Anerkennung einer Berufskrankheit
Arthrose beider Kniegelenke nach Tätigkeit als Schweißer auf einer Werft
Einwirkungskausalität und haftungsbegründende Kausalität
Begriff der hinreichenden Wahrscheinlichkeit
Übergewicht als maßgebliche konkurrierende Ursache (vorliegend verneint)
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nummer 2112 der Anlage 1
zur
Berufskrankheiten-Verordnung („Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während
des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt 1 Stunde pro Schicht“, nachfolgend:
BK 2112) streitig.
Der 1952 geborene Kläger war unter anderem von Januar 1979 bis 31. Oktober 2012 als Schweißer auf der ehemaligen Volkswerft
in B-Stadt, später P. GmbH, beschäftigt. Mit Schreiben vom 22. September 2012 beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung
einer Berufskrankheit aufgrund bei ihm vorliegender Gesundheitsschäden im Bereich beider Kniegelenke. Er arbeite zu 95 % auf
den P. in B-Stadt als Schweißer knieend, durch die enorme Belastung der Kniegelenke habe er sich operativen Eingriffen an
beiden Kniegelenken unterziehen müssen und habe Beschwerden in beiden Kniegelenken beim Gehen, Knien und Treppensteigen. In
einem weiteren Fragebogen gab der Kläger u. a. an, er habe 1990 zum ersten Mal Kniebeschwerden verspürt bei seiner Tätigkeit
als Schweißer. Bei ihm sei ein Knorpelschaden bzw. Meniskusschaden im Bereich der Kniegelenke festgestellt worden.
Die Beklagte zog medizinische Unterlagen von den den Kläger behandelnden Ärzten bei, woraus sich unter anderem ergab, dass
im September 2008 eine Arthroskopie des rechten Kniegelenkes bei dem Kläger durchgeführt und hierbei u. a. ein Innenmeniskusschaden
diagnostiziert wurde; eine MRT-Untersuchung vom Mai 2012 ergab u. a. eine Ruptur des Innenmeniskushinterhorns im Bereich des
linken Knies. Im Juli 2012 wurde ein operativer Eingriff am linken Knie des Klägers wegen eines Innenmeniskusschadens vorgenommen.
Der die Beklagte beratende Chirurg Dr. H. gelangte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 5. November 2012 unter
Auswertung der medizinischen Unterlagen zusammengefasst zu der Auffassung, eine BK 2102 („Meniskusschäden nach mehrjährigen
andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten“) liege bei dem Kläger
nicht vor. Es handele sich bei dieser BK um eine sogenannte primäre Meniskopathie, die sogenannte sekundäre Meniskopathie
gehöre nicht zum versicherten Krankheitsbild und schließe eine Anerkennung dieser BK aus. Sekundäre Meniskusschäden fänden
sich am häufigsten nach Traumen, die zu einem Knorpelschaden oder femorotibialen Gelenkflächen geführt hätten. Sie entstünden
aber auch infolge der Einwirkung von Knorpelschäden der Femurrolle bzw. Tibiagelenkfläche im Kontaktbereich zum Meniskus.
Im Falle des Klägers ließe sich feststellen, dass kein belastungskonformes Schadensbild bestehe. Es bestehe keine primäre
Meniskopathie sondern eine sekundäre Meniskopathie. Im Hinblick auf die BK 2112 erreiche der Kläger nicht die Voraussetzung
der Anerkennung des Vorliegens einer Gonarthrose mit einem Grad 2 nach Kellgren. Zudem handele es sich im Bereich des linken
Kniegelenkes des Klägers um eine Erkrankung im Sinne einer Osteochondrosis dissecans im Stadium I/II, die ihrerseits eine
Anerkennung einer BK 2112 ausschließe. Seiner Auffassung nach handele es sich bei den Gesundheitsstörungen des Klägers um
eine alterstypische Gonarthrose, insbesondere in der Hauptbelastungszone der Kniegelenke (mediale Segmentgonarthrose), die
dem Altersgang nicht vorauseile. Nachgewiesene Gesundheitsstörungen (Meniskus, Osteochondrosis dissecans, Kreuzbandschaden)
stellten aus seiner Sicht rechtlich wesentliche Teilursachen für die Entstehung dar und stünden einer Anerkennung der Gonarthrose
im Sinne einer BK 2112 entgegen.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2013 lehnte die Beklagte bei dem Kläger das Vorliegen einer BK 2102 und BK 2112 ab. Der Kläger
erfülle nicht die Voraussetzungen dieser Berufskrankheiten. Gemäß den vorliegenden Befunden bestünden bei dem Kläger gonarthrotische
Verschleißerscheinungen und degenerative Meniskusveränderungen an beiden Kniegelenken. In der Gesamtschau sei eher von einer
sekundären Meniskopathie auszugehen, da sich diese im Bereich der Hauptbelastungszonen des medialen Gelenkabschnittes befänden.
Bezüglich der BK 2112 sei festzuhalten, dass nicht alle gonarthrotischen Veränderungen automatisch zu einer Anerkennung führten.
Unter anderem komme es auf den Schweregrad der Verschleißerscheinungen an. Nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen müssten
diese mindestens den Schweregrad 2 nach Kellgren erreichen. Gemäß den vorliegenden medizinischen Unterlagen erreichten die
bei dem Kläger festgestellten gonarthrotischen Veränderungen nicht diesen geforderten Schweregrad.
Den vom Kläger hiergegen erhobenen Widerspruch, den er unter anderem damit begründete, er habe im Sinne beider Berufskrankheiten
überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten bzw. langjährig und intensiv Tätigkeiten auf den Knien ausgeübt, wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2013 als unbegründet zurück. Für die Anerkennung der streitigen Berufskrankheiten sei
unter anderem erforderlich, dass das medizinische Bild dieser Berufskrankheiten bewiesen sei. Im Hinblick auf die BK 2112
habe die an beiden Knien bestehende Gonarthrose den erforderlichen Grad Kellgren 2 nicht erreicht, sodass auch insoweit die
medizinischen Voraussetzungen der BK 2112 nicht vorlägen. Es handele sich vielmehr um das typische Erkrankungsbild einer Osteochondrose,
also einer Knochennekrose unterhalb des Gelenkknorpels. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche gleichfalls, dass bei
dem Kläger am linken Kniegelenk im mittleren Gelenkabschnitt konkurrierende Ursachen in Form zystischer Knochenveränderungen
und eines Teilrisses des vorderen Kreuzbandes vorlägen. Auch das Verteilungsmuster der Gonarthrose in beiden Kniegelenken
spreche gegen einen solchen Zusammenhang. Es handele sich um eine alterstypische Gonarthrose, insbesondere in der Hauptbelastungszone
der Kniegelenke, welche nicht altersvorauseilend sei.
Mit seiner am 2. August 2013 vor dem Sozialgericht (SG) Stralsund erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren bezüglich der Anerkennung einer BK 2102 und 2112 weiterverfolgt.
Bei ihm seien die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen beider Berufskrankheiten zu bejahen. Seine Knieschäden seien
auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2013 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, einen Bescheid zu erlassen, mit dem die Knieerkrankung des Klägers als Berufskrankheit im Sinne
der Nummer 2102 bzw. 2112 der Anlage 1 der
Berufskrankheiten-Verordnung anerkannt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.
Das SG Stralsund hat einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. R. aus B-Stadt vom 27. Mai 2014 eingeholt, dem weitere
medizinische Unterlagen beigefügt waren. Dr. R. hat u. a. angegeben, die medizinischen Voraussetzungen der BK 2112 könnten
beim Kläger vorliegen.
Darüber hinaus hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines chirurgischen Gutachtens von Dr. B. D. aus B-Stadt. In seinem Gutachten vom 28. Oktober
2014 ist der Sachverständige zusammenfassend zu folgender Beurteilung gelangt: Eine BK 2102 sei beim Kläger nicht gegeben.
Es handele sich um eine sekundäre Meniskopathie. Es handele sich um eine Kniegelenksarthrose beidseits rechts größer als links
mit einem sekundären Meniskusschaden im Sinne einer Varusgonarthrose, die zu einer deutlichen Mehrbelastung im Bereich der
inneren Kniegelenke beidseits geführt habe.
Im Hinblick auf die BK 2112 sei festzustellen, dass die vom Kläger bzw. den Personalreferenten der Werft angegebene Kniebelastungen
wesentlich differierten. Die Angaben belegten aber, dass die Belastung abwechselt hätte und nicht gleichzeitig in unterschiedlicher
Intensität angegeben würden. Die geforderten Knorpelveränderungen seien wiederholt in den Arthroskopien, nicht wie entsprechend
der BK 2112 gefordert als vorauseilend im Femoropatellargelenk nachweisbar. Diese nachgewiesenen Veränderungen entsprächen
keinem belastungskonformen Schadensbild, welches bei der von dem Kläger angegebenen Belastung zu erwarten wäre. Ein weiterer
Hinweis auf die nicht wesentliche Ursache der Gonarthrose als Berufskrankheit sei die gering veränderte Patellaform sowie
die ausgeprägte wiederholte Schleimhautreizung. Die Veränderungen im Bereich der Menisci stellten eine weitere Ursache für
die Entstehung einer Gonarthrose dar, besonders im Bereich der medialen Hauptbelastungszonen. Bei den Veränderungen im Bereich
beider Kniegelenke handele es sich um eine Varusgonarthrose beidseits mit sekundärer Meniskusschädigung, die nicht die Voraussetzungen
zur Anerkennung der BK 2112 erfülle.
Auf Antrag des Klägers hat das SG Stralsund weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Professor
Dr. K., Facharzt für Orthopädie aus B-Stadt, gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). In seinem Gutachten vom 19. April 2016 ist der Sachverständige zusammenfassend zu folgender Beurteilung gelangt: Seiner
Auffassung nach handele es sich um eine kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens des Klägers von weit über 13.000
Stunden im Sinne der BK 2112. Zu bemängeln sei, dass eine Arbeitsplatzanalyse durch den TAD nicht stattgefunden habe. Er halte
die medizinischen Voraussetzungen entgegen der Auffassung von Dr. H. und Dr. D. für beide Berufskrankheiten für gegeben. Unter
anderem habe eine jahrzehntelange Zwangsexposition der Kniegelenke bestanden, es handele sich um einen primären Meniskusschaden,
der arthroskopisch mit entsprechenden Aufbrauchschäden auch im Hinterhorn medial beidseits gesichert worden sei. Die Meniskusschäden
seien auf keinerlei Unfälle bzw. paraprofessionale Einwirkungen oder dysblastische Momente zurückzuführen, wie es z. B. ein
Scheibenmeniskus darstelle. Im Bereich beider medialer universaler Kompartimente sei es nicht nur zu Knorpelschäden sondern
zu einer Knorpelglatze gekommen. Die über Jahrzehnte erfolgte langzeitige Beugebelastung beider Kniegelenke halte er für eine
wesentliche Ursache der Schädigung des Gelenkknorpels und Innenmenisci. Zeichen für eine abgelaufene Osteochondrosis dissecans
oder eine vordere Kreuzbandteilruptur seien für ihn nicht erkennbar. Deutlich erkennbar seien jedoch die Gelenkspaltverschmälerungen
medial beidseits mit deutlicher Osteophytenbildung am Tibiakopf und am medialen Femurkondylus links mehr als rechts und die
exophytische Ausziehung an den Patellapolen und im Bereich der Eminentia intercondylica beidseits. Dies beinhalte eine Gonarthrose
Stadium 2 nach Kellgren, weshalb er die klinische, radiologische und arthroskopische Absicherung des primären Arthrosegeschehens
als wesentliche Ursache für den professiogen bedingten Kniegelenksverschleiß, der über das Alter des Klägers hinausgehe, sehe.
Dieser Beurteilung von Prof. Dr. K. ist die Beklagte entgegengetreten. Ihrer Auffassung nach könne immer nur eine der genannten
Berufskrankheiten vorliegen, entweder eine BK nach Nr. 2102 oder eine nach Nr. 2112 der BK-Liste. Es sei zu prüfen, ob entweder
die Meniskusschäden oder die Knorpelschäden dominierten. Der Kläger habe seine berufliche Tätigkeit Ende Oktober 2012 aufgegeben,
wobei er im Zeitraum vom 3. Juli bis 14. September arbeitsunfähig gewesen sei.
Prof. Dr. K. hat in seiner hierzu auf Veranlassung des SG abgegebenen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 8. Juni 2016 unter anderem ausgeführt, nach Rücksprache mit einem
der führenden Mitglieder der Konsensgruppe „Berufliche Kniegelenkserkrankungen“ Oberarzt Dr. G. von der Berufsgenossenschaftlichen
Unfallklinik Hamburg, gebe es Fälle, bei denen durchaus beide Berufskrankheiten vorliegen könnten. Nach dessen Aussagen sei
im Übrigen nicht mehr daran festzuhalten, dass zum Beispiel der Meniskusaufbrauchschaden zunächst das Hinterhorn betreffen
müsse. Nach nochmaliger Durchsicht, auch in Bezug auf die BK 2112, stelle er fest, dass die gonarthrotischen Veränderungen
im Femoropatellargelenk und im Femorotibialgelenk deutlich den Krankheitsprozess dominierten. Er revidiere das Gutachten vom
19. April 2016 insofern, dass es sich wohl doch eher um eine sekundäre Meniskopathie bei dem Kläger handele. Im Übrigen seien
nochmal die 4 Stadien der degenerativen Veränderungen im Röntgenbild der Kniegelenke nach Kellgren dargestellt. Es handele
sich bei dem Kläger um einen Schweregrad II - III nach Kellgren und nicht um einen Schweregrad I. Die Arthroskopien vom September
2008 und Juli 2012 wiesen im OP-Bericht besonders in den Femorotibialgelenken medial schwere Knorpelschäden auf. Er stelle
fest, dass die technischen und medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung nach der BK „2110“ (gemeint ist 2112) gegeben
seien. Die Innenmeniskopathie beidseits werde nach nochmaliger Durchsicht der Unterlagen als sekundär eingestuft.
Der im Hinblick auf die Bewertung durch Prof. K. durch das SG um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme gebetene Sachverständige Dr. D. hat unter dem 10. August 2016 unter anderem
ausgeführt, gegen die Anerkennung einer BK sprächen konkurrierende Ursachen wie eine konservativ behandelte Schienbeinkopffraktur
in der Kindheit sowie angeborene O-Bein-Stellung. Bereits vor Antragstellung auf Anerkennung einer BK 2112 würden von dem
Kläger seit den neunziger Jahren Kniebeschwerden angegeben. Im Übrigen sei nicht von einer kumulativen Einwirkungsdauer von
weit über 13.000 Stunden auszugehen. Die für eine BK 2112 geforderte vorauseilende Knorpelveränderung im Femoropatellargelenk
hätten bei der Arthroskopie 2008 rechts nicht gesichert werden können. Sichere degenerative Veränderungen im Bereich der Kniegelenke
nach Kellgren > Grad 1 lägen seiner Auffassung nach nicht vor. Er bleibe bei seiner bisherigen Bewertung.
Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. H. – ebenfalls vom 10. August 2016 – zu den Akten
gereicht. Hierin heißt es zusammengefasst, dass sich nach momentanem Kenntnisstand medizinisch-wissenschaftlich ein spezifisches
Verteilungsmuster der Knorpelschäden im Kniegelenk durch arbeitsbedingte Belastungen für eine BK 2112 nicht definieren lasse.
Es könne derzeitig für einen Einzelfall keine positive Aussage zur berufsbedingten Entstehung einer Gonarthrose im Rahmen
der medizinischen Zusammenhangsbegutachtung mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit getroffen werden. Bei fehlenden Ausschlusskriterien
(gleich fehlende Ablehnungsgründe) könne die fortbestehende Problematik und dann damit die endgültige Entscheidung nur juristisch
getroffen werden. Er könne anhand der vorliegenden Unterlagen nachvollziehen, dass eine Gonarthrose Grad > II bei dem Kläger
nachzuweisen sei, wenn man die zwischenzeitlich erweiterten Kriterien hierfür berücksichtige. Er könne als Gutachter zurzeit
lediglich feststellen, ob die vom Gesetzgeber formulierten Anforderungen für die BK 2112 vorlägen, d. h. bildgebende Kriterien,
Funktionsstörungen der Kniegelenke, plausible zeitliche Korrelation der Entwicklung der Gonarthrose, vorliegende arbeitstechnische
Voraussetzungen, Ausschluss von außerberuflichen Faktoren der Gonarthroseentstehung. Eine positive Feststellung einer berufsbedingten
Entstehung könne vom medizinischen Sachverständigen derzeit nicht getroffen werden. Prof. Dr. K. habe es versäumt, auf bestehende
außerberufliche Faktoren einzugehen und diese im Sinne der Teilursächlichkeit für die Entstehung der Gonarthrose kritisch
zu bewerten. Entsprechende außerberufliche Faktoren lägen bei dem Kläger vor. So habe der Versicherte in seiner Anamnese gegenüber
Dr. D. angegeben, 2013 einen Gichtanfall erlitten zu haben. Er sei weiterhin der Auffassung, dass die aus der vorliegenden
Akte zu entnehmenden konkurrierenden Ursachen, vermehrte O-Beinstellung, Schienbeinfraktur rechts 1956 mit konservativer Behandlung
und möglicher Beeinträchtigung der Beinachse, Gichterkrankung mit Anfall 2013, Osteochondrosis dissecans eine berufsbedingte
Entstehung der beiderseitigen Gonarthrose ausschließe. Bei Prof. Dr. K. fehlten zudem kritische Äußerungen dazu, warum es
trotz fehlender beruflicher Überlastung nach den Meniskusoperationen zu einer weiteren deutlichen Zunahme der Gonarthrose
gekommen sei. Seine Äußerung, dass er keine Hinweise für eine Osteochondrosis dissecans feststellen könne, sei keine Begründung
für eine Ablehnung der Osteochondrose. Eine Osteochondrosis dissecans im Stadium I/II habe noch keine Dissekatbildung.
