die Beklagte über den Inhalt des Schreibens der Beigeladenen
vom 20. Februar 2002 in Kenntnis hätte setzen müssen. Er habe auch keine konkreten Informationen darüber erhalten, dass sein
Anspruch auf die Beitragszuschüsse wegfallen werde. Der Umstand, dass ihm nicht aufgefallen sei, dass die Beigeladene seine
Mitgliedsbeiträge nicht mehr abgebucht habe, könne den Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht begründen. Aufgrund seiner persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie seiner Schwerbehinderung, welche der Beklagten bereits seit Antragstellung bekannt
gewesen sein müsste, sei ein atypischer Fall zu bejahen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger sei bereits mit den Bescheiden vom 23. Dezember 1997 sowie erneut mit den
Bescheiden vom 31. August 2000 eindeutig und unmissverständlich darüber in Kenntnis gesetzt worden, unter welchen Voraussetzungen
der Anspruch auf die Beitragszuschüsse entfalle. Er sei dabei in die Pflicht genommen worden, ihr unter anderem auch Änderungen
des Krankenversicherungsverhältnisses unverzüglich mitzuteilen. Jedenfalls aufgrund der Benachrichtigung der Beigeladenen
vom 20. Februar 2002 sei der Kläger ab dem 1. April 2002 bösgläubig gewesen. Im Widerspruchsbescheid habe sie das ihr ein
eingeräumte Ermessen zum Ausschluss eines atypischen Falles betätigt.
Mit Beschluss vom 16. Dezember 2008 lud das Sozialgericht die DAK Hamburg zum Verfahren bei. Die Beigeladene trug vor, dass
die Abbuchungen der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von dem Konto des Klägers nach dem Ausgleich des Beitragskontos
für März 2002 eingestellt worden seien. Über die Änderungen seines Versicherungsverhältnisses zum 1. April 2002 sei der Kläger
ausreichend informiert worden.
Durch Urteil vom 15. März 2011 hob das Sozialgericht sodann den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2008, abgeändert durch
Bescheid vom 26. Februar 2008, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2008 auf, soweit darin für die Zeit vom 1.
April 2002 bis 30. November 2007 gezahlte Zuschüsse zur Krankenversicherung in Höhe von 3.899,66 EUR und für die Zeit vom
1. April 2002 bis 31. März 2004 gezahlte Zuschüsse zur Pflegeversicherung in Höhe von 166,74 EUR zurückgefordert werden. Im
Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass dem Kläger weder im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X noch von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne, weil das Schreiben der Beigeladenen vom 20. Februar 2002 zumindest missverständlich
formuliert gewesen sei. Daher könne dem Kläger auch in Bezug auf die Unkenntnis vom Wegfall der Beitragszuschüsse lediglich
einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Die rückwirkende Aufhebung lasse sich im Übrigen auch nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in analoger Anwendung stützen. Fehle es bereits an einer rechtmäßigen Aufhebung, sei zugleich die entsprechende Rückforderung
nach § 50 SGB X rechtswidrig. Soweit sich der Kläger gegen die für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 30. November 2007 nachgeforderten
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge wende, sei die Klage allerdings unbegründet und daher abzuweisen.
Nachdem ihr das Urteil am 30. März 2011 zugestellt worden war, hat die Beklagte am 2. Mai 2011, einem Montag, Berufung bei
dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass dem Kläger grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei. Das gelte umso mehr, als ihm anlässlich
der Beendigung seiner freiwilligen Krankenversicherung bei der AOK Hessen zum 31. Dezember 1999 schon einmal zu Unrecht Beitragszuschüsse
gewährt worden seien und er die überzahlten Beträge habe erstatten müssen. Der Zusammenhang zwischen dem Bestehen der freiwilligen
Kranken- und Pflegeversicherung einerseits und der Gewährung von Beitragszuschüssen andererseits hätte daher dem Kläger schon
wegen des damals ergangenen Anhörungsschreibens vom 21. August 2000 bewusst gewesen sein müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 15. März 2011 abzuändern und die Klage im vollen Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und führt ergänzend aus, dass ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden
könne, nur weil er nicht in der Lage gewesen sei, einen Zusammenhang zwischen dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 21.
August 2000, ihrem Bescheid vom 31. August 2000 sowie dem Schreiben der Beigeladenen vom 20. Februar 2002 herzustellen. Stattdessen
habe er auf die rechtmäßige Bearbeitung durch die Beklagte und die Beigeladene vertrauen dürfen.
Die Beigeladene schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an, ohne einen bestimmten Sachantrag zu stellen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen
auf die gewechselten Schriftsätze und auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil die Ladung einen entsprechenden
Hinweis enthielt (§§
153 Abs.
1 i. V. m. 110 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)).
Die mit Blick auf §
64 Abs.
3 SGG insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig (§§
143,
144,
151 Abs.
1 SGG) und in der Sache begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 15. März 2011 ist rechtsfehlerhaft und kann daher keinen Bestand habe. Der Bescheid
der Beklagten vom 25. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 26. Februar 2008 (§
86 SGG) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2008 (§
95 SGG) ist in dem hier angefochtenen Umfang rechtmäßig ergangen und beschwert insoweit den Kläger nicht im Sinne von §
54 Abs.
2 SGG.
Eine Auslegung der Urteilsformel der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung anhand der Entscheidungsgründe (vgl. hierzu:
BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, B 9b SO 5/05 R, juris Rdnr. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 22. November 1956, 8 RV 23/55 = BSGE 4, 121) ergibt, dass sich die Stattgabe der Klage über den ausdrücklichen Wortlaut der Urteilsformel hinaus nicht nur auf die von
der Beklagten geltend gemachte Rückforderung, sondern ebenfalls auf die Aufhebung ihrer beiden Bewilligungsbescheide vom 31.
August 2000 beziehen sollte. So haben offenkundig auch sämtliche Beteiligten das erstinstanzliche Urteil verstanden. Gestritten
wird daher im hiesigen Berufungsverfahren um die Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung von Zuschüssen zur Kranken- und
Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. April 2002 bis 30. November 2007 bzw. 31. März 2004 sowie um die daraus resultierende
Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von insgesamt 4.066,40 EUR (3.899,66 EUR zu Unrecht erhaltene Zuschüsse zur Krankenversicherung
von April 2002 bis November 2007 und 166,74 EUR zu Unrecht erhaltene Zuschüsse zur Pflegeversicherung von April 2002 bis März
2004). Die ursprünglich ebenfalls umstrittene Nachforderung rückständiger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, welche
die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 26. Februar 2008 für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 30. November 2007 in Höhe von insgesamt
3.625,15 EUR festgesetzt hatte, ist hingegen nicht mehr streitgegenständlich, weil der Kläger gegen das insoweit klageabweisende
Urteil des Sozialgerichts keine (Anschluss-) Berufung eingelegt hat.
Die Aufhebung der Bescheide vom 31. August 2000 stützt sich auf § 48 Abs. 1 SGB X.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen
haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Sofern der ursprüngliche Verwaltungsakt rechtmäßig ergangen ist, ist eine Änderung
regelmäßig dann "wesentlich" im Sinne dieser Vorschrift, wenn durch sie dem ursprünglich erlassenen Verwaltungsakt nachträglich
die Rechtsgrundlage entzogen wird. Daher sind in der Regel alle Änderungen wesentlich, die dazu führen, dass die Behörde unter
den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar
1986, 7 RAr 55/84, juris Rdnr. 15). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich anhand des materiellen Rechts.
Nach §
106 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (
SGB VI) erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen,
das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, für ihre Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung.
Dies gilt nicht, wenn sie gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind (§
106 Abs.
1 Satz 2
SGB VI). Gemäß § 106a Abs. 1
SGB VI, der mit Wirkung zum 1. April 2004 durch Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I,
S. 3013) aufgehoben wurde, erhalten Rentenbezieher, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert oder nach den
Vorschriften des Elften Buches verpflichtet sind, bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag
zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit abzuschließen und aufrechtzuerhalten, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu
den Aufwendungen für die Pflegeversicherung.
Ausgehend hiervon ist nach Erlass der Bescheide vom 31. August 2000 eine wesentliche Änderung eingetreten, weil der Kläger
ab dem 1. April 2002 durch die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig geworden ist. Seine
freiwillige Mitgliedschaft bei der Beigeladenen endete zu diesem Zeitpunkt, so dass die Voraussetzungen für die Weitergewährung
der Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß §§
106, 106a
SGB VI über den 1. April 2002 hinaus nicht mehr erfüllt waren. Damit ist ab dem 1. April 2002 eine wesentliche Änderung eingetreten
mit der Folge, dass die ursprünglichen Bescheide der Beklagten vom 31. August 2000 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben waren.
