Unbegründetheit der Berufung im sozialgerichtlichen Verfahren
Unzulässigkeit einer Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung von Anträgen aus dem Jahr 2013.
Am 4. Juni 2019 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat geltend gemacht, bei der Beklagten bereits im Jahr 2013 einen Antrag auf Kostenübernahme (Arzneimittelversorgung
Leukonorm) sowie auf Einholung eines Generalsgutachtens gestellt zu haben. Bis heute habe die Beklagte seine Anträge nicht
beschieden, weshalb die Erhebung einer Klage wegen Untätigkeit unvermeidlich sei.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte gemäß §
88 Abs.
1 SGG zu verpflichten, seinen Antrag aus dem Jahr 2013 zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei ihr - so die Beklagte zur Begründung der - sei ein Antrag des Klägers auf Kostenübernahme des Medikaments Leukonorm nicht
gestellt worden. Der Kläger habe sich am 20. Mai 2015 mit der Bitte an sie gewandt, Unterlagen zu einer Arzneimittelversorgung
aus dem Jahr 2006 zu erhalten. Ihm sei mitgeteilt worden, dass diesbezüglich nichts bekannt sei und keine Unterlagen vorlägen.
Der Wunsch des Klägers auf Überlassung von Unterlagen, die der Beklagten nicht bekannt seien, bedürfe keiner Erteilung eines
Bescheides. Bis heute liege der Beklagten ein Antrag auf eine Arzneimittelversorgung mit Leukonorm nicht vor. Die Erklärung
des Klägers, sie sei im Hinblick auf einen Antrag auf Einholung eines Generalsgutachtens untätig geblieben, sei nicht verständlich.
Ein aktueller, nicht beschiedener Antrag des Klägers sei nicht aktenkundig. Aus den von dem Kläger übersandten Unterlagen
könne eine im Jahr 2013 erfolgte Antragstellung nicht nachvollzogen werden. Die Frage der Kostenübernahme eines Gutachtens
über den Gesundheitszustand des Klägers sei bereits Gegenstand mehrerer sozialgerichtlicher Verfahren. Es stelle sich auch
die Frage nach der Zulässigkeit der Untätigkeitsklage, da die Bescheidung sämtliche Anträge des Klägers bei der Beklagten
seit 2002 bereits Gegenstand des Verfahrens S 17 KR 284/18 sei.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 19. August 2019). Die Klage sei bereits unzulässig. Das Begehren auf Bescheidung
sämtliche Anträge ab dem Jahr 2002 und damit auch bezogen auf Anträge des Klägers im Jahr 2013 sei bereits anderweitig, nämlich
in dem unter dem Aktenzeichen S 17 KR 284/18 anhängig. Während der Rechtshängigkeit sei ein zweites Verfahren wegen desselben Gegenstandes unzulässig.
Gegen den ihm am 20. August 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. August 2019 schriftlich Berufung zum
Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 19. August 2019 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, seine Anträge
aus dem Jahr 2013 zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und nimmt Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Verwaltungsaktes.
Mit Beschluss vom 16. März 2020 hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass (auch) das auf die Bescheidung von (behaupteten) Anträge aus dem Jahr 2013 gerichtete
Rechtsschutzbegehren Gegenstand des vor dem Senat unter dem Az. L 11 KR 540/19 (Vorinstanz S 17 KR 284/18 <SG Köln>) sei.
Nach Anhörung der Beteiligten (Anhörungsmitteilung vom 18. März 2020) hat der Senat mit Beschluss vom 4. Mai 2020 den Rechtsstreit
dem Berichterstatter zur gemeinsamen Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen (§
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Wegen des weiteren Inhalts des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
I. Über die Berufung des Klägers kann der Senat gemäß §
153 Abs.
5 SGG in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden. Es liegt ein Fall des §
105 Abs.
2 Satz 1
SGG vor, weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Der Senat hat die Übertragung - nach vorheriger Anhörung des Klägers - nach pflichtgemäßem
Ermessen beschlossen. Es handelt sich um ein tatsächlich und rechtlich einfach gelagertes Verfahren, das keine Fragen aufwirft,
die einer Mitwirkung der vollen Richterbank des Senats (vgl. §
33 Abs.
1 Satz 1
SGG) bedürfen (zu diesem Ermessenskriterium u.a. Frehse in: Jansen,
SGG, 4. Auflage, 2012, §
153 Rn. 49; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage, 2020, §
153 Rn. 25a).
II. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 19. August 2019 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche
Zulassung statthaft (§§
143,
144 SGG) und fristgerecht eingelegt worden (§§
151 Abs.
1,
64 Abs.
1, Abs.
3,
63 SGG).
III. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sie wegen doppelter Rechtshängigkeit (§
202 SGG i.V.m. §
17 Abs.
1 Satz 2
Gerichtsverfassungsgesetz) unzulässig ist. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass das von dem Kläger verfolgte Bescheidungsbegehren hinsichtlich "sämtlicher Anträge seit 2002",
mithin auch etwaiger Anträge aus dem Jahr 2013, bereits anderweitig streitbefangen ist. Mit dem seinerzeit vor dem SG Köln
unter dem Az. S 17 KR 284/18 geführten Verfahren hat der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, "alle Anträge aus 2002 u.s.w. bis heute, zuletzt
ab 22.02.2018, 22.08.2017, 07.11.2017 u.a. umgehend zu bescheiden".
Kostenentscheidung beruht auf §
183,
193 SGG.
Gründe im Sinne des §
160 Abs.
2 SGG zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben.