Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der bei der Klägerin anfallenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung, namentlich die
Berücksichtigung des Zünd- und Pumpstroms für den Betrieb einer Gastherme.
Die Klägerin (* 00.00.1961) steht im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beim beklagten Jobcenter. Der Beklagte bewilligte ihr vorläufiges Arbeitslosengeld II i.H.v. 446,60 Euro monatlich für die
Zeit von Mai bis einschließlich Juli 2016 (Bescheid vom 07.03.2016). Sie bewohnte seinerzeit eine gemeinsame Wohnung mit ihrem
Sohn (* 00.00.1990); dieser bezog Leistungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sowie ergänzend einen Zuschuss zu seinen ungedeckten Bedarfen für Unterkunft und Heizung.
Zum 04.06.2016 bezog die Klägerin mit ihrem Sohn eine neue Wohnung im Gebiet der Stadt X. Mitte Juni 2016 zog nach ihrer Rückkehr
aus einem Auslandsjahr auch eine Tochter der Klägerin (* 00.00.1992) mit in die Wohnung ein. Die Tochter erzielt seitdem bedarfsdeckendes
Einkommen.
Für die neue Wohnung fielen eine Miete von monatlich 350 Euro sowie Betriebskostenvorauszahlungen von monatlich 100 Euro an.
Beheizt wird die Wohnung mittels einer Gastherme (Typ Vaillant Thermoblock VCW 180 XEU) mit einer Leistung von 110 W. Diese
bereitet zudem das Warmwasser. Für das benötigte Gas fallen Vorauszahlungen von monatlich 90 Euro an, für den Strom 110 Euro.
Der Beklagte änderte daraufhin seinen zuvor ergangenen Bescheid ab und bewilligte der Klägerin für den Monat Juli 2016 wiederum
vorläufig Arbeitslosengeld II von lediglich noch 255 Euro (Änderungsbescheid vom 28.06.2016). Hiergegen erhob die Klägerin
Widerspruch.
Der Beklagte half dem Widerspruch insoweit ab, als er nunmehr zusätzlich die - zuvor mangels Vorlage des aktuellen Abschlagsplans
- nicht berücksichtigten Heizkostenvorauszahlungen als Bedarf anerkannte. Zudem berücksichtigte er den Zünd- und Pumpstrom
bei der Klägerin mit monatlich 1,50 Euro; dieser Betrag entspreche einem Drittel von 5 % der Heizkosten (Teil-Abhilfe- und
Widerspruchsbescheid vom 10.10.2016).
Die Klägerin hat hiergegen am 14.11.2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Sie hat vorgetragen, dass die Jobcenter die Kosten für den Zünd- und Pumpstrom rechtlich gesehen zwar
schätzen dürften, sie eine solche Schätzung dann aber auch tatsächlich anstellen müssten. Die vom Beklagten berücksichtigten
5 % der Heizkosten seien aber ohne valide Datengrundlage. Die Stromkosten könnten schon deshalb nicht anhand der Brennstoffkosten
errechnet werden, weil die Strompreise zuletzt gestiegen, die Kosten für Gas zuletzt aber gefallen seien. Zudem unterscheide
sich der Stromverbrauch verschiedener Durchlauferhitzer je nach deren Leistung. Daher seien die Stromkosten für den Betrieb
der Gastherme anhand deren Stromverbrauchs zu ermitteln Die Leistung der Umwälzpumpe ihrer Gastherme betrage 110 W, beim Zündstrom
sei von 15 W auszugehen. Der Pumpstrom sei für in der Stadt X 257 Heiztage im Jahr zu berücksichtigen (110 W × 257 Tage ×
24 h ÷ 1.000 W = 678,48 kWh), der Pumpstrom für das gesamte Jahr (15 W × 365 Tage × 24 h ÷ 1.000 W = 131,40 kWh). Ausgehend
von einem Strompreis von 0,2915 Euro/kWh ergebe sich ein Betrag von monatlich 19,67 Euro, von dem ein Drittel (6,56 Euro)
auf sie selbst entfalle.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 28.06.2016 in Gestalt des Teil-Abhilfe- und Widerspruchsbescheides
des Beklagten vom 10.10.2016 zu verurteilen, über die bereits bewilligten 1,50 Euro für den Monat Juli 2016 weitere 5,06 Euro
zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, dass wegen des Heizstroms in der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zum Mietrecht üblicherweise
auf einen Anteil von 4-10 % der Brennstoffkosten abgestellt werde.
Wegen weiterer Bewilligungszeiträume hat die Klägerin jeweils Klageerweiterungen geltend gemacht. Insoweit sind die Beteiligten
in einem Erörterungstermin vor dem SG übereingekommen, das Verfahren ruhend zu stellen.
Wegen des Monats Juli 2016 hat das SG sodann den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28.06.2016 in der Gestalt des Teil-Abhilfe- und Widerspruchsbescheides
vom 10.10.2016 verurteilt, der Klägerin weitere 3,80 Euro an Heizkosten zu zahlen; die weitergehende Klage hat es abgewiesen
(Urteil vom 29.10.2018). Zur Begründung hat es ausgeführt, die streitbefangenen Kosten für den Zünd- und Pumpstrom zählten
zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung; diese seien in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Eine Schätzung sei dabei
nicht sachgerecht, weil sich die tatsächlichen Kosten errechnen ließen. Insoweit stützten in Parallelverfahren eingeholte
Sachverständigengutachten die Berechnungsweise der Klägerin. Diese sei lediglich insoweit unangemessen, als sie von einem
Betrieb der Heizungsanlage über 24 h ausgehe. Während der Nachtstunden sei der Betrieb der Umwälzpumpe nicht erforderlich
und könne daher per Zeitschaltuhr oder von Hand abgestellt werden. Die Klageforderung sei daher um ein Viertel auf 3,80 Euro
zu kürzen.
Gegen das (ihnen jeweils am 05.12.2018 zugestellte) Urteil des SG haben sowohl der Beklagte am 07.12.2018 als auch die Klägerin am 07.01.2019 Berufung eingelegt.
Der Beklagte macht geltend, die von ihm gewählte Schätzgrundlage zur Ermittlung des Zünd- und Pumpstroms anhand von 5 % der
Brennstoffkosten sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt und habe sich in der Massenverwaltung unter dem SGB II bewährt. Bei den von der Klägerin und vom SG herangezogenen Sachverständigengutachten handle es sich dagegen um Einzelfallentscheidungen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.10.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin
zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.10.2018 und den Bescheid des Beklagten vom 28.06.2016 in der Gestalt des Teilabhilfe-
und Widerspruchsbescheides vom 10.10.2016 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den Monat Juli 2016 weitere
1,26 Euro zu zahlen sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise
Herrn Prof. M als Zeugen dazu zu hören, dass die Erfahrungswerte hinsichtlich der Schätzung auf Basis von 5 % der Brennstoffkosten
nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen oder Sachverständigengutachten beruhen, sondern zur Vereinfachung entwickelt worden
sind, sowie Herrn C als Zeugen zur Bestätigung dieser Aussage,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie macht geltend, das SG übersehe bei der Kürzung des mit der Klage verfolgten Betrages, dass nicht nur ihre Wohnung mittels der Gastherme beheizt
werde, sondern diese auch das Warmwasser erzeuge. Warmwasser müsse aber rund um die Uhr bereitgehalten werden. Im Übrigen
wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen hinsichtlich der von dem Beklagten vorgenommenen Schätzung auf
Basis von 5 % der Brennstoffkosten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakten
des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Beide Berufungen sind zulässig, aber nur die des Beklagten ist auch begründet. Die Berufung der Klägerin ist dagegen unbegründet.
A. Gegenstand des Berufungs- wie auch des vorausgegangenen Klageverfahrens ist allein der Bescheid vom 28.06.2016 in der Gestalt
des Teil-Abhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 10.10.2016 (§
95 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) betreffend den Leistungsanspruch der Klägerin für den Monat Juli 2016. Die Klage ist dabei auf die Bewilligung endgültig
zustehenden Arbeitslosengeldes II gerichtet. Soweit die Klägerin vor dem SG die Erweiterung der Klage um weitere Bewilligungsmonate beantragt hat, haben die Beteiligten das Verfahren jedenfalls ruhen
lassen. In der Sache streiten die Beteiligten allein um die Berücksichtigung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Regel-
wie auch etwaige Mehrbedarfe sind damit nicht Streitgegenstand (BSG Urteil vom 04.06.2014, B 14 AS 42/13 R, juris Rn. 10 ff.).
B. Beide Berufungen sind zulässig. Sie sind kraft Zulassung durch das SG statthaft (§
144 Abs.
3 SGG). Weiter haben die Beteiligten ihre Berufungen auch fristgerecht eingelegt (§
151 Abs.
1 SGG). Das SG-Urteil ist den Beteiligten jeweils am 05.12.2018 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Die Berufung des Beklagten ging
bereits am 07.12.2018 beim Landessozialgericht (LSG) ein, die der Klägerin am 07.01.2019 und damit ebenfalls noch fristgemäß,
weil das Ende der Berufungsfrist auf den 05.01.2019 - einen Samstag - fiel (§
64 Abs.
3 SGG).
C. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das SG hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung höheren Arbeitslosengeldes II verurteilt. Zwar
bestehen nach Aktenlage keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage (dazu 1), indes ist der angefochtene Bescheid vom
28.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2016 rechtmäßig und die Klägerin nicht beschwert (§
54 Abs.
1 S. 2
SGG; dazu 2).
1. Die Klage ist zulässig. Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht daraus, dass der Beklagte der
Klägerin mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.06.2016 in der Gestalt des Teil-Abhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 10.10.2016
Arbeitslosengeld II für den Monat Juli 2016 lediglich vorläufig gewährt hat, dieser Bewilligungszeitraum aber zwischenzeitlich
abgelaufen ist.
Dabei kann vorliegend dahinstehen, inwieweit für eine gegen eine vorläufige Entscheidung gerichtete Klage nach Ablauf des
Bewilligungszeitraums grundsätzlich noch ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen kann. Zwar ist eine Klage gegen eine vorläufige
Entscheidung keineswegs stets unzulässig (dazu BSG Urteil vom 06.04.2011, B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 20). In den genannten Fällen könnte ein Rechtsschutzbedürfnis aber dann zweifelhaft sein, wenn Leistungsberechtigte
ebenso gut eine abschließende Entscheidung beim Jobcenter beantragen und sodann mit Rechtsbehelfen gegen diese vorgehen könnten
(dazu LSG NRW Beschluss vom 27.06.2016, L 7 AS 2320/14 B, juris Rn. 11 ff.; Sächsisches LSG Beschluss vom 23.01.2013, L 7 AS 1033/12 B PKH, juris Rn. 20 f.; vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 04.06.2020, L 21 AS 476/20 B, juris Rn. 5 ff.).
