Versicherungspflicht einer Servierkraft in der Sozialversicherung; Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger
Tätigkeit
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen für den Zeitraum vom 15. Mai 2007 bis zum 30. April 2008
in ihrer Tätigkeit mit gastronomischen Diensten für den Kläger.
Die Beigeladene stellte am 31. Mai 2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen
Status. Als Tätigkeit gab sie ab 15. Mai 2007 gastronomische Dienste und Messe-Hostess mit Organisation und Durchführung von
Veranstaltungen für den Auftraggeber "Cafe N. Café-Dinner-Bar" (fortan: "Cafe N 8") an. Zuvor war sie dort als Kellnerin abhängig
beschäftigt. Ihr unternehmerisches Handeln beschrieb sie mit "Kalkulation und Preisgestaltung je nach Art und Umfang des Auftrages;
Werbung über Agenturen; Ablehnung von Aufträgen möglich". Sie beantragte festzustellen, dass ein versicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis nach §
7 Abs.
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (
SGB IV) nicht vorliege.
Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die Beigeladene, sie habe keinen Kapitaleinsatz außer ihrer Krankenversicherung mit monatlichen
Beiträgen i.H.v. 302,27 EUR und es bestünden zwischen dem Cafe N. und ihr keine Verträge. Sie habe auch einen Gewerbeschein
für Kleinstgewerbe. Sie legte für die Monate Mai bis Juli 2007 Rechnungen gegenüber dem Cafe N. vor, aus denen sich lediglich
die Rechnungssummen von 724,00 EUR, 984,00 EUR und 888,00 EUR netto ergeben. Ihre Tätigkeit im gastronomischen Bereich beschrieb
die Beigeladene mit: "Gäste bedienen, Getränke zubereiten und servieren, Speisen servieren, Gäste abkassieren, Cocktails zubereiten
und Speisen und Getränke bonieren." Ihre Tätigkeit im Eventmanagement beschrieb sie mit: "Betreuung von Kunden, Sponsoren,
Sportlern; Ausschank/Tresen; Catering; Bedienen der Gäste; Tische abräumen; Büfett aufbauen; Bankett vorbereiten; etc.".
Mit Schreiben vom 30. August 2007 hörte die Beklagte die Beigeladene und den Kläger mit der Absicht an, einen Bescheid über
das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ab dem 15. Mai 2007 erlassen zu wollen. Hierauf teilte die Beigeladene mit, sie
habe verschiedene Veranstaltungen geplant und organisiert, ohne Weisungen unterworfen gewesen zu sein. Ein Kapitaleinsatz
sei bislang von ihr nicht erforderlich gewesen. Der Kläger bestätigte, dass ein Kapitaleinsatz der Beigeladenen, die als Unterauftragnehmerin
für ihn tätig gewesen sei, noch nicht erforderlich gewesen sei. Die Beigeladene sei nicht in seinem Betrieb, sondern direkt
beim Kunden tätig gewesen.
Mit Bescheiden jeweils vom 16. Oktober 2007 an den Kläger sowie an die Beigeladene stellte die Beklagte im Anfragevefahren
nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV fest, die Servicetätigkeit, gastronomische Dienste und die Betreuung und Bedienung von Gästen mit Speisen und Getränken der
Beigeladenen beim Kläger ab dem 15. Mai 2007 werde als abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Die Beigeladene sei beim
Kläger im Cafe N. mit ausführenden Tätigkeiten wie der Betreuung und Bedienung von Gästen mit Speisen und Getränken betraut
und unterliege dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie dem Recht der
Arbeitsförderung. Eine eigenständige Planung, Durchführung und Abwicklung mit eigenem Kapitaleinsatz und unternehmerischem
Risiko sei für die Beigeladene nicht festzustellen. Daraus ergebe sich deren weisungsunterworfene Eingliederung in die Betriebsorganisation
des Cafe N. Die Beigeladene führe ihre Tätigkeit im Namen und auf Rechnung des Cafe N. aus und sei in ihrer Tätigkeit vom
Kläger als Arbeitgeber persönlich abhängig. Im allgemeinen Geschäftsverkehr sei sie auch nicht als selbständig Tätige zu erkennen.
Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
sprechenden Merkmale.
