Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Honorarberichtigungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes
in den Quartalen l/2000, II/2000 und 1/2001 in Höhe von insgesamt 9.263,92 Euro (18.118,65 DM).
Der Kläger ist seit 1990 als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen ergaben sich Abrechnungswerte des Klägers, die im Vergleich mit den Abrechnungswerten der
hessischen Vertragszahnärzte pro Fall um 61 % (Quartal l/2000), 63 % (Quartal II/2000) und 49 % (Quartal 1/2001) höher waren.
Nach einem Auswahlverfahren veranlasste der Prüfungsausschuss V der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - eine Wirtschaftlichkeitsprüfung
bezüglich der streitbefangenen Quartale. Er führte eine Prüfsitzung durch, an der der Kläger teilnahm und setzte anschließend
mit Bescheid vom 5.Juni 2002 für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 18.125,10,63 EUR
fest, die er mit Rücksicht auf die HVM-Einbehalte für das Jahr 2000 auf 18.118,65 DM (9.263,92 EUR) reduzierte. Er kürzte
den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe. Im Einzelnen nahm er folgende Honorarreduzierungen
vor:
Quartal I/2000
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7.485,12 DM
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Quartal II/2000
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6.947,62 DM
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Quartal 1/01
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3.692,36 DM
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Hiergegen legte der Kläger am 19. November 2002 Widerspruch mit der Begründung ein, die Prüfanträge seien formfehlerhaft.
Seine geringen Fallzahlen müssten durch größere Toleranzen ausgeglichen werden. Die durchgesprochenen Einzelfälle seien kein
Indiz für eine unwirtschaftliche Behandlung.
Der Beklagte lud den Kläger unter dem Datum vom 15. November 2004 zu einer weiteren Prüfsitzung für den 8. Dezember 2004 unter
Beifügung einer Patientenliste mit der Bitte, bei Nichtteilnahme die angeforderten Unterlagen bis zum 29. November 2004 zu
übersenden. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers bestätigte mit Empfangsbekenntnis vom 17. November 2004 die Ladung und
kreuzte das Feld, wonach er teilnehmen werde, an. Mit Telefax vom 23. November 2004 beantragte der Prozessbevollmächtigte
die Verlegung des Termins, weil dem Kläger eine bereits langfristig geplante Verpflichtung die Teilnahme unmöglich mache.
Unter dem 24. November 2004 bat der Beklagte um Präzisierung des Verlegungsantrages. Am 7. Dezember 2004 bat die prozessbevollmächtigte
Rechtsanwältin telefonisch um Übersendung der PAR- und ZE Statistiken. Die Nachfrage nach der Terminswahrnehmung seitens der
Sachbearbeiterin der Beklagten ergab nach einem Aktenvermerk, dass der Kläger gesundheitliche Probleme habe und sie nicht
wisse, ob er am Termin erscheinen werde. Möglicherweise nehme sie den Termin auch alleine wahr oder es erscheine niemand.
Mit Telefax vom 7. Dezember 2004 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut die Verlegung, weil der Kläger aus
gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, an der Sitzung teilzunehmen. Er wolle aber von seinem Recht auf persönliche
Anhörung Gebrauch machen, weshalb auch die Bevollmächtigten nicht teilnehmen würden. Beigefügt war eine ärztliche Bescheinigung
der Praxis Dipl. med. I. M. (Facharzt für Allgemeinmedizin), Dr. med. K. M. (praktische Ärztin), A-Stadt, vom 6. Dezember
2004. Darin wird Folgendes ausgeführt:
"Wir berichten über o. g. Patienten, der sich in unserer Behandlung befindet. Der Patient ist aus medizinischen Gründen z.
Zt. nicht in der Lage, sich psychischen Stresssituationen auszusetzen. Diese würden sich negativ auf den Verlauf seiner Krankheit,
deren Diagnostik zur Zeit noch weitergeführt wird, auswirken. Der Patient ist außerstande, einer aufregenden psychischen Situation
adäquat gegenüberzustehen."
Die Prüfsitzung fand am 8. Dezember 2004 ohne Teilnahme des Klägers oder eines von ihm Bevollmächtigten statt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2004, ausgefertigt am 26. April 2005 und dem Kläger am 27. April 2005 zugestellt,
wies der Beklagte den Verlegungsantrag ab und den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, ein Termin könne nur aus
erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Erhebliche Gründe lägen jedoch nur dann vor, wenn die Verhinderung der
Terminswahrnehmung unverschuldet sei. Gründe einer schuldlosen Verhinderung der Terminswahrnehmung seien nicht ersichtlich.
Dem vorgelegten Schreiben der Ärzte sei wenig Greifbares zu entnehmen. Wäre die darin genannte Erkrankung wirklich so schwerwiegend
gewesen, dass sie tatsächlich einer Teilnahme an der Sitzung entgegengestanden hätte, wäre mit Sicherheit auch der erste Verlegungsantrag
bereits hierauf gestützt worden. Hier sei die Verlegung jedoch mit einer langfristig geplanten Verpflichtung des Klägers begründet
worden, nicht mit einer krankheitsbedingten Verhinderung. Bereits wegen dieses Umstands bestünden erhebliche Zweifel an einer
Verhandlungsunfähigkeit, nachdem bereits zuvor darauf hingewiesen worden sei, dass der erste Verlegungsantrag bislang zu unsubstantiiert
gewesen sei. Spätestens danach wären entsprechende Angaben notwendig gewesen. Die Erkrankung müsse sich auch schlüssig aus
dem vorgelegten Attest entnehmen lassen. Die Bescheinigung müsse so substantiiert sein, dass Entscheidungsträger auf ihrer
Grundlage in der Lage seien, die Frage der behaupteten Verhandlungsunfähigkeit selbst zu beurteilen. Eine Rücksprache mit
der Beigeladenen zu 1) habe ergeben, dass der Kläger an diesem Tage auch seiner Behandlungstätigkeit nachgegangen sei.
Der Widerspruch sei im Übrigen unbegründet. Bei den nicht notwendigen Anträgen handele es sich um eine Anregung zur Durchführung
von Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren. Er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Die Grenze zur unwirtschaftlichen
Behandlungsweise sehe man im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Überschreitung von 40 %. Die Abrechnungswerte des Klägers
legten daher eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Im Ergebnis hätten Praxisbesonderheiten sowie Unterschiede in der
Praxisstruktur, die geeignet gewesen wären, den ausgewiesenen Mehraufwand in seinem gesamten Umfang zu rechtfertigen, nicht
festgestellt werden können. Eine exemplarische Überprüfung der Behandlungsfälle habe gezeigt, dass die Vorgehensweise des
Klägers sowohl unter dem Gesichtspunkt der Systematik als auch vom Umfang her nicht mit dem Gebot eines wirtschaftlichen Vorgehens
als vereinbar angesehen werden könne. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte habe der Beklagte eine Kürzung auf den 1,4-fachen
Vergleichswert für erforderlich gehalten. Es verbleibe daher bei der Honorarkürzung des Prüfungsausschusses. Vor dem Hintergrund
der Rechtsprechung des Sozialgerichts Frankfurt am Main habe man den sich daraus ergebenden Berichtigungsbetrag verringert,
soweit für den Prüfzeitraum Einbehalte auf der Grundlage des Honorarverteilungsmaßstabs erfolgt seien. Dies habe den festgesetzten
Betrag ergeben.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Mai 2005 Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben und zur Begründung vorgetragen, dem Verlegungsantrag
sei rechtsfehlerhaft nicht stattgegeben worden. Er sei nicht in der Lage gewesen, den Termin wahrzunehmen.
Mit Urteil vom 7. Dezember 2005 hat das Sozialgericht Marburg die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,
im System der gesetzlichen Krankenversicherung nehme der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt - Vertragsarzt
- die Stellung eines Leistungserbringers ein. Er versorge die Mitglieder der Krankenkassen mit ärztlichen Behandlungsleistungen,
unterfalle damit auch und gerade dem Gebot, sämtliche Leistungen im Rahmen des Wirtschaftlichen zu erbringen. Leistungen,
die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich seien, dürfe er nach dem hier anzuwendenden Sozialgesetzbuch,
Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (§
12 Abs.
1 SGB V) nicht erbringen.
Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise sei §
106 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBI l 2626). Danach werde die Wirtschaftlichkeit der
Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt.
Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode.