Vorliegend gelten die für den streitbefangenen Monat Juli 2016 zunächst vorläufig bewilligten Leistungen aber seit 31.07.2017
als abschließend festgesetzt (§§ 41a Abs. 5 S. 1, 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II; dazu a). Seit diesem Zeitpunkt ist die auf höhere endgültige Leistungen gerichtete Klage zulässig (dazu b).
a) Ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf eines vorläufigen Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung, gelten
gem. § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt. Für Bewilligungszeiträume, die - wie im vorliegenden Fall,
in dem der Bewilligungszeitraum mit dem 31.07.2016 ablief - vor dem 01.08.2016 beendet waren, gilt dies nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II mit der Maßgabe, dass die Jahresfrist mit dem 01.08.2016 beginnt.
aa) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Beklagte hat bis heute keine abschließende Entscheidung für den Streitzeitraum
getroffen. Diesen aus der Aktenlage ersichtlichen Befund hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.
Dahinstehen kann, inwieweit neben § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II auch die nicht ausdrücklich von § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II erfasste Ausnahmeklausel des § 41a Abs. 5 S. 2 SGB II Geltung beansprucht (gegen eine Anwendung des § 41a SGB II im Ganzen vgl. BSG Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 39/17 R, juris Rn. 21 ff.; ebenso Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 80 Rn. 10; a.A. Grote-Seifert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 80 Rn. 10 f.; anders wohl auch BT-Drs. 18/8041, S. 62), weil jedenfalls deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Insbesondere
hat die Klägerin innerhalb der Jahresfrist keine abschließende Entscheidung i.S.d. § 41a Abs. 5 S. 2 Nr. 1 SGB II beantragt, auch nicht während des Klage- oder des Berufungsverfahrens. Das Vorbringen der - anwaltlich vertretenen - Klägerin
im gerichtlichen Verfahren ist auch nicht als Antrag auf eine abschließende Festsetzung auszulegen. Einer solchen Auslegung
steht entgegen, dass es insbesondere wenig prozessökonomisch gewesen wäre, einerseits einen solchen Antrag zu stellen, andererseits
aber das Klageverfahren zu betreiben (so auch Hessisches LSG Urteil vom 11.03.2020, L 6 AS 471/19, juris Rn. 38).
bb) Dem Eintritt der Endgültigkeitsfiktion steht auch nicht entgegen, dass die vorläufige Entscheidung im Zeitpunkt des Ablaufs
der Einjahresfrist noch Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG und damit noch nicht bestandskräftig (§
77 SGG) war (so auch Hessisches LSG a.a.O., juris Rn. 38; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II (Stand der Einzelkommentierung: Aug. 2020), § 41a Rn. 430; Apel in Oestreicher/Decker, SGB II/SGB XII (Stand der Einzelkommentierung: Feb. 2018), § 41a SGB II Rn. 76; Loose in GK-SGB II (Stand der Einzelkommentierung: Nov. 2017), § 41a Rn. 122; a.A. Grote-Seifert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 41a Rn. 65; Blüggel, jurisPR-SozR 17/2020, Anm. 1, unter C.3.a).
(1) Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut des § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II, der ausdrücklich an den Ablauf des Bewilligungszeitraums anknüpft und nicht an den Erlass des vorläufigen Bescheides oder
gar dessen Bestandskraft. Dies gilt umso mehr, als die Vorschrift zugleich keinerlei Regelung dafür vorsieht, was gelten sollte,
wenn die vorläufige Entscheidung erst nach Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraums bestandskräftig wird.
(2) In gesetzessystematischer Hinsicht kommt hinzu, dass § 41a Abs. 5 S. 2 SGB ausdrücklich Ausnahmen von der Grundregel des
S. 1 vorsieht. Hätte der Gesetzgeber den Eintritt der Endgültigkeitsfiktion an die Bestandskraft der vorläufigen Entscheidung
knüpfen wollen, hätte es daher nahegelegen, den Ausnahmenkatalog des § 41a Abs. 5 S. 2 SGB II entsprechend zu ergänzen. Von den geregelten Ausnahmen des § 41a Abs. 5 S. 2 SGB II betrifft überdies keine die Frage der Bestandskraft der vorläufigen Entscheidung. § 41a Abs. 5 S. 2 Nr. 2 SGB II stellt vielmehr ausdrücklich auf den Erlass der vorläufigen Entscheidung ab. Ebenfalls in gesetzessystematischer Hinsicht
ist zu bedenken, dass das Gesetz die Behörde auch nicht daran hindert, noch vor Eintritt der Bestandskraft der vorläufigen
eine abschließende Entscheidung (in Form eines Verwaltungsakts) zu treffen. Schließlich spricht gegen eine Hemmung o.ä. der
Jahresfrist vor Eintritt der Bestandskraft, dass diese Jahresfrist der des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X nachempfunden ist (so BT-Drs. 18/8041, S. 54; kritisch dazu Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 41a Rn. 60), die derartiges wiederum nicht kennt (vgl. Schütze in Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 45 Rn. 99 m.w.N.).
