Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kürzung der Hinterbliebenenrente des Klägers nach Abänderung des Versorgungsausgleichs seiner
verstorbenen Ehefrau aus einer vorigen Ehe.
Die Ehefrau des Klägers (im Folgenden: EF) war erstmalig im Zeitraum vom 1.4.1969 bis 31.7.1989 verheiratet. Mit Scheidungsurteil
des Amtsgerichts (AG) Rheinbach vom 26.6.1990 (Az. 6 F 200/89) wurden an sie Rentenanwartschaften ihres damaligen Ehemannes von monatlich 1.323,06 DM übertragen.
Am 26.10.1990 heiratete EF den Kläger. Ab 1.6.2011 bezog sie von der Beklagten eine Regelaltersrente, bei der zuletzt 44,0233
Entgeltpunkte, die in Höhe von 34,4670 auf dem Versorgungsausgleich beruhten, zugrunde gelegt wurden. EF verstarb am 00.10.2018.
Auf den Antrag des Klägers vom 29.10.2018 bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 20.12.2018 ab 1.11.2018 eine große
Witwerrente. Den monatlich laufenden Zahlbetrag errechnete sie mit 687,14 Euro. Die hierbei berücksichtigten persönlichen
Entgeltpunkte entsprachen denjenigen der zuletzt an EF gewährten Altersrente. Mit weiterem Bescheid vom 22.3.2019 berechnete
die Beklagte die Witwerrente aufgrund eines höheren Zuschlags für Kindererziehung (sogenannte Mütterrente) neu. Diese belief
sich unter Berücksichtigung von nunmehr 45,0233 Entgeltpunkten auf einen monatlichen Zahlbetrag von 704,29 Euro ab 1.2.2019
bzw. von 705,85 Euro ab 1.3.2019.
Am 17.11.2018 beantragte der geschiedene Ehegatte der EF beim AG Rheinbach, das dortige Urteil vom 26.6.1990 hinsichtlich
des Versorgungsausgleichs abzuändern und einen Versorgungsausgleich nicht stattfinden zu lassen (sog. Totalrevision). Diesem
Antrag gab das AG Bonn mit Beschluss vom 9.8.2019 mit Wirkung zum 1.12.2018 statt (Az. 410 F 6/19). Die hiergegen vom Kläger erhobene Beschwerde wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Beschluss vom 23.1.2020 zurück (Az.
27 UF 150/19). Der Abänderungsantrag sei zulässig, da eine nach § 51 Abs. 1, Abs. 2 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) i.V.m. § 225 Abs. 2, Abs. 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) wesentliche Wertänderung bei seiner Beamten-/ Soldatenversorgung vorliege. Die Abänderung vollziehe sich im Grundsatz dadurch,
dass das Gericht die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nunmehr nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG teile. Ergebe die Bilanz der Anrechte dann, wenn ein Ehegatte nach Rechtskraft der Scheidung aber vor Rechtskraft der Entscheidung
über den Wertausgleich versterbe, dass der überlebende Ehegatte insgesamt ausgleichspflichtig sei, so finde der Versorgungsausgleich
gem. § 31 Abs. 2 VersAusglG nicht statt. Die Vorschrift des § 31 VersAusglG gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, vgl. Beschl. v. 5.6.2013 - XII ZB 635/12) auch im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG uneingeschränkt.
Mit Bescheid vom 8.4.2020 hob die Beklagte den bisherigen Witwerrentenbescheid zur Rentenhöhe auf. Im Hinblick auf den geänderten
Versorgungsausgleich berücksichtigte sie nunmehr nur noch 10,5563 persönliche Entgeltpunkte und berechnete den laufenden Zahlbetrag
ab 1.4.2020 mit monatlich 117,17 Euro.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Der Bescheid sei rechtswidrig, da nach §
88 Abs.
2 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (
SGB VI) bei einer Hinterbliebenenrente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten zugrunde
zu legen seien, wenn der verstorbene Versicherte eine Rente aus eigener Versicherung bezogen habe und spätestens innerhalb
von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs dieser Rente eine Hinterbliebenenrente beginne. Diese Voraussetzungen lägen vor.
EF habe bereits seit dem Jahr 2011 eine Altersrente bis zum Sterbemonat Oktober 2018 bezogen und seine Witwenrente am 1.11.2018
begonnen. Schon nach dem Wortlaut des §
88 SGB VI müsse er keine Nachteile aus der Anpassung des Versorgungsausgleichs hinnehmen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinen Urteilen vom 20.3.2013 (B 5 R 2/12 R) und vom 24.4.2014 (B 13 R 25/12 R) festgestellt, dass die Vorschrift einen Besitz- bzw. Bestandsschutz für im Anschluss an andere Renten gezahlte Hinterbliebenenrenten
gewähre. Der Besitzschutz erstrecke sich dabei auf die Gesamtzahl der persönlichen Entgeltpunkte. Auch eine mögliche Doppelbelastung
der Versichertengemeinschaft müsse nach den Ausführungen des BSG hingenommen werden. Mehrbelastungen der Solidargemeinschaft habe der Gesetzgeber mit der Schaffung der Besitzstandsregelung