Darüber hinaus war die Beklagte auch berechtigt, diese Bescheide mit Wirkung zum 1. April 2002 aufzuheben. Der Verwaltungsakt
soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse - also rückwirkend - aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen
der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur
Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass
der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen
ist.
Vorliegend scheidet eine rückwirkende Aufhebung der Bescheide vom 31. August 2000 auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X (Änderung zugunsten des Betroffenen) offenkundig aus. Die rückwirkende Aufhebung lässt sich allerdings auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (Verletzung der Mitteilungspflicht) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X (Bösgläubigkeit des Betroffenen) stützen. Daher kann letztlich offen bleiben, ob daneben auch noch eine (analoge) Anwendung
des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (Einkommenserzielung) in Betracht kommt.
Der Kläger war verpflichtet, der Beklagten seine Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner zum 1. April 2002 mitzuteilen.
Diese Pflicht ergab sich aus §
60 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (
SGB I). Danach hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung
erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Das gilt selbst dann, wenn die mitzuteilenden Änderungen dem Leistungsträger bereits
bekannt sein sollten (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 1989, 7 RAr 138/88 = BSGE 66, 103). Dieser ihm obliegenden Mitteilungspflicht ist der Kläger objektiv nicht nachgekommen. Das ist offenkundig und im Übrigen
zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Die Verletzung seiner Mitteilungspflichten ist dem Kläger aber auch subjektiv vorwerfbar. Es sind zwar keine Anhaltspunkte
dafür ersichtlich, dass er die Mitteilung gegenüber der Beklagten vorsätzlich unterlassen hat. Dem Kläger kann insoweit jedoch
zumindest grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.
Grob fahrlässig handelt nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbs. SGB X, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Dies ist dann der Fall, wenn der Betroffene bereits
einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten
muss (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R = SozR 3-1300 § 45 Nr. 45; BSG, Urteil vom 11. Juni 1987, 7 RAr 105/85 = BSGE 62, 32; BSG, Urteil vom 31. August 1976, 7 RAr 112/74 = SozR 4100 § 152 Nr. 3). Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit ist nicht von einem objektiven, sondern von einem
subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2006, B 7a AL 58/05 R, juris Rdnr. 16 m.w.N.),
wobei sich das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie dem Einsichtsvermögen
des Beteiligten richtet (vgl. BSG, Urteil vom 20. September 1977, 8/12 RKg 8/76 = BSGE 44, 264; BSG, Urteil vom 13. Dezember 1972, 7 RKg 9/69 = BSGE 35, 108). Grobe Fahrlässigkeit liegt nur im Falle einer Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Ausmaßes vor, das heißt, es
bedarf hierfür einer besonders groben und auch subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung. Die so umschriebene
Sorgfaltspflichtverletzung muss sich sowohl auf das Bestehen der Mitteilungspflicht beziehen als auch auf das sie auslösende
Ereignis (vgl. Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 71. Erg.-Lfg. 2011, § 48 SGB X Rdnr. 43). Bei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ist es vor allem auch bedeutsam, in welchem Umfang der Beteiligte bei der Bewilligung einer Dauerleistung auf eine Mitteilungspflicht
hingewiesen worden ist (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 48 Rdnr. 23).
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich die unterbliebene Mitteilung des Klägers hinsichtlich der Veränderung in seinem
Krankenversicherungsverhältnis zum 1. April 2002 als grob fahrlässig dar.
Anknüpfungspunkt hierfür ist, dass der Kläger anlässlich der Gewährung der Beitragszuschüsse von der Beklagten eindeutig und
in hinreichend verständlicher Form auf seine Mitteilungspflichten gegenüber dem Rentenversicherungsträger hingewiesen worden
war. Auch wenn insoweit den mit Bescheiden vom 23. Dezember 1997 erteilten Belehrungen allein unter zeitlichen Gesichtspunkten
möglicherweise keine Bedeutung zukommt, ist der Kläger jedenfalls mit den beiden Bescheiden der Beklagten vom 31. August 2000
erneut und mit hinreichender Deutlichkeit auf seine Mitteilungspflichten hingewiesen worden. Die Beklagte hatte den Kläger
dabei nochmals anschaulich all diejenigen Umstände aufgezeigt, die für die Gewährung der Beitragszuschüsse erheblich sind,
und ihn ferner darüber belehrt, dass diesbezügliche Änderungen unverzüglich mitzuteilen sind. Dass der Kläger die ihm erteilten
Belehrungen und Erläuterungen aufgrund seiner Urteils- und Kritikfähigkeit sowie seines Einsichtsvermögen nicht verstehen
konnte, hat er weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich geworden. Es bestehen vor allem auch keinerlei Anhaltspunkte
dafür, dass er krankheits- oder altersbedingt deren Inhalt und Bedeutung nicht hätte verstehen können.
Mit seinem Einwand, die Hinweise der Beklagten seien rein abstrakter Natur gewesen, dringt der Kläger nicht durch. Es darf
in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass der Versicherungsträger bei der Erteilung von Belehrungen, Hinweisen und
Erläuterungen zur Rechtslage gegenüber dem Versicherten stets gehalten ist, möglichst sämtliche in Betracht kommende Konstellationen
abzudecken. Eine gewisse Abstraktheit ist somit solchen Ausführungen und Darlegungen geradezu immanent, um den Betroffenen
umfassend und verständlich belehren und beraten zu können. Demnach begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Beklagte
dem Kläger in ihren Bescheiden 31. August 2000 umfassend all diejenigen Fälle aufgezeigt hatte, in denen die Beitragszuschüsse
wegfallen, und in denen demzufolge eine Mitteilungspflicht des Versicherten besteht. Dabei kann auch keine Rede davon sein,
dass diese Ausführungen möglicherweise zu umfangreich gehalten waren und der Kläger als "Nichtjurist" hierdurch überfordert
gewesen sein könnte. Denn insoweit ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass die Beklagte letztlich nur drei Fälle - Aufgabe
oder Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung und Eintritt von Krankenversicherungspflicht - aufgezeigt hatte, in denen
der Anspruch auf Beitragszuschüsse entfällt. Ihre Ausführungen waren deshalb auch einer in versicherungsrechtlichen Angelegenheiten
nicht versierten Person durchaus zugänglich und verständlich. Es handelt sich hierbei also keineswegs um einen unüberschaubaren
und komplexen Sachverhalt, der letztlich nur von Personen erfasst werden konnte, die über fundierte (sozialversicherungs-)
rechtliche Kenntnisse verfügten.
Überdies lässt sich dem Schreiben der Beigeladenen vom 20. Februar 2002 nicht entnehmen, dass der Kläger davon entbunden sei,
die Beklagte über die zum 1. April 2002 eintretenden Änderungen in seinem Krankenversicherungsverhältnis zu unterrichten.
Ausführungen, dass die Beigeladene ihrerseits die Beklagte hierüber informiert haben könnte bzw. noch informieren werde und
sich deshalb eine entsprechende Mitteilung des Klägers erübrigen würde, enthält das Schreiben vom 20. Februar 2002 gerade
nicht. Sollte der Kläger dieses Schreiben der Beigeladenen dennoch so verstanden bzw. interpretiert haben, wäre dieser Irrtum
schon aufgrund einfachster Überlegungen vermeidbar und somit nicht in einer § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ausschließenden Weise entschuldbar gewesen.
Für den Senat bestehen darüber hinaus auch keine Zweifel daran, dass der Kläger in Bezug auf das die Mitteilungspflicht auslösende
Ereignis - die Änderung in seinem Krankenversicherungsverhältnis zum 1. April 2002 - zumindest infolge grober Fahrlässigkeit
keine Kenntnis hatte.
Jedenfalls nach Erhalt des Schreibens der Beigeladenen vom 20. Februar 2002 musste sich der Kläger darüber im Klaren sein,
dass er zum 1. April 2002 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig wird. Aus diesem Schreiben geht eindeutig
und unmissverständlich hervor, dass er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Krankenversicherung
der Rentner erfüllte, deshalb zum 1. April 2002 seine freiwillige Mitgliedschaft bei der Beigeladenen endete und er stattdessen
dann dort pflichtversichert war. Um diese Änderungen erkennen zu können, bedurfte es auch keiner schwierigen und komplizierten
Gedankengänge, weil dem Kläger diese Rechtslage insoweit hinreichend begreiflich dargelegt worden war, so dass er - auch als
"Nichtjurist" - ohne Weiteres hiervon Kenntnis nehmen konnte. Dass er das Schreiben der Beigeladenen vom 20. Februar 2002
inhaltlich nicht verstanden haben könnte, behauptet selbst der Kläger nicht. Daher erscheint es schlichtweg ausgeschlossen,
dass er trotz dieses Schreibens weiterhin in Unkenntnis über die Änderung in seinem Krankenversicherungsverhältnis zum 1.
April 2002 gewesen sein könnte.
