Anspruch auf Arbeitslosengeld II
Leistungen für Unterkunft und Heizung
Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten bei ländlich geprägten Bereichen als Vergleichsraum
Zumutbarkeit eines Umzugs
Tatbestand
Die Kläger begehren im Rahmen der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung (KdU) für die Monate März bis August 2011.
Die 1965 geborene Klägerin bewohnt seit Dezember 2008 mit ihrem 1999 geborenen Sohn eine 69 qm große Wohnung in der Gstrasse
in W. Die Miete betrug im streitigen Zeitraum 340,00 EUR, die monatliche Vorauszahlung für Betriebs- und Heizkosten belief
sich auf 140,00 EUR (Nebenkosten 80,00 EUR, Heizkosten 60,00 EUR). Bereits nach erstmaliger Antragstellung der Kläger am 29.
Juni 2009 wies der Beklagte sie mit Schreiben vom 30. Juni 2009 darauf hin, dass die KdU mit einer monatlichen Kaltmiete von
340,00 EUR nicht angemessen sei. Für eine (angemessene) Wohnungsgröße von 60 qm bilde ein qm-Preis von 4,60 EUR die Obergrenze,
so dass sich eine Kaltmiete von 276,00 EUR errechne. Deswegen würden ab dem 1. Januar 2010 nur noch die angemessenen Kosten
übernommen werden. Trotz des Hinweises auf die beabsichtigte Senkung der KdU erkannte der Beklagte von August 2009 bis Februar
2011 die monatlichen KdU in voller Höhe an. Erst ab März 2011 senkte er die Kaltmiete auf 276,00 EUR herab und bewilligte
der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 2. Februar 2011 Leistungen für die Zeit vom 1. März 2011 bis zum 31. August 2011
in einer Gesamthöhe von 885,00 EUR, wobei auf die Klägerin und ihren Sohn jeweils KdU in Höhe von monatlich 208,00 EUR entfiel
[(276,00 EUR + 140,00 EUR): 2]. Der gegen die Höhe der KdU gerichtete Widerspruch der Kläger blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid
vom 19. April 2011). Der Beklagte berief sich auf § 22 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und wies darauf hin, dass der angemessene qm-Preis nur 4,43 EUR betrage, insgesamt also 265,80 EUR angemessen seien.
Insoweit stützte sich der Beklagte auf das Ergebnis eines von der Fa. A, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und
Tourismus mbH, H in seinem Auftrag im März 2011 erstellten und im Dezember 2013 überarbeiteten Konzepts "Mietwerterhebungen
zur Ermittlung der KdU-Richtwerte im Dkreis". Die Angemessenheitsgrenzen wurden für sog. Wohnungsmarkttypen ermittelt, weil
dies nach Auffassung von Analyse & Konzepte notwendig ist, um den regionalen Besonderheiten des Dkreises bezüglich der Mietpreisbildung
gerecht zu werden. Als Vergleichsraum wurde der gesamte Dkreis zugrunde gelegt. Nach dem Ergebnis der sog. Clusteranalyse
umfasste der Wohnungsmarkttyp I die Verbandsgemeinde E, der Wohnungsmarkttyp II die Verbandsgemeinden A und R und der Wohnungsmarkttyp
III die Verbandsgemeinden G, K und W. Laut Zensus 2011 waren im Dkreis insgesamt rund 11 400 Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet,
hierunter befanden sich auch (von der Erhebung durch entsprechende Filterfragen ausgeschlossene) Werkswohnungen und Wohnungen,
die zu Freundschaftsmieten und/oder Sonderkonditionen vermietet wurden. Die Daten wurden von Juli bis November 2010 unabhängig
vom Erhebungsdatum jeweils zum Stichtag 1. August 2010 erhoben. Es wurden im gesamten Vergleichsraum Mieten des einfachen,
mittleren und gehobenen Segments erhoben und hierfür kleine und große Vermieter angeschrieben sowie die gemäß der vorliegenden
Mietverträge tatsächlich zu zahlenden Mieten aus dem SGB II- Datensatz des Beklagten ausgewertet. Auch die kalten Betriebskostenvorauszahlungen wurden erhoben und mit den Betriebskostenvorauszahlungen
der Leistungsempfänger abgeglichen. Für die weiteren Berechnungen wurde der Mittelwert differenziert nach Wohnungsgröße in
Ansatz gebracht und betrug bei einer Wohnungsgröße )50 ≤ 60 qm 1,25 EUR pro qm.