des §
88 Abs.
2 SGB VI bewusst in Kauf genommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.8.2020 zurück. Die Anpassung der Rente erfolge auf der Grundlage
des §
101 Abs.
3 SGB VI von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt werde. Für eine Übergangszeit bis zum Ende
des Monats, der dem Monat nach Kenntnis der Rechtskraft der Entscheidung folge, könne der Rentenversicherungsträger die Schuldnerschutzvorschrift
des § 30 VersAusglG anwenden. Unter Berücksichtigung dieser Regelung sei die Witwerrente zutreffend ab 01.04.2020 neu berechnet worden. Es gebe
keine gesetzliche Grundlage, den aufgrund der Abänderungsentscheidung nicht mehr vorhandenen Bonus aus dem Versorgungsausgleich
weiterhin zu berücksichtigen. §
88 Abs.
2 SGB VI finde keine Anwendung.
Mit der am 17.09.2020 beim Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und im Wesentlichen seine Begründung aus dem Widerspruchsverfahren
einschließlich seiner Hinweise auf die Rechtsprechung des BSG wiederholt.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 8.4.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.8.2020 aufzuheben
und die Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung der persönlichen Entgeltpunkte seiner verstorbenen Ehefrau vor Abänderung
des Versorgungsausgleichs weiter zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Einverständnis der Beteiligten hat das SG die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 22.2.2021 abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die Hinterbliebenenrente
des Klägers nach §
101 Abs.
3 SGB VI nur noch auf der Grundlage von 10,5563 Entgeltpunkten berechnet. Nach dieser Norm werde, wenn nach Beginn der Rente ein Versorgungsausgleich
durchgeführt sei, die Rente der leistungsberechtigten Person von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten
verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchzuführen sei. Bei einer rechtskräftigen Abänderung des Versorgungsausgleichs
gelte dies mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt nach § 226 Abs. 4 FamFG abzustellen sei. § 30 VersAusglG bleibe unberührt. Diese Voraussetzungen seien aufgrund der Entscheidungen des AG Bonn und des OLG Köln zur Abänderung des
damaligen Versorgungsausgleichs mit Rechtskraft ab 23.1.2020 gegeben. Die Beklagte habe nach Kenntniserlangung im Februar
2020 die Rente zutreffend gemäß §
101 Abs.
3 S. 4
SGB VI i.V.m. § 30 VersAusglG erst ab dem 01.04.2020 neu berechnet.
Die Norm des §
88 Abs.
2 SGB VI, auf die sich der Kläger stütze, sei auf den hiesigen Fall nicht anwendbar, da es sich bei §
101 Abs.
3 SGB VI um das speziellere Gesetz handele. Dieses regele insofern den konkreten Fall, wie mit einer laufenden Rente zu verfahren
sei, wenn ein Versorgungsausgleich durchgeführt oder ein solcher abgeändert werde. Dieser besondere Fall habe in der Regelung
des §
88 Abs.
2 SGB VI keinen Einschlag gefunden. Auch ergebe sich aus der Gesetzesbegründung des §
101 Abs.
3 SGB VI, dass das bisherige sogenannte Rentnerprivileg habe aufgehoben werden sollen. Nach dessen Wegfall hätten Regelungen geschaffen
werden müssen, die den Rentenversicherungsträger vor Überzahlungen schützten. Aus der Gesetzesbegründung des §
101 Abs.
3 SGB VI ergebe sich, dass der Gesetzgeber dem Schutz der Solidargemeinschaft vor missbräuchlicher Inanspruchnahme ungekürzter Leistungen
einen besonders hohen Wert beimesse. Die Anwendung des §
88 Abs.
2 SGB VI im hiesigen Fall würde der Norm des §
101 Abs.
3 SGB VI vollkommen zuwiderlaufen. Auch erscheine es nicht sachgerecht, dass die Rente der EF bei einem zu ihren Lebzeiten durchgeführten
Versorgungsausgleich gekürzt worden wäre, eine solche Kürzung jedoch im hiesigen Fall des Ablebens bei dem Kläger nicht vorzunehmen
sei.
