Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass nach dem Ende eines Bewilligungszeitraumes für Leistungen der Grundsicherung im
Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) ein Weiterbewilligungsantrag nicht erforderlich ist und sie in diesem Rahmen entsprechend keine Mitwirkungspflichten treffen.
Die 1945 geborene, schwerbehinderte Klägerin (Grad der Behinderung 80, Nachteilsausgleiche "G" und "B") wohnt in einer Mietwohnung
im Stadtgebiet der Beklagten und bezieht von ihr laufende Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII.
Mit Schreiben vom 26.04.2017 wies die Beklagte zum Ende eines Bewilligungsabschnittes die Klägerin darauf hin, dass die Leistungsvoraussetzungen
in gewissen Zeitabständen zu überprüfen seien, und forderte dazu auf, einen beigefügten Vordruck zu den Vermögensverhältnissen
auszufüllen und mit konkret bezeichneten Nachweisen einzureichen.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, dass kein Weiterbewilligungsantrag erforderlich sei.
Eine Mitwirkungspflicht bestehe nicht, weil sich die der Beklagten bekannten Verhältnisse nicht geändert hätten. Die Beklagte
teilte mit, dass die Anforderung von Auskünften und Unterlagen keinen Verwaltungsakt darstelle und insofern nicht mit einem
Widerspruch angefochten werden könne (Schreiben vom 20.10.2017).
Einen Antrag auf Übernahme von Kosten für einen neuen Bodenbelag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 17.07.2017 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2018, zugestellt am 19.03.2018).
Am 19.04.2018 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Münster erhoben.
Bezüglich geltend gemachter Renovierungskosten hat die Beklagte im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 17.12.2019 ein
Teilanerkenntnis abgegeben, das klägerseitig mit der Klarstellung angenommen worden ist, ein Anspruch auf Erstattung weiterer
Renovierungskosten werde nicht geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Ansicht aufrechterhalten, eine Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen sei nicht antragsabhängig
und Mitwirkungsobliegenheiten träfen sie nur, wenn und soweit sich in ihren maßgeblichen Verhältnissen Änderungen ergäben.
Sie hat schriftsätzlich beantragt,
1.
festzustellen,
a)
dass es an einer Rechtsgrundlage im Sinne des §
31 SGB I fehlt, im Rahmen der jährlichen Weiterbewilligung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII jeweils die Weitergewährung davon abhängig zu machen, ein Formular "Weiterbewilligungsantrag zur Grundsicherung" auszufüllen,
Erklärungen und Unterlagen, insbesondere Kontoauszüge der vergangenen Monate, umfangreich wie bei einem Erstantrag, vorzulegen,
b)
dass es rechtswidrig ist, aktenmäßig die Klägerin jeweils zu Ablauf des jährlichen Bewilligungszeitraum so zu stellen, als
ob der Beklagten von den Verhältnissen der Klägerin, die für die Leistung erheblich sind, nichts bekannt ist, sondern dass
es nach dem Erstantrag auf Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII keines neuen Antrages für Folgejahresbewilligungen bedarf (BSG Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R),
c)
dass ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte das Verlangen, der Einholung von Bankauskünften zuzustimmen oder Kontoauszüge
aktuell oder aus vergangenen Monaten vorzulegen, überdies eine überflüssige Ermittlungstätigkeit des Grundsicherungsträgers
und somit nicht "erforderlich" im Sinne des §
60 Abs.
1 Nr.
1 SGB I ist,
d)
dass die Garantie des effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art.
19 Abs.
4 GG es erfordert, Ausnahmen von dem grundsätzlichen Ausschluss des Rechtsschutzes gegen behördliche Verfahrenshandlungen des
§
56a S. 1
SGG durch verfassungskonforme Auslegung dahingehend zuzulassen, dass gegen Mitwirkungspflichtauflagen, die die Weiterbewilligung
von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von Obliegenheiten abhängig machen, Widerspruch mit aufschiebender Wirkung gegeben ist sowie
2.
den Verwaltungsakt (Anforderung) vom 26.04.2017 in der Fassung des Schreibens vom 20.10.2017 aufzuheben, hilfsweise als rechtswidrig
festzustellen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trug vor, dass der Antrag auf Leistungen von Grundsicherungen sich nicht durch den Ablauf des Bewilligungszeitraums verbrauche,
dennoch aber das Fortbestehen der Hilfebedürftigkeit zu prüfen sei. Eine solche Überprüfung habe hier stattgefunden. Keinesfalls
sollte die Klägerin so gestellt werden, als dass ein neuer Antrag erforderlich wäre.