Nach Extremwertkappung verblieben 2 770 Bestandsdaten in der Auswertung. Während des Erhebungszeitraums konnten 558 Angebotsmieten
ermittelt werden. Daten bzgl der Mietangebote wurden der Fa. Analyse & Konzepte größtenteils von einem Datenlieferanten zur
Verfügung gestellt, der Mietangebote aus 125 Quellen erfasst hatte. Ausgewertet wurden neben verschiedenen Immobilieninternetportalen
auch die örtliche Tagespresse, Anzeigenblätter und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Kreisgebiet. Nach Extremwertkappung
(1,96-fache Standardabweichung unter- und oberhalb des Mittelwerts) verblieben 467 Daten, von denen 288 auf den Wohnungsmarkttyp
III und dabei 31 Angebote auf Wohnungsgrößen )50 ≤ 60 qm entfielen. In den letzten 9 Monaten vor dem konkreten Stichtag
waren wenige Neuvertragsmieten feststellbar. Fa. Analyse & Konzepte ist der Auffassung, dass die Neuvertragsmieten ungefähr
auf dem Niveau der Angebotsmieten liegen. Die Angemessenheitsgrenze wurde im Rahmen eines iterativen Verfahrens abgeleitet
und betrug im für die Kläger maßgeblichen Wohnungsmarkttyp III und der Wohnungsgröße )50 ≤ 60 qm pro qm 4,43 EUR Netto-Kaltmiete
bzw. 5,68 EUR Brutto-Kaltmiete.
Auf die gegen die Höhe der KdU am 22. April 2011 erhobene Klage verurteilte das Sozialgericht Speyer (SG) den Beklagten nach Vernehmung des Unternehmensberaters Jörg Koopmann von der Fa. Analyse & Konzepte durch Urteil vom 19.
Februar 2014 den Klägern für die Zeit vom 1. März 2011 bis zum 31. August 2011 jeweils monatlich weitere KdU in Höhe von 32,00
EUR zu gewähren. Zur Begründung führte das SG aus: Der Streitgegenstand sei zulässig auf die KdU beschränkt worden. Der Beklagte habe die Kläger zwar wirksam mit Schreiben
vom 30. Juni 2009 aufgefordert, zukünftig ihre Kosten zu senken, aber der Beklagte habe nicht aufgrund eines schlüssigen Konzepts
die Angemessenheit der von ihm anerkannten Miete nachgewiesen. Die erhobenen Daten seien nicht repräsentativ, so dass es auch
an der Validität der Datenerhebung fehle. Obwohl die Fa. Analyse & Konzepte Daten über den Wohnungsbestand und die Mietpreise
erhoben habe, könne nicht beurteilt werden, ob aus diesen Daten zutreffende Schlüsse auf die Angemessenheitsgrenze gezogen
werden könnten. Es sei bereits nicht nachvollziehbar, welche Wohnungen in die Datenerhebung einbezogen seien. Die Fa. Analyse
& Konzepte habe auf Seite 18 ausgeführt, dass die Recherchen der Angebotsmieten den Zeitraum Oktober 2009 bis März 2010 beträfen,
allerdings stammten die aufgelisteten Angebote teilweise schon aus den Jahren 2004 und 2005. Im angeblichen Beobachtungszeitraum
gäbe es lediglich insgesamt 20 Wohnungsangebote für sämtliche Wohngrößen von unter 50 qm bis größer als 90 qm, lediglich zwei
Wohnungen seien aufgeführt, die eine Größe zwischen 50 und 60 qm hätten. Der sich aus der Wohngeldtabelle ergebende Betrag
von 380,00 EUR zzgl eines maßvollen Zuschlags (also insgesamt 420,00 EUR) stimme mit der Bruttokaltmiete überein, so dass
der Beklagte die tatsächlichen KdU übernehmen müsse.
Der Beklagte hat am 12. März 2014 Berufung eingelegt. Seiner Meinung nach fehlt es der Datenerhebung weder an der Repräsentativität
noch Validität. Ein Erhebungsumfang von 10% sei nach der Rechtsprechung des BSG ausreichend, dieser sei hier gegeben. Insgesamt seien 2 922 relevante Bestandsmieten und 467 Angebotsmieten erhoben worden.
Der Kreis verfüge über 11 397 vermietete und 1946 leerstehende Wohnungen. Auch der Erhebungszeitraum sei eindeutig definiert.
Die Angebotsmieten seien ausweislich des korrigierten Endberichts (Endfassung vom 10. Dezember 2013) von Juli 2010 bis November
2010 und die Bestandsmieten zum Stichtag 1. August 2010 erhoben worden. Von den 302 Angebotsmieten entfielen 102 auf die Verbandsgemeinde
W. Wieso das SG von lediglich zwei Wohnungen spreche, sei nicht nachvollziehbar. Im Wohnungsmarkttyp III seien 32 Wohnungen mit einer Wohnungsgröße
zwischen 50 und 60 qm erfasst worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer 19. Februar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie berufen sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Entscheidungsgründe des SG und tragen ergänzend vor: Entscheidungserheblich sei, ob im fraglichen Zeitraum Oktober 2009 bis März 2010 eine ausreichende
Anzahl von Wohnungsangeboten zu einem qm-Preis von 4,43 EUR im Segment 50 bis 60 qm tatsächlich vorhanden gewesen sei und
ob eine Wohnung zu diesem Preis hätte angemietet werden können. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, wie sich insbesondere
aus Tabelle 15 ergebe. Für die drei Verbandsgemeinden G, K und W lägen nur ca 4 einschlägige Angebote im angemessenen Bereich
vor.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den sachverständigen Zeugen O S (O.S.) vernommen. Bezüglich des Ergebnisses wird
auf die Sitzungsniederschrift verweisen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakten des Beklagten sowie die von Fa. Analyse & Konzepte vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. Er ist Gegenstand
der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Bescheid vom 2. Februar 2011 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19. April 2011 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Klägern jeweils weitere KdU in Höhe
von monatlich 32,00 EUR für die Zeit vom 1. März 2011 bis zum 31. August 2011 zu gewähren. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig
und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Höhere als ihnen bewilligte KdU stehen ihnen im streitigen Zeitraum nicht
zu.
Entsprechend dem ausdrücklichen, zulässigerweise beschränkten Antrag (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R und vom 04.06.2014 - B 4 AS 42/13 R) ist allein die Frage der Höhe der den Klägern zustehenden KdU streitig. Die Beteiligten streiten vorliegend nicht um die
Heizkosten, die den Klägern im streitigen Zeitraum in voller Höhe der an den Energieversorger zu zahlenden Abschlagsbeträge
(monatlich 60,00 EUR) gewährt wurden.
1. Die Kläger waren im streitigen Zeitraum Leistungsberechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II in den Fassungen vom 24. März 2011 und 13. Mai 2011. Sie hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und konnten
ihren Bedarf nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken (§ 9 Abs. 1 SGB II).
Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II scheitert bereits daran, dass der Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 2009 ein wirksames Kostensenkungsverfahren zum 1. Januar
2010 durchgeführt hat. Dass er als Referenzmiete eine Nettokaltmiete benannt und trotzdem bis Februar 2011 die monatliche
KdU in voller Höhe anerkannt hat, ändert an der Wirksamkeit der Kostensenkungsaufforderung nichts. Die Angabe der Nettokaltmiete
muss in dem hier streitigen Zeitraum noch als zulässig und ausreichend angesehen werden, um von einer zutreffenden Kostensenkungsaufforderung
im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ausgehen zu können. Noch 2009 hatte der 4. Senat des BSG es offen gelassen, ob die Vergleichsmiete eine Netto- oder eine Bruttokaltmiete sein müsse (vgl. Urteil vom 22.09.2009 -
B 4 AS 18/09 R; siehe auch Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 48/08 R). Erst 2010 hat der 14. Senat eindeutig bestimmt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete
zu definieren ist (BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R; siehe auch BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R). Der 4. Senat ist dem gefolgt (BSG, Urteile vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R und vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, (Duisburg)). Dass der Beklagte die angemessenen Kosten nicht bereits zum 1. Januar 2010 der Leistungsbewilligung
zugrunde gelegt hat sondern erst vierzehn Monate später, führt nicht dazu, dass er sich nicht (mehr) auf die erfolgte Kostensenkungsaufforderung
berufen kann. Der bloße Zeitablauf stellt kein die Verwirkung begründendes Verhalten des Beklagten dar (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2015 - B 1 KR 26/14 R).
2. Die Kläger haben daher nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in den Fassungen vom 24. März 2011 und 13. Mai 2011 nur Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft. Sowohl
ihre tatsächlichen als auch die ihnen vom Beklagten mit streitigen Bescheid vom 2. Februar 2011 zuletzt bewilligten Kosten
in Höhe von 276,00 EUR (zzgl. Betriebskosten in Höhe von 80,00 EUR) sind nicht angemessen im Sinne des Gesetzes. Der Betrag
ist höher als die durch das schlüssige Konzept des Beklagten ermittelte Referenzmiete von 340,80 EUR monatlich.
a. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R) ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit der Bruttokaltmiete unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie
in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt
angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab
für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung
auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Abschließend
ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können,
ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat.
aa. Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße eine Wohnfläche von 60 qm für einen
2-Personen-Haushalt zu berücksichtigen ist (Schreiben des Ministeriums für Finanzen Rheinland-Pfalz, Vollzug der Bindungen
geförderter Wohnungen vom 9. Februar 2007; vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, wonach für die Wohnungsgröße die nach den jeweiligen landesrechtlichen Durchführungsbestimmungen die für Wohnberechtigte
im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen ist).
bb. Das von der Fa. Analyse & Konzepte für den Dkreis im Auftrag des Beklagten erstellte Konzept findet auf die Zeit ab 1.
August 2010, dem Stichtag der Datenerhebung, Anwendung. Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung
des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG, Urteile vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -; vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09R -; vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R -; vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R und vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R):
Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard
der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
Angaben über den Beobachtungszeitraum;
Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);
Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
Validität der Datenerhebung;
Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Im Rahmen dieser höchstrichterlichen Vorgaben ist dem Grundsicherungsträger bei der Erstellung eines KdU-Konzepts Methodenfreiheit
einzuräumen (BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 81). Dies beruht darauf, dass durch die Rechtsprechung des BSG die Bestimmung der Höhe der regionalen Angemessenheitsgrenze in die Hände der Jobcenter gelegt worden ist. Lediglich der
methodische Rahmen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze ist durch die Forderung nach einem schlüssigen Konzept vorgegeben
(Knickrehm, Soziale Sicherheit 2015, 287, 289). In diesem Sinne richtet sich die gerichtliche Überprüfung auf diesen dem Grundsicherungsträger eingeräumten Gestaltungsspielraum.