Gegen das ihm am 1.3.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9.3.2021 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat
er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der vom SG vertretenen Auffassung, dass nach Abschaffung des Rentnerprivilegs und Einführung des §
101 Abs.
3 SGB VI die Anwendung der Besitzstandsregelung nicht mehr eröffnet sei, folge er nicht. Das BSG habe in Kenntnis dieser bereits 2009 erfolgten Abschaffung in seinen Urteilen von 2013 und 2014 festgestellt, dass nach §
88 Abs.
2 SGB VI ein Besitz- bzw. Bestandsschutz für Hinterbliebenenrenten bestehe, die sich an eine andere Rente anschlössen. Etwaige versorgungsausgleichsbedingte
mögliche Mehrbelastungen der Versichertengemeinschaft habe der 5. Senat des BSG im Urteil aus 2013 ausdrücklich hingenommen. Dieser Auffassung sei der 13. Senat des BSG im Urteil aus 2014 gefolgt. Vorliegend würden auch nicht etwa missbräuchlich ungekürzte Leistungen in Anspruch genommen,
die der Regelung des §
101 Abs.
3 SGB VI zuwiderliefen. Rentenversicherungsansprüche seien Bestandteil eines Leistungssystems, dem eine besondere soziale Funktion
zukomme. Diese erlaube es, den Grundsatz der Kostenneutralität partiell zurückzustellen und der Lebensstandardsicherung von
Hinterbliebenen nach §
88 Abs.
2 S. 1
SGB VI Vorrang einzuräumen, auch wenn dies Mehrbelastungen der Solidargemeinschaft bedeute. Einen solchen Lebensstandard habe er
sich mit seiner verstorbenen Ehefrau unter anderem auch beruhend auf deren Altersrente erarbeitet. Dieser solle hier durch
die Witwerrente an ihn gesichert werden. Anderenfalls liefe der Schutzzweck des §
88 Abs.
2 SGB VI völlig ins Leere. Auch könne er nicht weitere oder mehr Rechte herleiten als EF es zu Lebzeiten gekonnt hätte, da die Totalrevision
des Versorgungsausgleichs nur aufgrund ihres Ablebens überhaupt möglich geworden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.2.2021 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 8.4.2020 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28.8.2020 aufzuheben und seine Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung der bisherigen persönlichen
Entgeltpunkte der verstorbenen Ehefrau zu bewilligen.
Die Beklagte, die das Urteil des SG für zutreffend erachtet, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit ausführlichem Schreiben vom 11.8.2021 hat der Senat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Berufsrichter des Senats
der Berufung (und Klage) des Klägers nach Vorberatung Aussicht auf Erfolg beimessen würden. Relevante Anhaltspunkte für einen
Vorrang des §
101 SGB VI gegenüber der Vorschrift des §
88 SGB VI im Sinne einer lex specialis, wie sie das SG zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht habe, könnten nicht erkannt werden. Ein solcher Vorrang ergebe sich weder aus dem
Wortlaut noch dem Zweck, der systematischen Stellung oder der Gesetzeshistorie der Normen. Die dargelegte Rechtsauffassung
entspreche im Übrigen der Rechtsprechung des BSG aus den Jahren 2013 und 2014 und sei in der jüngsten Entscheidung vom 20.1.2021 - B 13 R 5/20 R ganz aktuell bestätigt worden.
Eine Auseinandersetzung der Beklagten mit den Ausführungen des Senats ist weder schriftlich noch - nach erneutem Hinweis hierauf
- in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Der Vertreter der Beklagten ist von der Vorsitzenden darauf hingewiesen worden, dass
der Beklagten bei Fortführung des Rechtsstreits ggf. Kosten gem. §
192 Abs.
1 S. 1 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auferlegt würden. Gleichwohl hat die Beklagte auf einem Urteil bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten
der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Köln vom 22.02.2021 ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8.4.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
28.8.2020, mit dem diese die dem Kläger mit Bescheid vom 20.12.2018 und Bescheid vom 22.3.2019 ab November 2018 bewilligte
große Witwenrente ab dem 1.4.2020 teilweise aufgehoben hat. Zulässige Klageart ist damit die Anfechtungsklage gemäß §
54 Abs.
1 S. 1 Alt. 1
SGG, da mit der Aufhebung des Bescheides vom 8.4.2020 die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung wieder auflebt. Die in dem Aufhebungsbescheid
liegende Beschwer kann mit dieser Klageart vollständig beseitigt werden (vgl. Groß, in: Berchtold,
SGG, 6. Aufl., §
54 Rn. 6; Mink in BeckOK §
54 SGG Rn. 1).
Soweit der Kläger darüberhinausgehend die "Bewilligung der Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung der bisherigen persönlichen
Entgeltpunkte der verstorbenen Ehefrau" beantragt hat, geht dies ins Leere. Der Senat wertet die entsprechende Formulierung
im Rahmen der Auslegung des Antrags lediglich als Klarstellung des klägerischen Begehrens, die Rente auf Basis der zuvor zugrunde
gelegten Entgeltpunkte weiter zu beziehen.
2. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 8.4.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28.8.2020 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne von §
54 Abs.
1 S. 1
SGG. Die Beklagte war nicht berechtigt, die ihm mit Bescheid vom 20.12.2018 und Bescheid vom 22.3.2019 bewilligte große Witwenrente
aus Anlass der Abänderung des Versorgungsausgleichs durch den geschiedenen Ehemann der EF teilweise aufzuheben. Hierfür fehlt
es an einer Rechtsgrundlage.
a) Entgegen ihrer Auffassung kann die Beklagte die von ihr vorgenommene Kürzung nicht auf die Vorschrift des §
101 Abs.
3 SGB VI stützen.
Gem. §
101 Abs.
3 S. 1
SGB VI (in der seit dem 1.9.2009 gültigen Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs v. 3.4.2009 - VAStrRefG,
BGBl 2009, 800) wird bei einem nach Beginn der Rente durchgeführten Versorgungsausgleich die Rente der leistungsberechtigten Person von
dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt
ist. Für den Zeitpunkt der Anpassung bei rechtskräftiger Abänderung eines (zuvor durchgeführten) Versorgungsausgleichs finden
sich zeitliche Sonderregelungen in §
101 Abs.
3 S. 3 und S. 4
SGB VI.
Die Voraussetzungen des §
101 Abs.
3 S. 1
SGB VI liegen nicht vor. Die Vorschrift erfasst bei Anwendung der anerkannten juristischen Auslegungsregelungen (vgl. z.B. BVerfG
Urt. v. 19.3.2013 - 2 BvR 2628/10 - juris Rn. 66), d.h. unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Gesetzeshistorie nicht die -
unmittelbare - Kürzung von Hinterbliebenenrente (hierzu unter aa). Insbesondere verdrängt §
101 Abs.
3 SGB VI - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht die zugunsten des Klägers greifende besitzschützende Regelung des §
88 Abs.
2 SGB VI (hierzu unter bb). Ebenso wenig können die persönlichen Entgeltpunkte der EF - und damit ggf. mittelbar die Hinterbliebenenrente
des Klägers - auf der Grundlage des §
101 Abs.
3 SGB VI gekürzt werden (hierzu unter cc).
aa) §
101 Abs.
3 SGB VI erfasst die - unmittelbare - Anpassung von Hinterbliebenenrenten nicht. Bereits vom Wortlaut wird hier allein an "die Rente
der leistungsberechtigten Person" und damit originär nur an die von der Änderung des Versorgungsausgleichs betroffenen - selbst
- leistungsberechtigten Ehepartner angeknüpft. Hinterbliebene (der leistungsberechtigten Person) sind in diesem Absatz des
§
101 SGB VI nicht genannt. Hingegen unterscheidet die Vorschrift in den übrigen Absätzen ausdrücklich zwischen Renten für Leistungsberechtigte
selbst einerseits und Renten für deren Hinterbliebenen andererseits. Bereits in den Absätzen 1 bzw. 1a und Abs. 2 werden Regelungen
für den Beginn von befristeten Erwerbsminderungsrenten der Leistungsberechtigten (Abs. 1 und Abs. 1a) gesondert zum Beginn
von befristeten großen Witwen- und Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit (Abs. 2) getroffen. Auch für den Fall
der erstmaligen Durchführung bzw. Änderung eines Rentensplittings nach Beginn der Rente wird ausdrücklich in §
101 Abs.
4 SGB VI (allein) eine Anpassung der Rente der leistungsberechtigten Personen (selbst) geregelt, wohingegen §
101 Abs.
5 SGB VI Bestimmungen zur Änderung einer Waisenrente trifft. Im Umkehrschluss folgt aus den klaren gesetzgeberischen Differenzierungen,
dass in §
101 Abs.
3 SGB VI, der bei Durchführung eines Versorgungsausgleichs nur auf den Leistungsberechtigten selbst abstellt und eine explizite Regelung
für Hinterbliebene nicht trifft, eine Anpassung der Hinterbliebenenrente grundsätzlich nicht vorgesehen ist.
Auch im Übrigen spricht der Wortlaut des §
101 Abs.
3 S. 1
SGB VI mit seiner Bezugnahme auf die "leistungsberechtigte Person" im Zusammenhang mit der Systematik der Rentengewährungen an Leistungsberechtigte
einerseits und deren Hinterbliebene andererseits, dagegen, diese Norm als - unmittelbare - Anpassungsmöglichkeit für Hinterbliebenenrenten
heranziehen zu können. Grund hierfür ist, dass es sich bei dem Recht von Witwen, Witwer und Waisen auf Gewährung von Leistungen
nach dem verstorbenen Versicherten nicht um einen kraft Rechtsnachfolge übergegangenen, sondern um einen originären eigenen
Anspruch handelt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 16 m.w.N.). Eine Verknüpfung mit der Rente des (verstorbenen) Versicherten erfolgt "lediglich" mittelbar darüber,
dass die Höhe der Hinterbliebenenrente aus dem Versichertenkonto des Versicherten errechnet wird (vgl. BSG Urt. v. 20.1.2021 - B 13 R 5/20 R - juris 44). So sieht §
66 Abs.
2 Nr.
2 SGB VI vor, dass Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte, die ihrerseits gem. §
64 Nr. 1
SGB VI einen maßgeblichen Faktor bei der Berechnung des Monatsbetrags der Rente darstellen, bei einer Witwenrente, Witwerrente und
Halbwaisenrente die Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten sind. Entsprechend ergibt sich aus dieser Systematik, dass
Hinterbliebenenrenten entweder über diese mittelbare Schnittstelle mit dem Konto des leistungsberechtigten Versicherten beeinflusst
werden oder es zu ihrer Regelung eigener, sie explizit betreffender Vorschriften bedarf.
Schließlich lassen sich auch weder nach Sinn und Zweck des §
101 Abs.
3 SGB VI, der auf die Anpassung der Rente der versorgungsberechtigten bzw. -verpflichteten Ehegatten selbst zielt, noch aus der gesetzeshistorischen
Entwicklung Anhaltspunkte dafür erkennen, dass hier auch die - unmittelbare - Abänderung von Hinterbliebenenrenten erfasst
werden sollte. Vielmehr hat eine Durchführung bzw. Änderung des Versorgungsausgleichs regelmäßig bereits deshalb (mittelbaren)
Einfluss auf die (spätere) Rente der Hinterbliebenen, weil gemäß §§
76,
66 Abs.
1 Nr.
4 SGB VI Zuschläge oder Abschläge aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich die Summe der persönlichen Entgeltpunkte des versicherten
Ehegatten beeinflussen (vgl. auch BSG Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 14).
bb) Wie die Beklagte zutreffend und im Übrigen bindend in ihren Bescheiden vom 20.12.2018 und 22.3.2019 berücksichtigt hat,
ist die Vorschrift des §
88 Abs.
2 SGB VI zugunsten des Klägers anwendbar (hierzu unter (1)). Entgegen ihrer Auffassung verdrängt §
101 Abs.
3 SGB VI auch nicht die Vorschrift des §
88 Abs.
2 SGB VI (hierzu unter (2)).
(1) Gem. §
88 Abs.
2 SGB VI werden der Hinterbliebenenrente dann, wenn diese spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs der Rente
des Versicherten selbst beginnt, mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten zugrunde
gelegt. Liegen die Voraussetzungen des §
88 Abs.
2 SGB VI vor, trifft die Vorschrift damit eine zeitliche Sonderregelung zu §
66 Abs.
2 Nr.
2 SGB VI für Folgerenten, d.h. für Fälle, in denen der verstorbene Versicherte selbst bereits eine Rente bezogen hat und nunmehr von
seinen Hinterbliebenen Rente beansprucht wird.
Der Kläger erfüllt, was zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, die Voraussetzungen des §
88 Abs.
2 S. 1
SGB VI. Seine verstorbene Ehefrau hat bis zum 31.10.2018, dem Ende des Monats ihres Todes, eine Rente aus eigener Versicherung bezogen
(vgl. §
102 Abs.
5 SGB VI). Der Kläger erhält seit dem 1.11.2018, d.h. unmittelbar und somit innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Tod der EF,
eine Hinterbliebenenrente.
Der Altersrente der EF sind zuletzt bis zu ihrem Tod am 00.10.2018 bzw. bis zum Ende des Rentenbezugs am 31.10.2018 insgesamt
44,02333 Entgeltpunkte zugrunde gelegt worden. Der Berücksichtigung der Gesamtheit dieser Entgeltpunkte (auch) bei der Hinterbliebenenrente
des Klägers steht nicht entgegen, dass hierbei als Bonus 34,4670 Entgeltpunkte aus den mit Urteil des AG Rheinbach vom 26.6.1990
zulasten des geschiedenen (ersten) Ehemannes übertragenen Rentenanwartschaften einbezogen waren.
Der Besitzschutz des §
88 Abs.
2 S. 1
SGB VI erfasst nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG nicht nur die persönlichen Entgeltpunkte, die sich ohne Anwendung von Anpassungs- und Härteregelungen des Versorgungsausgleichsrechts
ergeben würden, sondern erstreckt sich vielmehr ausnahmslos auf alle bisherigen persönlichen Entgeltpunkte der Vorrente. Eine
Befugnis zur Aufteilung in besitzgeschützte und nicht besitzgeschützte Anteile sieht das Gesetz weder in §
88 SGB VI noch an anderer Stelle vor (vgl. BSG Urt. v. Urt. v. 20.1.2021 - B 13 R 5/20 R - juris Rn. 28; Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 18; Urt. v. 24.4.2014 - B 13 R 25/12 R - juris Rn. 23). Damit sichert das Gesetz das bisherige Rentenniveau, wahrt den erworbenen Lebensstandard des Versicherten
und seiner Hinterbliebenen und schützt ihr Vertrauen auf den Fortbestand der existenzsichernden Rentenleistungen in bisheriger
Höhe (vgl. BSG Urt. v. 20.1.2021 - B 13 R 5/20 R - juris Rn. 43; Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 18). Auch im Rahmen der Umgestaltung des Rechts des Versorgungsausgleichs durch das VAStrRefG ist die Regelung
des §
88 Abs.
2 Abs.
1 SGB VI und die damit verfolgte Zielsetzung unangetastet geblieben (vgl. BSG Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 18).
(2) Soweit die Beklagte behauptet, §
101 Abs.
3 SGB VI sei lex specialis zu §
88 Abs.
2 SGB VI, hat sie substantiierte Gründe hierfür weder vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich.
(a) Erfasst §
101 Abs.
3 SGB VI, wie dargelegt, lediglich Leistungsberechtigte, nicht jedoch Hinterbliebene, kann es sich bei dieser (Teil-)Vorschrift aufgrund
des unterschiedlichen Adressatenkreises gegenüber §
88 Abs.
2 SGB VI, der wiederum allein Regelungen für Hinterbliebene trifft, entgegen der Auffassung der Beklagten schon grundsätzlich nicht
um eine Spezialvorschrift zu §
88 Abs.
2 SGB VI handeln.
(b) Auch der sich aus der Gesetzesgliederung ergebende Zweck der Vorschriften spricht dagegen, §
101 Abs.
3 SGB VI in einem Vorrangverhältnis zu §
88 Abs.
2 SGB VI zu sehen. Vielmehr haben beide Normen unterschiedliche Zielrichtungen bzw. Anwendungsbereiche.
So findet sich §
88 SGB VI im Dritten Unterabschnitt vom Zweiten Kapitel, Zweiter Abschnitt des
SGB VI, der entsprechend seiner Überschrift Bestimmungen zur "Rentenhöhe und Rentenanpassung" enthält und somit der Berechnung der
Rente dient. Hingegen ist §
101 SGB VI im Fünften Unterabschnitt des Zweiten Kapitels, Zweiter Abschnitt unter dem Titel "Beginn, Änderung und Ende von Renten"
geregelt und betrifft damit die zeitliche Gewährung einer (bereits berechneten) Rente. Diese systematisch unterschiedliche
Verortung spiegelt sich auch in den inhaltlichen Anknüpfungspunkten der beiden Vorschriften wieder. So trifft §
88 Abs.
2 SGB VI eine Sonderregelung dazu, wie persönliche Entgeltpunkte, die gem. §
64 Nr. 1 einen maßgeblichen Faktor bei der Berechnung des Monatsbetrags der Rente darstellen, bei Hinterbliebenen zu bestimmen
sind. §
101 Abs.
3 S. 1
SGB VI hingegen bestimmt als Sonderregelung zu §§
99 f.
SGB VI, ab welchem (anderen) Zeitpunkt "die Rente" um einen Abschlag verändert wird.
Ausdrücklich hat bereits das BSG - nach Aufhebung des Rentnerprivilegs - darauf hingewiesen, dass ein zeitlich oder inhaltlich vorrangiges Bundesgesetz, dass
den vertrauensschützenden Regelungsgehalt des §
88 Abs.
2 S. 1
SGB VI zu Lasten der Hinterbliebenen modifiziert, nicht existiert (vgl. BSG Urt. v. 20.3.2014 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 18; Urt. v. 24.4.2014 - B 13 R 25/12 R - juris Rn. 23; Urt. v. 20.1.2021 - B 13 R 5/20 R - juris Rn. 28).
(c) Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschrift des §
101 Abs.
3 SGB VI Vorrang vor der Besitzschutzregelung des §
88 Abs.
2 SGB VI haben sollte, ergeben sich auch nicht aus der Abschaffung des sogenannten Rentnerprivilegs zum 1.9.2009.
Die bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung des §
101 Abs.
3 S. 1
SGB VI (im Folgenden: a.F.) sah eine Begünstigung von Personen vor, die zum Zeitpunkt der Scheidung bereits eine Rente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung bezogen (sog. "Rentnerprivileg"); deren Rente wurde grundsätzlich nicht sofort, sondern erst mit Beginn
der Rente der ausgleichsberechtigten Person gekürzt. Eine Regelung von Hinterbliebenenrenten traf §
101 Abs.
3 SGB VI a.F. hingegen nicht. Dies zeigt u.a. deutlich die Formulierung in §
101 Abs.
3 S. 4
SGB VI a.F., nach der der Leistungsberechtigte in Bezug zur "Versicherung des anderen Ehegatten" gesetzt war. Mit der Änderung durch
das VASTrRefG zum 1.9.2009 wurde allein diese Begünstigung des bei Scheidung im Rentenbezug stehenden Ehegatten aufgehoben.
Eine weitergehende Konsequenz, insbesondere eine Ausweitung des von dieser Vorschrift erfassten Personenkreises, lässt sich
hieraus nicht ziehen. So ist zur Begründung der Gesetzesänderung angeführt worden, dass die Begünstigung des ausgleichspflichtigen
Ehegatten eine Ausnahmeregelung mit kaum zu rechtfertigender Belastung seines Versorgungsträgers dargestellt habe und zudem
mit der Einführung nunmehr einer internen Teilung aller Anrechte nicht mehr habe aufrechterhalten werden können (vgl. BT-Drs.
16/10144, S. 100; vgl. Kater, in: Kasseler Kommentar,
SGB VI, §
101 Rn. 13). Hinterbliebene und deren Renten sind in den Gesetzesmaterialien hierbei nicht erwähnt und stehen mit dem durchgeführten
Wegfall des Rentnerprivilegs auch inhaltlich nicht in zwingend-unmittelbarem Zusammenhang. Die Regelung des §
88 Abs.
2 Abs.
1 SGB VI und die damit verfolgte Zielsetzung ist - wie bereits dargelegt - auch im Rahmen der Umgestaltung des Rechts des Versorgungsausgleichs
durch das VAStrRefG unangetastet geblieben (vgl. BSG Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 18).
(d) Soweit das SG auf eine mögliche Doppelbelastung der Versichertengemeinschaft hingewiesen hat, wenn der geschiedene Ehegatte der EF seine
Rentenanwartschaften aufgrund der Totalrevision "zurückerhält" und gleichzeitig die Hinterbliebenenrente des Klägers wegen
Besitzschutzes aus ebendiesen Rentenanwartschaften berechnet wird, lässt sich mit dieser wirtschaftlichen Überlegung keine
teleologische Reduktion des weit formulierten §
88 Abs.
2 S. 1
SGB VI rechtfertigen (vgl. BSG Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 19). Einen partiellen Ausgleich bewirkt das VersAusglG durch die Verlagerung des Beginns der Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person auf den ersten Tag, der auf
den Monat der Antragstellung folgt (§ 38 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 VersAusglG). Damit entfällt die Rentenkürzung bei der ausgleichspflichtigen Person frühestens am Ende des Monats, in dem die ausgleichsberechtigte
Person verstorben ist und nicht mehr wie zuvor rückwirkend ab Durchführung des Versorgungsausgleichs. Der Zuwachs an Versorgungen
bei der ausgleichsberechtigten Person und deren Hinterbliebenen wird also über die temporäre Kürzung der Anrechte der ausgleichspflichtigen
Person kompensiert (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.). Der Gesetzgeber hat im Übrigen bei der Neuregelung durch das VersAusglG Doppelleistungen aus dem übertragenen Anrecht im Rahmen der Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft an der Vermeidung
finanzieller Mehrbelastungen durch den Versorgungsausgleich einerseits und des Interesses an der Versorgung der Hinterbliebenen
des ausgleichspflichtigen und auch des ausgleichsberechtigten Versicherten andererseits bewusst in Kauf genommen (BSG a.a.O. - juris Rn. 20). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dem Interesse der Hinterbliebenen
an einer Sicherung des Lebensstandards auf bisherigem Niveau Vorrang vor einer Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs
eingeräumt hat. Die Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs ist kein übergesetzliches Strukturprinzip mit Verfassungsrang,
hinter dem die Belange der Hinterbliebenen zurücktreten müssten (BSG Urt. v. 24.4.2014 - B 13 R 25/12 R - juris Rn. 25 f.; Urt. v. 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - juris Rn. 20).
(e) Entgegen der Auffassung des SG rechtfertigt sich eine Kürzung der Hinterbliebenenrente des Klägers auch nicht mit dem Argument, es erscheine nicht sachgerecht,
dass die Rente der EF bei einem zu ihren Lebzeiten durchgeführten Versorgungsausgleich gekürzt worden wäre, eine solche Kürzung
nach ihrem Ableben beim Kläger jedoch nicht vorzunehmen sei. Zu berücksichtigen ist hier, dass die Totalrevision des Versorgungsausgleichs,
wie hier auch im Familienrechtsstreit durch das AG Bonn und das OLG Köln entschieden, gem. §§ 51, 31 VersAusglG nur aufgrund des Todes der EF möglich geworden ist (vgl. zu dieser Konstellation auch ausführlich BGH Beschl. v. 20.6.2018
- XII ZB 624/15 - juris Rn. 10 ff. m.w.N.)
bb) Die persönlichen Entgeltpunkte der EF können aufgrund der nach ihrem Tod beantragten und durchgeführten Revision des vorigen
Versorgungsausgleichs auch nicht in ihrem eigenen Versichertenkonto - und damit ggf. mit mittelbarer Auswirkung zulasten des
Klägers - gemindert werden.
Stehen einem Versicherten - wie hier EF - zu Lebzeiten Entgeltpunkte als Zuschlag aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich
zu (§§
66 Abs.
1 Nr.
4,
76 Abs.
1 SGB VI), kann sich daran durch eine Änderung des Versorgungsausgleichs im Monat nach dem Tod nichts ändern. Grund hierfür ist, dass
die Vorschrift des §
101 Abs.
3 SGB VI - wie dargelegt - auf die "Rente der leistungsberechtigten" Person abstellt. Leistungsberechtigt ist ein im Leistungsbezug
stehender Versicherter ab dem auf seinen Tod folgenden Monat jedoch gem. §
102 Abs.
5 SGB VI nicht mehr. Entsprechend konnte eine nach Oktober 2018 eingetretene Änderung des Versorgungsausgleichs - hier (erst) mit
Wirkung zum 1.12.2018 - nicht gem. §
101 Abs.
3 SGB VI zu Lasten der EF selbst greifen.
Im Übrigen wäre die Hinterbliebenenrente des Klägers aber auch dann nicht zu kürzen, wenn die persönlichen Entgeltpunkte der
EF auch nach ihrem Tod gemindert werden könnten. Wenngleich sich diese - wie dargelegt - gem. §
66 Abs.
2 Nr.
2 SGB VI grundsätzlich aus den persönlichen Entgeltpunkten der verstorbenen Versicherten ableitet, stünde einer Minderung der Hinterbliebenenrente
auch hier die Vorschrift des §
88 Abs.
2 SGB VI, deren Voraussetzungen der Kläger erfüllt, entgegen.
b) Auf eine andere Rechtsgrundlage als die - wie dargelegt - vorliegend nicht einschlägige Norm des §
101 Abs.
3 SGB VI hat die Beklagte die Kürzung der dem Kläger zuvor bindend gewährten Rente nicht gestützt. Unabhängig von der Frage, ob angesichts
der Regelungen des §§
88 Abs.
2,
101 Abs.
3 SGB VI überhaupt auf andere Rechtsgrundlagen zurückgegriffen werden kann und ob bzw. inwieweit eine Umdeutung des angefochtenen
Bescheides bzw. der Austausch der Begründung überhaupt möglich wäre, ist eine solche Rechtsgrundlage jedoch auch nicht ersichtlich.
Da die bewilligenden Bescheide vom 20.12.2018 bzw. 22.3.2019 rechtmäßig waren, kam § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht als Rechtsgrundlage für deren Aufhebung in Betracht. Ebenso wenig stellt die Revision des Versorgungsausgleichs nach
dem Tod der EF eine berücksichtigungsfähige wesentliche Änderung i.S.v. § 48 SGB X dar. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
183 S. 1
SGG i.V.m. §
193 Abs.
1 S. 1
SGG.
Die Entscheidung, der Beklagten Mutwillenskosten aufzuerlegen, folgt aus §
192 Abs.
1 S. 1 Nr.
2 SGG.
Nach dieser Vorschrift kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch
verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit
der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits
hingewiesen worden ist.
Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Rechtsverfolgung oder -verteidigung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen
werden muss (vgl. z.B. LSG NRW Urt. v. 14.2.2019 - L 9 AS 1178/18 - juris Rn. 40; Urt. v. 20.1.2010 - L 11 KR 80/07 - juris Rn. 38; BVerfG Beschl. v. 19.12.2002 - 2 BvR 1255/02 - juris Rn. 3). Hier war die Rechtsverteidigung der Beklagten sowohl in Anbetracht der ihr vom Senat dargelegten Auslegungskriterien,
denen sie keine Argumente entgegengesetzt hat, also auch unter Berücksichtigung der zitierten Entscheidungen des BSG völlig aussichtslos (vgl. zu dieser Fallgruppe Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, §
192 Rn. 9). Darauf ist die Beklagte von der Vorsitzenden im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen worden. Diese
hat mit der gleichwohl gewünschten Fortführung des Rechtsstreits gerade für einen rechtskundigen Träger ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit
gezeigt.
Der Senat hat es im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung für gerechtfertigt erachtet, der Beklagten Kosten in Höhe
von 500,00 Euro aufzuerlegen (§
202 SGG i.V.m. §
287 Zivilprozessordnung). Dieser Betrag liegt zwar über dem Mindestbetrag von 225,00 Euro (§
192 Abs.
1 S. 3 i.V.m. §
184 Abs.
2 SGG), aber noch deutlich unter den Kosten von regelmäßig mindestens 1.000 Euro, die der Landeskasse tatsächlich entstanden sind
(vgl. zur Abschätzung der Kosten z.B. LSG NRW Urt. v. 14.2.2019 - L 9 AS 1178/18 - juris Rn. 42 m.w.N.; Urt. v. 28.6.2015 - L 18 KN 89/15 - juris Rn. 24).
Gründe, gemäß §
160 Abs.
2 SGG die Revision zuzulassen, lagen nicht vor.