Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers vom 22.04.2021 gegen den am 20.04.2021 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts
Dortmund vom 14.04.2021 ist unbegründet.
1. Die vom Antragsteller primär begehrte Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das
Sozialgerichts Dortmund wegen angeblicher Verfahrensfehler des Sozialgerichts scheidet aus, weil es insoweit an einer Rechtsgrundlage
fehlt.
Es kann dahinstehen, ob das Sozialgericht, wie vom Antragsteller geltend gemacht, verfahrensfehlerhaft gehandelt hat. In jedem
Fall könnte ein etwaiger Verfahrensfehler des Sozialgerichts nicht in entsprechender Anwendung von §
159 SGG, der allein als Rechtsgrundlage für das primäre Begehren des Antragstellers in Betracht kommt, zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Sozialgericht führen. Insoweit kann dahinstehen, ob die für das Berufungsverfahren
geltende Vorschrift des §
159 SGG überhaupt in Beschwerdeverfahren in einstweiligen Rechtsschutzverfahren entsprechende Anwendung findet (dafür z.B. Keller,
in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
159 Rn. 1a m.w.N.; dagegen wohl Sommer, in: Roos/Wahrendorf,
SGG, §
159 Rn. 5). Jedenfalls liegen die Voraussetzungen der bei Verfahrensfehlern des Sozialgerichts einschlägigen Vorschrift des §
159 Abs.
1 Nr.
2 SGG nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung nur dann aufheben und die Sache
an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn aufgrund des Verfahrensfehlers des Sozialgerichts eine umfangreiche und aufwendige
Beweisaufnahme notwendig ist. Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall, da, wie der Antragsteller selbst auch erkennt,
im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein über Rechtsfragen zu entscheiden sind. Darüber hinaus steht die
Entscheidung nach §
159 SGG im Ermessen des Landessozialgerichts. In einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist eine Zurückverweisung in der Regel wegen
der vorausgesetzten Eilbedürftigkeit nicht sachdienlich (Keller, a.a.O.). Auch hier ist dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers
am ehesten dadurch gedient, dass das Beschwerdegericht selbst über die vom Antragsteller aufgeworfenen Rechtsfragen entscheidet.
2. Das Sozialgericht hat den Erlass der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung im Ergebnis auch zu Recht abgelehnt.
a) Der Antragsteller macht, wie sich eindeutig aus seinen Schriftsätzen vom 14.03.2021 und 17.05.2021 ergibt, im vorliegenden
Eilverfahren nicht den von ihm behaupteten Anspruch auf Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.2010, also die
endgültige Leistung, selbst geltend. Vielmehr hat er sein Begehren im Sinne von §
123 SGG klar und deutlich auf die Gewährung eines Vorschusses gemäß § 42 SGB und damit auf den Gegenstand des unter dem Az.: S 79 U 745/20 beim Sozialgericht Dortmund anhängigen Klageverfahrens, das damit das Hauptsacheverfahren zu dem vorliegenden Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes bildet, beschränkt. Der Vorschuss nach §
42 SGB I stellt gegenüber der endgültigen Sozialleistung, hier der Verletztenrente nach §
56 SGB VII, ein aliud dar (vgl. BSG, Urt. v. 31.05.1989 - 4 RA 19/88 -, juris Rn. 16; Urt. v. 12.05.1992 - 2 RU 7/92 -, juris Rn. 19; Urt. v. 16.06.1999 - B 9 V 13/98 R -, juris Rn. 12; Urt. v. 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R -, juris Rn. 23 m.w.N.). Der Senat hat damit nicht über die Gewährung von Verletztenrente im Wege einer einstweiligen Anordnung
zu entscheiden. Vielmehr beantragt der Antragsteller nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen ausschließlich, die Antragsgegnerin
im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihm einen Vorschuss gemäß §
42 SGB I auf die ihm seiner Auffassung nach wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.2010 zustehende Verletztenrente in Höhe von 50.000,-
Euro zu zahlen.
Aus seiner Verweisung auf §
62 SGB VII folgt nichts anderes. Zwar handelt es sich bei der Rente als vorläufige Entschädigung nach dieser Vorschrift nicht um eine
vorläufige, sondern um eine endgültige Leistung, bei der nur bezüglich der Minderung der Erwerbsfähigkeit Vorläufigkeit vorliegt
(so zutreffend Padé, in: jurisPK-
SGB VII, §
62 Rn. 10). Dem Antragsteller sind und waren diese systematischen Zusammenhänge jedoch nicht bekannt. Er sieht in §
62 SGB VII - systematisch fehlerhaft - eine spezielle Konkretisierung oder Ergänzung von §
42 SGB I. Durch die zusätzliche Benennung von §
62 SGB VII möchte der Antragsteller mithin lediglich sein Vorbringen zu §
42 SGB I untermauern.
b) Der so verstandene Antrag ist unbegründet.
Nach §
86b Abs.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin
vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint (Satz 2). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des
materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die
Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§
86 Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung -
ZPO). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund,
wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten
das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese
Möglichkeit spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B -, juris Rn. 6).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
aa) Der Antragsteller hat bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Nach der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des §
42 Abs.
1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt, wenn ein Anspruch
auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist.
Er hat Vorschüsse zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschusszahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines
Kalendermonats nach Eingang des Antrags.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass der von ihm geltend
gemachte Anspruch auf Verletztenrente dem Grunde nach besteht. Hierfür ist notwendig, aber auch ausreichend, dass aufgrund
des aktuellen Stands der Ermittlungen des Sozialleistungsträgers sicher feststeht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen
erfüllt sind, aufgrund derer die leistungsberechtigte Person eine Leistung beanspruchen kann (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1987 - 7 RAr 105/85 -, juris Rn. 29; Urt. v. 02.11.2012 - B 4 KG 2/11 R -, juris Rn. 15; Rolfs, in: Hauch/Noftz,
SGB I, §
42 Rn. 13 m.w.N.). Dies ist nicht der Fall.
Ein Anspruch auf Verletztenrente dem Grunde nach bestünde nur dann, wenn nach dem aktuellen Sachstand sicher feststünde, dass
die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.2010 um mindestens 20 vom Hundert (v.H.) gemindert
ist (§
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Ein Stützrententatbestand (§
56 Abs.
1 Satz 2
SGB VII) ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ersichtlich. Eine durch den Arbeitsunfall vom 04.03.2010 verursachte Minderung der
Erwerbsfähig (MdE) um mindestens 20 v.H. ist nach gegenwärtigem Ermittlungsstand aber weder gesichert, noch hinreichend wahrscheinlich,
sondern allenfalls offen.
Die Antragsgegnerin hat die Gewährung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.2010 mit Bescheid vom 27.09.2016
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2017 auf der Grundlage des im Verwaltungsverfahren eingeholten neurologischen
Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 31.08.2016 abgelehnt. In diesem Gutachten ist Dr. L zu
der Einschätzung gelangt, dass das beim Antragsteller als Unfallfolge anerkannte Guillain-Barré-Syndrom weitgehend remittiert
sei und dass wesentliche funktionelle relevante Überbleibsel der durchgemachten Erkrankung nicht mehr objektivierbar seien.
Bei der Untersuchung hätten sich auch keine objektivierbaren Anzeichen einer Ermüdung gezeigt, sodass die vom Antragsteller
geltend gemachte Fatigue-Symptomatik sich nicht habe erkennen lassen. Eine neuropsychologische Zusatzdiagnostik habe der Antragsteller
abgelehnt. Auf neurologischem Fachgebiet lägen keine funktionell relevanten Folgen der durchgemachten Polyradikuloneuritis
Guillain-Barré-Landry-Strohl vor, die eine MdE wirtschaftlich messbaren Grades zur Folge hätten. Die Ermittlungen der Antragsgegnerin
haben damit das Bestehen eines Anspruchs auf Verletztenrente dem Grunde nach gerade nicht bestätigt.
In dem vom Kläger gegen den Bescheid vom 27.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2017 angestrengten
Klageverfahren bei dem Sozialgericht Dortmund (Az. S 79 U 275/17) haben bislang keine weitergehenden Ermittlungen, die den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf eine Verletztenrente
dem Grunde nach stützen würden, stattgefunden. Lediglich in einem anderen Verfahren vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
(Az.: L 17 U 735/15), in dem es um die Fortzahlung von Verletztengeld über den 30.09.2013 hinaus ging, ist auf Antrag des Klägers nach §
109 SGG ein Sachverständigengutachten von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M vom 14.03.2017 eingeholt worden. Dieses
weicht zwar von den Feststellungen von Dr. L ab, indem das Guillain-Barré-Syndrom beim Antragsteller weiterhin als aktiv und
auch ein chronisches Fatigue-Syndrom sowie ein chronisches Schmerzsyndrom als Folge des Guillain-Barré-Syndroms angesehen
werden. Allerdings ist die Antragsgegnerin diesem Gutachten unter Bezugnahme auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von
Professor Dr. N vom 31.05.2017, der das Gutachten von Frau Dr. M als nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar sowie in sich
selbst widersprüchlich kritisiert hat, entgegengetreten und hat sich damit die Einschätzung von Dr. M gerade nicht zu eigen
gemacht. An dem Stand der Ermittlungen der Antragsgegnerin als Sozialleistungsträger hat sich damit nichts geändert.
Auch wenn man nicht allein auf die Sicht der Antragsgegnerin abstellt, lässt sich das Bestehen eines Anspruchs auf Verletztenrente
aufgrund des Arbeitsunfalls vom 04.03.2010 nach Lage der Akten weder sicher feststellen noch wahrscheinlich machen. Der Senat
vermag sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon zu überzeugen, dass die Ausführungen von Dr. M zutreffend sind. Die Einwände
von Prof. Dr. N erscheinen durchaus nachvollziehbar und begründet. Vor allem sind Dr. L und Dr. M deswegen zu unterschiedlichen
Einschätzungen gelangt, weil sie unterschiedliche neurologische Befunde erhoben haben. Darüber hinaus hat sich der Antragsteller
der von Dr. L für erforderlich gehaltenen neuropsychologischen Zusatzdiagnostik zum damaligen Zeitpunkt verweigert. Bei dieser
Sachlage besteht objektiv Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen im Verfahren S 79 U 275/17. Ohne Einholung eines weiteren neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens und gegebenenfalls eines neuropsychologischen
Zusatzgutachtens kann nach Auffassung des Senats nicht über das Bestehen einer unfallbedingten MdE von mindestens 20 v.H.
und damit eines Anspruchs auf Verletztenrente dem Grunde nach entschieden werden.
Aus dem Urteil des 17. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27.09.2017 im Verfahren L 17 U 735/15 folgt entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes. Dort hat der 17. Senat zwar die Auffassung vertreten, dass am 01.10.2013
mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Antragstellers im Sinne von §
46 Abs.
3 S. 2 1. Alt.
SGB VII nicht zu rechnen war und deshalb ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch des Antragstellers auf Verletztengeld mehr bestand. Der
17. Senat musste sich jedoch nicht mit der Frage beschäftigen, ob die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers
und die negative Prognose des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit dadurch begründet ist, dass der Antragsteller auch über
den 01.10.2013 hinaus durch solche Gesundheitsstörungen in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt ist, die wesentlich kausal
auf den Arbeitsunfall vom 04.03.2010 zurückzuführen sind. Hierauf kommt es aber für das Bestehen eines Anspruchs auf Verletztenrente
gemäß §
56 SGB VII entscheidend an (siehe hierzu z.B. das Urteil des Senats vom 08.09.2020 - L 15 U 164/17 -, juris Rn. 35 ff. m.w.N.). Der 17. Senat hat sich auch nicht dahingehend positioniert, ob die Ausführungen von Dr. L oder
die von Dr. M zutreffend sind. Die Entscheidung des 17. Senats gibt dementsprechend für den hier streitigen Anspruch auf Gewährung
eines Vorschusses auf die vom Antragsteller beanspruchte Verletztenrente nichts her.
Gleiches gilt für die Ermittlungen und die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung, denn für die Bewilligung von Leistungen
nach dem
SGB VI kommt es nicht darauf an, ob die Gesundheitsstörungen, an denen der Antragsteller leidet und die ihn in seiner Erwerbsfähigkeit
beeinträchtigen, wesentlich kausal auf das Ereignis vom 04.03.2010 zurückzuführen sind.
Dass das Vorliegen einer unfallbedingten MdE von mindestens 20 v.H. nach Auffassung des Senats offen ist und insoweit weitere
Ermittlungen von Amts wegen notwendig sind, hat auch nicht zur Folge, dass der Senat zur Feststellung des Bestehens eines
Anordnungsanspruchs eine Folgenabwägung vorzunehmen hätte (siehe hierzu im Allgemeinen Burkiczak, in: jurisPK-
SGG, §
86b Rn. 423 ff. m.w.N.). Streitgegenstand des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist allein der Anspruch auf Gewährung
eines Vorschusses nach §
42 Abs.
1 SGB I. Diese Vorschrift enthält eine an den zuständigen Sozialleistungsträger gerichtete Ermächtigung bzw. Verpflichtung zur Gewährung
eines Vorschusses unter der Voraussetzung, dass ein Anspruch dem Grunde nach besteht. Soweit noch Aufklärungsbedarf, insbesondere
in medizinischer Hinsicht, für die Feststellung eines Anspruchs dem Grunde nach besteht und der Leistungsträger, wie hier,
nach dem Stand der Ermittlungen von dem Bestehen eines Anspruchs dem Grunde nach auch nicht zumindest nahezu überzeugt ist
(vgl. insoweit BSG, Urt. v. 12.05.1992 - 2 RU 7/92 -, juris Rn. 23; Bayerisches LSG, Beschl. v. 04.02.2009 - L 17 B 1033/08 U ER -, juris Rn. 14), ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht eröffnet und ein Anspruch auf Gewährung eines Vorschusses
zu verneinen (vgl. Groth, in. jurisPK-
SGB I, §
42 Rn. 17, 22 m.w.N.).
bb) Darüber hinaus fehlt es auch an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm durch eine
Verweisung auf die Entscheidung in der Hauptsache (Verfahren vor dem Sozialgericht Dortmund S 79 U 745/20) schwere und oder unzumutbare Nachteile entstehen.
Nach der - vom Senat ausweislich der vorstehenden Ausführungen geteilten - Auffassung des Sozialgerichts ist die Hauptsache
entscheidungsreif. Die Streitsache ist seit dem 22.03.2021 (Verfügung in Sitzungsfach) für eine Entscheidung durch Urteil
ohne mündliche Verhandlung vorgesehen. Dass der Antragsteller noch längere Zeit auf die Entscheidung in der Hauptsache warten
muss, ist nicht ersichtlich.
Unabhängig davon hat der Antragsteller trotz entsprechender Hinweise des Sozialgerichts weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht,
welche konkreten Nachteile ihm drohen sollen, wenn er die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten muss. Vielmehr macht
der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren in der Sache ausschließlich geltend, dass ihm der erhobene Anspruch zustehe,
die einzelnen Verfahren ohnehin schon sehr lange dauerten und seine verfassungsmäßigen Rechte verletzt worden seien. Abgesehen
davon, dass das Bestehen eines Anspruchs auf Vorschuss auf die vom Antragsteller begehrte Verletztenrente nach den vorstehenden
Ausführungen gerade nicht feststeht, vermag die Dauer des auf die Gewährung von Verletztenrente gerichteten Verfahrens S 79 U 275/17 eine besondere Eilbedürftigkeit in Bezug auf die Gewährung eines Vorschusses nach §
42 Abs.
1 SGB I nicht zu begründen. Insoweit steht dem Antragsteller das Verfahren nach §
202 Satz 2
SGG i.V.m. §
198 ff.
GVG offen, von dem er durch das Erheben einer Verzögerungsrüge nach §
198 Abs.
3 GVG bereits Gebrauch gemacht hat. Dass das erst am 19.10.2020 anhängig gemachte Hauptsacheverfahren S 79 U 745/20 in Bezug auf den Vorschuss unangemessen lange dauert, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Im Übrigen dient das Verfahren
nach §
86b Abs.
2 SGG nicht dazu, ungeduldigen Klägerinnen und Klägern möglichst rasch zu ihrem vermeintlichen Recht zu verhelfen oder etwaige
Verfahrensfehler im Hauptsacheverfahren zu sanktionieren. Es setzt vielmehr voraus, dass objektiv eine besondere Eilbedürftigkeit
in Gestalt schwerer und unzumutbarer Nachteile durch das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache vorliegt, an die zwar
bei offensichtlichem Bestehen eines Anordnungsanspruchs - was hier allerdings nicht vorliegt (siehe aa)) - geringere Anforderungen
zu stellen sind, auf die jedoch nicht gänzlich verzichtet werden kann (siehe hierzu Burkiczak, in: jurisPK-
SGG, §
86b Rn. 399 f. m.w.N.).
Eine solche besondere Eilbedürftigkeit ist hier auch dann nicht ersichtlich, wenn man berücksichtigt, dass der vom Antragsteller
im vorliegenden Eilverfahren begehrte Vorschuss auch dazu dient, den laufenden und zukünftigen Lebensunterhalt des Antragstellers
und seiner Familie sicherzustellen. Wie bereits das Sozialgericht, auf dessen Ausführungen insoweit Bezug genommen wird (§
142 Abs.
2 S. 3
SGG), zutreffend ausgeführt hat, hat der Antragsteller zu seinen aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen trotz einer
entsprechenden Aufforderung des Sozialgerichts nichts Substanzielles vorgetragen. Dies hat er auch im Beschwerdeverfahren
nicht nachgeholt. Ohne einen entsprechenden substantiierten Vortrag des Antragstellers vermag der Senat nicht zu beurteilen,
ob der Antragsteller deshalb dringend auf die Gewährung des beantragten Vorschusses im Eilverfahren angewiesen ist, weil andernfalls
bis zur Entscheidung in der Hauptsache (S 79 U 745/20) schwere und möglicherweise irreparable Nachteile für die Lebensführung seiner Familie entstünden (zur Obliegenheit eines
Antragsteller, substantiiert und plausibel zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation vorzutragen, siehe Burkiczak, in:
jurisPK-
SGG, §
86b Rn. 359 m.w.N.).
Solche schweren Nachteile ergeben sich auch nicht aus den vom Senat entsprechend dem erstinstanzlich geäußerten Begehren des
Antragstellers beigezogenen Prozesskostenhilfeunterlagen aus dem auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer
gerichteten, beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen anhängigen Verfahren L 11 SF 138/20 EK U, die Angaben des Antragstellers zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Jahre 2020 enthalten.
Zwar kann der Antragsteller danach - unabhängig von seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 16.06.2021 - nicht ohne weiteres
auf die Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II verwiesen werden. Auch wenn der nicht gemäß § 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähige Antragsteller, der eine seinen sozialhilferechtlichen Bedarf vollständig deckende Rente wegen voller Erwerbsminderung
aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1401,24 Euro (Stand Mitte 2020) bezieht und deshalb
keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hat (§§ 5 Abs. 2 Satz 2,19 Abs. 1 Satz 2 2. HS SGB II, siehe hierzu auch BSG, Urt. v. 28.11.2018 - B 4 AS 46/17 -, juris Rn. 23 ff.), als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit seiner erwerbsfähigen Ehefrau (§ 7 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 3 a) SGB II) gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 1. HS SGB II dem Grunde nach Anspruch auf Sozialgeld nach dem SGB II hat, steht einem Anspruch auf Arbeitslosengeld II für seine Ehefrau und auf Sozialgeld für den Antragsteller und seine zehnjährige
Tochter möglicherweise entgegen, dass der Antragsteller Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks ist,
das als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II zu berücksichtigen und die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers und seiner Familie gemäß § 9 Abs. 1 und 2 SGB II ausschließen könnte. Da das Haus eine Wohnfläche von 180 m² aufweist und lediglich von drei Personen bewohnt wird, dürfte
es sich nicht mehr um ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II handeln (siehe hierzu BSG, Urt. v. 12.10.2016 - B 4 AS 4/16 R -, juris Rn. 17 m.w.N.), das als Vermögen nicht zu berücksichtigen wäre. Darüber hinaus geht aus den beigezogenen Prozesskostenhilfeunterlagen
hervor, dass der Antragsteller im Jahre 2020 mit dem von ihm angegebenen Einkommen (Erwerbsminderungsrente und Kindergeld
in Höhe von insgesamt 1605,24 Euro) nicht in der Lage war, den sich aus dem SGB II ergebenden existenznotwendigen Bedarf (Regelbedarf des Antragstellers und seiner Ehefrau von jeweils 389 Euro und Regelbedarf
der Tochter von 308 Euro sowie einen Mehrbedarf des Antragstellers gemäß § 23 Nr. 4 SGB II i.H.v. 66,13 Euro) sowie die gesamten Kosten für Unterkunft und Heizung (ohne Strom) einschließlich der - im SGB II nur ausnahmsweise zu berücksichtigenden (siehe hierzu Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, § 22 Rn. 76 m.w.N.) - Tilgungsleistungen für Baudarlehen (vom Antragsteller mit insgesamt 1180,32 Euro angegeben) zu decken.
