Krankenversicherungsbeiträge
Kein Übernahmeanspruch
Missbräuchliche Rechtsverfolgung
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage vom 15.07.2015 gegen den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2011 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 15.03.2012 und begehrt für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2011 höhere als die bislang bewilligten Krankenversicherungsbeiträge.
Bislang sei von dem Beklagten nur der Tarif E100 seiner bei der I D bestehenden privaten Krankenversicherung in Höhe von 260,47
EUR monatlich beglichen worden. Der Kläger meint, er habe einen Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge jedoch
in Höhe des Basistarifs (monatlich 575,44 EUR).
Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Bescheid vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.3012
bestandskräftig geworden sei. Der Klageantrag könne daher außergerichtlich lediglich als Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit
des Bescheides gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X gedeutet werden, was jedoch schon deshalb erfolglos bleiben müsse, da die Jahresfrist gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X abgelaufen sei. Im Übrigen habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er im streitigen Zeitraum höhere als die monatlich bewilligten
260,47 EUR Krankenversicherungsbeiträge gehabt habe. Das Sozialgericht wies den Kläger darauf hin, dass die Klage unzulässig
sei, da der streitige Bescheid des Beklagten vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 bestandskräftig
sei. Dem Kläger wurden für den Fall des Festhaltens an der unzulässigen Klage Mutwillenskosten gemäß §
192 SGG in Höhe von 200,00 EUR angedroht. Die Beteiligten waren mit einer Entscheidung per Gerichtsbescheid einverstanden.
Das Sozialgericht Duisburg hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 05.08.2015 abgewiesen, da die Klage bereits unzulässig
sei. Zur Begründung nahm es Bezug auf seinen Hinweis sowie die ausführliche Darstellung des Beklagten im Klageerwiderungsschreiben
vom 29.07.2015. Die Entscheidung, dem Kläger Verfahrenskosten aufzuerlegen, folge aus §
192 Abs.
1 Nr.
2 SGG. Nach dieser Vorschrift könne das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht
würden, dass er den Rechtsstreit fortführe, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt
worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden sei. Eine entsprechende
Belehrung sei mit gerichtlichem Hinweisschreiben vom 30.07.2015 gegenüber dem Kläger erfolgt. Die Kammervorsitzende habe ihn
darauf hingewiesen, dass im Falle des Festhaltens an der unzulässigen Klage Mutwillenskosten verhängt werden würden. Angesichts
dieser Belehrung sei das Festhalten an der Klage missbräuchlich im Sinne von §
192 SGG. Ein Missbrauch sei dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder (wie hier) unbegründet sei
und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden müsse. Diese Auslegung entspräche der ständigen Rechtsprechung
des BVerfG zur Missbrauchsgebühr in § 24 Abs. 2 BVerfG (vgl. BVerfG in JW 1996, Seite 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG sei auch zur Auslegung des §
192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften würden übereinstimmen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 16.06.2004,
- L 12 AL 59/03 -; LSG Thüringen, Urteil vom 18.09.2003 - L 2 RA 379/03 -). Der Beklagte habe in seinem Klageerwiderungsschreiben vom 29.07.2015 ausführlich dargestellt, dass die Klage unter keinen
in Betracht kommenden Umständen Erfolg haben könne. Die Vorsitzende habe mit gerichtlichem Hinweisschreiben nochmals betont,
dass die Klage aufgrund der Bestandskraft des Bescheides der Beklagten vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 15.03.2012 unzulässig sei. Die Kammervorsitzende halte im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens die Auferlegung von Verschuldenskosten
für gerechtfertigt. Vor dem Hintergrund der fast täglich eingehenden Schriftsätze des Klägers und dem dadurch verursachten
enormen Bearbeitungsaufwand einschließlich der Notwendigkeit einer Gerichtsbescheid-Abfassung erscheine ein Betrag von 200,00
EUR durchaus angemessen.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 07.08.2015 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 09.08.2015 sinngemäß Berufung eingelegt.
Diese beziehe sich auf die Unzulässigkeit. Aus dem gerichtlichen Hinweisschreiben gehe keine gerichtliche Belehrung hervor.
Die Verschuldenskosten Höhe von 200 EUR würden zurückgewiesen. Wenn nun der Beklagte meine, dass kein Nachweis erbracht worden
sei, sei dies richtig, jedoch sollten im streitigen Zeitraum Behandlungen durchgeführt werden. Aufgrund der Eigenbeteiligung
von 100 EUR seien aber keine Behandlungen durchgeführt worden, da ein Eigenanteil von 100 EUR einem Hilfebedürftigen von dem
Regelbedarf nicht zumutbar sein könne.