Den dagegen am 22. Oktober 2007 vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember
2008 als unbegründet zurück. Die Beigeladene verrichte ihre Tätigkeit am Betriebssitz des Auftraggebers (Cafe N.) bzw. bei
dessen Kunden vor Ort. Hierbei nutze sie die vom Auftraggeber bzw. einem Dritten zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel. Ihre
Arbeitszeiten würden sich nach den Öffnungszeiten oder den Veranstaltungszeiten richten und seien daher vorgegeben. Der Kläger
gebe den örtlichen und zeitlichen Rahmen für die Tätigkeit der Beigeladenen vor und bestimme, bei welchen Veranstaltungen
sie zu bedienen habe, wodurch diese persönlich abhängig sei. Die Beigeladene habe auch auf die Art und Weise der Tätigkeit
keinerlei Einfluss und führe die Arbeit höchstpersönlich aus. Sie sei mit ihrer eigenen Arbeitskraft in eine fremde Arbeitsorganisation
eines Weisungsgebers eingegliedert. Für ihre Dienste erhalte die Beigeladene auch eine Vergütung, die möglicherweise durch
Trinkgelder erhöht werde; es liege aber kein typisches Unternehmerrisiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen vor.
Die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung würden bestimmen, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder als Selbständigkeit
definiert werde, nicht aber der Wille der vertragsschließenden Parteien. Hieran ändere auch eine Gewerbeanmeldung oder eine
Rechnungsstellung mit Mehrwertsteuer nichts.
Am 05. Januar 2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Halle (SG) im Wesentlichen unter Wiederholung seines Vortrags aus dem Verwaltungsverfahren Klage erhoben. Die Beigeladene habe ein
Kleinstgewerbe mit Dienstleistungen im gastronomischen Bereich, der Promotion und des Hostessenservice betrieben. Sie sei
bei ihm für das Eventgeschäft verantwortlich gewesen, ohne dass eine dauerhafte Vertragsbeziehung bestanden habe. Die Beigeladene
habe auch noch weitere Auftraggeber gehabt und sich bei ihrer Auftragserfüllung zum Teil anderweitiger Hilfskräfte bedient.
Ihr sei hierbei ein Maß an Gestaltungsfreiheit verblieben, welches für ein Arbeitsverhältnis untypisch sei. Soweit die Beigeladene
für ihn Veranstaltungen abgewickelt habe, sei sie auf seinen guten Ruf im gastronomischen Gewerbe angewiesen gewesen. Die
Beigeladene habe das unternehmerische Risiko gehabt, Aufträge zu akquirieren. Im Erörterungstermin vor dem SG am 24. März 2011 hat der Kläger erklärt, die Rechnungslegung gegenüber den Kunden sei über das Cafe N. erfolgt und die Beigeladene
habe ihre eigene Rechnung dann an ihn gerichtet. Im Übrigen wäre er auch nicht glücklich gewesen, wenn die Beigeladene Speisen
und Getränke von anderen Firmen angeboten hätte.
Aus dem streitgegenständlichen Zeitraum sind weitere Rechnungen der Beigeladenen an den Kläger und an Dritte in Ablichtung
vorgelegt worden.
Die Beklagte hat vorgetragen, es komme auch nicht auf die gewählte Bezeichnung an, ob eine Tätigkeit als abhängige Beschäftigung
zu qualifizieren sei, sondern auf die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung. Durch die Vereinbarungen zwischen dem
Kläger und seinen Auftraggebern sei die Beigeladene hinsichtlich Ort und Zeit sowie Art und Weise ihrer Tätigkeit gebunden
gewesen. Sie sei an den vom Kläger vorgegebenen Orten ohne eigene Betriebsmittel tätig gewesen. Hierbei sei es gerade kennzeichnend
für angestellte Fachkräfte in der Gastronomie, dass sie ihre Arbeit eigenständig und an den Kundenwünschen orientiert verrichteten
und damit entsprechend den Weisungen des Klägers. Eine unternehmerische Gestaltungsfreiheit sei bei Ausführung dieser Tätigkeiten
für die Beigeladene nicht gegeben gewesen, insbesondere sei diese auch den Veranstaltungsgästen gegenüber nicht als selbständige
Unternehmerin in Erscheinung getreten. Die Beigeladene habe den Ruf des Klägers bei seiner Kundschaft zu wahren gehabt, nicht
aber einen eigenen. Die gelegentliche Beschäftigung weiterer Hilfskräfte durch die Beigeladene erscheine für ihre Tätigkeit
nicht prägend. Im Übrigen sei jedes Vertragsverhältnis der Beigeladenen nach §
7 SGB IV für sich zu beurteilen, so dass mögliche weitere Tätigkeiten für andere hier nicht streitgegenständlich seien. Die Möglichkeit
eine Tätigkeit abzulehnen, sei kein Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, da auch jeder abhängig Beschäftigte die Wahl
habe, einen bestimmten angebotenen Arbeitsvertrag abzuschließen.
Mit Beschluss vom 05. März 2009 hat das SG Frau J. S., verheiratete M., zu diesem Verfahren beigeladen.
Mit weiteren Bescheiden jeweils vom 22. Dezember 2009 hat die Beklagte ergänzend festgestellt, dass die Beigeladene in ihrer
Beschäftigung als gastronomische Servicekraft für den Kläger der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung,
der sozialen Pflegeversicherung und dem Recht der Arbeitsförderung unterliege.
Mit Urteil vom 10. Juni 2011 hat das SG die Klage abgewiesen, da die Beigeladene im streitbefangenen Zeitraum in ihrer Tätigkeit für den Kläger eine abhängige Beschäftigung
ausgeübt habe. Die Tätigkeit der Beigeladenen habe sich nicht wesentlich von einer vergleichbaren Arbeitnehmertätigkeit unterschieden
und sei dabei in dessen übergeordnete Organisation eingebunden gewesen. Ihr seien die Lebensmittel und Getränke für ihre Tätigkeit
zur Verfügung gestellt worden, und sie habe weder über die finanziellen noch über die organisatorischen Mittel verfügt, um
ein eigenes Unternehmen aufzubauen und zu führen. In Gesamtwertung der Tätigkeit der Beigeladenen als Servicekraft mit teilweiser
Leitungsfunktion ergebe sich das Profil einer Angestellten des Klägers. Da §
7a Abs.
6 SGB IV nicht eingreife, sei auch der darauf gerichtete Antrag abzuweisen.
Gegen das am 04. August 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05. September 2011 (einem Montag) Berufung beim Landessozialgericht
Sachsen-Anhalt eingelegt. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages meint er, die Merkmale einer selbständigen
Tätigkeit überwögen bei der Beigeladenen, und er verweist nochmals auf deren verschiedene Auftraggeber. Ihre Tätigkeit für
ihn habe nur einen Teil ihrer beruflichen Aktivitäten dargestellt, daher habe sie auch das unternehmerische Risiko ihrer gewerblichen
Tätigkeit getragen. Er vertritt er die Rechtsansicht, die Voraussetzungen von §
7a Abs.
6 SGB IV seien gegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. Juni 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16. Dezember 2008, ergänzt durch den Bescheid vom 22. Dezember 2009, aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene
in ihrer Tätigkeit für den Kläger vom 15. Mai 2007 bis zum 30. April 2008, nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen ist.
Die Beklage beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. Juni 2011 zurückzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide und das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Klägers an. Sie trägt vor, sie habe vorrangig für den Kläger im Eventbereich
gearbeitet, wobei die Anfragen für die Veranstaltungen über den Kläger gelaufen seien. Ihre Absprachen mit dem Kläger seien
sämtlichst mündlich erfolgt. Nach etwa einem Jahr habe sie ihre selbständige Tätigkeit mangels ausreichender Chancen wieder
aufgegeben; sie fühle sich in einem festen Arbeitsverhältnis doch um einiges besser aufgehoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der
Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §
143 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten
vom 16. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2008, ergänzt durch den Bescheid vom 22. Dezember
2009, und das diese bestätigende Urteil des SG vom 10. Juni 2011 sind rechtmäßig, so dass der Kläger nicht im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 SGG beschwert ist.
Der nach dem Widerspruchsbescheid erlassene Bescheid vom 22. Dezember 2009 vervollständigt den zunächst angefochtenen Bescheid
um die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung. Somit ist auch
dieser Bescheid vom 22. Dezember 2009 nach §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens Bundessozialgericht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R - juris).
1. Nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle
oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung
eingeleitet.