Soweit das Sozialgericht darauf abgestellt hat, dass das Schreiben der Beigeladenen vom 20. Februar 2002 zumindest missverständlich
formuliert gewesen sei, kann dem der Senat nicht folgen. Es ist zwar zutreffend, dass dieses Schreiben in den ersten fünf
Absätzen Ausführungen enthält, mit denen die Beigeladene versucht, dem Leser die näheren Hintergründe der zum 1. April 2002
eintretenden Änderungen im Versicherungsverhältnis darzulegen. Weiterhin mag es auch sein, dass der Beigeladenen jene Darlegungen
möglicherweise nicht vollständig oder nur ungenau gelungen sind. Hierauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Denn
nach diesen einleitenden Ausführungen der Beigeladenen lässt sich ihrem Schreiben vom 20. Februar 2002 unzweifelhaft entnehmen,
dass der Kläger ab 1. April 2002 die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner erfüllt.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hebt sich dabei diese Feststellung auch deutlich - durch Fettdruck - von den übrigen
Passagen des Schreibens ab, so dass sie für jeden Leser und damit auch für den Kläger - offenkundig und augenscheinlich ist.
Es kann also keineswegs die Rede davon sein, dass die für den Kläger maßgebliche Information in einem umfangreichen Text versteckt
war und deshalb auch bei einem sorgfältigen Lesen im Verborgenen geblieben wäre. Nichts anderes gilt letztlich für den Hinweis
der Beigeladenen am Ende ihres Schreibens auf einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Aus diesem Hinweis kann keinesfalls
der Schluss gezogen werden, dass der Kläger - entgegen der vorherigen eindeutigen Feststellung - nun doch nicht ab dem 1.
April 2002 pflichtversichert sein soll. Vielmehr gibt die Beigeladene damit einen bloßen Ausblick darauf, dass sich die aktuelle
Rechtslage durchaus noch ändern könnte, verbunden mit dem Zusatz, dass sie ihre Mitglieder hierüber weiter informieren werde.
Es handelt sich dabei also lediglich um allgemeingültige Ausführungen, denen jeglicher Bezug auf das Krankenversicherungsverhältnis
konkret des Klägers fehlt.
In Anbetracht dieser Erwägungen kann sich der Kläger auf missverständliche Erläuterungen seitens der Beigeladenen nicht berufen.
Das gilt umso mehr, als ihm die Beigeladene in ihrem Schreiben vom 20. Februar 2002 abschließend angeboten hatte, sich bei
Fragen zu seiner Krankenversicherung an sie zu wenden. Wenn der Kläger von diesem Beratungsangebot keinen Gebrauch gemacht
hatte, ist es ihm zum einen verwehrt, nachträglich geltend zu machen, von der Beigeladenen missverständlich und in unzureichender
Weise aufgeklärt worden zu sein. Zum anderen ist dies als ein eindeutiges Indiz dafür zu werten, dass der Kläger die damaligen
Erläuterungen der Beigeladenen sehr wohl verstanden hatte.
Insgesamt bleibt damit festzuhalten, dass es aufgrund der von der Beklagten erteilten Belehrung über die Mitteilungspflichten
in ihren Bescheiden vom 23. Dezember 1997 bzw. jedenfalls 31. August 2000 unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Beigeladenen
im Schreiben vom 20. Februar 2002 für den Kläger ohne Weiteres erkennbar war, dass er die Beklagte über das Ende seiner freiwilligen
Mitgliedschaft bzw. den Eintritt der Krankenversicherungspflicht zum 1. April 2002 hätte unterrichten müssen. Indem er dies
unterlassen hatte, ist dem Kläger daher zumindest vorzuwerfen, seine Mitteilungspflichten gegenüber der Beklagten grob fahrlässig
verletzt zu haben.