Die Abrechnungswerte des Arztes würden mit denjenigen seiner Fachgruppe - bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien
gebildeten engeren Vergleichsgruppe - im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei
der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt würden, sei dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten
Erkenntnisse bringe. Ergebe die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten-
oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe stehe,
d. h., ihn in einem Ausmaß überschreite, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in
den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lasse, habe das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (Hinweis
auf BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - Az: B 6 KA 45/02 R).
Von welchem Grenzwert an ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen sei, entziehe sich einer allgemein verbindlichen Festlegung
(Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. März 1995 - Az: 6 RKa 37/93, BSG NJW 1996, 2448). Nach der Rechtsprechung des BSG liege zwischen dem Bereich der normalen Streuung, der Überschreitungen um bis zu ca. 20
% erfasst, und der Grenze zum sog. offensichtlichen Missverhältnis der Bereich der Übergangszone. Die Grenze zum sog. offensichtlichen
Missverhältnis habe das BSG früher bei einer Überschreitung um ca. 50 % angenommen. Seit längerem habe es - unter bestimmten
Voraussetzungen - niedrigere Werte um ca. 40 % ausreichen lassen. Die Prüfgremien hätten einen Beurteilungsspielraum, die
Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis höher oder niedriger festzulegen. Vor diesem Hintergrund habe das BSG es nicht
ausgeschlossen, dass Überschreitungen um 42 %, 38 %, 33 % und 31 % möglicherweise dem Bereich des sog. offensichtlichen Missverhältnisses
zugeordnet werden könnten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. September 2000 - Az: B 6 KA 24/99 R). Bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum dürfe eine Grenzziehung bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe
um 40 % oder weniger vorgenommen werden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - Az: B 6 KA 45/02 R). Bei einer Arztgruppe mit einem engen Leistungsspektrum, das gegen größere Unterschiede bei den durchschnittlichen Fallkosten
der einzelnen Praxen spreche, sei es unter Umständen zu vertreten, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bereits
bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 40 % festzusetzen (Hinweis auf BSG Urteil vom 2. Juni 1987 - Az:
6 RKa 23/86).
Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den Zahnärzten um eine inhomogene Arztgruppe handeln könnte und deshalb
Veranlassung bestünde, der Verwaltung eine Sachaufklärung in dieser Richtung aufzugeben. Berücksichtige man, dass es auch
in der Zahnheilkunde und den angrenzenden ärztlichen Bereichen besondere Fach(zahn)ärzte für Spezialgebiete gebe, die besondere
Fachgruppen bildeten (Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, Gebietsärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie), und ein großer
Teil der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung herausgenommen sei, so blieben im Wesentlichen
lediglich die in Teil 1 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) gemäß §
87 Abs.
2 und
2d SGB V aufgeführten "konservierenden und chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen" als Prüfungsgegenstand übrig. Da ferner
in der Zahnheilkunde generell die Erhaltung der Zähne vorrangiges Behandlungsziel sei, könne angenommen werden, dass die allgemeinen
Zahnarztpraxen in etwa einen gleichen Behandlungsbedarf zu befriedigen hätten (Hinweis auf BSG Urteil vom 2. Juni 1987 - Az:
6 RKa 23/86).
Unter Beachtung dieser Grundsätze sei der angefochtene Bescheid weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden.
Durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung des Beklagten habe - unabhängig von der Teilnahme des Klägers an dieser - eine
ausreichende Anhörung stattgefunden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren - SGB X). Der Beklagte habe in nicht zu beanstandender Weise den Vertagungsantrag abgelehnt.
Die Rechtsprechung habe für Gerichtsverfahren - strengere Maßstäbe seien in keinem Fall an das Verwaltungsverfahren des Beklagten
anzulegen - zur Glaubhaftmachung einer Verhandlungsunfähigkeit wegen Erkrankung (auch des Prozessbevollmächtigten) auf Einreichung
eines Attests abgestellt, das eine Diagnose der Erkrankung enthalte und aus dem sich die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig
und nachvollziehbar ergebe. Eine pauschale "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber" sei nicht als ausreichend
angesehen worden (Hinweis auf BFH, Beschluss vom 4. August 2005, Az: l B 219/04). Insbesondere wenn der Antrag auf Terminsverlegung "in letzter Minute" gestellt werde, müssten die Beteiligten mit einer
Prüfung ihres Antrags unter jedem in Frage kommenden Gesichtspunkt rechnen und von sich aus alles unternehmen, damit ihrem
Vortrag ggf. auch in tatsächlicher Hinsicht gefolgt werden könne. Notwendig sei in derartigen eiligen Fällen daher entweder
die Vorlage eines ärztlichen Attestes, aus dem sich eindeutig die Verhandlungsunfähigkeit des Beteiligten ergebe, oder zumindest
eine so genaue Schilderung der Erkrankung samt Glaubhaftmachung, dass das Gericht selbst beurteilen könne, ob die Erkrankung
so schwer ist, dass ein Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann (Hinweis auf BFH, Beschluss vom 10. März 2005, Az:
IX B 171/03).