Die Beklagte als für das Anfrageverfahren zuständiger Sozialversicherungsträger nach §
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV hat hierauf mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2008 zunächst unvollständig
und damit rechtsfehlerhaft mitgeteilt, die Beigeladene sei abhängig Beschäftigte des Klägers. Erst mit dem ergänzenden Bescheid
vom 22. Dezember 2009 stellte die Beklagte die zu beantwortende Frage der Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen vom
15. Mai 2007 bis zum 30. April 2008 in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung vollständig und korrekt
fest. Dadurch ist der sozialversicherungsrechtliche Status in dem dem Antrag zu Grunde liegenden konkreten Rechtsverhältnis
vollständig beantwortet worden, denn die alleinige Mitteilung über die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
wäre als bloße Elementenfeststellung gerade nicht ausreichend gewesen (vgl. BSG, aaO.).
2. Zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum ist zu prüfen,
ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Nach §
7 Abs.
1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gesetzliche Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Für die
Beurteilung ist die Nicht-Selbständigkeit das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung im Sinne der
Sozialversicherung macht (KassKomm-Seewald, Stand 01. Dezember 2011, §
7 SGB IV Rdnr. 45). Diesen Begriff konkretisiert die Rechtsprechung durch eine Vielzahl weiterer Merkmale, wobei für die Nicht-Selbständigkeit
das synonym verwandte Hauptmerkmal der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers dessen versicherungsrechtlichen Status
als Beschäftigter begründet (aaO. RdNr. 46). Dies muss vorliegend anhand der vertraglichen Vereinbarung und der tatsächlichen
Ausgestaltung der Tätigkeit beurteilt werden.
Zur Überzeugung des Senats war die Beigeladene im streitgegenständlichen Zeitraum vom 15. Mai 2007 bis zum 30. April 2008
beim Kläger in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV tätig. Nach Abwägung der widerstreitenden Merkmale ist nach dem Gesamtbild eine Beschäftigung und keine selbständige Tätigkeit
anzunehmen. Eine Ausnahme von dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall ist vorliegend nicht gegeben. Im Einzelnen:
a. Zunächst können vertragliche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten Anhaltspunkte für die tatsächlichen Verhältnisse ergeben.
Denn grundsätzlich steht es in der Macht der Beteiligten, das Rechtsverhältnis nach ihrem Willen in seinen Einzelheiten so
auszugestalten, dass es sich objektiv als Beschäftigungsverhältnis oder als selbständige Tätigkeit ausweist (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 1980 - 12 RK 26/79 - SozR 2200 § 165 Nr. 45). Die Beigeladene und der Kläger haben indes keine schriftlichen Vereinbarungen, etwa in Form von Werk-, Dienst- oder
Arbeitsverträgen über die zu beurteilende Tätigkeit getroffen. Nach dem Vortrag der Beigeladenen habe es überhaupt keine Verträge
gegeben. Auch aus den vorgelegten nicht prüffähigen und unspezifizierten Rechnungen an den Kläger lässt sich die einheitliche
Ausgestaltung der konkreten Tätigkeit nicht entnehmen. Die eingereichten monatlichen Pauschalabrechnungen erinnern eher an
selbst gefertigte Arbeitsnachweise für geleistete Arbeitsstunden eines abhängig Beschäftigten. Die für eine Dienst- oder Werkleistung
eines selbständigen Unternehmers zu erwartenden prüffähigen Rechnungen existieren nicht. Von einem selbständig Tätigen darf
erwartet werden, dass er regelmäßig schriftliche Aufträge abschließt, um seinen Buchführungs- und Nachweispflichten zu genügen
und gegebenenfalls seine Zahlungsansprüche geltend machen zu können. Da die Beigeladene mangels Nachweisen keinen aussichtsreich
einklagbaren Werklohnanspruch hätte geltend machen können, war sie vom Zahlungswillen des Klägers persönlich abhängig. Mangels
schriftlicher Beauftragung der Beigeladenen durch den Kläger ist zu prüfen, inwiefern die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit
Merkmale für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers und nach dessen Weisungen aufweist.
b. Die Eingliederung in einen Betrieb ist ein gesetzlicher Anhaltspunkt zur Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger
Tätigkeit. Entscheidend ist hierbei, ob der Mitarbeiter Glied eines fremden Betriebes ist oder im Mittelpunkt des eigenen
Unternehmens steht (vgl. BSG, Urteil vom 28. Januar 1960 - 3 RK 49/56 - BSGE 11, 257, 260). Die Beigeladene arbeitet nicht erkennbar in einer eigenen Betriebsstätte, sondern in Räumen des Klägers oder auf dessen
Veranstaltungen. Von einer selbständig tätigen Gastronomin oder Eventmanagerin wäre zu erwarten, dass sie im Geschäftsverkehr
im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auftritt und entsprechende Verträge mit Vermietern, Lieferanten, Auftraggebern oder
Arbeitnehmern abschließt. Ein eigenes Unternehmen der Beigeladenen ist mangels vorhandener Betriebsmittel, Betriebsstätte
und einer Unternehmensstruktur, gegebenenfalls auch mit angestellten Mitarbeitern, nicht ersichtlich. Allein das Vorhandensein
eines Gewerbescheins spricht lediglich für den Willen, selbständig tätig werden zu wollen, begründet aber sozialversicherungsrechtlich
noch keine selbständige Tätigkeit. Dagegen ist der Kläger mit seinem Betrieb Cafe N., in dem die Beigeladene kellnerte, selbständig
tätig. Auch die Veranstaltungen bzw. Events, auf denen die Klägerin als Servierkraft im Namen des Klägers in Erscheinung trat,
sind allein dem Kläger rechtlich und wirtschaftlich zuzuordnen, da über ihn die Beauftragung erfolgte und er ihnen seinen
unternehmensspezifischen Stempel im Sinne einer "corporate identity" aufdrückte. Die Beigeladene war nach Mitteilung des Klägers
bei der Durchführung von Veranstalungen auf dessen guten Ruf angewiesen und schon deswegen gehalten, sich exakt nach den Vorgaben
des klägerischen Unternehmens zu verhalten. Eine Gestaltungsfreiheit, die über das für ein Arbeitsverhältnis übliche hinausgeht,
ist damit gerade nicht anzunehmen. Hierzu passt die Äußerung des Klägers im Erörterungstermin, dass er "nicht glücklich gewesen
[wäre], wenn die Beigeladene Speisen und Getränke von anderen Firmen angeboten hätte". Die Tätigkeit der Beigeladenen auf
den im Namen des Klägers durchgeführten Veranstaltungen bzw. Events und deren Tätigkeit in dessen Gaststätte ist daher als
Eingliederung in einen fremden Betrieb zu werten.
c. Das Merkmal der Weisungsgebundenheit ist ein weiterer gesetzlicher Anhaltspunkt, ohne dass dadurch eine abschließende Bewertung
ermöglicht wird. Eine Servierkraft ist regelmäßig dem jeweiligen Gaststätteninhaber weisungsunterworfen. Dies erfordert nicht,
dass sie sich vor jeder Bestellung durch den Gaststätteninhaber anweisen lassen muss. Eine gewisse Eigenständigkeit im Umgang
mit den Gästen, ihren Bestellungen, der Abrechnung und der Zubereitung von Speisen und Getränken ist typisch für das Berufsbild
einer gelernten Kellnerin und stellt deswegen noch keine weisungsfreie Tätigkeit dar.
Auch wenn die Beigeladene für den Kläger durch die Planung und Organisation von Veranstaltungen höherwertige Arbeiten verrichtete,
war sie ihm insoweit weisungsunterworfen. Wenn die Beigeladene ausschließlich als "Eventmanagerin" des Klägers gearbeitet
hätte, würde sich das Weisungsrecht in eine funktionsgerechte, dienende Teilhabe am Arbeitsprozess umwandeln. Wie gezeigt,
war die Beigeladene an die Vorgaben des Klägers zur Wahrung von dessen Ruf und "corporate identity" gebunden. Auch die Arbeitsorte
und Arbeitszeiten waren der Beigeladenen durch die Gaststätte und den Vorgaben der klägerischen Veranstaltungen vorgegeben,
so dass sie dem Kläger sowohl als Servierkraft als auch als Eventmanagerin weisungsunterworfen war.
d. Die Beigeladene setzte für ihre Tätigkeit weder Kapital ein noch trug sie ein unternehmerisches Risiko. Insbesondere stellten
die monatlichen Krankenkassenbeiträge kein Kapitaleinsatz im Sinne von Unternehmenskapital dar, da hierdurch lediglich eine
persönliche Krankheitsvorsorge getroffen wurde, mit der kein unmittelbarer Unternehmenszweck verfolgt wurde. Ein Unternehmen
in der Gastronomie und im Event-Bereich ist indes ohne jeglichen Kapitaleinsatz kaum vorstellbar. Die Beigeladene handelte
in der Gaststätte, wie auch auf Veranstaltungen, stets auf Rechnung des Klägers, ohne eigenes Kapital zum Einsatz zu bringen.
Die Arbeitsmittel, wie Räume, Mobiliar, Kassen, Geschirr, Getränke und Speisen, wurden vom Kläger zur Verfügung gestellt.
Auch die Möglichkeit der Beigeladenen, Aufträge des Klägers abzulehnen, stellt kein typisches Unternehmerrisiko dar, da jeder
abhängig beschäftigte Arbeitnehmer die Wahl hat, einen ihm angebotenen Arbeitsvertrag anzunehmen oder nicht. Die Möglichkeit,
eine Tätigkeit anzunehmen, sagt nichts darüber aus, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt. Ein Unternehmerrisiko
im Sinne eines Merkmals für eine selbständige Tätigkeit war für die Beigeladene, die lediglich ihre Arbeitskraft zur Verfügung
stellte, nicht gegeben.
e. Die Beigeladene war persönlich und wirtschaftlich vom Kläger abhängig, da er ihr maßgeblicher Arbeitgeber war und den Inhalt
ihrer Tätigkeit im Wesentlichen bestimmte. Ohne die Aufträge des Klägers hätte die Beigeladene wirtschaftlich nicht existieren
können. Angesichts ihrer finanziellen und beruflichen Abhängigkeit von im Wesentlichen einem Auftraggeber mit relativ geringen
monatlichen Einnahmen war die Beigeladene auch in besonderem Maße sozial schutzbedürftig, was ebenfalls auf eine abhängige
Beschäftigung hinweist. Es ist gerade der Zweck der Sozialversicherungen, den schutzbedürftigen Personen die besonderen Sicherungssysteme
des öffentlichen Rechts zur Verfügung zu stellen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 1981 - 12 RK 65/79 - SozR 2400 § 2 Nr. 16).
3. Als objektives Indiz, das für eine selbständige Tätigkeit sprechen könnte, verbleibt die Beantragung eines Gewerbescheins
mit der Absicht, selbständig tätig werden zu wollen. Auf den Willen der Beigeladenen, durch Gewerbeanmeldung und Rechnungsstellung
allein ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in eine selbständige Tätigkeit umzuwandeln, kommt es hingegen nicht entscheidungserheblich
an.
Auch die steuerrechtliche Behandlung stellt ein weiteres Indiz für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit
dar, weil die Lohnsteuerpflicht für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses spricht (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1962 - 3 RK 74/57 - BSGE 16, 289, 295). Die fehlende Veranlagung zur Lohnsteuer, wie vorliegend, könnte dann für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Schließlich
wäre auch die Stellung einer prüfbaren schlüssigen Rechnung typisch für eine Selbständigkeit. Die hier vorgelegten Rechnungen
sind jedoch inhaltslos und erfüllen nicht die im kaufmännischen Verkehr erforderlichen Mindestanforderungen, so dass eine
ordentliche Rechnungslegung nicht anzunehmen ist. Auch der Umstand einer Vielzahl von Auftraggebern kann auf eine unabhängige
selbstbestimmte Tätigkeit hindeuten. Hier werden jedoch nur sehr wenige Auftraggeber benannt, wobei die weit überwiegende
Mehrheit der Aufträge vom Kläger stammten. Jede berufliche Tätigkeit der Beigeladenen zu einem "Auftraggeber" ist isoliert
dahingehend rechtlich zu beurteilen, ob eine Beschäftigung im Sinne von §
7 Abs.
1 SGB IV vorliegt. Der Umstand, dass die Klägerin mehrere Auftraggeber hat, schließt nicht aus, dass ein oder mehrere abhängige Beschäftigungsverhältnisse
bestehen. Schließlich steht dem Beschäftigtenstatus der Beigeladenen auch nicht entgegen, dass sie durch Beschäftigung von
weiteren Hilfskräften Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt und insoweit keinen Weisungen Dritter unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - B 12 KR 44/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 18), zumal dies für ihre Beschäftigung nicht prägend war.