Mit Urteil vom 18.02.2020 - mit Einverständnis der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung - hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen. Die Feststellungsklagen seien bei sachgerechter
Auslegung teilweise zulässig. Das Begehren sei dahingehend auszulegen, dass die Klägerin erstens die Feststellung begehre,
dass die Weitergewährung von Grundsicherungsleistungen nicht von einem Weitergewährungsantrag abhänge und sie zweitens im
Zusammenhang mit der Weitergewährung nicht zu der von der Beklagten mit Schreiben vom 26.04.2017 verlangten Mitwirkung verpflichtet
sei. Soweit die Klage auf die Feststellung gerichtet sei, dass kein Weitergewährungsantrag erforderlich sei, sei sie unzulässig.
Insoweit fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil hierüber zwischen den Beteiligten Einigkeit bestehe. Soweit die Klage
auf Aufhebung der Schreiben vom 26.04.2017 und 20.10.2017 gerichtet sei, sei sie als Anfechtungsklage nicht statthaft, weil
es sich bei den Schreiben nicht um Verwaltungsakte handele. Dem Hilfsantrag fehle unter Berücksichtigung der übrigen Feststellungsanträge
das Feststellungsinteresse. Soweit die Klage zulässig sei, sei sie unbegründet. Die Klägerin sei zu der mit Schreiben vom
26.04.2017 geforderten Mitwirkung verpflichtet. Es sei gesetzlich vorgegeben, dass Grundsicherungsleistungen in der Regel
nicht unbefristet, sondern für einen Bewilligungszeitraum von 12 Monaten bewilligt würden (§ 44 Abs. 3 S. 1 SGB XII). In dem insofern für eine Weiterbewilligung durchzuführenden Verwaltungsverfahren sei die Klägerin nach den Umständen des
konkreten Einzelfalles zur Mitwirkung verpflichtet (§§ 60, 65 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil <SGB I>).
Gegen das ihr am 07.03.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.04.2020 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich zur Begründung
auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Soweit das Sozialgericht meine, der Antrag auf Feststellung, dass die Weitergewährung
nicht von einem Antrag abhängig sei, sei unzulässig, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle, werde übersehen, dass die
Beklagte das Ausfüllen eines Weitergewährungsantragsvordruckes fordere. Der Beklagten sei bestens bekannt, dass die Klägerin
dauerhaft auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sei. Die Mitwirkungsaufforderungen seien insofern nicht zu rechtfertigen.
Die Klägerin beantragt zunächst schriftsätzllich,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 18.02.2020
1.
festzustellen,
a)
dass es an einer Rechtsgrundlage im Sinne des §
31 SGB I fehlt, im Rahmen der jährlichen Weiterbewilligung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII jeweils die Weitergewährung davon abhängig zu machen, ein Formular "Weiterbewilligungsantrag zur Grundsicherung" auszufüllen,
Erklärungen und Unterlagen, insbesondere Kontoauszüge der vergangenen Monate, umfangreich wie bei einem Erstantrag, vorzulegen,
b)
dass es rechtswidrig ist, aktenmäßig die Klägerin jeweils zu Ablauf des jährlichen Bewilligungszeitraum so zu stellen, als
ob der Beklagten von den Verhältnissen der Klägerin, die für die Leistung erheblich sind, nichts bekannt ist, sondern dass
es nach dem Erstantrag auf Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII keines neuen Antrages für Folgejahresbewilligungen bedarf entsprechend BSG Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R,
c)
dass ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte das Verlangen, der Einholung von Bankauskünften zuzustimmen oder Kontoauszüge
aktuell oder aus vergangenen Monaten vorzulegen, überdies eine überflüssige Ermittlungstätigkeit des Grundsicherungsträgers/der
Beklagten und somit nicht "erforderlich" im Sinne des §
60 Abs.
1 Nr.
1 SGB I ist,
d)
dass die Garantie des effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art.
19 Abs.
4 GG es erfordert, Ausnahmen von dem grundsätzlichen Ausschluss des Rechtsschutzes gegen behördliche Verfahrenshandlungen (Verfahrenshandlungen
der Beklagten) im Sinne des §
56a S. 1
SGG durch verfassungskonforme Auslegung dahingehend zuzulassen, dass gegen Mitwirkungsauflagen, die die Weiterbewilligung von
Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von Obliegenheiten abhängig machen, Widerspruch mit aufschiebender Wirkung zulässig ist,
e)
dass die Ankündigung auf Einstellung der Hilfe und der vollständige Wegfall der Leistung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, wenn das Formular "Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen" nicht ausgefüllt und zurückgegeben wird, verfassungswidrig
ist (Verstoß gegen die Pflicht zur Existenzsicherung aus Art.
1 Abs.
1 i.V.m. Art.
20 Abs.
1 GG und Schutzbereich weiterer Grundrechte wie der Schutz der Gesundheit aus Art.
2 Abs.
2 GG und bei drohendem Verlust der Wohnung Eigentumsrechte aus Art.
14 GG),
f)
dass die Klägerin im Klageverfahren ordnungsgemäß vertreten ist: Wenn die Vorsorgevollmacht auch die Vertretung im gerichtlichen
Verfahren abdeckt und eine gesetzliche Betreuung im Sinne des §
1896 Abs.
1 BGB vermieden wird, §
1896 Abs.
2 S. 2
BGB, besteht eine gesetzliche Vertretung gemäß analog §§
1902 BGB,
53 ZPO,
71 Abs.
6 SGG, sodass §
73 SGG wie bei einer gesetzlichen Betreuung nicht anzuwenden ist sowie
2.
den Verwaltungsakt (Anforderung) vom 26.04.2017 in der Fassung des Schreibens der Beklagten vom 20.10.2017 aufzuheben, hilfsweise
als rechtswidrig festzustellen.
Zuletzt beantragt sie unter Neufassung ihrer Berufungsanträge festzustellen,
1.
dass die Klägerin ihren Obliegenheitspflichten im Sinne des §
60 SGB I vollumfänglich nachkommt, indem sie jeweils unmittelbar Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind,
der Beklagten mitteilt und entsprechende Unterlagen mitvorlegt.
2.
dass es rechtswidrig ist, wenn die Beklagte dennoch jährlich zum Ende eines Bewilligungszeitraumes "Überprüfung der wirtschaftlichen
Verhältnisse zur Weitergewährung von Grundsicherungsleistungen" einleitet und einen vierseitigen Fragebogen nebst Formblatt
"Auskunft über Vermögen" anfordert sowie aktuelle Kontoauszüge der letzten 3 Monate und die Weitergewährung davon abhängig
macht.
3.
dass die Garantie des effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art.
19 Abs.
4 GG es erfordert, Ausnahmen von dem grundsätzlichen Ausschluss des Rechtsschutzes gegen behördliche Verfahrenshandlungen des
§
56a S. 1
SGG durch verfassungskonforme Auslegung dahingehend zuzulassen, dass gegen Mitwirkungspflichtaufgaben, die die Weiterbewilligung
von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von Obliegenheiten abhängig machen, Widerspruch mit aufschiebender Wirkung gegeben ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 23.06.2021, diesen zugestellt am 01.07.2021 und 03.07.2021, zu einer beabsichtigten
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG angehört.
Der Senat hat ferner zur ordnungsgemäßen Vertretung der Klägerin im Verfahren ermittelt. Wegen des konkreten Inhaltes des
Ermittlungsergebnisses und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte
der Beklagten und die beigezogene Akte des Betreuungsgerichtes beim Amtsgericht Münster Bezug genommen.
II.
A. Der Senat konnte die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil der Fall keine Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher
Hinsicht aufweist und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint.
Die Beteiligten sind dazu schriftlich angehört worden (Schreiben vom 23.06.2021). Einer Entscheidung nach §
153 Abs.
4 SGG steht dabei auch nicht entgegen, dass das sozialgerichtliche Urteil ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, weil die Beteiligten
dazu nach §
124 Abs.
2 SGG ihr Einverständnis abgegeben hatten (BSG Beschluss vom 06.08.2019, B 13 R 233/18 B, juris Rn. 11).
B. Das Berufungsbegehren ist nach der letzten Fassung der Anträge dahingehend auszulegen, dass die Anfechtungsklage (ursprünglicher
Klageantrag zu 2.) nicht mehr weiterverfolgt wird und die Berufung insoweit zurückgenommen worden ist. So führt die Klägerin
auch aus, der Streit solle - da die Beklagte meine, man könne sich nur mittels einer Feststellungsklage wehren - durch den
zuletzt formulierten Feststellungsantrag zu 3. bereinigt werden.
C. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Die zuletzt formulierten Feststellungsanträge sollen nach verständiger Würdigung an die Stelle sämtlicher vorangegangener
Feststellungsbegehren, einschließlich des Hilfsantragsantragsbegehrens zum ursprünglichen Klageantrag zu 2., treten. So verfolgt
die Klägerseite mit der letzten Antragsfassung ausdrücklich das Ziel, die Feststellungsbegehren "auf den Punkt" zu bringen.
Soweit die ursprünglichen Feststellungsklagen darüber hinausgingen, sind sie insofern zurückgenommen worden (§
102 Abs.
1 SGG).
Der zuletzt gestellte Klageantrag zu 2. entspricht inhaltlich dem ursprünglichen Klageantrag zu 1a), der Klageantrag zu 3.
dem vormaligen Klageantrag zu 1d). Eine Klageänderung i.S.d. §
99 SGG ist hiermit entsprechend nicht verbunden.
In dem zuletzt gestellten Klageantrag zu 1. liegt demgegenüber eine Klageänderung, da sie auf einen anderen Urteilsausspruch
gerichtet ist, als die vormals formulierten Klageanträge (vgl. Guttenberger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Auflage 2017, §
99 SGG Rn. 10).
Diese Klageänderung ist unzulässig. Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder
das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Eine Einwilligung der Beklagten liegt nicht - auch nicht durch rügelose Einlassung
(§
99 Abs.
2 SGG) - vor. Eine Sachdienlichkeit der Klageänderung ist unter den maßgeblichen Gesichtspunkten der Interessen der Beteiligten
und der Prozessökonomie nicht anzunehmen. Denn ein eigenständiges Feststellungsinteresse (vgl. §
55 Abs.
1 HS 2
SGG) des Klageantrages zu 1. ist nicht zu erkennen. Vielmehr ist die Frage inzident im Rahmen des Antrages zu 2. zu beantworten
(hierzu III.).
II. 1. Der Feststellungsantrag zu 3. ist unzulässig. Gemäß §
55 Abs.
1 SGG kann mit der Feststellungsklage begehrt werden, 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2. die Feststellung welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist, 3. Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung
oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalles, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist, 4. die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen
Feststellung hat.
Der Klageantrag zu 3. adressiert keine dieser möglichen Feststellungen, insbesondere auch nicht das Bestehen oder Nichtbestehen
eines Rechtsverhältnisses. Ein Rechtsverhältnis ist die Rechtsbeziehung zwischen mehreren Personen oder zwischen Personen
und Sachen, die sich aus der Anwendung einer Rechtsnorm auf das Verhältnis von mehreren Personen zueinander oder auf das Verhältnis
einer Person zu einer Sache ergeben (BSG Urteil vom 09.02.1995, 7 RAr 78/93, juris Rn. 26). Hierauf ist der Klageantrag zu 3. nicht gerichtet. Er stellt vielmehr eine abstrakte Rechtsfrage im Zusammenhang
mit §
56a SGG zur Überprüfung. Dies ist nicht zulässig (BSG Urteil vom 25.08.1999, B 6 KA 34/98 R, juris Rn. 11).
Es bedarf auch keiner korrigierenden Auslegung (§
123 SGG) dieses Klageantrages in eine zulässige Form, da das darin liegende Rechtsschutzinteresse der Klägerin mit dem Klageantrag
zu 2. erfasst bleibt.
2. Der Klageantrag zu 2. ist zulässig. Er ist statthaft gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG, da er sich erkennbar auf die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten bezieht. Auch das erforderliche Feststellungsinteresse
ist der Klägerin dabei nicht abzusprechen, da dieses über ein rechtliches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende
Interesse wirtschaftlicher oder ideeller Art einbezieht und die Klägerin sich durch jährliche Mitwirkungsobliegenheiten im
Rahmen eines Verwaltungsverfahrens der Beklagten zur Weiterbewilligung vom Grundsicherungsleistungen belastet sieht (vgl.
Senger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Auflage 2017, §
55 Rn. 56).
3. Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin ist insbesondere ordnungsgemäß vertreten, auch wenn ihr Bevollmächtigter nicht zu den Personen und Vereinigungen
gehört, die nach §
73 Abs.
2 SGG vertretungsbefugt sind. Die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten beruht darauf, dass die Klägerin eine auch die Vertretung
im gerichtlichen Verfahren abdeckende Vorsorgevollmacht erteilt hat und nachträglich prozessunfähig geworden ist (vgl. Roller
in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Auflage 2017, §
71 SGG Rn. 21). Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche
Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich,
wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß §
1896 Abs.
2 S. 2
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen (§
202 S. 1
SGG i.V.m. §
51 Abs.
3 Zivilprozessordnung <ZPO>).
Von diesen Voraussetzungen ist nach den Ermittlungen des Sozialgerichtes und den ergänzenden Ermittlungen des Senates auszugehen;
zumal die Klägerseite zu Recht darauf hinweist, dass - soweit die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht auch nach Aufklärung
des Sachverhalts von Amts wegen nicht positiv festgestellt werden kann - von einer wirksamen Bevollmächtigung auszugehen ist
(BGH Urteil vom 03.02.2016, XII ZB 425/14, juris Rn. 11f.).
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Erteilung der Vorsorgevollmacht vom 30.08.2007 bereits nicht
geschäftsfähig (§
104 Nr. 2
BGB) gewesen ist. So hat die Hausärztin der Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 mit Stellungnahme vom 02.06.2021 mitgeteilt,
die Klägerin habe seinerzeit unsicher, aber freundlich zugewandt gewirkt. Sie sei zum Ort, zur Zeit und zur Person ausreichend
orientiert gewesen. Der die Klägerin seit Juni 2008 handelnde Psychiater Dr. R hat zwar mitgeteilt, er könne keine sichere
Aussage zum Zustand der Klägerin im Jahr 2007 abgeben. Er habe jedenfalls bei Beginn der Behandlung dokumentiert, dass die
Klägerin mit ihren alltäglichen Aufgaben der Lebensführung ausreichend gut zurechtgekommen sei (Bericht vom 03.07.2018). Dies
spricht - trotz eines schon im Juni 2008 bestehenden chronischen Residualzustandes - dagegen, dass sich die Klägerin seinerzeit
in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befand. Die weiteren Ermittlungen
sind unergiebig geblieben (vgl. insb. weiterer Arztbrief des Dr. R vom 10.05.2021). Von dem Eintritt weiterhin fortbestehender
Geschäftsunfähigkeit ist erst im Verlauf der Krankheitsentwicklung auszugehen. Dr. R hat im August 2011 mitgeteilt, im Laufe
der letzten 2 Jahre sei es zu wiederholten Exazerbationen einer paranoid halluzinatorischen Symptomatik mit imperativen Stimmen
gekommen. Auch nach stationären Aufenthalten (vergleiche Arztbrief der U - Klinik, Psychiatrie, aus dem April 2011) und Umstellungen
der Medikation sei die Symptomatik nur teilweise remittiert. Es bestünden weiterhin erhebliche sowohl produktivpsychotische
als auch deutliche residuale Symptome. Im Mai 2014 hat die Klinik für allgemeine Neurologie des Klinikums A die Diagnose einer
schizophrenen Psychose gestellt. Die Klägerin zeigte sich im Rahmen des stationären Aufenthaltes agitiert und delirant bei
aufgehobenem Tag-Nacht-Rhythmus. Im Juli 2018 hat der Psychiater Dr. R mitgeteilt, in den letzten Jahren habe sich der Zustand
langsam (weiter) verschlechtert und ein klarer Zugang zur subjektiven Symptomatik der Klägerin gelinge kaum noch. Die Fähigkeit
zur selbstständigen adäquaten Einschätzung der gesundheitlichen Beschwerden habe abgenommen.
Ferner ist davon auszugehen, dass die Bevollmächtigung geeignet ist, die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.
Dabei ist auch eine fehlende bzw. nachhaltig eingeschränkte Akzeptanz der Vorsorgevollmacht im Rechtsverkehr nicht zu erkennen
(BGH a.a.O., Rn. 12). Das Betreuungsgericht beim Amtsgericht Münster hat ausweislich der beigezogenen Betreuungsakte entsprechend
keine Veranlassung gesehen, eine gesetzliche Betreuung für die geschäftsunfähige Klägerin einzurichten. Insbesondere auch
die Beklagte akzeptiert die Vertretung der Klägerin durch ihren Bevollmächtigten auf Grundlage dessen Vorsorgevollmacht.
III. Die Klage ist - soweit sie zulässig ist - unbegründet.
Die Klägerin ist aus den seitens des Sozialgerichts dargelegten Gründen verpflichtet, zum Ende eines Bewilligungszeitraumes
für Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII durch Ausfüllen von Vordrucken der Beklagten (BSG Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 56/08 R, juris Rn. 16) zur Weiterbewilligung der Leistungen mitzuwirken und Nachweise zum Bedarf und zur Bedürftigkeit, u. a. auch
Kontoauszüge für die letzten 3 Monate, vorzulegen.
Für Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII muss zwar nach der klägerseitig angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) zur Vorgängerregelung des § 44 Abs. 1 S. 1 SGB XII, dem § 6 Grundsicherungsgesetz <GSiG>, für sich an die Erstbewilligung anschließende Zeiträume kein Folgeantrag gestellt werden (BSG Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R, juris, Rn. 11f). Diese Rechtsauffassung entspricht der ganz vorherrschenden Ansicht
auf der Grundlage von §§ 41, 44 Abs. 1 S. 1 SGB XII n.F. (Blüggel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 44 Rn. 33 ff.; Krauß in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB XII, 7. Auflage 2021, § 44 Rn. 1), der sich auch der Senat anschließt. Das BSG weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Gesetzgeber nach erstmaliger Bewilligung der Grundsicherungsleistungen
von weitgehend gleichbleibenden Verhältnissen ausgegangen sei. Da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei den Grundsicherungsberechtigten
in der Regel für längere Zeit unverändert blieben, habe der Gesetzgeber mit der Festlegung des einjährigen Bewilligungszeitraumes
nur jährlichen Rentenanpassungen Rechnung tragen wollen und eine Mitwirkungspflicht des Hilfeempfängers nur bei der Meldung
von Veränderungen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorgesehen (BSG a.a.O., Rn. 15f unter Bezugnahme auf BT-Drs. 14/4595, S. 30, 71; vgl. auch BT-Drs. 14/5150, S. 51, BT-Drs. 15/1761, S. 10).
Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, welchen Umfang die notwendige Amtsermittlung nach Ablauf des Bewilligungszeitraums
hat. Das BSG hat (mit der o.a. Entscheidung) nicht in Abrede gestellt, dass eine regelmäßige Überprüfung der bedarfsabhängigen Sozialleistungen
zulässig ist. Den Gesetzesmaterialien lässt sich weiter entnehmen, dass der Gesetzgeber die zeitabschnittsweise Leistungsbewilligung
über ein Jahr auch damit verbunden gesehen hat, dass es bei bedarfsabhängigen Sozialleistungen in regelmäßigen Abständen der
Überprüfung bedarf, ob die Voraussetzungen für deren Gewährung unverändert vorliegen (BT-Drs 14/5150, S. 51). Soweit er ergänzt
hat, der Zeitabschnitt entspreche den Daten der Rentenanpassung, die mit der Neufestsetzung der Regelsätze der Sozialhilfe
identisch seien, sodass es schon deswegen einer Änderung des Leistungsbescheides über die bedarfsorientierte Grundsicherung
zu diesem Zeitpunkt bedürfe, kommt zum Ausdruck, dass die turnusmäßige Überprüfung der Voraussetzungen für die Leistungsgewährung
auch dazu dient, die bestehenden Bedarfe bzw. Bedarfshöhen festzustellen. Entsprechend geht das BSG von der Erforderlichkeit einer zu erneuernden Bedarfsprüfung aus (BSG, a.a.O., Rn. 17ff.).
Vor diesem Hintergrund kann es keinen Bedenken begegnen, dass die wesentlichen Informationen zur Feststellung eines Bedarfes
nach Ablauf eines Bewilligungsabschnittes - wie etwa mit Aufforderungsschreiben vom 26.04.2017 der Beklagten an die Klägerin
eingeleitet - neu abgefragt werden. In Bezug auf den inhaltlichen Umfang der damit verbundenen Mitwirkungsobliegenheiten des
Hilfebedürftigen im Hinblick auf die Mitteilung leistungserheblicher Tatsachen (§
60 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB I), ggfs. über die Nutzung von Vordrucken (§
60 Abs.
2 SGB I), gelten die allgemeinen Mitwirkungsgrenzen des §
65 SGB I. Gemäß §
65 Abs.
1 bestehen Mitwirkungspflichten insbesondere dann nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu
der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder 1. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen
Grund nicht zugemutet werden kann oder 3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder
Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.
Eine Überschreitung der hierdurch gesetzten Grenzen der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit ist vorliegend insbesondere deshalb
nicht ersichtlich, weil der Umfang der Mitwirkungsaufforderung der Beklagten sich an den konkreten Umständen des Einzelfalls
orientiert und - entgegen der Darstellung der Klägerseite - bei weitem nicht dem entspricht, was bei einem Antrag auf Erstbewilligung
abzufordern ist. Mit Schreiben vom 26.04.2017 ist allein das Ausfüllen eines beigefügten Fragebogens zu den Vermögensverhältnissen
erwartet worden, ferner neben der Vorlage darauf bezogener Nachweise Unterlagen, die zur Ermittlung des konkreten Bedarfes
notwendig waren. Soweit der seitens der Beklagten übersandte Vordruck ursprünglich mit "Weiterbewilligungsantrag" überschrieben
war, hat die Beklagte dies zwischenzeitlich geändert und klargestellt, dass zweifellos keine erneute Antragstellung notwendig
ist.
Dabei ist es in Abhängigkeit zum Bewilligungszeitraum (hier: ein Jahr) nicht zu beanstanden, dass nach einer gewissen Dauer
des Leistungsbezuges auch die Kontoauszüge der letzten drei Monate angefordert werden. Die vom BSG im Urteil vom 19.09.2008 (B 14 AS 45/07, juris Rn. 16f.) angestellte Überlegung, dass es im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt
an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, keine unzumutbare und unangemessene
Anforderung darstelle, Auskunft über den Bestand an Konten und die Kontenbewegungen (durch die Vorlage von Kontoauszügen)
zu geben, jedenfalls soweit die Einnahmeseite betroffen ist, hat auch ihre Berechtigung bei Folgebewilligungszeiträumen für
laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Hess. LSG Beschluss vom 29.01.2020, L 4 SO 154/19
B, juris Rn. 17). Dabei ist ein konkreter Verdacht des Leistungsmissbrauchs nicht erforderlich. Die Vorlage von Kontoauszügen
für einen zeitlich stark eingegrenzten Zeitraum ist weder mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Klägerin bzw. deren
Bevollmächtigten verbunden, noch kann sich die Beklagte die gewünschten Informationen auf leichtere Weise beschaffen (BSG Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 10/08 R, juris Rn. 18f.).
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
E. Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), bestehen nicht.