Im Ergebnis habe der Beklagte auf der Grundlage dieser Rechtsprechung den Verlegungsantrag gewürdigt und insbesondere auf
die Widersprüchlichkeit, Verspätung und fehlende Präzisierung hingewiesen. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger zunächst
unter Hinweis auf einen anderen Termin versucht habe, eine Vertagung zu erreichen und auf die Bitte nach Präzisierung der
Vertagungsgründe nicht reagiert habe, also offensichtlich eine Vertagung nicht mehr verfolgt habe. Erst später, als er kurzfristig
nochmals gebeten habe, den Termin zu verlegen, habe er Krankheitsgründe geltend gemacht. Unter diesen Umständen eines kurzfristigen
Vertagungsantrages komme einem ärztlichen Attest, das wie hier recht allgemein gehalten sei und von konkreten Schilderungen
der Auswirkungen auf die Verhandlungsfähigkeit absehe, ein geringer Beweiswert zu. Im Übrigen habe der Kläger selbst in der
mündlichen Verhandlung eingeräumt, an jenem Tag in seiner Praxis gearbeitet zu haben.
Der Beklagte habe seine Entscheidung auch inhaltlich ausreichend begründet. Im Hinblick auf das Vorliegen eines sog. offensichtlichen
Missverhältnisses und eines statistischen Kostenvergleichs sei er nicht gehalten gewesen, Ausführungen zu Einzelfällen zu
machen. Der Kläger verkenne, dass hier ein statistischer Kostenvergleich vorgenommen worden sei. Der Beklagte habe den Kläger
mit den Abrechnungswerten aller hessischen Vertragszahnärzte verglichen. Dies sei nicht zu beanstanden, da der Kläger ebenfalls
als Vertragszahnarzt zugelassen und als solcher tätig sei. Soweit der Beklagte Honorarberichtigungen wegen unwirtschaftlicher
Behandlungsweise vorgenommen habe, sei nicht zu beanstanden, dass er vom Vorliegen eines sog. offensichtlichen Missverhältnisses
bei einer Überschreitung des Gesamtfallwertes von 40 % ausgegangen sei. Dies stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des
BSG. Zutreffend habe der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Praxis des Klägers trotz geringerer Fallzahl mit der Vergleichsgruppe
statistisch verglichen werden könne, da seine Praxis in allen streitbefangenen Quartalen für die Durchführung einer statistischen
Vergleichsprüfung hinreichend groß war. Geringere Fallzahlen ermöglichten auch weder ein "Durchsanieren" im Sinne einer Praxisbesonderheit,
noch bedeuteten die Zahnersatzfälle eine Praxisbesonderheit. Der hier strittige konservierend-chirurgische Behandlungsbereich
sei nicht Teil des ZE-Behandlungskomplexes, sondern komme allenfalls im Rahmen einer Vorbehandlung oder von Begleitleistungen
zur Anwendung. Auch sei der Umfang der ZE-Leistungen der Praxis des Klägers gegenüber der Vergleichsgruppe nicht signifikant
überdurchschnittlich. Die Kammer gehe aber vor allem davon aus, dass zum einen fast alle ZE-Fälle auch als Behandlungsfälle
in die Statistik der konservierend-chirurgischen Behandlung eingehen und zum anderen, dass Begleitleistungen nicht notwendig
zu erhöhten durchschnittlichen Kosten führen.
Gegen das ihm am 11. Januar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2006 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht
in Darmstadt eingelegt.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Urteil sei rechtsfehlerhaft und daher aufzuheben, weil seinem Verlegungsantrag
nicht stattgegeben worden sei. Das Verfahren vor den Einrichtungen sei nach § 10 Abs. 1 der Prüfvereinbarung der KZV Hessen
mündlich, er habe ein Recht auf Teilnahme an der Prüfsitzung des Beklagten gehabt. Mit dem vorgelegten Attest hätten eindeutige
Aussagen des behandelnden Arztes vorgelegen, wonach ihm eine Teilnahme an der Sitzung des Prüfgremiums nicht möglich gewesen
sei. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass eine Prüfsitzung mit drohendem Regress keine psychische Stresssituation darstellen
solle. Auch die Tatsache, dass er an diesem Tag in seiner Praxis gearbeitet habe, stehe der attestierten Verhandlungsunfähigkeit
nicht entgegen. Diese sei mit einer Arbeitsunfähigkeit nicht gleichzusetzen. Gerade in dem Bereich der psychischen Beschwerden
sei zu differenzieren, welcher Art von psychischen Stresssituationen sich ein Patient aussetzte. Die vertraute Umgebung der
Praxis mit der Anwesenheit der Ehefrau des Klägers in den Praxisräumen, welche jederzeit bei einer Überforderung des Klägers
hätte einspringen können, sei mit der Situation im Rahmen eines Prüfverfahrens vor dem Beklagten nicht zu vergleichen. Der
Beklagte verkenne zudem, dass die Entscheidung über die Verhandlungsunfähigkeit eben nicht bei der Instanz liege, welcher
die Verhandlungsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werde. Gerade diese Rechtsauffassung mache deutlich, dass der Beklagte
sich in der Lage sehe, über den Gesundheitszustand der zu prüfenden Zahnärzte eine genauere Diagnose stellen zu können, als
der behandelnde Arzt.
Fehlerhaft sei auch die Feststellung, die das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil hinsichtlich des durchgeführten Regresses
getroffen habe. Seine Praxis weise eine deutliche Überschreitung im Bereich der Zahnersatzmaßnahmen auf. Darüber hinaus seien
gem. Teil 4 der Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vielfältige Diagnose- und Vorbehandlungsleistungen
sowie Begleitleistungen bei der Durchführung prothetischer Arbeiten zu erbringen. Diese würden durch eventuelle Einsparungen
von großflächigen Füllungen durch Einzelkronen nicht ausgeglichen, so dass sich der Beklagte mit dem klägerischen Vortrag
hätte auseinandersetzen und hierzu Sachverhaltsaufklärung betreiben müssen. Die entsprechenden Mehraufwendungen wären im Rahmen
einer höheren Toleranz zu berücksichtigen gewesen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Dezember 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids
vom 8. Dezember 2004 zu verpflichten, seinen Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht geltend, dass entgegen dem Vortrag in der Berufungsbegründung sich dem ärztlichen Attest eine bestehende Verhandlungsunfähigkeit
keinesfalls eindeutig und nachvollziehbar habe entnehmen lassen. Dies um so mehr, als sich aus dem Arztbericht auch keine
Anhaltspunkte für eine plötzlich eingetretenen Erkrankung ergeben hätten, so dass der Umstand, dass im ersten Verlegungsantrag
keinerlei Krankheitsgründe sondern nur eine anderweitige Verpflichtung als Verlegungsgrund angeführt worden sei und dass das
zweite Verlegungsersuchen erst einen Tag vor der Sitzung übersandt worden sei, zu erheblichen Widersprüchlichkeiten beziehungsweise
Ungereimtheiten geführt habe. Es sei hinzugekommen, dass die Rücksprache mit der Beigeladenen zu 1) ergeben habe, dass der
Kläger auch im Sitzungszeitraum seiner Behandlungstätigkeit nachgegangen sei. Insbesondere mit Blick darauf, dass die zahnärztliche
Behandlung ein hohes Maß an Verantwortung und Belastbarkeit voraussetze, hätten sich die Zweifel an einer unverschuldeten
Verhinderung des Klägers verdichtet. Vor diesem Hintergrund sei es dem Beklagten nicht möglich gewesen, dem Verlegungsantrag
stattzugeben. Es sei nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Mitglieder des Beschwerdeausschusses grundsätzlich
in jeder Sitzung darum bemüht seien, eine Basis für eine ruhige und sachliche Atmosphäre zu schaffen. Insoweit bleibe der
Vortrag in der Berufungsbegründung nicht nachvollziehbar. Auch im Übrigen seien die Ausführungen in den Entscheidungsgründen
des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts zutreffend. Bei Beurteilung eines Mehrbedarfs aufgrund von konservierend-chirurgischen
Begleitleistungen im Zusammenhang mit Zahnersatzmaßnahmen sei zunächst zu berücksichtigen, dass in nahezu jeder hessischen
allgemeinen zahnärztlichen Praxis Zahnersatzmaßnahmen abgerechnet würden und die entsprechenden Begleitleistungen der 100-Fall-Statistik
für den Bereich konservierend-chirurgischer Leistungen bereits immanent seien und somit keine Besonderheit darstellen könnten.