Auch die vom Kläger behaupten Unabhängigkeit der Beigeladenen bei Art und Weise der Durchführung von Veranstaltungen reicht
nicht aus, um eine selbständige Tätigkeit anzunehmen. Der Kläger räumt selbst ein, für eine bestimmte Veranstaltungsdurchführung
zu stehen. Er spricht sogar von einer "corporate identity". Mithin drückt er den Veranstaltungen bzw. Events, die in seinem
Namen durchgeführt werden, seinen Fimenstempel auf. Dies ist aber nur dann denkbar, wenn die Beigeladene auch exakt nach seinen
Weisungen handelte. Für eigenes echtes unternehmerisches Handeln verblieb damit für sie kein Raum. Das Argument, die Beigeladene
sei nicht beim Kläger, sondern beim Kunden tätig, verfängt nicht, zumal die Beigeladene eigenen Angaben zufolge auch im streitgegenständlichen
Zeitraum noch in der Gaststätte tätig war und auch die auswärtige Tätigkeit auf Geheiß des Klägers eine typische Eingliederung
in den Betrieb darstellt.
4. Im Regelfall ist nach der Verkehrsanschauung bei einer Servierkraft von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen.
Dies gilt selbst dann, wenn diese Mitarbeiterin auch gastronomische Veranstaltungen für ihren Arbeitgeber plant, organisiert
und durchführt. Das Bedienen und Abkassieren von Gästen sowie die Zubereitung von Getränken und Speisen war nach Angabe der
Beigeladenen gegenüber der Beklagten ihre Tätigkeit im gastronomischen Bereich. Hierbei handelt es sich typischerweise nach
der Verkehrsanschauung um eine abhängige Beschäftigung, sofern sie nicht selbst Inhaberin der Gaststätte ist. Gleiches gilt
für ihre Tätigkeit im Eventbereich, wenn sie nicht Eigentümerin der Eventagentur oder eines Veranstaltungsservice ist. Die
vorhergehende Beschäftigung der Beigeladenen beim Kläger unterscheidet sich damit nicht wesentlich von der Tätigkeit, die
sie ab dem 15. Mai 2007 verrichtete, außer dass sie einen Gewerbeschein beantragte und nach ihrer Vorstellung und der des
Klägers nunmehr selbständig tätig sein sollte. Auf die Vorstellungen und den Willen der Beteiligte kommt es bei der Bestimmung,
ob ein Beschäftigungsverhältnis nach §
7 Abs.
1 SGB IV vorliegt, nicht entscheidend an.
Bei Tätigkeiten, die Merkmale aufweisen, die sowohl auf Abhängigkeit wie auch auf Selbständigkeit hinweisen, ist unter Berücksichtigung
des Einzelfalls entscheidend, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist dann das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung
unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974; BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 5). Der Senat hat nach den vorgenannten Einzelmerkmalen unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der
Tätigkeit und der Verkehrsanschauung trotz einiger für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale keine vernünftigen
Zweifel an der abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen und damit an deren Versicherungspflicht.
5. Auch die Berufung hinsichtlich des Hilfsantrages ist unbegründet, da die Voraussetzungen von §
7a Abs.
6 SGB IV nicht vorliegen. Die Beigeladene erklärte gegenüber der Beklagten am 18. Oktober 2007, dass sie dem Beginn der Versicherungspflicht
mit Bekanntgabe des Bescheides über die Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht
zustimme. Damit fehlte es an der Voraussetzung der Zustimmung gemäß §
7a Abs.
6 Nr.
1 SGB IV, so dass die nunmehr im Hilfsantrag begehrte Rechtsfolge nicht eintreten kann. Darüber hinaus liegt auch die Voraussetzung
nach §
7a Abs.
6 Nr.
2 SGB IV nicht vor, da die Beigeladene keine Nachweise über eine Absicherung zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach
den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §§
154 bis
162 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts und der Kläger als Arbeitgeber gehören nicht zu dem in §
183 SGG genannten kostenprivilegierten Personenkreis. Nach §
154 Abs.
1 VwGO hat der Kläger als unterliegender Teil allein die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.
7. Der Streitwert war nach §§ 197a Abs. 1 i.V.m. 183
SGG festzusetzen, da weder der Kläger noch die Beklagte zu dem Kreis der Versicherten bzw. Leistungsempfänger gehören. Der Streitwert
ist nach Ermessen anhand der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Maßgebender Anhaltspunkt für den Gegenstandswert sind in der Regel die von dem Kläger abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge.
Hier liegen keine greifbaren Anhaltspunkte für den Umfang der zu erwartenden Beiträge für die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile
vor. Daher ist nach § 52 Abs. 2 GKG auf den Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR für das Berufungsverfahren zurückzugreifen.
Der in diesem Urteil enthaltene Streitwertfestsetzungsbeschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, §
177 SGG.