Daraus folgt jedoch nicht, dass sich der Antragsteller und seine Familie in einer Notlage befinden, die es unzumutbar erscheinen
ließe, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Insoweit braucht nicht entschieden zu werden, ob der Antragsteller vor
der Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz in Bezug auf die Gewährung eines Vorschusses auf die Gewährung von Verletztenrente
darauf verwiesen werden könnte, sein Hausgrundstück zur einstweiligen Sicherung seines Lebensunterhalts zu belasten (siehe
aber BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20.05.2020 - 1 BvR 2289/19 -, juris Rn. 7, wonach selbst Schonvermögen im Sinne von § 12 Abs. 2 und 3 SGB II oder § 90 Abs. 2 SGB XII zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren grundsätzlich einzusetzen ist). In jedem Fall
ergibt sich auch aus den beigezogenen Prozesskostenhilfeunterlagen nicht, dass die Lebensführung des Antragstellers und seiner
Familie bis zur Entscheidung in der Hauptsache gefährdet oder beeinträchtigt wird.
So nennt der Antragsteller in den beigezogenen Prozesskostenhilfeunterlagen Fixkosten (neben den oben dargestellten Kosten
für Unterkunft und Heizung einschließlich Tilgungsleistungen Aufwendungen für zahlreiche Versicherungen, Strom, Telefon und
Kfz-Kosten) in Höhe von insgesamt 1858,75 Euro. In diesen Kosten sind Aufwendungen für Lebensmittel Kleidung, Freizeit etc.
nicht enthalten. Als verfügbares Einkommen hat der Antragsteller jedoch lediglich 1605,24 Euro (Erwerbsminderungsrente und
Kindergeld) angegeben. Ausgehend von diesen Angaben übersteigen die notwendigen Ausgaben die verfügbaren Einnahmen deutlich.
Aus den vom Antragsteller eingereichten Kontoauszügen geht jedoch zumindest zum 09.03.2020 ein Haben von 399,02 Euro hervor.
Darüber hinaus hat der Antragsteller in dem betreffenden Prozesskostenhilfeverfahren auch nicht vorgetragen, dass er mit Darlehensraten
oder Versicherungsbeiträgen im Rückstand sei. Dies geht auch aus den eingereichten Unterlagen nicht hervor. Schließlich hat
der Antragsteller dort ebenso wie im sozialgerichtlichen Verfahren S 79 U 945/20 vorgetragen, dass er in der Vergangenheit 20.000 Euro für Heilbehandlungen und Medikamente, die weder von der Antragsgegnerin
noch von seiner Krankenkasse übernommen worden sind, aufgewendet habe. Daraus kann nur geschlossen werden, dass der Antragsteller
auch ohne zusätzliche Sozialleistungen in der Lage ist, die Kosten für die Lebensführung seiner Familie einschließlich der
monatlichen Fixkosten und der Tilgungsleistungen für Baudarlehen aufzubringen, möglicherweise durch bislang nicht angegebene
Einnahmen (z.B. seiner Ehefrau), durch Entnahmen aus nicht angegebenem Vermögen oder durch Zuwendungen Dritter. Dass der Antragsteller
in Zukunft nicht mehr über solche Mittel verfügen wird, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).