Überdies ist der Kläger auch bösgläubig im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gewesen. Denn es ist davon auszugehen, dass er bereits ab 1. April 2002 jedenfalls nicht wusste, weil er die erforderliche
Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat und ihm daher insoweit grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (vgl. hierzu:
Schütze, aaO. § 48 Rdnr. 28), dass die sich aus den beiden Bescheiden vom 31. August 2000 ergebenden Ansprüche kraft Gesetzes
weggefallen waren. Zwar war der Kläger mit dem Schreiben der Beigeladenen vom 20. Februar 2002 lediglich darauf hingewiesen
worden, dass seine freiwillige Krankenversicherung zum 31. März 2002 enden werde und dass die Beiträge ab 1. April 2002 durch
entsprechenden Einbehalt von der Rente gezahlt werden. Zu der Weiterzahlung der Beitragszuschüsse äußerte sich die Beigeladene
damals nicht ausdrücklich. Da aber das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung die maßgebliche Voraussetzungen für
die Gewährung der Beitragszuschüsse ist und der Kläger diese Zuschüsse gerade wegen seines freiwilligen Krankenversicherungsverhältnisses
gesondert bei der Beklagten beantragt hatte, hätte er mit der von der Beigeladenen gegebenen Information aufgrund einfachster
Überlegungen darauf schließen können, dass mit dem Ende der freiwilligen Krankenversicherung zugleich auch der Anspruch auf
die hierfür gewährten Zuschüsse wegfallen werde. Denn andernfalls hätte der Kläger zwangsläufig annehmen müssen, dass er für
einen Krankenversicherungsschutz letztlich zweimal Beiträge zu entrichten habe. Dass dies nicht der Fall sein kann, liegt
auf der Hand und hätte dem Kläger somit auch ohne tiefgreifende und komplizierte Überlegungen einleuchten müssen, zumal es
sich bei dem konkreten Vorgang keinesfalls um einen komplexen und unübersichtlichen sozialversicherungsrechtlichen Sachverhalt
handelt. Das gilt vorliegend umso mehr, als der Kläger von der Beklagten nicht nur mit den Bescheiden vom 23. Dezember 1997
und 31. August 2000 - abstrakt - darauf hingewiesen wurde, welche Folgen die Beendigung des freiwilligen Krankenversicherungsverhältnisses
für die Gewährung der Beitragszuschüsse hat, sondern sie ihm diese Rechtsfolgen mit ihrem Anhörungsschreiben vom 21. August
2000 sogar - konkret - aufgezeigt hatte. Aufgrund dieser Gegebenheiten in der Vergangenheit hätte der Kläger daher ohne Weiteres
Kenntnis vom Wegfall des Anspruchs auf die Beitragszuschüsse zum 1. April 2002 haben können. Erschwerend kommt hinzu, dass
die Beigeladene ab diesem Zeitpunkt auch die freiwilligen Beiträge nicht mehr von dem Konto des Klägers per Lastschriftverfahren
eingezogen hatte. Angesichts seines monatlichen Renteneinkommens, das sich im hier maßgeblichen Zeitpunkt auf insgesamt 859,48
EUR (Rente: 798,77 EUR; Beitragszuschüsse: 53,92 EUR + 6,79 EUR) belief, hätte dem Kläger bei sorgfältiger Durchsicht seiner
Kontoauszüge auffallen müssen, dass die Beigeladene den Beitragseinzug zum 1. April 2002 in Höhe von immerhin monatlich 122,22
EUR eingestellt hatte. Da dieser Betrag knapp 15 v.H. seines damaligen Renteneinkommens ausmachte, kann - anders als der Kläger
meint - sicherlich auch keine Rede von nicht sonderlich hohen Umsätzen sein. Sollte aber der Kläger tatsächlich - wie von
seinem Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - nur den Kontostand am Monatsende geprüft und auf eine
weitergehende Durchsicht seiner Kontoauszüge verzichtet haben, würde dies ein grob fahrlässiges Verhalten seinerseits geradezu
bestätigen.
Sind somit die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X und des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt, kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, ob sich die rückwirkende Aufhebung zusätzlich auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (analog) stützen lässt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedeutet das "soll" in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, dass der Rentenversicherungsträger den Verwaltungsakt im Regelfall ("typischer Fall") rückwirkend aufzuheben hat. Liegt
jedoch ein Ausnahmefall ("atypischer Fall") vor, so ist eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang
von der gegebenen Aufhebungsmöglichkeit abgesehen werden kann. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X enthält damit nicht für alle, sondern nur für "atypische" Fälle eine Verpflichtung zur Ermessensausübung. Die Prüfung, ob
ein solcher "atypischer Fall" vorliegt, ist nicht Teil der Ermessensentscheidung, sondern gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbar.
Das Gericht darf den angefochtenen Bescheid wegen fehlender Ermessensausübung aufheben, wenn die Prüfung ergibt, dass ein
"atypischer Fall" gegeben ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. November 1985, 10 RKg 3/84 = SozR 1300 § 48 Nr. 19; BSG, Urteil vom 11. Februar 1988, 7 RAr 55/86 = SozR 1300 § 48 Nr. 44; BSG, Urteil vom 25. April 1991, 11 RAr 21/89 = SozR 3-4100 § 63 Nr. 2).