Sie lässt sich mit der Faustformel "Kontrollierte Methodenfreiheit bei Methodenvielfalt" (so: Knickrehm in: Soziale Sicherheit
2015, 287 ff.) umschreiben. Die Sozialgerichte sind dagegen weder befugt noch dazu berufen, im Wege der Einbeziehung aller denkbaren
Faktoren selbst eine optimale Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu bewirken, sondern ein Konzept auf seine Schlüssigkeit
und die Gewährleistung der Existenzsicherung im Bereich Wohnen zu überprüfen (vgl. Knickrehm, a.a.O., S. 289).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erfüllt das vorgelegte Konzept nach Ansicht des Senats diese in der Rechtsprechung
des BSG für die Schlüssigkeit eines Konzepts aufgestellten Kriterien.
(1). Dass das Konzept als räumlichen Vergleichsraum den gesamten Donnersbergkreis zugrunde legt, ist nicht zu beanstanden.
Nach der Rechtsprechung beider für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG umfasst der Vergleichsraum ausreichend große homogene Lebens- und Wohnbereiche, die sich durch räumliche Nähe, Infrastruktur
und verkehrstechnische Verbundenheit auszeichnen (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R). Zwar ist, wie das BSG bereits in seinem Urteil vom 7.11.2006 (B 7b AS 10/06 R) im Einzelnen dargelegt hat, in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend, weil vom Hilfebedürftigen ein
Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, im Regelfall nicht verlangt werden
kann. Dies bedeutet aber nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff
der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs
kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während
in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich
keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann. Deshalb hat das BSG in seiner Entscheidung vom 16.06.2015 (B 4 AS 44/14 R) ausdrücklich sog "Raumschaften" als Vergleichsraum zugelassen und insoweit primär darauf abgestellt, ob die einbezogenen
Gemeinden durch ein öffentliches Verkehrsnetz "gut" angebunden sind.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung und der sie tragenden Erwägungen ist es daher nicht ausgeschlossen, auch ländlich geprägte
Landkreise als Vergleichsraum zugrunde zu legen, sofern sachliche Gesichtspunkte dies erfordern und die Daseinsvorsorge der
Gemeinden des Vergleichsraums durch ein öffentliches Verkehrsnetz gewährleistet ist, diese also gut angebunden sind (so im
Ergebnis auch LSG Hessen, Urteil vom 15.02.2013 - L 7 AS 78/12).
Beides ist vorliegend der Fall, so dass eine Aufteilung des Landkreises in mehrere Vergleichsräume, beispielsweise Verbandsgemeinden
(auch aufgrund der Größe der Verbandsgemeinden), nicht geboten ist. Der ländlich geprägte Donnersbergkreis, der Stand Dezember
2015 eine Einwohnerzahl von rund 75.000 aufwies, besteht aus sechs Verbandsgemeinden (E, A, R, G, K und W) und insgesamt 81
Gemeinden, von denen 65 Gemeinden unter 1 000 Einwohner haben (zwischen 97 - R, Verbandsgemeinde R - und 984 - D, Verbandsgemeinde
G). Ebenfalls Stand Dezember 2015 verfügte die Verbandsgemeinde A über 6 695 Einwohner, die Verbandsgemeinde E über 13 216
Einwohner, die Verbandsgemeinde G über 11 825 Einwohner, die Verbandsgemeinde K über 19 440 Einwohner, die Verbandsgemeinde
R über 10 936 und die Verbandsgemeinde W über 13 118 Einwohner.
Überzeugend hat der in der mündlichen Verhandlung gehörte sachverständige Zeuge O.S. ergänzend zu seinen schriftlichen Ausführungen
vom 23. November 2016 darauf hingewiesen, dass wegen der geographischen und regionalen Besonderheiten bei Landkreisen Vergleichsräume
(innerhalb des Landkreises) nicht widerspruchsfrei gebildet werden können, weil es bei einer Aufteilung eines Landkreises
unter Berücksichtigung der vom BSG aufgestellten Kriterien - insbesondere zur Infrastruktur - zu einer Überschneidung von Vergleichsräumen kommen kann. Des
Weiteren hat er - für den Senat ebenfalls überzeugend - ausgeführt, dass sich die Bewohner zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse
nicht an den administrativen Grenzen eines Landkreises orientieren. Aus diesem Grund sei es sachgerecht, bei der Prüfung der
verkehrstechnischen Erreichbarkeit der einzelnen Kommunen die Erreichbarkeit von zentralen Versorgungseinrichtungen in den
Blick zu nehmen. Grundlage für eine gesicherte Daseinsvorsorge in Rheinland-Pfalz ist eine Siedlungsstruktur, die dem Prinzip
der dezentralen Konzentration, also dem Zentrale-Orte-Konzept, folgt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Landesplanungsgesetz Rheinland-Pfalz (LPlG) vom 10. April 2003 i.V.m. dem Landesentwicklungsprogramm LEP IV- vom 7. Oktober 2008). Als Standortsystem der Einrichtungen der Daseinsvorsorge stellt es das Rückgrat einer effizienten
räumlichen Bündelung von Einrichtungen und Dienstleistungen dar (vgl. LEP IV Punkt III: Sicherung und Entwicklung der Daseinsvorsorge sowie 3.1 ff Zentrale-Orte-Struktur). Innerhalb des Donnersbergkreises
liegen der Mittelzentrale Verbund (sog. »mittelzentraler Verbund kooperierender Zentren«) der Städte E, K und R, außerhalb
des Landkreises liegt ua das Mittelzentrum Bad Kreuznach (vgl. Karte 6 Leitbild Daseinsvorsorge, Zentrale Orte, Mittelbereiche
und mittelzentrale Verbünde). Eine Überprüfung durch die Fa. Analyse & Konzepte ergab, dass das nächstgelegene Mittelzentrum
von je zwei Referenzpunkten der Verbandsgemeinde innerhalb von maximal 30 Minuten mit dem öffentlichen Personennahverkehr
erreichbar ist.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Konzept im Vergleichsraum nicht nur eine Referenzmiete ermittelt sondern für jeden
der drei sog. Wohnungsmarkttypen eine eigene Referenzmiete gebildet hat. Die hierfür maßgeblichen und vom sachverständigen
Zeugen O.S. genannten Gründe sind für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Da es bei der Vielzahl der kleinen Gemeinden
(65 Gemeinden haben weniger als 1 000 Einwohner) sehr schwierig ist, eine belastbare Datenmenge zu bekommen und angesichts
dieser Größe kein einheitlicher Wohnungsmarkt vorhanden ist, wurden vor Ermittlung der Mieten regionale bzw strukturell homogene
Untereinheiten gebildet, um den regionalen Unterschieden Rechnung zu tragen. Dazu wurden Regionen mit strukturell vergleichbaren
Wohnungsmärkten zu Wohnungsmarkttypen zusammengefasst und für diese Mietwerte ermittelt. Dies ist vorliegend auch sachgerecht.
Der Dkreis verfügt über keinen einheitlichen Wohnungsmarkt und weist zum Teil erhebliche regionale Unterschiede auf, die sich
in unterschiedlichen Mietniveaus im Kreisgebiet niederschlagen.
Um die Zuordnung der Kommunen zu den einzelnen Wohnungsmarkttypen frei von subjektiven Einschätzungen sicherzustellen, erfolgte
die Zusammenfassung von Kommunen mit vergleichbaren Wohnungsmarktstrukturen mittels des wissenschaftlich anerkannten und gebräuchlichen
Verfahrens einer Clusteranalyse (laut Wikipedia ein Verfahren zur Entdeckung von Ähnlichkeitsstrukturen in großen Datenbeständen;
die Gruppen ähnlicher Objekte werden als Cluster bezeichnet, man nennt das Verfahren auch Ballungsanalyse). Dieses Verfahren
fasst diejenigen Kommunen zusammen, die sich strukturell am ähnlichsten sind, unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Kreis.
Dabei ist zu beachten, dass sich auch räumlich entfernte Gemeinden bezüglich ihrer Wohnungsmärkte strukturell gleichen und
ein ähnliches Mietpreisniveau aufweisen können. Daher ist es sachgerecht, für die Mietpreisermittlung eine empirische Differenzierung
vorzunehmen. Es dient gerade der vom BSG in seiner Entscheidung vom 19.02.2009 (B 4 AS 30/08 R) angemahnten Vermeidung einer "Ghettobildung", weil im Ergebnis nicht innerhalb des gesamten Vergleichsraumes auf nur ein
Niedrigpreisgebiet verwiesen wird.
Klarstellend ist insoweit nochmals darauf zu verweisen, dass es bei der vorangestellten Frage des Vergleichsraumes (nur) darum
ging, auf welches Gebiet abzustellen ist, das noch hinreichend homogen und gleichartig ist, um für den Betroffenen ausgehend
von seinem aktuellen Wohnort einen alternativen Wohnort darstellen zu können, ohne dass das Lebens- und Wohnumfeld nicht mehr
vergleichbar wäre. Dies ist vorliegend der Landkreis. Die Zusammenfassung ähnlicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen
in Wohnungsmarkttypen mittels der Clusteranalyse dient demgegenüber der Abbildung unterschiedlicher Mietniveaus innerhalb
des Vergleichsraumes. Insoweit sind die Ausführungen des Sozialgerichts missverständlich. Bei der Definition der Wohnungsmarkttypen
(Zusammenfassung von Kommunen mit vergleichbaren Strukturen) wurden nur amtliche Indikatoren (zB Bodenpreis, Pro-Kopf-Einkommen,
allgemeines Mietpreisniveau) berücksichtigt (vgl detaillierte Beschreibung Seite 10 ff des im Dezember 2013 überarbeiteten
Konzepts).
Diese Vorgehensweise bietet zudem den Vorteil, dass bezogen auf den Wohnungsmarkt teure Kommunen nicht mit günstigeren Kommunen
zusammengefasst werden und die Mietunterschiede nicht nivelliert werden. Der tatsächliche Wohnungsmarkt würde nicht realitätsgerecht
abgebildet werden, falls ein einzelner Wert für den gesamten Vergleichsraum angesetzt würde. Es würde - so der sachverständige
Zeuge - zu Mieterhöhungspotenzialen führen, das preiswerte Segment würde sich Richtung Richtwert erhöhen, zudem würden sich
dann die Mieten für alle Wohnungssuchenden erhöhen.
Dass die Referenzmiete innerhalb der gebildeten Wohnungsmarkttypen unterschiedlich hoch ist, führt nicht zu einer Ungleichbehandlung
der Leistungsempfänger. Falls die KdU der Leistungsempfänger in dem für ihren Wohnort maßgeblichen Wohnungsmarkttyp unangemessen
ist, können sie innerhalb des gesamten Landkreises umziehen, also auch in einen Wohnungsmarkttyp mit einer höheren Referenzmiete
ziehen. Ein demnach ggf innerhalb des Landkreises erforderlicher Umzug widerspricht auch nicht den Vorgaben des BSG, wonach Leistungsempfängern ihr soziales Umfeld erhalten bleiben soll. In seiner Entscheidung vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - hat das BSG zwar ausgeführt, dass es die Einbindung Hilfebedürftiger in ihr soziales Umfeld respektiert und ihnen im Rahmen der Zumutbarkeit
von Kostensenkungsmaßnahmen zubilligt, dass von ihnen ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit der Aufgabe des soziales
Umfeldes verbunden wäre, regelmäßig nicht verlangt werden kann. Gleichzeitig hat es aber dargelegt, dass ein Aufrechterhalten
des sozialen Umfeldes nicht bedeutet, dass keinerlei Veränderungen der Wohnraumsituation stattfinden dürften. Vielmehr sind
vom Hilfeempfänger auch Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzunehmen, wie sie etwa erwerbstätigen Pendlern (vgl.
insoweit §
140 Abs. Sozialgesetzbuch Drittes Buch -
SGB III) als selbstverständlich zugemutet werden.
(2. bis 8.) Die Daten zur Ermittlung der Mietobergrenze wurden im gesamten Vergleichsraum, d.h. im gesamten Landkreis erhoben
(vgl. Überarbeitung Dezember 2013, Ausführungen "Grundlagen der Mietenerhebungen", S. 19 ff). Insoweit wurden nach Extremwertkappung
2 770 Bestandsmietdaten ausgewertet (vgl. ergänzende Erläuterungen des sachverständigen Zeugen in einer Stellungnahme vom
23. November 2016). Die erhobenen 2 922 Daten, die mehr als 20 % des Wohnungsbestandes von rund 11 400 vermieteten Wohnungen
entsprechen (vgl. Überarbeitung Dezember 2013, S. 23) sind repräsentativ. Insoweit wird auf die Darlegungen auf Seite 22 ff,
die ergänzenden Ausführungen des sachverständigen Zeugen O.S. in seiner bereits genannten schriftlichen Erläuterung und seine
Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats verwiesen.
Die Datenerhebung erfolgte in der Zeit von Juli bis Mitte November 2010, wobei der Erhebungsstichtag auf den 1. August 2010
festgelegt wurde. Damit sind sowohl der Erhebungszeitraum als auch der Erhebungsstichtag offen gelegt worden. Die Datengrundlage
ist aufgrund des geringen zeitlichen Abstands ihrer Erhebung zu dem im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Zeitraum (März
bis August 2011) hinreichend aktuell.
Das KdU-Konzept des Beklagten enthält auch eine nachvollziehbare Definition des Gegenstands der Beobachtung. Es ist klar definiert,
welche Art von Wohnungen berücksichtigt wurden. Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand
(einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen (BSG, Urteile vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 42 und 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R). Vorliegend ist die Entscheidung für den ersten Erhebungsansatz getroffen worden, da die alleinige Erhebung der Mieten
im unteren Wohnungsmarktsegment aus erhebungstechnischer Sicht und der notwendigen Gewährleistung einer Versorgungssicherheit
nicht mit einem vertretbaren Aufwand realisiert werden konnte.
Neben frei finanzierten Mietwohnungen wurden auch solche berücksichtigt, die öffentlichen Mietpreisbindungen unterliegen.
Die Berücksichtigung von Sozialwohnungen stellt einen wesentlichen Unterschied zu (qualifizierten) Mietspiegeln dar, da diese
Bestände dort nicht berücksichtigt werden, weil deren wesentliches Anliegen das dauerhafte Funktionieren des Marktes frei
finanzierbarer Mietwohnungen ist, während im Rahmen der KdU grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R). Es wurden nur Wohnungsbestände berücksichtigt, die über eine vermieterseitige Ausstattung der Wohnung mit einem Bad und
einer Sammelheizung verfügen. Substandardwohnungen, die diesem Niveau nicht genügten, blieben unberücksichtigt. Wohnungen
mit einem solchen besonders niedrigem Ausstattungsgrad repräsentieren i. d. R. das unterste Marktniveau und sind zur Bildung
eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad
können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich von vornherein nicht verwiesen werden (BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R). Von der Erhebung ausgeschlossen wurden Wohnungen mit Freundschaftsmieten (Vermietung zu reduzierten Mieten an Angehörige
oder nähere Verwandte), mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich
genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag) und Ferienwohnungen. Aufgrund ihres Spezialcharakters blieben auch Appartements
(möblierte Wohnungen) bei den Auswertungen unberücksichtigt. In diesem Spezialsegment ist eine Unterscheidung zwischen Nettokaltmiete
und den Zahlungen für die Möblierung nicht möglich. Die entsprechenden Filterfragen sind in dem beigezogenen Fragebogen zur
Mietwerterhebung Donnersbergkreis 2010 erfasst. Ebenfalls bei der Auswertung unberücksichtigt blieben Mieten von Wohnungen
mit einer Wohnfläche von weniger als 30 qm. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist davon auszugehen, dass es durch die Festlegung
der Mindestwohngröße nicht zu einer Verfälschung der Datengrundlage und damit des Ergebnisses der Erhebung kommt, weil in
aller Regel die Quadratmetermiete einer kleinen Wohnung bei gleicher Ausstattung und Lage höher ist als die einer größeren
Wohnung (vgl. Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt
für Bauwesen und Raumordnung 2002 sowie inhaltlich unveränderte Auflage 2014, S. 36, wonach im Allgemeinen für kleinere Wohnungen
höhere Quadratmetermieten als für größere Wohnungen vereinbart werden können und sich relativ geringe größenbezogene Preisdifferenzen
für die Masse der Wohnungen mittlerer Größe, also z. B. für Zwei bis Vier Zimmer-Wohnungen, je nach Wohnungsmarkt mit einer
Größe zwischen ca. 50 und 90 Quadratmetern, ergeben.). Im Übrigen erfolgt der Ausschluss kleinster Wohnungen nur hinsichtlich
der Richtwertermittlung, eine Anmietung im Sinne der Produkttheorie bleibt den Leistungsberechtigten unbenommen.
Es wurden große Wohnungsunternehmen (E-Immobilien, L Immobilien GmbH, GL A, Deutsche Wohnen AG - insgesamt 703 Mieten) und
kleine private Vermieter (insgesamt 534 Mieten) auf freiwilliger Basis befragt, außerdem wurden 1 685 Mieten aus dem Datenbestand
des Beklagten ausgewertet, wobei die tatsächlichen Mieten, wie sie sich aus dem vorliegenden Mietvertrag ergaben, zugrunde
gelegt wurden. Zudem wurden sowohl Angebotsmieten als auch - soweit vorhanden - Neuvertragsmieten erfasst (S. 29, 40). Die
ermittelten Daten und Ergebnisse (Schlussfolgerungen) wurden dezidiert in den verschiedenen Tabellen dargestellt. Zur Ableitung
der Angemessenheitsgrenze wurde aus der Verteilung der Bestandsmieten ein Perzentil definiert (Lagemaß zur Beschreibung von
Werteverteilungen), das die Ausgangssituation bestimmt. Dieser Anteil orientierte sich grob am Umfang dessen, was als theoretische
Untergrenze bzgl der Versorgung von Wohnraum bei den SGB II bzw SGB XII Empfängern angesehen werden kann. Falls die Anteile der erfassten Wohnungsangebote in den wesentlichen Gruppen zu hoch oder
zu niedrig lagen, wurden so lange erhöhte oder reduzierte Perzentile geprüft, bis die Angebotsanteile als ausreichend unter
den aktuellen Marktbedingungen bewertet werden konnten (vgl. Überarbeitung Dezember 2013, S. 32). Dieser Wert wurde nochmals
in Beziehung zu den Neuvertragsmieten gesetzt, da üblicherweise nur die Neuvertragsmieten die reale Wohnungsmarktsituation
abbilden, während die Angebotsmieten im Regelfall über den Neuvertragsmieten liegen. Aus der so ermittelten Angemessenheitsobergrenze
ergab sich, dass ein ausreichendes Angebot an Wohnraum im unteren Marktsegment dann zur Verfügung steht, wenn für alle Wohnungsgrößenklassen
und Wohnungsmarkttypen das 40 % Perzentil zugrunde gelegt wird. Für jeden im Wege der Clusteranalyse gebildeten Wohnungsmarkttyp
und für jede Haushaltsgröße innerhalb des Wohnungsmarkttyps (1-5 Personen) standen ausreichend tatsächliche Angebote zu der
ermittelten Referenzmiete zur Verfügung (vgl Überarbeitung Dezember 2013, Tabelle 15). Im Falle der Kläger belief sich der
Anteil auf 35%. Insoweit ist ihr Vortrag diesbezüglich weder nachvollziehbar noch zutreffend.
Im Übrigen bestehen nach der Erläuterung in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. November 2016 zu den Gründen der Überarbeitung
des Berichts und der Entfernung der der Gemeinde K zunächst falsch zugeordneten Daten auch keine Bedenken gegen die Validität
der Daten, also eine Gültigkeit bzw Verbindlichkeit. Der Zeuge konnte diesen Fehler erläutern und insbesondere darlegen, dass
die zunächst erfolgte falsche Zuordnung von Mietangeboten der Gemeinde K im Dkreis statistisch keine Auswirkungen auf die
ermittelte Angemessenheitsgrenze hatte. Insoweit hat er sich den schriftlichen Erläuterungen seines Kollegen J K vom 10. Dezember
2013 angeschlossen. Die Aussage des Sozialgerichts bezüglich veralteter und bereits teilweise aus den Jahren 2004 und 2005
stammender Angebote ist nicht nachvollziehbar. Insoweit ist maßgeblich, dass diese Wohnungen innerhalb des Erhebungszeitraums
(noch/wieder) angeboten wurden.
b. Aus diesem Konzept ergibt sich unter Zugrundelegung mathematisch-statistischer Grundsätze für den den Wohnort der Kläger
maßgeblichen Wohnungsmarkt Typ III (Verbandsgemeinde G, Verbandsgemeinde K, Verbandsgemeinde W) für zwei Personen bei einer
Wohnungsgröße bis 60 qm eine Nettokaltmiete von 4,43 EUR pro Quadratmeter zuzüglich kalter Betriebskosten in Höhe von maximal
1,25 EUR. Die Ermittlung der Betriebskostenvorauszahlungen (ohne Heizkosten) auf der Grundlage des arithmetischen Mittels
der erhobenen Bestandsmieten und der tatsächlichen Betriebskostenvorauszahlungen der Leistungsempfänger in der hier maßgeblichen
Wohnungsgrößenklasse zum Stichtag 1. August 2010 mit 1,25 EUR/ qm (vgl. Überarbeitung Dezember 2013, S. 34) ist ebenfalls
nicht zu beanstanden. In seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2010 (B 14 AS 50/10 R) hat das BSG es für zulässig erachtet, bei der Ermittlung der kalten Betriebskosten auf bereits vorliegende örtliche Daten aus Betriebskostenübersichten
und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte zurückzugreifen. Entscheidend ist, dass es sich um aktuelle
örtliche Werte handelt. Die Verwendung der konkret im Rahmen der Bestandsmieten erhobenen Daten des Donnersbergkreises in
Verbindung mit den tatsächlichen Betriebskostenvorauszahlungen der Leistungsempfänger bildet die örtlichen Besonderheiten
ausreichend ab. Daraus errechnet sich für die Kläger eine Bruttokaltmiete von 340,80 EUR ( bei der Angabe Tabelle 11 Seite
37 von 340,54 EUR handelt es sich um einen offensichtlichen Multiplikationsfehler ) (60 m2 x 4,43 EUR = 265,80 EUR zzgl 60 × 1,25 EUR = 75,00 EUR). Sie haben damit im streitigen Zeitraum bereits monatlich 7,60 EUR
(276,00 EUR herabgesenkte Kaltmiete zzgl tatsächliche Betriebskosten von 80,00 EUR = 356,00 EUR: 2 = 178,00 EUR) mehr erhalten
als ihnen als angemessene Bruttokaltmiete zugestanden hätte.
3. Wie es zu bewerten ist, dass der Beklagte nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung generell die tatsächlichen
Betriebskosten übernimmt und sich insoweit nicht an die nach seinem schlüssigen Konzept ermittelte angemessene Bruttokaltmiete
in EUR/qm hält, bedarf hier keiner Erörterung. Dies wirkt sich vorliegend im Rahmen der Produkttheorie nicht zum Nachteil
der Kläger aus, da ihnen der Beklagte im streitigen Zeitraum eine höhere (276,00 EUR zzgl 80,00 EUR = 356,00 EUR: 60 = 5,93
EUR) als die ermittelte angemessene Bruttokaltmiete von 340,80 EUR gezahlt hat. Insoweit ist daher lediglich klarstellend
darauf hinzuweisen, dass das BSG bereits - wie bereits oben ausgeführt - im Jahr 2010 entschieden hat, dass im Rahmen der Bestimmung einer Grenze für angemessene
Unterkunftskosten neben der Nettokaltmiete auch die angemessenen Betriebskosten im Sinne des §
556 BGB mit Ausnahme der Heizkosten abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt miteinzubeziehen sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 42, [...] Rn. 33 f.). Insofern hat das BSG in seinem Urteil vom 10.09.2013 (B 4 AS 77/12 R) näher erläutert, dass dieses Vorgehen den Leistungsberechtigten die Möglichkeit gewährleiste, innerhalb des die Angemessenheit
bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können; die Möglichkeit in der Produkttheorie
also auch ausschöpfen zu können. Es gehe bei der Berücksichtigung der Bruttokaltmiete darum, die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten
auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (a.a.O. [...] Rn. 31; vgl. hierzu auch Beschluss vom 02.04.2014
- B 14 AS 17/14 B, [...] Rn. 6). Im Ergebnis verbleibt dem Leistungsberechtigten dann eine größere Auswahl an angemessenen Wohnungen, wenn
Wohnungen mit höheren Kaltmieten aber zugleich unterdurchschnittlichen Nebenkostenvorauszahlungen existieren, wobei unterstellt
wird, dass die Nebenkostenvorauszahlungen realistisch sind und nicht durch Nachzahlungen anlässlich der Betriebskostenabrechnung
jeweils ausgeglichen werden müssen.
Revisionszulassungsgründe nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.