Dr. D. ist darüber hinaus wiederum vom SG Stralsund um eine weitere ergänzende gutachterliche Stellungnahme im Hinblick auf
Einwände des Klägers gegenüber seinem Gutachten gebeten worden. Unter dem 23. Dezember 2016 hat Dr. D. u. a. ausgeführt, dass
bei einer in der Kindheit erworbenen Unterschenkelfraktur eine degenerative Veränderung im Kniegelenk mit Wahrscheinlichkeit
zu erwarten sei. Von den behandelnden Ärzten sei seit den neunziger Jahren der Verdacht auf eine übermäßige Belastung der
Kniegelenke aufgrund einer BK nicht geäußert worden bzw. sei dies vom Kläger selbst nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit
angezeigt worden. Er sehe sich zu einer Änderung seiner Bewertung nicht veranlasst.
Durch Urteil vom 12. September 2017 hat das SG Stralsund die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung, auf die
im Einzelnen Bezug genommen wird, hat es unter anderem ausgeführt: die Knieerkrankungen des Klägers seien nicht als BK 2102
und 2112 zu bewerten. Dr. D. habe überzeugend bestätigt, dass die medizinischen Voraussetzungen für beide Berufskrankheiten
nicht vorlägen. Das Krankheitsbild der BK 2112, Gonarthrose, sei nicht nachgewiesen. Dr. D. habe ausgeführt, dass eine Gonarthrose
nach Kellgren im Stadium II auch nach Beurteilung der vorliegenden aktuellen Röntgenaufnahmen nicht erfüllt sei. Die nachgewiesenen
Veränderungen entsprächen keinem belastungskonformen Schadensbild. Soweit man nunmehr mit Prof. Dr. K. von einem hinreichenden
Schweregrad der beidseitigen Gonarthrose ausgehe, habe Prof. Dr. K. sich mit konkurrierenden Ursachen nicht hinreichend auseinandergesetzt.
Sowohl Dr. D. als auch der Beratungsarzt Dr. H. führten weitergehend übereinstimmend konkurrierende Ursachen als wahrscheinliche
Ursache für die Gonarthrose an. Zumindest die Varusstellung der Knie sei Anlass gewesen zur Stellung der Indikation für eine
Umstellungsosteotomie wie auch dem Bericht des Dr. R. von 2009 zu entnehmen sei. Des Weiteren sei dem Gutachten ein Gichtanfall
und Übergewicht des Versicherten zu entnehmen. Die Ausführungen der Drs. D. und H. zur Zusammenhangsbeurteilung entsprächen
der herrschenden medizinischen wissenschaftlichen Lehrmeinung und sprächen unabhängig vom Vorliegen der arbeitstechnischen
Voraussetzungen im Ergebnis für eine anlagebedingte Genese der Gonarthrose.
Gegen das am 22.September 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Oktober 2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG)
Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Zur Begründung trägt der Kläger vor, das SG habe von Amts wegen weitere Ermittlungen in Form eines ärztlichen Gutachtens einholen müssen. Die Gutachten von Prof. Dr.
K. und Dr. D. widersprächen sich. Im Übrigen beruhten die Feststellungen des Dr. D. teilweise auf falschen Tatsachen, wie
etwa dass er seit 1979 bereits eine Tätigkeit auf der Volkswerft ausgeübt habe und durchgehend im Doppelboden Schweißarbeiten
ausgeübt habe. Eine Schienbeinkopffraktur habe es bei ihm nicht gegeben. Eine starke O-Beinstellung liege bei ihm auch nicht
vor, sondern allenfalls eine geringe. Im Übrigen hätte das SG dann seiner Argumentation entsprechend Prof. Dr. K. auffordern müssen, das Gutachten im Hinblick auf konkurrierende Ursachen
zu ergänzen.
Nachdem der Kläger erklärt hat, die Anerkennung einer BK 2102 nicht weiter zu verfolgen, beantragt er,
das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 12. September 2017 teilweise aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung ihres
Bescheides vom 24. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2013 zu verpflichten, seine Gonarthrose in
beiden Kniegelenken als Berufskrankheit im Sinne der Nummer 2112 der Anlage 1 zur
Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. S., Chefarzt der orthopädischen
Abteilung der Helios Reha-Klinik A.. In seinem Gutachten vom 5. Juli 2018 hat der Sachverständige zusammenfassend sich für
das Vorliegen einer Gonarthrose im Sinne der BK 2112 in beiden Kniegelenken ausgesprochen.
Hierzu hat Dr. S. u. a. ausgeführt, eine Gonarthrose des rechten Kniegelenkes des Klägers im Sinne der streitigen BK sei mit
den Röntgenaufnahmen vom 11. September 2014 mit einem Grad II nach Kellgren nachgewiesen. Es sei eine fortschreitende Gonarthrose
Entwicklung im Vergleich zum radiologischen Befund aus dem Jahre 2008 festzustellen, wobei der Kläger auch nach 2008 fortgesetzt
kniebelastende berufliche Tätigkeiten verrichtet habe (bis 2012), sodass eine fortschreitende Gonarthroseentwicklung nachvollziehbar
sei, die sich dann im Röntgenbefund von 2014 darstelle. Es handle sich hierbei um den der Berufsaufgabe nächstliegenden radiologischen
Befund. Auch im Bereich des linken Kniegelenkes sei eine Gonarthrose im Sinne der streitigen BK nachzuweisen. Der Nachweis
einer definitiven Gonarthrose Stadium II nach Kellgren sei entsprechend der auswertbaren radiologischen Befunde ebenfalls
ab September 2014 zu stellen, wobei in der aktuellen Röntgenuntersuchung die mediale Gonarthrose sogar fortschreite. Inzwischen
liege eine Arthrose Grad II bis III nach Kellgren vor.
Der zeitliche Verlauf der Entwicklung der Gonarthrose beidseits sei kongruent. Es würden zwar Kniegelenksbeschwerden ab 1990
durch den Kläger geltend gemacht, die jedoch erst zur fachorthopädischen Behandlung ab 2001 mit aktivierter Beschwerdephase
im Rahmen einer Innenmeniskusschädigung und zu einer zunehmenden Gonarthroseentwicklung Stadium I nach Kellgren 2008 geführt
hätten. Das gleiche betreffe das linke Kniegelenk, zeitlich versetzt bis 2012. Vorausgegangen sei eine langjährige berufliche
Belastung ab 1979, die auch nach der arthroskopischen Operation 2008 am rechten Kniegelenk noch mehrere Jahre fortgesetzt
worden sei. Die Voraussetzung einer in der Regel beidseitigen Betroffenheit der Kniegelenke sei bei dem Kläger bei der streitigen
BK gegeben. Eine primäre Innenmeniskuspathie sei nicht festzustellen. Diese sei in Folge der allgemeinen Knorpelverschleißveränderungen
als sekundär der Arthrosefolgen einzuschätzen. Darüber hinaus sei zu klären, inwieweit konkurrierende Ursachen für die Gonarthroseentwicklung
vorlägen, die gegen einen Zusammenhang sprächen. Hierzu seien in der unfallmedizinischen Literatur verschiedene mögliche Ursachen
einer Sekundärarthrose aufgeführt. Ein erhebliches Körperübergewicht, (wobei der Kläger bei einer Körpergröße von 176 cm 90
kg wiege, was einem BMI von 29,1 (leichtes Übergewicht) entspräche) sei nicht festzustellen. Eine entzündliche Gelenkerkrankung,
z. B. Gicht, sei nicht festzustellen. Im Jahr 2013 sei es anamnestisch einmalig zu einer Gichtarthritis gekommen, vermutlich
im Fußbereich. Ein einmaliges Gichtereignis sei nicht als konkurrierende Verursachung für eine bereits Jahre bestehende Gonarthrose
beidseits wahrscheinlich zu machen. Die Reizkniebildung mit Schwellungen und intraartikulärer Ergussbildung sowie auch arthroskopisch
nachgewiesener Synovialitis erkläre sich zwangslos im Rahmen einer aktivierten Gonarthrose. Ein Hinweis auf eine chronische
Gichtarthropathie sei aktenkundig nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf eine Osteochondrosis dissecans sei kein Dissekat
nachgewiesen, in den Arthroskopieberichten seien keine Mausbette nach Austreten des Dissekats beschrieben worden. Eine eigenständige
Erkrankung an Osteochondrosis dissecans mit klinischer Symptomatik sei zu keiner Zeit nachgewiesen worden. Dies entspreche
letztlich auch der Einschätzung von Dr. H. in seiner letzten Stellungnahme. Eine primäre Meniskopathie sei nicht nachzuweisen.
Auch ein schicksalhafter Verlauf im Hinblick auf die Meniskusdestruktion sei ebenfalls nicht nachzuweisen, da die komplexen
Innenmeniskusschädigungen entsprechend arthroskopischer Berichte eindeutig als sekundär im Rahmen von vorauslaufenden Knorpelverschleißveränderungen
anzusehen seien. Im Hinblick auf einen Kniebinnenschaden mit verbleibender Instabilität sei für das linke Kniegelenk im MRT
von Mai 2012 eine Kreuzbandzerrung beschrieben worden, ein hierzu führendes traumatisches Ereignis sei nicht bekannt. Die
arthroskopischen Befunde wiesen jedoch einen stabilen Kapselbandapparat auf bei stabilen Kreuzbändern. Das linke Kniegelenk
sei stabil, sodass die arthroskopischen und klinischen Untersuchungsbefunde höherwertiger als die MRT-Befunde einzuschätzen
seien. Im Hinblick auf eine Fehlbelastung bei posttraumatischer O-Fehlstellung sei festzustellen, dass eine wesentliche Varusdeformität
der Kniegelenke beim Kläger nicht nachzuweisen sei. Dies entspreche dem körperlichen Untersuchungsbefund sowohl durch Prof.
Dr. K. als auch dem zum Untersuchungszeitpunkt seiner Begutachtung. Eine leichte Genu varum Fehlstellung resultiere aus der
fortschreitenden medialen Gonarthrose. Auch Dr. R. berichte im Jahr 2012 von einer nicht ausgeprägten Varusfehlposition. Im
Übrigen sei nach den Begutachtungsempfehlungen zur BK 2112 eine angeborene Beinachsenfehlstellung kein konkurrierender Faktor,
es gehe lediglich nur um eine posttraumatische Fehlstellung. Zwar sei bei dem Kläger ein Zustand nach Schienbeinfraktur rechts
1956 bekannt. Zum damaligen Zeitpunkt sei der Kläger 4 Jahre alt gewesen. Die Unterschenkelfraktur sei ohne Fehlform ausgeheilt.
Ein konkurrierender Faktor durch eine deutliche posttraumatische O-Beinfehlstellung sei nicht festzustellen.
Zusammenfassend seien wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht gegeben. Den für den Ursachenzusammenhang sprechenden
Anhaltspunkten komme ein deutliches Übergewicht zu. Er sehe den Ursachenzusammenhang als wahrscheinlich an.
Im Hinblick auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. H. konzentriere dieser sich letztlich auf die ablehnende Bewertung
des Ursachenzusammenhanges aufgrund konkurrierender Ursachen, die durch den Gutachter Prof. Dr. K. nicht ausreichend gewürdigt
worden seien. Wie von ihm dargelegt seien jedoch die vermuteten konkurrierenden Verursachungen keine wesentlichen Ursachenfaktoren.
Von Dr. D. seien nicht die nach den Begutachtungsempfehlungen notwendigen Ausmessungen von Gelenkspalt und Osteophyten vorgenommen
worden. Diese entsprächen eindeutig der Klassifikation Stadium 2 nach Kellgren. Dessen Ausführungen zu konkurrierenden Verursachungen
sei nicht zu folgen. Er hingegen habe eine ausführliche Begründung hierfür abgegeben.
Der Bewertung durch Dr. S. ist die Beklagte mit einer (weiteren) Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. H., diesmal vom
22. Oktober 2018, entgegengetreten. Zwar stelle der Sachverständige u. a. fest, dass unter Berücksichtigung der aktuell gültigen
Kriterien von einem Gonarthrosegrad gleich bzw. größer als Grad II ausgegangen werden könne, da auch entsprechende Funktionsstörungen
bzw. auf beiden Seiten chronische Kniegelenksbeschwerden vorlägen. Dr. S. gehe zwar auch auf konkurrierende Ursachen für die
Entstehung einer Gonarthrose ein, diese würden jedoch seiner Auffassung nach durch Dr. S. in Bezug auf die aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen
Erkenntnisse falsch interpretiert. Als konkurrierende Ursache führe der Sachverständige Übergewicht in Form eines BMI von
29,1 auf und komme zu einer Einschätzung, dass ein erhebliches Übergewicht nicht festzustellen sei. Hierzu sei anzumerken,
dass bereits bei einem BMI von 30 nicht mehr von Übergewicht, sondern schon von Adipositas gesprochen werde. Es läge also
entgegen dem Gutachten sehr wohl ein erhebliches Übergewicht vor und sei somit als konkurrierende Ursache zu werten. Beträfen
die Knorpelschäden überwiegend die sogenannten Hauptbelastungszonen des Kniegelenkes - wie diese bei normalen Aktivitäten,
z. B. dem Gehen am stärksten belastet seien – sei eine wesentliche Teilursächlichkeit durch berufliche Belastung nicht wahrscheinlich.
Die Gicht stelle eine systemische Erkrankung dar. Die vom Gutachter besprochene Gichtarthritis von 2013 sei entsprechend zu
werten, auch wenn in den Akten keine Untersuchungsergebnisse zur Gichterkrankung dokumentiert seien, bedeute dies nicht, dass
keine Gichterkrankung bestanden habe. Die vom Sachverständigen getätigten Äußerungen zur Krankheit Osteochondrosis dissecans
bezögen sich alle nur auf den Endzustand der in Schüben verlaufenden Erkrankung. Soweit er ausführe, dass eine klinische Symptomatik
des Austretens des Dissekates aus dem Mausbett zu keiner Zeit in der Akte nachgewiesen sei, sei das korrekt. Es bedeute aber
lediglich, dass kein Endzustand vorgelegen habe. Eine Erkrankung in den 3 vorausgegangenen Stadien sei damit nicht ausgeschlossen.
Im Hinblick auf die Meniskusdestruktion versäume es der Sachverständige darauf hinzuweisen, dass es nach Meniskektomie immer
zu einer Beschleunigung der Knorpelschädigung im Bereich des Knorpels komme, der nicht mehr durch das Meniskusgewebe geschützt
sei. Eine wesentliche konkurrierende Ursache für die Gonarthrose in der Hauptbelastungszone bestehe somit in der stattgefundenen
Meniskusresektion der beiden Kniegelenke. Auch sei eine verbliebene Restinstabilität nach vorderer Kreuzbandverletzung mit
den in den Akten dokumentierten Maßnahmen nicht ausgeschlossen worden. Somit müsse auch diese Erkrankung mit in die Diskussion
als konkurrierende Ursache aufgenommen werden. Auch insofern habe der Sachverständige die Einbeziehung in nicht korrekter
Weise unterlassen. Im Hinblick auf eine posttraumatische Fehlstellung sei festzustellen, dass in den Akten keine Angaben zu
tatsächlichen Fehlstellungen vorlägen. Somit seien alle Einlassungen hierzu spekulativ. Die Prämisse im Hinblick auf einen
kongruenten zeitlichen Verlauf von Dr. S. sei ebenfalls falsch. Er nehme keine Stellung dazu, dass es zu einer Zeit der bestehenden
Kniegelenksbelastungen keine wesentliche Veränderungen der Knorpeldicke gegeben habe, sondern erst nach dem Ende der beruflichen
Belastung eine erhebliche Verschmälerung der Knorpeldicke im linken medialen Kniegelenk als Zeichen einer Gonarthrose aufgetreten
sei. Es sei bei dem Kläger davon auszugehen, dass es bei ihm auch ohne die berufliche Kniebelastung in nahezu gleicher Zeit
zu der Ausbildung einer Gonarthrose in gleicher Ausprägung gekommen wäre. Das nach der Einschätzung von Dr. S. angenommene
Fehlen von wesentlichen konkurrierenden Ursachen sei nicht gleichbedeutend damit, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen
der beruflichen Tätigkeit und der festgestellten Gonarthrose bestehe. Da ein belastungskonformes Schadensbild nicht benannt
werden könne, könne ein Sachverständiger die Frage nach einer ursächlichen Entstehung der Gonarthrose durch die berufliche
Belastung auch nicht beantworten. Deshalb sei die Feststellung, dass eine Wahrscheinlichkeit zwischen den festgestellten Untersuchungsbefunden
und einer BK 2112 bestehe, unwahr. Es könne lediglich festgestellt werden, dass es sich um ein Schadensbild handele, welches
die Anerkennungsvoraussetzungen erfülle, ohne dass hierfür ein echter Wahrscheinlichkeitsnachweis des Kausalzusammenhanges
erarbeitet werden könne.