Darüber hinaus seien in der klägerischen Praxis im Verhältnis zur Vergleichsgruppe nur geringfügig mehr ZE Fälle abgerechnet
worden, und nicht jeder ZE-Behandlungsfall ziehe per se konservierend-chirurgische Begleitleistungen nach sich. Im Ergebnis
sei daher ein signifikanter Mehrbedarf, der ein über die nach prüfmethodischen Gesichtspunkten ohnehin zu gewährende Zubilligung
von 40 % mehr an Abrechnungsvolumen gegenüber der Vergleichsgruppe der hessischen Zahnärzte hinausgehendes Zugeständnis gerechtfertigt
hätte, nicht ersichtlich gewesen. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2007 führt der Beklagte zusätzlich aus, dass nach der Rechtsprechung
des Hessischen Landessozialgerichts die eigene Anwesenheit des Vertragszahnarztes in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsausschuss
dann entbehrlich sei, wenn es sich im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung - wie vorliegend - um Kürzungen mit rein statistischer
Begründung handelt und der Betroffene Vertragszahnarzt von einem Prozessbevollmächtigten vertreten wird. Die rechtlichen Überlegungen
und Bewertungen wie etwa der Frage von Praxisbesonderheiten hätte ohne weiteres auch in Abwesenheit des Klägers durch seine
Prozessbevollmächtigten vorgetragen werden können. Auf die Frage, ob eine hinreichende Entschuldigung des Klägers für die
Sitzung des Beklagten vorliege, komme es somit nicht mehr an. Im Übrigen sei von einer nicht hinreichenden Entschuldigung
des Klägers und Berufungsklägers auszugehen.
Der Senat hat die Beteiligten zu seiner Absicht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung als unbegründet zurückzuweisen,
angehört.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten
ergänzend Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist sachlich unbegründet.
Unter entsprechender Anwendung dieser Grundsätze hat der anwaltlich vertretene Kläger seine Verhandlungsunfähigkeit durch
den per Telefax am Vortag der Sitzung eingereichten Schriftsatz vom 7. Dezember 2004 und die Vorlage des ärztlichen Attestes
der Praxis Dipl. med. I. M. (Facharzt für Allgemeinmedizin), Dr. med. K. M. (praktische Ärztin), A-Stadt, vom 6. Dezember
2004 nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Neben den von dem Sozialgericht angeführten Umständen ist hierfür wesentlich, dass
praktische Ärzte und Fachärzte für Allgemeinmedizin in der Regel nicht qualifiziert sind, die Verhandlungsfähigkeit eines
Patienten fachgerecht zu beurteilen, zumal im Falle des Klägers seine psychische Fähigkeit zur Teilnahme an einer Berufungssitzung
des Beklagten in anwaltlicher Begleitung bei bestehender Arbeitsfähigkeit als Zahnarzt zu beurteilen war. Der Beklagte war
daher auch nicht verpflichtet, sich fernmündlich bei den ausstellenden Ärzten über die näheren Umstände der Erkrankung und
die psychische Leistungsfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die anstehende Sitzung zu informieren.
Nachdem der Kläger in der Sache auch keine Praxisbesonderheiten oder Unterschiede in der Praxisstruktur dargelegt hat, die
geeignet gewesen wären, die von dem Beklagten bestätigte Kürzung des Honoraranspruchs auf den 1,4-fachen Vergleichswert der
Fachgruppe als rechtswidrig erscheinen zu lassen, war die Berufung zurückzuweisen.