(3) Auch Sinn und Zweck der Regelung streiten im Ergebnis für die hiesige Auslegung. § 41a Abs. 5 SGB II dient der Verfahrensbeschleunigung sowie der Schaffung von Rechtssicherheit (Grote-Seifert a.a.O., § 41a Rn. 26; Apel a.a.O., § 41a SGB II Rn. 73; zu letzterem auch Loose a.a.O., § 41a Rn. 110; sowie Klerks in LPK-SGB II, 7. Auflage 2021, § 41a Rn. 72; a.A. Blüggel a.a.O., unter C.3.a, der darauf abstellt, dass der Gesetzgeber nur die Fallgestaltung habe regeln wollen,
"in der sich Jobcenter und Leistungsberechtigter gerade nicht rühren"); erweist sich die Höhe des vorläufigen Arbeitslosengeldes
II als im Ergebnis "richtig", sollen sich die Leistungsberechtigten und insbesondere auch die Jobcenter nicht erneut mit dem
Leistungsfall befassen müssen. Zu diesem Ziel stünde es im Widerspruch, wäre für die Endgültigkeitsfiktion erst dann Raum,
wenn die vorläufige Entscheidung bestandskräftig ist. Vielmehr würden verfahrensmäßige Doppelungen produziert, die das Verwaltungsverfahrens-
und Prozessrecht eigentlich vermeiden wollen (etwa durch §§
86,
96 SGG). So müsste im vorliegenden Fall - je nachdem, ob man nach Ablauf eines vorläufigen Bewilligungszeitraums noch ein Rechtsschutzbedürfnis
für eine Klage gegen die vorläufige Bewilligung annimmt oder nicht - entweder die Klage als unzulässig abgewiesen werden oder
aber eine Sachentscheidung zur Höhe des vorläufigen Arbeitslosengeld II ergehen. Die Klägerin könnte zeitgleich oder nach
Abschluss dieses Klageverfahrens eine endgültige Feststellung beantragen und diese sodann erneut mit Widerspruch und Klage
anfechten. Alternativ müsste die Klägerin nach Rechtskraft des Urteils den Ablauf der Einjahresfrist abwarten, bis die Endgültigkeitsfiktion
eintritt und sie endgültige Rechtssicherheit über die Höhe der ihr zustehenden Leistungen erlangte. Zudem würde andernfalls
die ungeklärte Auslegungsfrage aufgeworfen, wann die Jahresfrist des § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II beginnen soll, wenn die vorläufige Entscheidung erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums bestandskräftig wird. Selbst wenn
man insoweit eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Hemmung von Verjährungsfristen (§
204 BGB) erwöge, dürfte deren Anwendung in der Praxis aber wiederum Schwierigkeiten bereiten und damit eine Verwaltungsvereinfachung
eher behindern. Auch der Umstand, dass die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Entscheidung, die mit Ablauf
der Einjahresfrist als endgültig fingiert wird, gerade noch streiten (dazu Blüggel a.a.O., dort C.3.a), würde nur dann eine
abweichende Beurteilung verlangen, wenn mit dem Eintritt der Endgültigkeitsfiktion ein Verlust an Rechtsschutz einherginge.
Dies ist indes nicht der Fall (dazu sogleich unter b).
b) Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Endgültigkeitsfiktion eintritt, während die vorläufige Entscheidung
noch Gegenstand eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens ist, wird mit Eintritt der Endgültigkeitsfiktion auch eine auf höhere
endgültige Leistungen gerichtete Klage zulässig. Zumindest in diesen Fällen unterliegen nicht nur die Voraussetzungen der
Endgültigkeitsfiktion aus § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II der gerichtlichen Überprüfung, sondern auch Grund und Höhe der endgültigen Leistungen (so auch Bayerisches LSG Urteil vom
11.04.2019, L 16 AS 627/17; juris Rn. 29; a.A. Loose a.a.O., § 41a Rn. 122). Inwieweit Leistungsberechtigte als endgültig bewilligt geltendes Arbeitslosengeld
II dagegen gerichtlich überprüfen lassen können, wenn die Endgültigkeitsfiktion nach Bestandskraft der vorläufigen Entscheidung
eintritt, bedarf hier keiner Entscheidung.
c) Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, was die Endgültigkeitsfiktion rechtsdogmatisch eigentlich bewirkt, ob sich also
gleichsam der Rechtscharakter bzw. die Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes wandeln, mit dem das Jobcenter Arbeitslosengeld
II vorläufig bewilligt hat (so Bayerisches LSG a.a.O., juris Rn. 29; Kemper a.a.O., § 41a Rn. 64; ebenso wohl auch Hengelhaupt
a.a.O. § 41a Rn. 440; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III (Stand der Einzelkommentierung: Mrz. 2017), § 41a SGB II Rn. 96, 98; Loose a.a.O., § 41a Rn. 107; Klerks a.a.O., § 41a Rn. 72; tendenziell auch Hessisches LSG a.a.O., juris Rn. 39), oder ob mit Ablauf der Einjahresfrist
der Erlass eines zusätzlichen (fiktiven) Verwaltungsaktes fingiert wird (zu §
13 Abs.
3a SGB V vgl. noch BSG Urteile vom 11.07.2017, B 1 KR 26/16 R, juris Rn. 8; und vom 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, juris Rn. 50; insoweit anders aber nunmehr BSG Urteil vom 26.05.2020, B 1 KR 9/18 R, zit. anhand des Terminberichts; zu § 42a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 42a Rn. 3 ff., 50). Dass jedenfalls bei noch nicht bestandskräftigen vorläufigen Entscheidungen ggf. auch die Höhe des als endgültig
bewilligt geltenden Arbeitslosengeldes II zur gerichtlichen Überprüfung steht, folgt aus einer systematischen und nicht zuletzt
auch einer verfassungskonformen Auslegung im Lichte des Art.