Dr. S. ist insoweit vom Senat um eine ergänzende Stellungnahme gebeten worden, die er unter dem 12. Februar 2019 abgegeben
hat. Hierin hat Dr. S. u. a. ausgeführt, er halte unverändert an seiner Auffassung fest. Dr. H. bestätige zunächst, dass die
Eingangsvoraussetzungen zur streitigen BK korrekt festgestellt worden seien. Er bestätige eine beidseitige Kniegelenksarthrose
Grad II oder höher unter Berücksichtigung der aktuellen „Erweiterung“ der Begutachtungsempfehlungen zur streitigen BK. Im
Hinblick auf konkurrierende Ursachen sei bezüglich des Übergewichtes sei auszuführen, dass dieser eigenständige und starke
Risikofaktor in der Diskussion des Ursachenzusammenhanges in jedem Fall zu berücksichtigen und zu diskutieren sei. Entscheidend
sei jedoch, dass übergewichtige Personen mit einem BMI größer als 25 bzw. unter 30 in einigen Studien zum Teil keine relevante
Erhöhung des Risikos einer Arthroseerkrankung gezeigt hätten. Erst adipöse Personen mit einem BMI über 30 zeigten in diesen
Studien mit höherem Eintrittsalter der Probanden ein Risiko für die Entstehung einer höhergradigen Kniegelenksarthrose von
etwa 2,5 bis 3 im Vergleich zu Normalgewichtigen. Insofern sei eine wesentliche Unterscheidung zwischen den Kriterien der
Übergewichtigkeit mit einem BMI von unter 30 und der Adipositas mit einem BMI von über 30 gegeben, erst das Vorliegen eines
starken Körpergewichts bzw. einer Adipositas rechtfertige aus seiner Sicht die Annahme einer wesentlich konkurrierenden Verursachung.
Bei einem vorliegenden Übergewicht mit einem BMI von 29 sei nach nicht eindeutiger wissenschaftlicher Grundlage von einer
wesentlichen konkurrierenden Verursachung nicht auszugehen.
Lediglich der Nachweis des Austritts des Dissekats aus dem Mausbett führe zu einer Kompromittierung der Knorpelflächen im
Sinne einer präarthrotischen Deformität mit sich hieraus begründender Annahme des Entstehens einer sekundären Gonarthrose
als konkurrierende Verursachung. Das Austreten eines Dissekat habe zu keiner Zeit nachgewiesen werden können. Richtig sei
die Einlassung von Dr. H., dass es nach einer Meniskektomie häufig zu einer Beschleunigung der Knorpelschädigung im Bereich
des Knorpels komme, der nicht mehr durch das Meniskusgewebe geschützt sei. Unter der Prämisse, dass hierdurch eine wesentliche
konkurrierende Verursachung für die Gonarthrose in der Hauptbelastungszone des medialen Kompartiments gegeben sei, wäre dann
jedoch zu bewerten, dass in diesem Falle von dem Bejahen einer primären Meniskopathie auszugehen wäre. Diese Frage habe jedoch
anhand der aktenkundigen Krankenunterlagen verneint werden können, da zum Zeitpunkt der nachgewiesenen Meniskopathie auch
bereits fortgeschrittene Knorpelverschleißveränderungen der Kniegelenke im Sinne der angestoßenen Arthroseentwicklung festzustellen
gewesen seien. Deshalb sei richtigerweise die Frage der primären Meniskopathie verneint worden. Es sei jedoch zu folgern,
dass die Meniskopathie bereits Folge der angestoßenen Arthroseentwicklung gewesen sei und insofern nicht als (eigenständige)
Teilruptur festzustellen sei.
Bezüglich der Kniebinnenschädigung mit verbleibender Instabilität werde den Einlassungen von Dr. H. nicht gefolgt. Lediglich
im MRT-Befund sei eine Teilstruktur des posterolateralen Anteils des vorderen Kreuzbandes beschrieben worden, klinische Zeichen
einer vorderen Kreuzbandinstabilität seien zu keiner Zeit erhoben worden. Auch würden diese vom Kläger nicht geltend gemacht.
In der Arthroskopie sei eine vordere Kreuzbandruptur nicht beschrieben worden. Bezüglich der Varusfehlstellung bestehe keine
Diskrepanz mit Dr. H.. Im Hinblick auf seine Einlassung bezüglich des passenden zeitlichen Verlaufes der radiologischen Befunde
könne diesen nicht gefolgt werden. Er stelle vollständig auf die Gelenksspaltweite ab. Hierbei werde verkannt, dass in der
Begutachtungsempfehlung der Nachweis eines Grad II oder höher der Gonarthrose nach Kellgren gefordert werde. Da der Kläger
bis zum Jahr 2012 beruflich belastet gewesen sei, sei die Röntgenaufnahme von September 2014 mit der Feststellung der Gonarthrose
Grad II der der Berufsaufgabe nächstliegende vorliegende radiologische Befund. Er sehe den zeitlichen Verlauf der Entwicklung
der Gonarthrose weiterhin als kongruent an.
Hierzu ist seitens der Beklagten erneut eine Stellungnahme von Dr. H., diesmal vom 20. März 2019, übersandt worden. Eine Dosis-Wirkungs-Beziehung
in Bezug auf das Ausmaß des Übergewichts sei nachweisbar. Aus der Unterscheidung zwischen Übergewicht und Adipositas ergebe
sich lediglich der Grad der Risikosteigerung. In jedem Fall sei aber ein ursächlicher Zusammenhang gegeben, der bei der Beurteilung
zu berücksichtigen sei. Zur Gicht bestehe mit dem Sachverständigen kein Dissens. Im Hinblick auf die Osteochondrose dissecans
sei auszuführen, dass diese für den konkreten Fall aus seiner Sicht hier als abzuleitende konkurrierende Ursache lediglich
gegeben sei, aber nicht wesentlich. Im Hinblick auf die Meniskektomie sei die vom Sachverständigen Dr. S. aufgeführte Kausalkette
für ihn nicht nachvollziehbar. In einem bereits durch Arthrose vorgeschädigten Gelenk beschleunige sich der Fortschritt der
Arthrose. Aus diesem Grunde müsse im konkreten Fall der Einfluss der Meniskektomie auf die Arthroseausbildung sehr wohl als
vorliegende konkurrierende Ursache in die Betrachtung einfließen. Ohne Meniskektomie sei davon auszugehen, dass sich die zum
Zeitpunkt der Meniskektomie vorliegende Arthrose, die keinen Grad 2 nach Kalgren erreicht gehabt habe, im weiteren Verlauf
lediglich wie eine altersgerechte Verschleißerkrankung verhalten hätte. Eine Kniegelenksinstabilität müsse im konkreten Fall
mit in die Betrachtung des Ursachenzusammenhangs einbezogen werden, im Hinblick auf die Varusfehlstellung bestehe kein Dissens.
Es sei bereits 2008 zu einer Arthrose im rechten Kniegelenk gekommen, die den Anforderungen für eine BK 2112 aber noch nicht
gerecht geworden sei. Die als Teilursache zu wertende Übergewichtigkeit habe zu diesem Zeitpunkt bereits ebenfalls bestanden.
Durch die seinerzeit durchgeführte subtotale Innenmeniskektomie sei eine hierauf zurückzuführende Beschleunigung der Arthroseentwicklung
eingetreten. Trotzdem habe während der Zeit der beruflichen Kniegelenksbelastung bis 2012 keine Arthrose Grad II gesichert
werden können.
Der Kläger führt abschließend aus, völlig unklar sei nach den Ausführungen von Dr. H., für welche Zeiträume er vom Bestehen
eines Übergewichtes bzw. einer Adipositas bei ihm ausgehe. Er sei bis zu seinem Ausscheiden im Oktober 2012 allenfalls geringfügig
übergewichtig gewesen, sein Gewicht habe sich zwischen 83 und 84 kg Ende 2012 bewegt. Als er keine Tätigkeiten mehr ausgeübt
habe, habe sich sein Gewicht auf 91 kg erhöht, wie es durch Prof. Dr. K. im April 2016 festgestellt worden sind.
Der Senat hat die Beklagte gebeten mitzuteilen, ob die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2112 als erfüllt
angesehen werden. Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 14. April 2020 zu den Akten gereicht. Hiernach
seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung der BK 2112 erfüllt. In der Stellungnahme heißt es, dass sich
bei dem Kläger eine kumulative Einwirkungsdauer für Tätigkeiten im Knien oder unter vergleichbarer Belastung von 37.100 Stunden
ergebe, die arbeitstechnisch relevante Grenze von 13.000 Stunden sei im Jahre 1990 erreicht worden. Hinsichtlich der Einzelheiten
des Berichts wird auf Blatt 283 bis 288 der Gerichtsakte verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten L 5 U 58/17 - S 14 U 57/13 (SG B-Stadt - 2 Bände) sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt zum Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
Das angefochtene Urteil des SG B-Stadt vom 12. September 2017 ist teilweise aufzuheben. Die Beklagte ist unter Abänderung des angefochtenen Bescheides vom
24. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2013 verpflichtet, die Arthrose beider Kniegelenke des
Klägers als BK 2112 anzuerkennen. Über die Anerkennung einer BK 2102 hatte der Senat aufgrund der Rücknahme des Antrages im
Berufungsverfahren durch den Kläger hingegen nicht (mehr) zu entscheiden.
Für die Anerkennung einer BK 2112 ist, wie bei jeder anderen Listen-Berufskrankheit, Voraussetzung, dass die Verrichtung einer
– grundsätzlich – versicherten Tätigkeit vorliegt; die Verrichtung muss zur Einwirkung von Belastungen, Schadstoffen etc.
auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität); die Einwirkungen müssen die Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende
Kausalität). Hierbei müssen die versicherte Tätigkeit, die „Verrichtung“, die „Einwirkung“ und „Krankheit“ im Sinne eines
Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung
zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt hingegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit
(vergleiche u. a. Becker, „Neues Prüfungsschema für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten“, „Der medizinische Sachverständige“
2007, Seite 145 ff., 148 ff. m. w. N.).
Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist eine Wahrscheinlichkeit, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für
den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass hierauf die richterliche Überzeugung begründet
werden kann (vergleiche Becker a.a.O.).
Bei dem Kläger liegt eine BK 2112 vor.
Hiernach ist eine Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer
während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht
eine Berufskrankheit.
I.
Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2112 aufgrund der beruflichen
Einwirkungen, die der Kläger aufgrund seiner langjährigen, deutlich über dem Mindestbelastungswert von 13.000 Stunden kniebelastenden
Tätigkeit als Schweißer auf der Werft ausgesetzt gewesen ist, erfüllt sind. Dies ergibt sich aus den von der Beklagten im
Berufungsverfahren eingereichten Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 14. April 2020. Der Kläger war im Zeitraum von
über 30 Jahren (vom 29. Januar 1979 bis 31. Oktober 2012) Kniebelastungen im Sinne dieser BK von insgesamt über 37.000 Stunden
ausgesetzt. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht.
II.
Darüber hinaus liegt bei dem Kläger zur Überzeugung des Senats eine Gonarthrose in beiden Kniegelenken im Sinne der streitigen
BK 2112 vor. Der Senat schließt sich den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. an, der in Übereinstimmung
mit der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. K., den Nachweis für einen erforderlichen Grad der Arthrose nach Kellgren
II im Sinne dieser BK am 11. September 2014 durch die entsprechenden Röntgenaufnahmen als erbracht ansieht. Auch letzteres
räumt die Beklagte offensichtlich mit den nachfolgend eingereichten Stellungnahmen ihres Beratungsarztes Dr. H. vom 10. August
2016, 22. Oktober 2018 und 20. März 2019 ein. Der gegenteiligen Auffassung des Sachverständigen Dr. D. vermochte sich der
Senat hingegen nicht anzuschließen. Der Vollbeweis einer Erkrankung im Sinne der streitigen BK ist erbracht worden; dies zweifelt
Dr. H. nunmehr auch nicht mehr an.
In diesem Zusammenhang weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Anerkennung der streitigen BK 2112 nicht durch die Rückwirkungsklausel
des §
6 Abs.
3 Satz 1
Berufskrankheiten-Verordnung in der Fassung der 4. Verordnung zur Änderung der
Berufskrankheiten-Verordnung vom 10. Juli 2017 (BGBl I 2299) ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift lautet: „Leiden Versicherte am 1. Juli an einer Krankheit
nach Nr. 2112, 4114 oder 4115 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall
nach dem 30. September 2002 eingetreten ist.“. Bei dem Kläger liegt der Versicherungsfall der BK 2112 aber nicht vor dem Stichtag
des §
6 Abs.
3 Satz 1
Berufskrankheiten-Verordnung, dem 30. September 2002. Gesichert ist eine Gonarthrose im Sinne der BK 2112 vielmehr erst am 11. September 2014, wie sich
dies aus dem Gutachten von Dr. S. nebst den hierauf nachfolgenden ergänzenden Stellungnahmen von Dr. H. ergibt. Auch hierüber
streiten die Beteiligten nicht.
III.
Darüber hinaus ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Tätigkeit des Klägers als Schweißer
(bis zum Jahr 2012) und der vorliegenden Gonarthrose (haftungsbegründende Kausalität) wahrscheinlich. Dies steht zur Überzeugung
des Senates aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens fest (vergleiche §
128 Abs.
1 SGG), insbesondere aufgrund des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. S. vom 5. Juli 2018 nebst ergänzender gutachterlicher
Stellungnahme vom 12. Februar 2019.
Für die Kausalitätsprüfung im Rahmen der Feststellung der BK 2112 sind die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Verursachung
einer Gonarthrose zu berücksichtigen. Zur Ermittlung des aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes sind –
als Interpretationshilfe – die sogenannten Merkblätter zur BK 2112 heranzuziehen, auch wenn sie kein antizipiertes Sachverständigengutachten
oder eine Dokumentation des Standes der einschlägigen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darstellen. Die Ausführungen
im Merkblatt zur BK 2112 wurden insoweit ergänzt durch eine „wissenschaftliche Stellungnahme zur BK 2112 der Anlage 1 zur
BKV“ (veröffentlicht in der Bekanntmachung des BMAS vom 24. Oktober 2010 – GMBl. 2011 Seite 893).
Nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist es nicht möglich, ein spezifisches Schadensbild einer beruflich
induzierten Gonarthrose auch nur theoretisch zu beschreiben oder gar als bewiesene Tatsache zu unterstellen, ein „belastungskonformes
Schadensbild“ konnte nicht erarbeitet werden (Mehrtens/Brandenburg, Kommentar zur Berufskrankheiten Verordnung, M 2112 Anmerkung
4; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall- und Berufskrankheit, 9. Auflage, Stand 2017, Seite 673 ff.). Darüber hinaus
hält es der Senat für unbedenklich, dass sowohl Dr. S. als auch der beratende Arzt Dr. H. die Begutachtungsempfehlungen für
die BK 2112 von der deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (Stand 3. Juli 2014) bei der Beurteilung der Kausalität
berücksichtigen, wonach anhand gewisser Kriterien ein ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich bzw. nicht wahrscheinlich ist.
(vergleiche auch Schönberger a.a.O., Seite 682).
Vor diesem Hintergrund sah sich der Senat nicht veranlasst, sich mit den Stellungnahmen von Dr. H. vor der Gutachtenerstellung
durch Dr. S. (Gutachten vom 5. Juli 2018) im Einzelnen auseinanderzusetzen. Wie er selbst eingeräumt hat, entsprachen seine
früheren Ausführungen nicht immer den heutigen maßgeblichen medizinischen Erkenntnissen bzw. ärztlich wissenschaftlicher Lehrmeinung.
Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass aber, wie bereits dargelegt, auch im Hinblick auf die Anerkennung der BK 2112
die allgemeinen Grundsätze im Berufskrankheitenrecht in Form der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten. Insoweit teilt
der Senat auch nicht die Auffassung, dass allein beim Vorliegen der beruflichen Voraussetzungen und eines „geeigneten“ Krankheitsbildes
etwa ohne das Bestehen von konkurrierenden Faktoren diese BK in jedem Falle anzuerkennen wäre (siehe auch Schönberger a.a.O.,
Seite 681; ebenso Mehrtens/Brandenburg, Kommentar zur
Berufskrankheiten-Verordnung, M 2112, Randzeichen 4). Dies bedeutet aber auch andererseits, dass nach der Theorie der wesentlichen Bedingung konkurrierende
Ursachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müssen (vergleiche auch Urteil des LSG Baden-Württemberg
vom 17. Oktober 2019, L 10 U 2027/18 nach juris).
a)
Dr. S. hat sich als einziger Sachverständiger im vorliegenden Rechtsstreit im Einzelnen sehr ausführlich mit dem Vorliegen
von sogenannten konkurrierenden Ursachen anhand der Liste bzw. Übersicht in den Begutachtungsempfehlungen für die BK 2112,
a.a.O., abgedruckt ebenfalls in Schönberger a.a.O. Seite 677 ff.) befasst und diese im Einzelnen im Hinblick auf einen „Ursachenbeitrag“
gewichtet. Er hat dann für den Senat überzeugend dargelegt, dass die jahrelange kniebelastende Tätigkeit des Klägers Ursache
im eingangs genannten Rechtssinne für die Arthrose in beiden Kniegelenken ist. Dr. S. hat zudem zutreffend darauf hingewiesen,
dass allein die Benennung von sogenannten „konkurrierenden Ursachen“ nach dieser Liste keinesfalls bedeutet, dass bei Vorliegen
solcher „Faktoren“ diese im Sinne einer Bedingung auch automatisch als wesentliche Ursache angesehen werden können. Deren
Ursächlichkeit ist selbstverständlich bei entsprechendem Vorliegen zu gewichten, wie es die medizinische Literatur (vergleiche
Schönberger a.a.O. Seite 677, Stand: 2017) verlangt. Diese Ausführungen in Schönberger u.a., aaO entsprechen zur Überzeugung
des Senates dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft bzgl. der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhanges
dieser BK; neuere Untersuchungsergebnisse werden im Übrigen auch von der Beklagten bzw. Dr. H. insoweit nicht präsentiert.
Soweit Dr. H. konkurrierende Ursachen für die Arthrose beim Kläger benennt bzw. nach der von ihm vorgenommenen Bewertung dieser
Umstände diesen eine überragende Bedeutung für die Entstehung der Gonarthrose zuschreibt, vermag der Senat diesen (zeitlich
letzten) Ausführungen von Dr. H. nicht zu folgen. Dr. S. hat sich in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme im Einzelnen
hiermit nochmals befasst und für den Senat plausibel dargelegt, dass eben keine konkurrierende Ursachen als wesentlich, auch
in ihrer Gesamtschau, für die Entstehung der BK 2112 anzunehmen sind.
b)
Bezüglich eines von Dr. H. angenommenen Übergewichts des Klägers als maßgebliche konkurrierende Ursache ist anzumerken, dass
es zunächst in dem Merkblatt dieser BK in der Bekanntmachung des BMAS vom 30. Dezember 2009 (abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg,
a.a.O., M 2112) u. a. heißt, dass diese Berufskrankheit auch bei Vorliegen einer Adipositas grundsätzlich anzuerkennen ist,
weil zwischen beruflicher Einwirkung im Sinne dieser Berufskrankheit und Adipositas ein multiplikatives Zusammenwirken in
Bezug auf das relative Gonarthroserisiko besteht, d. h. auch beim Adipösen die berufliche Einwirkung das Gonarthroserisiko
in etwa verdoppelt. Somit sei diese Berufskrankheit bei Vorliegen der beruflichen Voraussetzungen und geeigneten Krankheitsbildes
auch bei Adipösen anzuerkennen. Nach den Begutachtungsempfehlungen aus dem Jahre 2014 heißt es u. a. (vergleiche Seite 21
a.a.O.), für die Adipositas bestehe eine epidemiologische Evidenz für ein multiplikatives Zusammenwirken mit den arbeitsbedingten
Belastungen. Nach der wissenschaftlichen Begründung sei die BK 2112 bei Vorliegen der arbeitsbedingten Voraussetzungen und
des geeigneten Krankheitsbildes auch bei Adipösen anzuerkennen. In der in dieser Begutachtungsempfehlung genannten Liste im
Hinblick auf die Übersicht zu „konkurrierenden Faktoren unter dem Themenblock Adipositas“ wird zwar ein Übergewicht ausdrücklich
genannt. Hierzu heißt jedoch beispielsweise in Schönberger u. a., a.a.O., Seite 681 wiederum, dass nach der wissenschaftlichen
Begründung dieser BK zwischen beruflicher Einwirkung und Adipositas ein multiplikatives Zusammenwirken auf das Gonarthroserisiko
bestehe. Dies gelte jedenfalls im Regelfall bei gleichlautendem Auftreten von Adipositas und beruflicher Belastung; bei zeitlich
unterschiedlichem Verlauf sei der Zusammenhang eher kritisch zu prüfen.
Die Auffassung von Dr. H., dass eine Adipositas oder (extremes) Übergewicht für die Entstehung der BK 2112 hier ein erhebliches
Risiko darstellt, überzeugt nicht, da er allein aufgrund der Gewichtsangabe von Dr. S. bei seiner Begutachtung vom 29. Mai
2018 von 90 kg – bei der gutachterlichen Untersuchung von Prof. K. bzw. Dr. D. im September 2014 wog der Kläger 91 – nicht
nur eine konkurrierende Ursache als erwiesen ansieht, sondern diese darüber hinaus noch als „wesentlich“ für die Erkrankung
der Kniegelenke des Klägers ansieht.
Nähere Informationen darüber hinaus zu einem „Übergewicht“ des Klägers sind überhaupt nicht vorhanden. Dr. H. vermochte keine
weiteren belastbaren Anhaltspunkte für die Annahme eines Übergewichtes überhaupt zu benennen. Soweit er ausführt, der Kläger
sei bereits 2008 übergewichtig gewesen, erschließt sich dies dem Senat nicht. Angesichts der oben aufgezeigten Ausführungen
zur „Rolle des Übergewichts“ nach den neuesten Ausführungen in Schönberger a.a.O. sind keinerlei Anhaltspunkte gegeben, wie
sich etwa das Übergewicht des Klägers im Verlaufe seiner beruflichen Tätigkeit z. B. entwickelt haben könnte. Zudem ist zu
berücksichtigen, dass der Kläger bereits seit 1979 langjährig beruflich belastet gewesen ist und die entsprechenden arbeitstechnischen
Voraussetzungen ausweislich auch der Stellungnahmen der Beklagten schon im Jahre 1990, d. h. nach gut 10jähriger Tätigkeit,
erfüllt gewesen sind. Eine nähere Begründung, warum hier ein BMI von 29,1 bei dem Kläger als Konkurrenzursache angenommen
werden kann, lässt Dr. H. vollkommen vermissen. Auch kein anderer Sachverständiger führt ein solches Übergewicht als wesentlichen
Grund für die gonarthrotischen Veränderungen in den Kniegelenken des Klägers an.
Daher kommt es auch für den Senat nicht darauf an, ob ein BMI von 29,1 lediglich ein „Übergewicht“ darstellt oder erst eine
Adipositas mit einem BMI von 30 als konkurrierende Ursache der streitigen BK 2112 diskutiert werden kann. Hierbei verkennt
der Senat nicht, dass bei einem Übergewicht (oder auch einer Adipositas) häufig ein erhöhtes Krankheitsrisiko für zahlreiche
Erkrankungen des Menschen vorhanden ist, wie Dr. H. ausführt. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass etwa die
in der BK 2112 genannten arbeitstechnischen Kriterien von 13.000 Stunden auf Erkenntnissen aus epidemiologischen Studien (vergleiche
hierzu BR-Drucksache 242/09 Seite 17) beruhen, wonach sich bei einer Belastungsdauer von insgesamt rund 13.000 Stunden ein
mehr als verdoppeltes, signifikant erhöhtes Gonarthroserisiko für Personen mit erhöhter beruflicher Exposition durch eine
kniende Tätigkeit gezeigt hat. Auch für die Voraussetzung der mindestens einstündigen Kniegelenksbelastung pro Schicht wurde
die Verdoppelungsdosis in epidemiologischen Studien festgestellt. Der Kläger weist eine Belastung von nahezu dem Dreifachen
auf.
c)
Soweit Dr. H., im Gegensatz zu Dr. S., einen zeitlich kongruenten Verlauf der Erkrankung des Klägers in seiner letzten beratungsärztlichen
Stellungnahme nicht gegeben sieht und eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges u. a. aufgrund
des Umstandes verneint, weil bei dem Kläger bereits im Jahre 2008 eine Arthrose im rechten Kniegelenk vorhanden gewesen ist
und dann aufgrund der durchgeführten Innenmeniskektomie eine wesentliche Verursachung der Arthrose (Beschleunigung) eingetreten
ist, vermag dieses Argument den Senat ebenfalls nicht zu überzeugen. Es ist zwar bei dem Kläger erst nach Beendigung der beruflichen
Belastung im Jahre 2012 zwei Jahre später eine Veränderung der Arthrose dokumentiert worden, die die Annahme des Grades Kellgren
II im rechten Kniegelenk des Klägers rechtfertigt. Im Hinblick auf einen „zeitlichen Verlauf“ der Arthroseerkrankung (vgl.
Schönberger a.a.O. Seite 683) ist bekannt, dass bei einer zeitorientierten Betrachtung der Befundentwicklung von Bedeutung
ist, ob die erstmalige Diagnose einer Gonarthrose erst nach Aufgabe der belasteten beruflichen Tätigkeit gestellt worden ist.
Soweit die Diagnosestellung einer Gonarthrose mit einem Schweregrad von mindestens Kellgren II innerhalb der ersten fünf Jahre
nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit erfolgt, hat dies keine wesentliche negative Indizwirkung (vgl. Schönberger u. a.,
aaO, Seite 683).
Letzteres ist bei dem Kläger der Fall, weil auch nach den Ausführungen von Dr. H. zumindest innerhalb von gut zwei Jahren
(bzw. 26 Monaten) nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit im Juli 2012 (Eintritt von Arbeitsunfähigkeit) ein Arthrosegrad II
festgestellt werden konnte.
Soweit Dr. H. im Zusammenhang mit der „zeitlichen Kongruenz“ die Entwicklung der Arthrose auf eine angenommene Instabilität
nach erfolgter Kreuzbandschädigung und auf vorliegende Meniskusschäden bzw. den Zustand nach Meniskektomie (wesentlich) zurückführt,
überzeugt diese Argumentation ebenfalls nicht. Seine Annahme, dass ohne die Meniskektomie bei dem Kläger davon auszugehen
sei, dass sich die zum Zeitpunkt der Meniskektomie vorliegende Arthrose im weiteren Verlauf lediglich wie eine altersgerechte
Verschleißerkrankung verhalten hätte, hält der Senat für eine Spekulation.
Dr. S. bestreitet insoweit überhaupt nicht, dass bei einem Zustand nach Meniskektomie ein erhöhtes Risiko für eine Entwicklung
einer Gonarthrose besteht (vergleiche Schönberger a.a.O., Seite 681). Dr. S. hat ausgeführt, dass die komplexe Meniskusschädigung
entsprechend der arthroskopischen Berichte bei dem Kläger sich als sekundär, im Rahmen von vorauslaufenden Knorpelverschleißveränderungen
darstellt und keine (wesentliche) konkurrierende Ursache ist. Plausibel nimmt er an, dass zum Zeitpunkt der nachgewiesenen
Meniskopathie zu Beginn des Jahres 2008 fortgeschrittene Knorpelverschleißveränderungen im Sinne einer angestoßenen Arthrose
als eine Entwicklung festzustellen sind und folgerichtig eine primäre Meniskopathie (entsprechend etwa der BK 2102) nicht
vorliegt. Insofern hält es der Senat für schlüssig, dass die Meniskopathie bereits als Folge der Arthroseentwicklung anzusehen
ist. So hat Dr. H. selbst ausgeführt, dass Meniskusschäden auch in Folge von Knorpelschäden etc. entstehen können und eine
primäre Meniskopathie beim Kläger, in Übereinstimmung mit allen gehörten Sachverständigen, nicht vorliegt.
Schließlich hat Dr. S. überzeugend die Annahme von Dr. H. widerlegt, dass eine aufgrund einer Kreuzbandschädigung angenommene
Knieinstabilität als wesentliche Ursache der Arthroseentwicklung angesehen werden muss. Der Sachverständige hat zu keiner
Zeit Befunde eine entsprechende Instabilität beim Kläger gefunden und auch der Kläger selbst hat hierüber nicht geklagt. Es
überzeugt den Senat, wenn der gerichtliche Sachverständige hier eine Würdigung anhand konkreter Krankenunterlagen bzw. medizinischer
Befunde (z. B. Arthroskopieberichte) vornimmt. Die Ausführung von Dr. H., dass etwa Befunde bei Untersuchungen (z. B. Arthroskopie)
übersehen werden könnten, klinische Untersuchungen subjektiven Fehlern unterworfen sind und eine Restinstabilität nicht ausgeschlossen
werden könne, begründen ebenso wenig wie abstrakte Literaturhinweise Zweifel an der Überzeugungskraft der Argumentation von
Dr. S..
d)
Darüber hinaus enthalten die Ausführungen von Dr. H. in seiner „jüngsten“ beratungsärztlichen Stellungnahme (Ausführungen
zur Gicht, zur Osteochondrosis dissecans und zur Fehlstellung) keine Argumente, die die Annahme einer vorhandenen Ursache
rechtfertigen bzw. die Überzeugungskraft des Gutachtens von Dr. S. schmälern könnten. So führt Dr. H. u. a. aus, dass zu den
Punkten „Gicht“ und „Varusfehlstellung“ keine Dissens bestehe; im Hinblick auf das Vorliegen einer Osteochondrosis disecans
als wesentliche Ursache sieht er diese unter Beibehaltung seiner Auffassung jedenfalls als „nicht wesentlich“ an. Etwas anderes
ist auch dem Vortrag der Beklagten, die sich letztlich im Berufungsverfahren auf die Einreichung von Stellungnahmen von Dr.
H. beschränkt, nicht zu entnehmen.
e)
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass er den Ausführungen von Dr. D., entgegen der Auffassung des SG Stralsund, im
Hinblick auf das Nichtbestehen einer BK 2112 ebenfalls nicht zu folgen vermag. Dr. D. behandelt zum einen die Problematik
von konkurrierenden Ursachen äußerst oberflächlich bzw. befasst er sich mit dieser Problematik anhand der eingangs genannten
medizinischen Literatur nicht. Dieser Umstand ist sicherlich teilweise mit dem damaligen medizinischen Erkenntnisstand aus
dem Jahre 2016 zu begründen, z. B. ist die Neuauflage von Schönberger a.a.O. erst im Jahre 2017 erschienen. Allerdings haben
die oben genannten Begutachtungsempfehlungen bzw. das Merkblatt schon vorgelegen. Darüber hinaus enthalten die Ausführungen
von Dr. D. teilweise nicht medizinisch begründbare bzw. keine medizinischen Argumente. So verneint er offensichtlich das Vorliegen
der sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen bei dem Kläger. Auch die Argumentation dahingehend, dass der Kläger selbst
den Verdacht über das Vorliegen einer Berufskrankheit (und nicht etwa ein behandelnder Arzt) geäußert habe, stellt kein entscheidendes
Argument dar, die Voraussetzungen der BK 2112 verneinen zu können.
Prof. Dr. K. lässt zwar ebenfalls eine Auseinandersetzung mit konkurrierenden Ursachen, wie sie letztlich erstmalig Dr. S.
zutreffender Weise unter Berücksichtigung der medizinischen aktuellen Literatur vorgenommen hat, vermissen. Dies bedarf aber
letztlich keiner weiteren Darlegung des Senates, weil der Sachverständige sich jedenfalls im Ergebnis zu Recht für das Vorliegen
einer BK 2112 bei dem Kläger ausgesprochen hat.
Über die Höhe der berufskrankheitenbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit war im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt das nur teilweise Obsiegen des Klägers im Hinblick auf die BK 2112 in erster Instanz.
Gründe für eine Revisionszulassung (vergleiche §
160 Abs.
2 SGG) sind für den Senat nicht ersichtlich.