Wann ein "atypischer Fall" vorliegt, in dem die Behörde eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen hat, ob der Verwaltungsakt
mit Dauerwirkung rückwirkend aufgehoben wird, hängt von dem jeweiligen Zweck der Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X und den Umständen des Einzelfalles ab. Diese müssen vom (typischen) Regelfall signifikant zum Nachteil des Betroffenen abweichen
(vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1986, 7 RAr 55/84 = SozR 1300 § 48 Nr. 22). Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger durch die mit der Aufhebung verbundenen
Nachteile, insbesondere die aus § 50 Abs. 1 SGB X folgende Pflicht zur Erstattung der erbrachten Leistungen, in besondere Bedrängnis gerät (vgl. BSG, Urteil vom 6. November
1985, aaO.), wenn er sonst für den von der Rücknahme betroffenen Zeitraum Anspruch auf eine andere Sozialleistung, etwa auf
Sozialhilfe, gehabt hätte (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 1984, 4 RJ 79/83 = SozR 1300 § 50 Nr. 6) oder wenn er entreichert ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1983, 10 RKg 17/82 = SozR 5870 § 2 Nr. 30). Auch ein Verschulden des Rentenversicherungsträgers weist regelmäßig auf einen "atypischen" Fall
hin. Ein "atypischer" Fall kann ferner gegeben sein, wenn ohne ein Verschulden des Rentenversicherungsträgers besondere Umstände
vorliegen, welche die Aufhebung für die Vergangenheit als unbilligen Eingriff in die persönlichen, sozialen oder wirtschaftlichen
Verhältnisse des Betroffenen erscheinen lassen. Im Rahmen der Prüfung, ob ein "unbilliger" Eingriff gegeben ist, können vor
allem das Lebensalter des Betroffenen, dessen soziale Verhältnisse und Familienstand, der Gesundheitszustand (Gebrechlichkeit
oder Pflegebedürftigkeit des Betroffenen) sowie der konkrete Verwendungszweck der zu Unrecht erhaltenen Leistung von Bedeutung
sein. Nach Lage des Einzelfalles können sich weitere Umstände - insbesondere aus der Anhörung - ergeben, wobei auch ein Zusammenwirken
mehrerer Umstände denkbar ist, die erst in einer Gesamtschau einen "atypischen Fall" begründen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist vorliegend ein "atypischer Fall" zu verneinen.
Die mit jeder Erstattung verbundene finanzielle Belastung ist für sich genommen nicht geeignet, einen "atypischen" Fall zu
begründen. Die hiermit einhergehende Härte mutet das Gesetz jedem Betroffenen zu, weil dies dem Rechtsgrundsatz der unbeschränkten
Vermögenshaftung entspricht. Dass der Kläger im Vergleich zu anderen Betroffenen durch die mit der Aufhebung verbundene Erstattungspflicht
schwerwiegender getroffen wäre und hierdurch in eine "besondere Bedrängnis" im Sinne der vorstehenden Rechtsprechung geraten
würde, hat er weder aufgezeigt noch ist dies sonst ersichtlich geworden. Allein sein pauschaler Hinweis darauf, eine "Atypik"
sei aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und seiner Schwerbehinderung anzunehmen, genügt hierfür
jedenfalls nicht. Es besteht in der Konstellation wie der vorliegenden keinesfalls die Gefahr, dass der Kläger auf unabsehbare
Zeit mit einer Altersrente unter dem Niveau der Grundsicherung für Nichterwerbsfähige auskommen müsste. Denn selbst wenn die
Beklagte mit ihrer Erstattungsforderung gegen seine laufenden Rentenleistungen aufrechnen würde, müsste sie jedenfalls die
Vorgaben des §
51 SGB I beachten, nach dessen Absatz
2 es dem Kläger unbenommen ist, nachzuweisen, dass er durch die Aufrechnung hilfebedürftig wird. Aufgrund dieses Aufrechnungsschutzes
würde dem Kläger dann also immer noch das zum Lebensunterhalt Notwendige bleiben, so dass seine Interessen bereits hierdurch
hinreichend gewahrt sind. Eines weitergehenden Schutzes - etwa durch die Annahme eines "atypischen Falles" und die dann notwendig
werdende Ermessensbetätigung der Behörde - bedarf es daneben nicht.
Ferner ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger ohne die von der Beklagten gewährten Zuschüsse (vermehrt) sozialhilfebedürftig
gewesen wäre. Das folgt bereits daraus, dass sein notwendiger Lebensunterhalt durch die laufenden Rentenleistungen sichergestellt
war.
Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Beklagte mangels Vorliegen eines "atypischen Falles" nicht gehalten war, hinsichtlich
der rückwirkenden Aufhebung der Gewährung der Beitragszuschüsse Ermessen auszuüben. Aber selbst wenn zu Gunsten des Klägers
ein "atypischer Fall" bejaht werden könnte, hätte die Beklagte in hinreichendem Umfang und damit in rechtlich nicht zu beanstandender
Weise das ihr dann zustehende Ermessen betätigt.
Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß §
39 Abs.
1 Satz 1
SGB I erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (überhaupt) ausübt und dass
er im Übrigen auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Der gemäß §
39 Abs.
1 SGB I von der Ermessensentscheidung Betroffene hat einen korrespondierenden Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien
Ermessens (§
39 Abs.
1 Satz 2
SGB I). Nur in diesem - eingeschränkten - Umfang unterliegt nach Maßgabe des §
54 Abs.
2 Satz 2
SGG die Ermessensentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle. Rechtswidrig können Verwaltungsakte demnach nur in Fällen des Ermessensfehlgebrauchs
(entweder in Gestalt des Ermessensnichtgebrauchs oder in Gestalt der Ermessensüberschreitung) sein (vgl. BSG, Urteil vom 14.
Dezember 1994, 4 RA 42/94 = SozR 3-1200 § 39 Nr. 1).
Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist und ob diese gegebenenfalls rechtmäßig war, beurteilt sich
dabei nach dem Inhalt des Aufhebungsbescheides, insbesondere nach seiner Begründung. Diese muss erkennen lassen, dass eine
Ermessensentscheidung getroffen wurde, und sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen,
von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 1994, 7 RAr 14/93 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 20; BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990, 11 RAr 3/88 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 5).
Dem entspricht die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung. Denn insoweit hat sie ihre mit Bescheid vom 25. Januar
2008 angestellten Erwägungen, dass eine besondere wirtschaftliche oder soziale Härte durch die Rückforderung nicht eintrete,
mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2008 dahingehend ergänzt, dass der Kläger bösgläubig gewesen ist. Dass die Beklagte
der Bösgläubigkeit des Klägers eine maßgebliche Bedeutung beigemessen und diesem Umstand im Rahmen der Ermessensabwägung Vorrang
gegenüber sämtlichen anderen Belangen eingeräumt hat, begegnet dabei keinen durchgreifenden Bedenken. Die Beklagte hat in
diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einem Bösgläubigen, der sich auf Vertrauen schlechthin nicht berufen
kann, grundsätzlich auch keine "billigenswerten" Interessen rechtlich anzuerkennen sind, das schuldhaft Erlangte ganz oder
teilweise zu behalten (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 1994, 4 RA 16/92, juris Rdnr. 20). In dieser Annahme ist kein Ermessensfehler in Gestalt einer Ermessensüberschreitung zu erkennen.
Im Übrigen hat die Beklagte die Gewährung der Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung auch fristgerecht gemäß
§§ 48 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X aufgehoben. Nach diesen Vorschriften muss die Behörde den Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines
Jahres nach Kenntnis der dies rechtfertigenden Tatsachen aufheben. Kenntnis bedeutet dabei die hinreichende Sicherheit für
den Erlass eines Rücknahmebescheides (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 1994, 7 RAr 14/93, juris Rdnr. 29). Da dies vorliegend aber erst am 23. Oktober 2007 der Fall war, ist der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar
2008 offenkundig fristgerecht ergangen. Bei einer solchen Konstellation kommt es nicht darauf an, ob eine Kenntnis im Sinne
des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X überhaupt erst dann angenommen werden kann, nachdem eine Anhörung durchgeführt wurde (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27. Juli
2000, B 7 AL 88/99, juris Rdnr. 24 m.w.N.).
Die Erstattung der zu Unrecht erbrachten Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung stützt sich auf § 50 Abs. 1 SGB X. Die Höhe der zu erstattenden Beträge ist dabei zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Der Kläger hat das Rechenwerk
der Beklagten insoweit nicht angegriffen.
Nach alledem konnte die Berufung der Beklagten nicht ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Dabei erscheint es sachgerecht, dass der Beigeladenen keine Kosten zu erstatten sind, weil sie sich mangels eigener Antragstellung
keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht erfüllt sind.