19 Abs.
4 S. 1
GG (dazu auch Blüggel a.a.O., dort unter C.2.b: "Die Fiktion ist - was immer sie dogmatisch auch konkret sein mag [ ], ein Akt
der öffentlichen Gewalt i.S.d. Art.
19 Abs.
4 S. 1
GG").
aa) Dies gilt zunächst, wenn man davon ausgeht, dass mit Eintritt der Endgültigkeitsfiktion die vorläufige Entscheidung gleichsam
ihren Rechtscharakter bzw. ihre Rechtswirkung wandelt. In diesem Fall bliebe Klagegegenstand der Bescheid, mit dem das Jobcenter
Leistungen zunächst vorläufig bewilligt hatte (§
95 SGG; so auch Hessisches LSG a.a.O., juris Rn. 39), auch wenn sich die von diesem bewirkten Rechtsfolgen mit Eintritt der Endgültigkeitsfiktion
änderten. Soweit gegen eine vorläufige Entscheidung aber Rechtsschutz gewährt wird (dazu BSG Urteil vom 06.04.2011, B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 20; sowie auch oben unter C.1.), würde dieser, wenn sich mit dem Eintritt der Endgültigkeitsfiktion die gerichtliche
Kontrolle auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 41a Abs. 5 SGB II beschränkte, schlagartig verkürzt (dazu Blüggel a.a.O., unter C.3.b; vgl. dazu auch Sachs in Sachs,
GG, 8. Auflage 2018, Art.
19 Rn. 144, der es grds. "bedenklich" nennt, eine alsbaldige Sachentscheidung im Hinblick auf spätere Rechtsschutzmöglichkeiten
zu versagen). Ein solches Ergebnis erschiene überdies im Vergleich zu Fällen, in denen das Jobcenter eine ausdrückliche abschließende
Entscheidung durch Verwaltungsakt trifft, kaum systemgerecht. In den genannten Fällen würde die abschließende Entscheidung
nämlich gem. §§
86,
96 SGG Gegenstand des Verfahrens (vgl. BSG Urteil vom 11.07.2019, B 14 AS 44/18 R, juris Rn. 9; zum alten Recht noch BSG Urteil vom 19.08.2015, B 14 AS 13/14 R, juris Rn. 16; LSG NRW Beschluss vom 26.04.2017, L 19 AS 2128/16, juris Rn. 26) und damit auch in ihrer Höhe gerichtlich überprüft. Eine hiervon abweichende Behandlung der Endgültigkeitsfiktion
folgt auch nicht daraus, dass ein abschließender Verwaltungsakt in jedem Fall mit Rechtsbehelfen angegriffen werden könnte,
während die Statthaftigkeit zumindest von Klage und Widerspruch gegen eine Endgültigkeitsfiktion angezweifelt wird (so etwa
Kallert a.a.O., § 41a Rn. 98). Dafür, im Lichte des Art.
19 Abs.
4 S. 1
GG den Rechtsgedanken des §
96 SGG fruchtbar zu machen, spricht indes, dass nicht ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber mit der Endgültigkeitsfiktion in laufende
Klageverfahren eingreifen wollte (ähnlich auch Bayerisches LSG a.a.O., juris Rn. 29; Hengelhaupt a.a.O., § 41a Rn. 622). Ebenfalls
nichts anderes ergibt sich daraus, dass Leistungsberechtigte sich den Rechtsschutz gleichsam offenhalten könnten, indem sie
vorsorglich eine abschließende Entscheidung beantragen (§ 41a Abs. 3 S. 1, 5 S. 2 Nr. 1 SGB II; so - unter Betonung der richterlichen Hinweispflicht - aber Loose a.a.O., § 41a Rn. 122). Damit liefe vielmehr die mit § 41a Abs. 5 SGB II bezweckte Verfahrensbeschleunigung ins Leere (vgl. auch Hengelhaupt a.a.O., § 41a Rn. 622; Grote-Seifert a.a.O., § 41a Rn. 94; die zusätzlich darauf verweisen, dass die Leistungsberechtigten zur Beantragung
einer abschließenden Entscheidung nicht verpflichtet seien und auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns und damit auch
darauf vertrauen dürften, dass die Jobcenter auch dann von Amts wegen eine abschließende Entscheidung treffen, wenn sich das
vorläufig gewährte Arbeitslosengeld II im Ergebnis als zu niedrig erweist).
bb) All dies gälte erst Recht, wenn man davon ausgehen wollte, dass mit Eintritt der Endgültigkeitsfiktion der Erlass eines
(fiktiven) endgültigen Bescheides selbst fingiert wird. Dieser ersetzte die vorläufige Entscheidung (§ 39 Abs. 2 SGB X), würde Verfahrensgegenstand (§§
86,
96 SGG) und als solcher ggf. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung (dazu Hessisches LSG a.a.O., juris Rn. 40).
2. Die Klage ist aber unbegründet. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Berücksichtigung höherer Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung mit Blick auf den zum Betrieb der Gastherme benötigten Strom kommt der Klägerin nicht zu.
a) Dem Klagebegehren steht dabei nicht entgegen, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid um einen Änderungsbescheid handelte,
mit dem der Beklagte die zuvor bewilligten Leistungen von 446,60 Euro herabgesetzt hat. Unabhängig davon, inwieweit der Beklagte
jedenfalls mit dem Teil-Abhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 10.10.2016 die Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für Unterkunft
und Heizung ohnehin neu geprüft (und mithin auch die Erbringung noch höherer als der bis dahin bewilligten Leistungen abgelehnt
hat), war der mit dem Bescheid vom 07.03.2016 bewilligte Betrag jedenfalls höher als derjenige, den die Klägerin mit der Klage
geltend macht.
b) Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
aa) Zwar zählen Stromkosten für den Betrieb einer Gastherme, die der Heizung und Warmwasserbereitung dient, zu den Bedarfen
für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II und sind nicht etwa von der vom Regelbedarf umfassten Haushaltsenergie i.S.d. § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II abgedeckt (ausführlich dazu BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 47/14 R, juris Rn. 12 ff.). Dies gilt zunächst für Wohneigentümer (so auch in dem vom BSG a.a.O., Rn. 12, entschiedenen Fall). Für Mieter, bei denen Beheizung und Warmwasserbereitung aber - wie im Fall der Klägerin
- dezentral über eine nur für ihre Unterkunft installierte Anlage erfolgen, kann nichts anderes gelten. Denn anders als bei
Mietern, deren Unterkünfte zentral beheizt werden und bei denen die hierfür gegenüber ihren Vermietern anfallenden Heizkosten
auch den Betriebsstrom der Heizungsanlage abdecken (dazu näher § 2 Nr. 4 Buchst. a Betriebskostenverordnung (BetrKV); BSG Urteile vom 07.07.2011, B 14 AS 51/10 R, juris Rn. 15; und vom 03.12.2015, B 4 AS 47/14 R, juris Rn. 14), fallen Heizkostenvorauszahlungen an die Vermieter in derartigen Fällen nicht an.
bb) Wird der Stromverbrauch zum Betrieb der Heizungsanlage nicht gesondert erfasst (etwa über einen separaten Zähler oder
Zwischenzähler), sind die hierfür entstehenden Kosten entsprechend §
202 S. 1
SGG i.V.m. §
287 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) zu schätzen (BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 47/14 R, juris Rn. 18 ff.). Anknüpfungspunkte für die Schätzung können sich dabei aus den in der mietrechtlichen Rechtsprechung
gebräuchlichen Berechnungsmethoden ergeben. Diese stellen entweder auf einen geschätzten Anteil der Brennstoffkosten ab oder
auf den geschätzten Stromverbrauch der Heizungsanlage während der ebenfalls geschätzten durchschnittlichen Betriebsstunden
ihrer wesentlichen elektrischen Vorrichtungen (BSG a.a.O., Rn. 23 m.w.N.; s. auch BGH Urteil vom 03.06.2016, V ZR 166/15, juris Rn. 14, mit zustimmender Anmerkung Wall, jurisPR-MietR 24/2016 Anm. 2).
(1) In Anwendung dieser Maßstäbe hat der Senat in der Vergangenheit wegen des Betriebsstroms auf einen Anteil von 5 % der
Brennstoffkosten abgestellt (Senatsbeschluss vom 10.10.2018, L 12 AS 1056/17, juris Rn. 34; Senatsurteil vom 17.06.2020, L 12 SO 290/16 (zur Veröffentlichung vorgesehen)). Dieser Ansatz findet in Rechtsprechung
und Schrifttum auch im Übrigen breite Anerkennung (LSG NRW Urteile vom 24.09.2012, L 19 AS 773/12, juris Rn. 47, und vom 19.02.2013, L 2 AS 2081/12, juris Rn. 48; LSG Berlin-Brandenburg Urteile vom 28.03.2019, L 32 AS 2123/14, Rn. 103, und vom 14.09.2016, L 31 AS 300/15, juris Rn. 34; Hessisches LSG Urteil vom 27.11.2017, L 9 AS 3/15, juris Rn. 33; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 10.07.2012, L 7 AS 988/11 ZVW, juris Rn. 18; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.03.2011, L 12 AS 2404/08, juris Rn. 22; Berlit in Berlit/Conradis/Pattar, Existenzsicherungsrecht, 3. Auflage 2019, Kap. 28 Rn. 121; Piepenstock in
Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 161; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III (Stand der Einzelkommentierung: Mrz. 2019), § 22 SGB II Rn. 27; zu § 7 Abs. 2 Verordnung über Heizkostenabrechnung (HeizkostenV) vgl. Bayerisches ObLG Beschluss vom 10.01.1997, 2Z BR 35/96, juris Rn. 28; Lammel, HeizKV, 4. Auflage 2015, § 7 Rn. 91: "jedenfalls nicht mehr als 5 % [der Brennstoffkosten]"; Gramlich,
MietR, 15. Auflage 2019, § 7 HeizkostenV Rn. 9: "3 oder 4 % der Brennstoffkosten").
(b) Das Vorbringen der Klägerin gebietet keine Abweichung von dieser Schätzmethode.
(aa) Schätzungen i.S.d. §§
202 S. 1
SGG,
287 Abs.
2 ZPO müssen eine realistische Grundlage haben sowie in sich schlüssig und wirtschaftlich nachvollziehbar sein. Das Gericht entscheidet
wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung nach freier Überzeugung; es hat alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen (§
287 Abs.
1 S. 1 i.V.m. §
287 Abs.
2 ZPO). Um einen Bezugspunkt für eine realitätsnahe Schätzung des Energieanteils, der auf die Heizung entfällt, zu finden, sind
die Tatsachen festzustellen, die der Schätzung nachvollziehbare Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen verschaffen; zudem ist
die Geeignetheit der ausgewählten Berechnungsmethode nachvollziehbar zu begründen (BSG a.a.O., Rn. 21; LSG NRW Urteil vom 09.10.2019, L 7 AS 642/18, juris Rn. 28).
(bb) Zwar mögen im Ausgangspunkt keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Anknüpfung an den geschätzten Stromverbrauch bestehen,
wie sie auch die Klägerin beansprucht (vgl. dazu auch Schumacher in Theobald/Kühling, Energierecht (Stand der Einzelkommentierung:
Apr. 2018), § 7 HeizKV Rn. 26). Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt beide Methoden gleichberechtigt nebeneinander (BSG a.a.O., Rn. 23; BGH a.a.O., Rn. 14). Festzuhalten ist allerdings, dass auch ein Abstellen auf den geschätzten Stromverbrauch
der Heizungsanlage, wie es die Klägerin verlangt, nichts weiter als eine Schätzung ist. Beide Methoden stellen lediglich auf
verschiedene Anknüpfungstatsachen ab, nämlich im einen Fall auf die Brennstoffkosten, im anderen auf die Leistung der Heizungsanlage.
Es ist daher zumindest missverständlich, wenn das SG davon spricht, die tatsächlichen Betriebsstromkosten ließen sich vorliegend errechnen, weshalb eine Schätzung nicht sachgerecht
sei.
(cc) Eine Ableitung der Betriebsstrom- von den Brennstoffkosten ist nach Einschätzung des Senats schon deshalb sachgerecht,
weil die Brennstoffkosten die einzige Anknüpfungstatsache für das Verbrauchsverhalten der Klägerin sind. Zwar ist der Klägerin
zuzugeben, dass die von ihr geltend gemachte Schätzmethode demgegenüber die je nach elektrischer Leistung unterschiedlichen
Stromverbräuche verschiedener Heizungsanlagen zumindest im Ansatz widerspiegelt, indem sie gerade bei der Leistung der Anlage
ansetzt. Dies gilt allerdings nur für den Pumpstrom. Insoweit beträgt die Leistung der von der Klägerin genutzten Gastherme
110 W. Bereits die von der Klägerin wegen des Zündstroms angenommene Leistung von 15 W ist jedoch lediglich eine Annahme.
Vor allem aber hat die von der Klägerin angestellte Schätzung keinerlei greifbaren Bezug zu ihrem tatsächlichen Verbrauchsverhalten
(vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 28.03.2019, L 32 AS 2123/14, juris Rn. 103; LSG NRW Urteil vom 19.02.2013, L 2 AS 2081/12, juris Rn. 48), sondern stellt insoweit auf eine allgemein für das Gebiet der Stadt X angenommene Anzahl von "Heiztagen"
im Jahr ab. Auch hierbei handelt es sich um eine Annahme. Ob die Klägerin tatsächlich auf diese Anzahl von Heiztagen kommt,
lässt sich - eben in Ermangelung entsprechender Zähler - nicht weiter verifizieren. An das tatsächliche Verbrauchsverhalten
anzuknüpfen, erscheint dem Senat aber schon deshalb sachgerecht, weil es im Einklang mit der Systematik des SGB II steht, das zwischen der mit dem Regelbedarf pauschal abgegoltenen Haushaltsenergie (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB II) auf der einen und den hiervon ausgenommenen und grundsätzlich in tatsächlicher Höhe anzuerkennenden Anteilen für die Heizung
und die Erzeugung von Warmwasser (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II) auf der anderen Seite unterscheidet. Vor diesem Hintergrund fällt auch der Einwand der Klägerin, dass sich die Strom- und
Brennstoffkostenpreise zuletzt stark unterschiedlich entwickelt hätten, nicht mehr ausschlaggebend ins Gewicht. Der Senat
verkennt auch nicht, dass seine Schätzung nicht an die tatsächlichen Brennstoffkosten (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.,
Rn. 103, das ausdrücklich auf die Gesamtbrennstoffkosten abstellt; in diesem Sinne auch BGH Urteil vom 01.02.2012, VIII ZR 156/11, juris Rn. 13), sondern an die monatlichen Vorauszahlungen anknüpft. Dies ist indes systemgerecht, weil auch bei Mietern
mit zentraler Heizung und Warmwasserbereitung zunächst die monatlichen Vorauszahlungen als Bedarfe anzuerkennen sind. Inwieweit
im Fall einer Stromkostennachzahlung diese zumindest anteilig gleichsam als Heizkostennachzahlung zu übernehmen wäre, steht
vorliegend nicht zur Entscheidung.
(dd) Weiter spricht für die Ableitung der Betriebsstrom- von den Brennstoffkosten auf Grundlage eines festen Prozentsatzes
von 5 %, dass sie zu schnellen und für alle Beteiligten gut handhabbaren Ergebnissen führt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.,
Rn. 103) und das Gericht im Rahmen einer Schätzung nach §
287 ZPO bei häufig wiederkehrenden Konstellationen eine typisierende Betrachtungsweise vornehmen darf (Bacher in Vorwerk/Wolf, BeckOK
ZPO (Werksstand: 01.09.2020), §
287 Rn. 18a).
(c) Aus den vorstehend ausgeführten Gründen besteht auch keine Veranlassung, den in der mündlichen Verhandlung (hilfsweise)
gestellten Beweisanträgen der Klägerin weiter nachzugehen, Herrn Prof. Dr. M sowie Herrn C als Zeugen zu hören. Der Senat
ist an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§
103 S. 2
SGG; zur Behandlung eines Beweisantrages in den Entscheidungsgründen s. Roller in Berchtold, HK-
SGG, 6. Auflage 2020, §
103 Rn. 12).
(aa) Der Beweisantrag, Herrn Prof. Dr. M als Zeugen zu hören, ist überdies schon deshalb abzulehnen, weil das Beweisziel dem
Zeugenbeweis nicht zugänglich und das Beweismittel damit von vorneherein ungeeignet ist (zu den Gründen, aus denen ein Beweisantrag
abgelehnt werden kann, vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage 2020, §
103 Rn. 8 m.w.N.). Die Klägerin macht hierzu geltend, Herr Prof. Dr. M werde bestätigen, dass der Prozentwert von 5 % der Brennstoffkosten
nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe, sondern zur Vereinfachung entwickelt worden sei. Gegenstand einer Zeugenvernehmung
können gem. §
118 Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
373 ZPO aber nur Tatsachen sein, die der persönlichen Wahrnehmung des Zeugen unterlagen. Der Beweisantrag der Klägerin zielt demgegenüber
darauf ab, das Nichtbestehen wissenschaftlicher Erkenntnisse zu belegen (zur Ungeeignetheit eines sachverständigen Zeugen
vgl. BSG Beschluss vom 06.01.2016, B 13 R 303/15 B, juris Rn. 7; zum Antrag auf Einholung einer amtlichen Auskunft anstelle eines Beweisantritts durch Sachverständigengutachten
vgl. auch BSG Beschluss vom 27.06.2018, B 6 KA 54/17 B, juris Rn. 20). Darüber hinaus kommt es auf das Ergebnis der beantragten Beweiserhebung - als Zeugen- wie auch als Sachverständigenbeweis
- auch nicht an. Die Rechtsprechung legt den Wert von 5 % der Brennstoffkosten als "Erfahrungswert" zugrunde (so LSG NRW Urteil
vom 19.02.2013, L 2 AS 2081/12, juris Rn. 48; LSG Berlin-Brandenburg Urteile vom 28.03.2019, L 32 AS 2123/14, Rn. 103, und vom 14.09.2016, L 31 AS 300/15, juris Rn. 34; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 10.07.2012, L 7 AS 988/11 ZVW, juris Rn. 18; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.03.2011, L 12 AS 2404/08, juris Rn. 22; so im Übrigen auch Lammel a.a.O., § 7 Rn. 91). Inwieweit diese Erfahrungswerte durch wissenschaftliche Erkenntnisse
untermauert sind, ist dagegen nicht ausschlaggebend. Vielmehr ist für eine Schätzung nach §
287 Abs.
2 ZPO ohnehin nur dann Raum, wenn die vollständige Aufklärung aller maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist (BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 47/14 R, juris Rn. 19). Selbst wenn eine Beweiserhebung das von der Klägerin angestrebte Beweisergebnis erbrächte, wäre mithin
lediglich zusätzlich bestätigt, dass die Voraussetzungen für eine Schätzung im vorliegenden Fall gegeben sind. Dass und ggf.
weshalb der Ansatz von 5 % den Rahmen des nach §
287 Abs.
2 ZPO Zulässigen verließe, kann dagegen auch die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung nicht ergeben. Inwieweit der Beweisantritt
überdies auch schon deshalb unerheblich ist, weil §
287 Abs.
2 ZPO eine Typisierung ohnehin erlaubt (Bacher a.a.O., §
287 Rn. 18a), mag nach allem dahinstehen.
(bb) Im Ergebnis nichts anderes gilt für den Antrag, Herrn C als Zeugen zu vernehmen. Selbst wenn dieser - entsprechend des
Beweisziels der Klägerin - bestätigte, dass Herr Prof. Dr. M gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten am Rande einer Veranstaltung
des Deutschen Mieterbundes eingeräumt hat, dass der Ansatz von 5 % der Brennstoffkosten nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen
beruhe, wäre damit lediglich belegt, dass Herr Prof. Dr. M sich entsprechend geäußert hat, nicht aber, ob diese Äußerung auch
in der Sache zuträfe.
(d) Obschon im Ausgangspunkt keine Bedenken gegen die vom SG angestellte Schätzung bestehen mögen, ist der Senat nicht gehindert, die Schätzung des SG aus den vorstehend ausgeführten Gründen durch seine eigene zu ersetzen. Denn der Senat hat den Streitfall im selben Umfang
zu prüfen wie das SG (§
157 S. 1
SGG; s. auch Prütting in MüKoZPO, Bd. 1, 6. Auflage 2020, § 287 Rn. 35; zur Überprüfung einer MdE-Schätzung im Unfallversicherungsrecht vgl. BSG Urteil vom 14.12.1978, 2 RU 10/78, juris Rn. 15).
cc) Aus § 21 Abs. 7 SGB II kann die Klägerin keinen weitergehenden Leistungsanspruch herleiten. Die Gastherme, deren Betriebsstromkosten vorliegend
im Streit stehen, dient der Beheizung wie auch der Erzeugung von Warmwasser. Die Kosten für beides werden mithin über die
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abgegolten (vgl. § 21 Abs. 7 S. 2 a.E. SGB II).
D. Die Berufung der Klägerin ist aufgrund der vorstehend ausgeführten Erwägungen unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 Abs.
1 SGG.
F. Die Revision war gem. §
160 Abs.
2 SGG mit Blick auf die grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage zuzulassen, ob die Endgültigkeitsfiktion nach § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II auch dann eintritt, wenn im Zeitpunkt des Ablaufs der Einjahresfrist noch eine Klage gegen die vorläufige Entscheidung anhängig
ist, und was, wenn dies der Fall sein sollte, Prüfungsmaßstab des Gerichts ist.