Der Beklagte entgegnet, dass er für die streitige Zeit den vom Kläger nachgewiesenen Krankenversicherungsbetrag in Höhe von
260,47 EUR monatlich berücksichtigt habe. Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die der Beklagte nicht bereits
bei seiner Stellungnahme im Klageverfahren berücksichtigt habe. Die Klage des Klägers könne unter keinem Gesichtspunkt Erfolg
haben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 05.08.2015 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 20.12.2011 in
der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 abzuändern und ihm den Differenzbetrag aus den bislang erbrachten Krankenversicherungsbeiträgen
i.H.v. monatlich 260,47 EUR zum Basistarif i.H.v. monatlich 575,44 EUR = 3 x 314,97 EUR = 944,91 EUR nebst 4 % Zinsen ab Klagedatum
zu gewähren und die ihm auferlegten Verschuldenskosten in Höhe von 200,00 EUR aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von dem Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte.
Entscheidungsgründe
Das Landessozialgericht konnte die Streitsache durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) entscheiden, da hierfür die Voraussetzungen gegeben sind.
Gemäß §
124 Abs.
2 SGG darf ein Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen, wenn die Beteiligten ausdrücklich zu einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung im Sinne des §
124 Abs.
2 SGG vom Gericht angehört wurden und hierzu von ihnen auch ausdrücklich ein Einverständnis mit dieser Entscheidung erklärt wurde.
Das Einverständnis muss schriftlich erfolgen und muss sich unmissverständlich auf eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche
Verhandlung nach §
124 Abs.
2 SGG erstrecken. (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum
SGG, 11. Aufl. 2014 §
124 Rdnrn. 3 ff. m.w.N.). Vorliegend hat der Kläger mit Schriftsatz vom 25.09.2015 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 19.10.2015
einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung des Sozialgerichts Duisburg vom 05.08.2015 ist auch unter Berücksichtigung des Klägervortrages im Berufungsverfahren
(weiterhin) zutreffend.
Der Kläger hat keinen Anspruch für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2011 auf höhere als die bislang von dem Beklagten bei der
I D beglichenen 260,47 EUR monatlich. Insbesondere hat er keinen Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge in
Höhe des Basistarifs (monatlich 575,44 EUR). Denn der Bescheid vom 20.12.2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.03.2012
ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten im Sinne von §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG. Der Bewilligungsbescheid vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 ist bestandskräftig geworden.
Es fehlt (offensichtlich) an einem zwingend notwendigen Vorverfahren (vgl. §
78 SGG).
Bezüglich der Erfolgsaussichten eines möglichen außergerichtlichen Antrages auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides
gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X wird auf das Schreiben des Beklagten vom 29.07.2015 Bezug genommen, mit welchem der Kläger sich bis heute nicht auseinandergesetzt
hat.
Soweit sich der Kläger gegen die Verhängung von Verschuldenskosten wendet, hat er mit seinem Begehren ebenfalls keinen Erfolg.
Denn er ist mit dem gerichtlichen Schreiben vom 30.07.2015 von der Vorsitzenden auf die Aussichtslosigkeit der Fortsetzung
des Verfahrens, die Missbräuchlichkeit der weiteren Inanspruchnahme des Gerichts sowie die für den Fall der Fortsetzung des
Verfahrens in Betracht kommende Auferlegung von Gerichtskosten in Höhe von 200 EUR hingewiesen worden.
Der Kläger hat den Rechtsstreit trotz dieser Hinweise fortgeführt. Dieses Verhalten ist rechtsmissbräuchlich. Eine missbräuchliche
Rechtsverfolgung liegt vor, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als aussichtslos angesehen werden
muss (LSG NRW, Urteil vom 20.01.2010 - L 11 KR 80/07 -; vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 19.12.2002 - 2 BvR 1255/02 -). Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die zu entscheidenden Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind und trotz
eindeutiger entsprechender Hinweise des Gerichts der Rechtsstreit fortgeführt wird (LSG Sachsen, Urteil vom 05.12.2013 - L 1 KR 231/12 -). Vorliegend war kein sachlicher Grund gegeben, das offensichtlich aussichtslose Klageverfahren fortzuführen. Auch hinsichtlich
der Höhe der auferlegten Kosten (Mindestgebühr gemäß §
192 Abs.
1 Satz 3 i. V. m. §
184 Abs.
2 SGG) ist die von dem Sozialgericht getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Anlass, die Revision nach §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen.