Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Leistungen für Unterkunft und Heizung
Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten – hier für den Kreis Pinneberg
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in mehreren Verfahren für unterschiedliche Zeiträume über die den Klägern zu gewährenden Unterkunftskosten
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für eine Wohnung in T im Kreis Pinneberg. In diesem Verfahren geht es um den Zeitraum August 2017 bis Juli 2018.
Die 1962 geborene Klägerin und der 1959 geborene Kläger, die miteinander verheiratet sind, bezogen im streitigen Zeitraum
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von dem Beklagten. Der Kläger ist seit Anfang 2016 erwerbsunfähig, bezieht jedoch
keine Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine solche Rente nicht
erfüllt.
Die Kläger wohnten nach der Räumung ihrer früheren Wohnung in U im November 2015 zunächst vorübergehend in der Wohnung ihres
Neffen. Die grundsätzliche Notwendigkeit eines Umzugs wurde vom Beklagten anerkannt. Am 7. Januar 2016 sprach die Klägerin
bei dem Beklagten wegen der Zusicherung zum Bezug einer konkreten Wohnung in der W-Straße in T unter Vorlage der konkreten
Unterkunftskosten vor. Es handelt sich um eine 58,25 qm große Zweizimmerwohnung, für die (auch noch im Streitzeitraum) eine
Kaltmiete von 555 €, Betriebskosten von 100 €, sowie Heiz- und Warmwasserkostenvorauszahlungen in Höhe von 70 € zu zahlen
waren (Bruttokaltmiete 655 €). Unter Hinweis auf die Mietobergrenze von 435 € (bruttokalt) für 2-Personen-Haushalte für diesen
Wohnbereich teilte der Beklagte den Klägern mit, dass eine Zustimmung zum Umzug wegen der übersteigenden Kosten nicht erteilt
werden könne.
Am 18. Januar 2016 reichten die Kläger beim Beklagten einen Mietvertrag für diese Wohnung in der W-Straße in T ein, die sie
am 1. Februar 2016 bezogen. Ab 1. Januar 2018 wurde die monatliche Miete um 10 € erhöht und betrug damit ohne die hier nicht
streitigen Stellplatzkosten insgesamt 665 € monatlich. Für die Zeit von 1. August 2017 bis 31. Juli 2018 bewilligte der Beklagte
den Klägern mit Bescheid vom 16. Juni 2017 Leistungen unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft von insgesamt 569 €.
Der vom Beklagten übernommene monatliche Bruttokaltbetrag betrug 499 €, die Heizkosten von 70 € wurden voll übernommen.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger mit Schreiben vom 18. Juli 2017 Widerspruch ein, da bei der Berechnung der Leistungen
nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft berücksichtigt würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 wies der
Beklagte den Widerspruch zurück, da die Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien. Die angemessenen Kosten der Unterkunft
für einen 2-Personen-Haushalt in T lägen nach dem Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis Pinneberg bei
499 €. Die bewohnte Wohnung sei damit erheblich zu teuer. Die Kläger seien auch ohne vorherige Zustimmung des Beklagten umgezogen.
Die Kläger haben dagegen am 16. November 2017 Klage erhoben, die das Sozialgericht Itzehoe mit Urteil vom 10. August 2018
(Az: S 10 AS 1143/17) abgewiesen hat. Das für den Beklagten erstellte Konzept der Firma A und K sei schlüssig, was das Schleswig-Holsteinische
Landessozialgericht bereits zur zeitlich vorhergehenden Konzeption, in Pinneberg entschieden habe. Dies gelte auch für das
neue Konzept bei dem allerdings eine Berücksichtigung von Bestandsmieten mit einem Mietbeginn jenseits des zurückliegenden
Vierjahreszeitraums stattfinde und bei dem abgesenkte Perzentilgrenzen im Rahmen des sogenannten iterativen Verfahrens verwendet
würden. Nach der Indexfortschreibung betrage die Mietobergrenze im Streitzeitraum 499 €.
Gegen dieses den Klägern am 5. November 2018 zugestellte Urteil haben die Kläger am 3. Dezember 2018 Berufung eingelegt, die
zunächst nicht begründet wurde.
Im September 2019 hat der Senat dem Beklagten vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zur Vergleichsraumbildung (Urteile vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R u.a. -, juris) ausdrücklich Gelegenheit zur Nachbesserung des bisherigen Konzepts für den streitgegenständlichen Zeitraum
und - für den Fall der Nachbesserung - um Offenlegung der Berechnungen und Berechnungsgrundlagen bis zum 15. Dezember 2019
gebeten (erste Nachbesserungsmöglichkeit).
Der Beklagte hat daraufhin im Dezember 2019 einen Korrekturbericht zum Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft von
Januar 2015 mit der Fortschreibung ab 2016 (im Folgenden: Konzept 2015/2016 - Korrektur November 2019) einschließlich der
Berechnungsgrundlagen eingereicht. Alle Berechnungen sind von der Firma A und K vorgenommen worden. Neben diversen Veränderungen
beinhaltet das Konzept nunmehr eine Unterteilung des Kreisgebiets in drei Vergleichsräume und in Abweichung zur Ursprungsfortschreibung
2016 (für 2017/2018) eine Dynamisierung nach dem Verbraucherpreisindex. Die Mietobergrenze für die Kläger (Vergleichsraum
Elmshorn) würde danach 454,79 € betragen, statt der bisher gewährten 499 €.
Zur Vorbereitung auf die erste mündliche Verhandlung hat der Senat die Grundlagendaten angefordert und u.a. darauf hingewiesen,
dass die Herleitung und die Anwendung der Perzentilgrenzen nach den verwendeten Tabellen des Berichts unverständlich seien
sowie die Herleitung unzureichend begründet sei. Außerdem ist der Beklagte zu einer Konkretisierung bezogen auf die Zeiträume
und Wohnungsgrößen aufgefordert worden und es sind detaillierte Fragen zu den verwendeten Daten, den angewandten Perzentilen,
den Zuschlagsfaktoren zum iterativen Verfahren, den verwendeten Tabellen und zu den Dynamisierungsfaktoren gestellt worden
(zweite Nachbesserungsmöglichkeit). Der Beklagte hat daraufhin Stellungnahmen von A und K und einen erneut nachgebesserten
Korrekturbericht aus August 2020 für 2015/2016 (im Folgenden: Konzept 2015/2016 Korrektur August 2020) eingereicht. Außerdem
ist für den hier streitgegenständlichen Zeitraum 2017/2018 von der K1 A ein inhaltlich substantiell veränderter Korrekturbericht
zur Dynamisierung (im Folgenden: Fortschreibung 2016 Korrektur August 2020) eingereicht worden. Für den streitgegenständlichen
Zeitraum würde sich damit für die Kläger eine Mietobergrenze von 469,80 € gelten.
In der mündlichen Verhandlung am 9. September 2020 hat eine ausführliche Befragung der beiden sachverständigen Zeugen S (Leiter
für den Bereich Markt und Miete der Firma A und K) sowie K2 (Geschäftsführer von K A) zu den vorgelegten Berechnungen, Datengrundlagen
und statistischen Annahmen und zur Anwendung des iterativen Verfahrens und den maßgeblichen Ausgangswerten stattgefunden.
Hinsichtlich der Dynamisierung hat der Zeuge K deutlich gemacht, dass er für die Nachberechnung einen neueren Algorithmus
und damit die seit 2018 verwendete statistische Methode verwendet habe. Daher habe sich die Datenbasis verändert. Es sei aber
auch möglich, mit dem vor 2018 im Ursprungskonzept verwendeten ungenaueren Algorithmus zu arbeiten. Die Fragen im Übrigen
konnten in der Verhandlung nur teilweise geklärt werden. Das Gericht hat die Verhandlung vertagt und angesichts der unterschiedlichen
Berechnungen dem Beklagten aufgegeben, anzugeben, welche Mietobergrenzen er selbst, nach welchem Konzept als Leistungsträger
für die Zeiträume 2015/2016 einerseits und 2017/2018 andererseits für die jeweiligen Vergleichsräume, für welche Bedarfsgemeinschaften
und auf welcher Berechnungsgrundlage als Mietobergrenze zugrunde legen will (dritte Nachbesserungsmöglichkeit). Außerdem sollte
er eine Übersicht der angeschriebenen Vermieter und ihrer Teilnahme an der Stichprobe einreichen. Hinsichtlich der Einzelheiten
wird auf den Inhalt der Niederschrift verwiesen.
Nach mehrfachen erfolglosen Erinnerungen und formaler Beiladung des Kreises Pinneberg zum Verfahren gemäß §
75 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) mit Beschluss 15. Februar 2021 ist vom Beigeladenen ein weiteres - und damit drittes - Korrekturkonzept zum ursprünglichen
Konzept, erstellt von der Firma A und K als Neuauswertung zum Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft von Januar
2015 (Ergebnisse vom 10. März 2021; im Folgenden: Konzept 2015/2016 - Korrektur März 2021) sowie eine weitere Fortschreibung
des schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft SGB II/XII 2016 unter Berücksichtigung des
Wohnungsangebots (Bericht Fassung März 2021; im Folgenden: Fortschreibung 2016 - Korrektur März 2021) eingereicht worden.
Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum würde die Mietobergrenze durch diese Berechnung für die Kläger wiederum absinken
und nur noch 450,60 € betragen. Der Beklagte hat mitgeteilt, dass hierzu eine weitere Stellungnahme nicht beabsichtigt sei.
Die Kläger halten die vorgelegten Korrekturberichte nicht für schlüssig. Sie machen mit ihrer Berufung geltend, dass bereits
die Mietwerterhebung des Kreises Pinneberg den Anforderungen des BSG nicht genüge. Der Beklagte habe Ende 2019 einen sogenannten Korrekturbericht zum Konzept zur Ermittlung der Bedarf für Unterkunft
vom Januar 2015 sowie die Fortschreibung zu 2016 vorgelegt. Aus diesem Korrekturbericht ergebe sich, dass der Beklagte die
Wohnkosten für einen 2-Personen-Haushalt in T für einen Folgezeitraum ab 2017 nunmehr nicht mehr mit einem Betrag von bis
zu 499 € für angemessen erachte, sondern lediglich einen Betrag von 454,79 €. Die Gründe für diese Reduzierung seien unklar.
Es habe keine neue Datenerhebung stattgefunden, allein der Vergleichsraum solle verändert worden sein. Angesichts der nicht
unerheblichen Anzahl der Mietwerte in der Gemeinde T sei sowohl die Vergleichsraumbildung als auch die Berechnung unverständlich
und erscheine willkürlich. Dies gelte etwa für die Abgrenzung von Gemeinden, die zum Amt Pinnau gehörten und nun dem Vergleichsraum
Pinneberg zugeordnet würden, während T dem Vergleichsraum Elmshorn zugeordnet werde. Grundlage für die Festlegung eines Höchstbetrages
für die angemessenen Wohnkosten müssten die tatsächlichen Verhältnisse sein, davon entferne sich der Berufungsbeklagte jedoch
immer weiter. Eine Mietwerteerhebung, die allein durch die Bildung anderer Vergleichsräume, deren Festlegung keineswegs zwingend
sei, zu höchst unterschiedlichen Mietobergrenzen führe, genüge nicht mehr den Anforderungen rechtmäßigen Verwaltungshandelns.
Es könne nicht dem Zufall obliegen, ob eine Miete einmal angemessen oder unangemessen sei. Außerdem sei zu beanstanden, dass
nach wie vor nicht eine Überprüfung der Validität des Datenmaterials stattgefunden habe und dass die Stichprobe nicht repräsentativ
sei. Von dem Gutachteninstitut angeschrieben worden seien die Vermieter, wobei sich vor allem die großen Vermieter nicht bereitgefunden
hätten, die Daten zur Verfügung zu stellen. Teilgenommen hätten vor allem Vermieter, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet
fühlten wie etwa die Neue GeWoGe Wohnungsbaugenossenschaft eG (GeWoGe), die Stiftung "Wir helfen uns selbst" oder der Bauverein
der Elbgemeinden. Andere große bekannte Vermieter wie die V oder die Deutsche A hätten nach Kenntnis der Kläger hingegen nicht
teilgenommen, obwohl gerade diese Vermieter ihre Wohnungen zu den maximal möglichen Mieten vermieten würden. In die verwendete
Stichprobe seien daher überproportional viele Mietwerte mit einer unterdurchschnittlichen Miete aufgenommen worden, weil Vermieter
im normal bis hochpreisigen Segment nicht mitgearbeitet hätten.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 10. August 2018 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2017 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2017 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum
1. August 2017 bis 31. Dezember 2017 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von monatlichen Aufwendungen für die Unterkunft (bruttokalt) in Höhe von 655 € und ab 1. Januar 2018
bis 31. Juli 2018 in Höhe von 665 € zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen des Beigeladenen und die vorgenommenen Berechnungen insbesondere aus dem
weiteren Korrekturbericht von August 2020. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 25. März 2021 auf ausdrückliche
Nachfrage erklärt, dass er für den Zeitraum 2017/2018 für die Kläger, also im Bereich T (Vergleichsraums Elmshorn), einen
Wert von 469,80 € entsprechend der Fortschreibung 2016 - Korrektur August 2020 für angemessen halte.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
In der Sache hat der Beigeladene vortragen lassen, dass auch umfangreiche und wiederholte Korrekturen mit den sich hieraus
ergebenden Änderungen der Mietobergrenzen nach der Rechtsprechung des BSG rechtlich möglich seien. Die Möglichkeit der Nachbesserung und die Vornahme von weiteren inhaltlichen Korrekturen beschränke
sich nicht nur auf eine reine Vergleichsraumbildung, sondern insgesamt auf die Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenze.
Die gerichtliche Überprüfung müsse dabei die Methodenvielfalt akzeptieren, weshalb es nicht ein einzig richtiges schlüssiges
Konzept gäbe. Die Sozialgerichte seien weder befugt noch berufen, im Wege der Einbeziehung aller denkbarer Faktoren selbst
eine optimale Bestimmung der Angemessenheitsgrenze festzulegen. Es lägen unter Berücksichtigung der raumordnungsrechtlichen
Mittelbereiche auch einheitliche Vergleichsräume vor, die die Firma A und Ke noch einmal im Einzelnen konkretisiert habe.
Im Übrigen seien die vermeintlichen Unstimmigkeiten auch zu den veränderten Perzentilgrenzen durch die ergänzenden und erläuternden
Stellungnahmen der Firma A und Ke und der Firma K ausgeräumt worden. Die Berechnungen lägen nun alternativ mit Veredelungen
(Korrekturberichte August 2020: ohne Daten von Jobcentern, Berücksichtigung 4-Jahres-Regelung, Gewichtung von privaten und
institutionellen Vermietern) und ohne die Veredelungen, alleine in Form einer Anpassung der Ursprungswerte an die Vergleichsraumbildung
(Korrektur März 2021) vor. Sollte das Gericht bestimmte Veredelungen doch für entscheidungsrelevant halten, bestehe die Möglichkeit
weitere Anpassungen und Nachberechnungen kurzfristig zu erstellen und weitere Korrekturberichte einzureichen.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 25. März 2021 einen Vergleich mit Widerruf geschlossen und für den
Fall des Widerrufs ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung erklärt. Am 29. April 2021
hat der Beklagte den Vergleich widerrufen.
Die die Kläger betreffenden Akten haben dem Senat vorgelegen. Auf ihren Inhalt wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands
Bezug genommen. Außerdem haben vorgelegen:
1.
Kreis Pinneberg, Fachdienst Soziales, Konzept zur Ermittlung der bedarfe für Unterkunft im Kreis Pinneberg, Bericht, Januar
2015 (A und K, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien in H), - Ursprungskonzept 2015/2016
2.
Kreis Pinneberg, Fortschreibung des schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft SGB II/XII
2016 unter Berücksichtigung des Wohnungsangebotes - Bericht Dezember 2016 -, K A, - Ursprungsfortschreibung 2016
3.
Kreis Pinneberg, Korrekturbericht zum Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft vom Januar 2014 (Anm: gemeint wohl Januar 2015) sowie Fortschreibung zu 2016 - November 2019 -, Konzept 2015/2016 - Korrektur November 2019
4.
Kreis Pinneberg, Korrekturbericht zum Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft vom Januar 2014 (Anm: gemeint wohl Januar 2015) - August 2020 -, Konzept 2015/2016 - Korrektur August 2020
5.
Kreis Pinneberg, Fortschreibung des schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft SGB II/XII
2016 unter Berücksichtigung des Wohnungsangebotes - Bericht, Fassung August 2020, K A, Fortschreibung 2016 Korrektur August 2020
6.
Kreis Pinneberg, Korrekturbericht zum Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft vom Januar 2014 (Anm: gemeint wohl Januar 2015) - März 2021 -, Konzept 2015/2016 - Korrektur März 2021
7.
Kreis Pinneberg, Fortschreibung des schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft SGB II/XII
2016 unter Berücksichtigung des Wohnungsangebotes - Bericht, Fassung März 2021, K A KG, Fortschreibung 2016 - Korrektur März 2021
Diese Unterlagen einschließlich der Grundlagendaten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlungen und der Beratung im Rahmen
der schriftlichen Entscheidung geworden. Die Beteiligten haben erklärt, dass ihnen diese Unterlagen bekannt sind, bzw. sie
haben Abschriften erhalten.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger hat teilweise Erfolg. Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden,
nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§
124 Abs.
2 SGG).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch im Hinblick auf die Wertgrenze des
§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG von 750,00 € statthaft, weil höhere Leistungen von monatlich mehr als 200 € für zwölf Monate im Streit stehen.
Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis zum 31. Juli 2018, die der Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2017 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2017 gewährt hat. Streitig ist allein die Höhe der Leistungen für die Kosten der
Unterkunft.
Die Berufung der Kläger ist teilweise begründet und führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und der angefochtenen
Bescheide.
I. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG) statthafte, form- (§
90 SGG) und fristgerecht (§
87 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 SGG) erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage in vollem Umfang abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 16. Juni 2017 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2017 ist im tenorierten Umfang rechtswidrig und beschwert die Kläger.
Sie haben für den streitgegenständlichen Zeitraum 1. August 2017 bis zum 31. Juli 2018 gegen den Beklagten Anspruch auf höhere
als die ihnen bereits bewilligten Leistungen.
Die Kläger erfüllen die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen (dazu unter II.), sie haben monatliche Aufwendungen für Unterkunft
in Höhe von 655 € bzw 665 € (dazu unter III.1.). Der Beklagte hat die Mietobergrenzen unter Berücksichtigung der Wohnflächengrenzen
(dazu unter III.2.) für den relevanten Vergleichsraum (dazu unter III.3.) ermittelt. Das vom Beklagten bzw. dem beauftragten
Analyseinstitut mehrfach nachkorrigierte Konzept ist jedoch auch in der jetzt als maßgeblich vom Beklagten angesehenen Fassung
Fortschreibung 2016 - Korrekturbericht August 2020, dem das Konzept 2015/2016 - Korrekturbericht August 2020 maßgeblich zugrunde
liegt, aus unterschiedlichen Gründen nicht schlüssig (dazu unter III.4.). Die Kosten der Unterkunft (KdU) sind jedoch nicht
in voller Höhe, sondern im Rahmen des Wohngeldgesetzes (WoGG) neben einem Zuschlag in Höhe von 10 % nur im Umfang von 578,60 € angemessen (dazu unter III.5.).
II. Die Kläger gehören dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld. Sie
waren im streitigen Zeitraum 54 bzw. 55 und 58 bzw. 59 Jahre alt und haben damit die maßgebliche Altersgrenze des § 7a SGB II nicht erreicht. Die Klägerin ist insbesondere erwerbsfähig i.S. des § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und bildet mit ihrem erwerbsunfähigen Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 lit a SGB II). Beide Kläger sind hilfebedürftig, weil der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft nicht durch Einkommen gedeckt ist und die Kläger
nicht über einzusetzendes Vermögen (§ 12 Abs. 1 SGB II) verfügt haben. Zudem hatten sie im streitigen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Th und damit in der Bundesrepublik
Deutschland.
III. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit diese angemessen
sind. Die von dem Beklagten vorgenommene Reduzierung der Unterkunftskosten auf die von ihm als angemessen angesehene Mietobergrenze
von ursprünglich 499 € - in der letzten mündlichen Verhandlung dann auf eine Mietobergrenze von 469,80 € - für den hier vorliegenden
2-Personen-Haushalt kann auch nach mehrfacher Nachkorrektur nicht auf ein schlüssiges Konzept gestützt werden. Allerdings
besteht ein Anspruch der Kläger nur in Höhe der Richtwerte des WoGG nebst einem Zuschlag in Höhe von 10 %.
1. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft (ohne Heizung) betragen im streitgegenständlichen Zeitraum
bis Dezember 2017 monatlich 655 € und ab Januar 2018 665 €. Sie setzen sich zusammen aus 555 bzw 565 € Nettokaltmietzins und
einer monatlichen Vorauszahlung für die kalten Betriebskosten in Höhe von 100,00 €. Die sonstigen Betriebskosten in Höhe von
monatlich 20 € (Stellplatzmiete) werden nicht geltend gemacht. Über die Berücksichtigung der Heizkosten in voller tatsächlicher
Höhe besteht vorliegend kein Streit; sie werden in Höhe der Vorauszahlung von 70 € in vollem Umfang als Bedarf anerkannt.
2. Bei der Bestimmung der angemessenen KdU hat der Beklagte zu Recht sowohl im ursprünglichen als auch in den Korrekturkonzepten
auf eine Wohnfläche von 60 qm für den 2-Personen-Haushalt abgestellt.
Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. bereits BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R u.a. -, juris). In einem ersten Schritt sind dafür die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen,
wobei als angemessen die Aufwendungen für eine solche Wohnung gelten, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen
und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss im unteren Segment der
nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 -, juris Rn. 16). Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Werte zurückzugreifen,
welche die Länder aufgrund § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, juris Rn. 19 und Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R -, juris Rn. 12). Nach Nr. 3.2.2. der Verwaltungsbestimmungen zum Schleswig- Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetz (VB- SHWoFG) vom 22. August 2012 (Amtsbl. Schleswig- Holstein, S. 790, berichtigt S. 970; geändert durch Verwaltungsvorschrift
vom 16. Juni 2014, Amtsbl. Schleswig- Holstein, S. 500) in der seit 1. September 2012 geltenden Fassung ist für Alleinstehende
eine Wohnungsgröße von bis zu 50 qm angemessen, für Zwei-, Drei- und Vierpersonenhaushalte beträgt die angemessene Wohnfläche
60 qm, 75 qm bzw. 85 qm. Für jede weitere haushaltsangehörige Person erhöht sich die angemessene Wohnfläche um 10 qm Wohnfläche.
Danach ergibt sich für Schleswig-Holstein für einen 2-Personen-Haushalt - so auch von dem Beklagten zugrunde gelegt - eine
angemessene Wohnfläche von bis zu 60 qm, die vorliegend in allen Konzepten eingerechnet ist.
3. In einem zweiten Schritt wird zur Ermittlung der Angemessenheit festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten
als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist.
Die Bestimmung der drei Vergleichsräume in den in diesem Aspekt identischen Korrekturberichten ist für den Senat im Hinblick
auf die verkehrstechnisch unterschiedliche Anbindung und die Homogenität der Räume nachvollziehbar und somit nicht zu beanstanden.
Eine rückwirkende Veränderung der Vergleichsräume stellt auch keine unzulässige Konzeptveränderung dar, sie ist vom BSG in seiner Entscheidung zur unzulässigen Clusterbildung ausdrücklich als Möglichkeit vorgesehen (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/19 R, juris).
Beim maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum handelt es sich um "ausgehend vom Wohnort der Leistungsberechtigten ausreichend
große Räume der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer
Verbundenheit, die insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen" (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R 22, Juris). Dabei kann grundsätzlich das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters ein Vergleichsraum sein. Dieser kann jedoch
auch nach Einschätzung des Leistungsträgers aufgrund örtlicher Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein,
für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können.
Es ist hier nicht als zwingend anzusehen, den Kreis Pinneberg als Ganzes als einen einheitlichen, homogenen Lebensraum zu
betrachten. Es handelt sich bei dem Kreis Pinneberg mit einer Fläche von 664,28 qkm um einen vergleichsweise kleinflächigen
Kreis mit einer vergleichsweisen großen Bevölkerung (307.471 Einwohner) und einer dementsprechend hohen Bevölkerungsdichte
(463 Einwohner/qkm). Er ist damit zugleich der flächenkleinste wie auch der einwohnerstärkste Schleswig-Holsteinische Kreis.
Dementsprechend verfügt er über eine gut ausgebaute Infrastruktur sowohl im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (das
gesamte Kreisgebiet gehört dem Hamburger Verkehrsverbund an und bildet damit einen einheitlichen ÖPNV) als auch im Bereich
des Individualverkehrs (insbesondere in Gestalt von zwei in Südost-Nordwest-Richtung und Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesautobahnen
A 7 und A 23 mit insgesamt neun Anschlussstellen im Kreisgebiet und weiteren zwei in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesstraßen
B 4 und B 434), die es den Einwohnern erlaubt, zentrale Orte (im Sinne von Mittelzentren und Stadtrandkernen) in kurzen Zeitintervallen
zu erreichen und das Kreisgebiet in überschaubarer Zeit zu durchqueren.
Für den Senat nachvollziehbar hat sich der Beklagte auf der Grundlage des Konzepts von A und K entschieden, innerhalb des
Kreisgebietes drei Vergleichsräume zu bilden, die regionale Zentren abbilden und sich im Mietpreisniveau unterscheiden. Dies
entspricht auch im Ansatz dem Konzept des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das die Städte und Ämter
des Kreises Pinneberg in vier Mittelbereiche als raumordnerische Planungsregionen aufgeteilt hat. Es handelt sich dabei um
die Beschreibung der Verflechtungsbereiche um ein Mittelzentrum herum im Hinblick auf Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen,
der Infrastrukturen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie der beruflichen Mobilität für die politische Regionalplanung.
Diese Zuordnung mit der Orientierung an Entfernungen, Lagebeziehungen, Verkehrsanbindungen und traditionellen Bindungen zwischen
den Gemeinden stellt einen gut nachvollziehbaren Ausgangspunkt für die Bildung von Vergleichsräumen auch hinsichtlich des
Wohnraumangebotes und -bedarfes dar (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. April 2021 - L 5 AS 526/16 -, juris Rn. 54 - 59). Die Zuordnung der Kommunen ist sachlich aufgrund der verkehrstechnischen Verbundenheit und räumlichen
Nähe nachvollziehbar. Die für die Unterscheidung gewählten Kriterien sind geeignet, verschiedene vergleichbare Lebens- und
Sozialräume abzubilden. Die angewendeten Maßstäbe sind in sich schlüssig und plausibel. Soweit sich der Beklagte entschieden
hat, auch wegen der Validität der Datengrundlage nicht vier, sondern drei Vergleichsräume zu bilden, ist die Zuordnung der
verbliebenen Kommunen zu den größeren Einheiten sachlich plausibel und mit der räumlichen Nähe und verkehrstechnischen Verbundenheit
gut begründet. Dies bedeutet nicht, dass der Beklagte im Rahmen seiner Kenntnis der regionalen Besonderheiten nicht auch andere
Vergleichsräume hätte zutreffend bilden können.
4. Dem Beklagten ist es jedoch nicht gelungen, im Rahmen der mehrfachen Korrekturberichte von Analyse und Konzepte ein abstrakt-generell
schlüssiges Konzept zur Nachberechnung der Mietobergrenzen für die jeweiligen Vergleichsräume, Zeiträume und Haushaltsgrößen
zu entwickeln, bei dem sich die nachberechneten Werte der Mietobergrenzen auf ein planmäßiges generell-konzeptionelles Vorgehen
zurückführen lassen. Den vorgelegten Berechnungen lässt sich kein geschlossenes und vor allem abstraktes Konzept, sondern
nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall und in Reaktion auf Fragestellungen des Gerichts entnehmen.
a) Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen
Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R -, juris). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen
Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Für ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Mietobergrenzen ist zu ermitteln,
wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für die leistungsberechtigte
Person maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Allgemein vertreten wird heute die so genannte Produkttheorie, wonach nicht
beide Faktoren (Wohnungsgröße und Wohnungsstandard - letzterer ausgedrückt durch Quadratmeterpreis) je für sich betrachtet
"angemessen" sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter)
eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -, juris). Entscheidend ist, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, das im Interesse
der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und womit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes
Maß" hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris). Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und
Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum
und nicht nur ein punktuelles Vorgehen.
Trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten ist für den Senat ein abstrakt -generelles Vorgehen bei der Ermittlung der
konkreten Mietobergrenzen in den jeweiligen Vergleichsräumen nicht nachvollziehbar. Das vom Beklagten vorgelegte Konzept 2015/2016
- Korrektur August 2020 enthält selbst unter großzügiger Einbeziehung aller Erläuterungen und Verweise auf frühere Berichte
keine abstrakten und nachvollziehbaren Kriterien zur Ausgestaltung des Näherungsverfahrens von Bestands-, Neuvertrags- und
Angebotsmieten ausgehend von dem gegenüber dem Ursprungskonzept erheblich veränderten Datengrundlagen. Hinzu kommen Mängel
beim Ausgangspunkt des iterativen Verfahrens (Nachfrageanalysen und Perzentilsetzungen) und der realitätsgerechten Bestimmung
des unteren Wohnungsmarktsegmentes.
b) Prüfungsgegenstand für den Senat ist das Konzept 2015/2016 in der Fassung der Korrektur aus August 2020, das mit Hilfe
der Fortschreibung 2016 - Korrektur August 2020 rückwirkend für die Folgejahre angepasst wurde. Darauf hat sich der Beklagte
in der mündlichen Verhandlung am 25. März 2021 als maßgeblich bezogen und sieht danach für die Kläger im streitgegenständlichen
Zeitraum einen Wert von 469,80 € (bruttokalt) als angemessen an. Bewilligt hatte der Beklagte für diesen Zeitraum von August
2017 bis Juli 2018 ursprünglich einen Betrag von 499 € für die Bruttokaltmiete.
Ausgangspunkt für das Dynamisierungskonzept für den hier streitigen Zeitraum ist das Korrekturkonzept (Konzept 2015/2016 in
der Fassung der Korrektur aus August 2020). Mängel im Korrekturkonzept führen demgemäß automatisch zur Mangelhaftigkeit der
dynamisierten Werte.
Das Konzept 2015/2016 - Korrektur August 2020 sieht ein mehrstufiges Verfahren vor, das neben der regionalen Unterteilung
des Kreises in drei Vergleichsräume, die neue Zuordnung der früher erhobenen und nunmehr auf einen bestimmten Teilbereich
beschränkten Bestandsmieten (einschließlich der Neuvertragsmieten als einem Teilbereich der Bestandsmieten) und von Angebotsmieten
sowie die Ermittlung von Mietpreisobergrenzen unter Einbeziehung von Bestands- und Angebotsmieten in einem iterativen Verfahren
zum Gegenstand hat. Die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen wird zunächst auf Basis von Bestandsmieten, die den neuen Vergleichsräumen
zugeordnet werden, vorgenommen. Entgegen der Formulierungen im Konzept sind nach der Klarstellung des sachverständigen Zeugen
am 9. September 2020 die Bestandmieten allein auf Grundlage einer Befragung von Vermietern (und nicht auch der Mieter) erhoben
worden. Die bereits für das Ursprungskonzept erhobenen Daten zu Bestandsmieten sind - nach Erläuterung - im Korrekturbericht
August 2020 um Mietwerte außerhalb des 4-Jahres-Zeitraums bereinigt worden, unberücksichtigt bleiben außerdem SGB II-Datensätze. Nach Extremwertkappung verblieben daraufhin für alle Vergleichsräume 7.830 Mietwerte, im Ursprungskonzept 2015/2016,
das jetzt nachkorrigiert werden soll, waren es noch 14.410 Mietwerte (Tabelle 5). Diese Werte werden nicht mehr Clustern,
sondern den neuen drei Vergleichsräumen zugeordnet. Nach dem Korrekturbericht August 2020 erfolgt "die Herleitung der Angemessenheitsrichtwerte
mit dem 2014 beschriebenen iterativen Verfahren", woraus sich nach der angefügten Tabelle 7 für den maßgeblichen Vergleichsraum
Elmshorn für 2-Personen-Haushalte ein Perzentil von 30 % ergeben soll, während es etwa für Pinneberg bei 4-Personen-Haushalten
55 % sind.
c) Der Senat beanstandet, dass im Korrekturbericht die Ausgangswerte für das iterative Verfahren nicht ausreichend nachvollziehbar
und realitätsgerecht das Nachfragevolumen im unteren Wohnungsmarktsegment abbilden. Ausgangspunkt des iterativen Verfahrens
soll eine Nachfrageanalyse sein, die im Korrekturbericht nur unter Verweis auf den Ursprungsbericht (Tab. 7, Seite 27) enthalten
ist. Diese Nachfrageanalyse setzt die Nachfrager im unteren Marktsegment (Bedarfsgemeinschaften, Wohngeldempfänger, sonstige
Nachfragegruppen wie Studierende) je nach Haushaltsgröße ins Verhältnis zu den Haushalten des Kreises insgesamt. Für 2-Personen-Haushalte
ist hier ein Wert von 23 %, für 1-Personen-Haushalte ein Wert von 47 % für den Kreis Pinneberg ausgewiesen. Der Beklagte bzw.
das Analyseinstitut haben in der Stellungnahme vom 8. September 2020 eingeräumt, dass die Tabelle unzutreffend ist und eine
korrigierte Nachfrageanalyse (Tabelle 3 in der Stellungnahme vom 8. September 2020) vorgelegt. Allerdings ist diese korrigierte
und nunmehr rechnerisch zutreffende Tabelle nicht zum Inhalt eines der drei Korrekturkonzepte gemacht worden. Der Senat lässt
offen, ob es bei wesentlichen Fehlern in einem Konzept zur Mietobergrenze ausreicht, diese auf konkrete Nachfrage in formlosen
Schreiben gegenüber dem Gericht einzuräumen und (nur hier) die rechnerisch richtigen Werte zu benennen.
Legt man zugunsten des Beklagten die gegenüber dem Gericht korrigierte Tabelle zugrunde, beträgt der Nachfrageanteil bei den
2-Personen-Haushalten bei der korrekten Berechnung nunmehr 15 %, bei den 1-Personen-Haushalten sind es 25 %. Bereits daraus
gibt sich ein anderes Ausgangsniveau für das iterative Verfahren. In der erst im März 2021 vorgelegten Stellungnahme vom 7.
Oktober 2020 hat das Analyseinstitut zwar mitgeteilt, dass die fehlerhaften Nachfrageanalysen im Bericht 2015 bereits bei
der Erstellung des Konzepts 2018 aufgefallen und auch (offenbar stillschweigend) Grundlage des vorgelegten Korrekturberichts
zum Konzept gewesen seien. Ob dies inhaltlich zutreffend ist, kann für den Senat mangels transparenten Vorgehens nicht nachvollzogen
werden.
Der Ausgangswert von 15% bildet schließlich den Bedarf von 2-Personen-Haushalten nach Wohnraum in der Wohnungsklasse 50 -
60 qm nicht realitätsgerecht ab. Dieser mit ursprünglich 23 % ausgewiesene Wert soll nach dem Ursprungskonzept 2015/2016 (S.
28) - weitere methodische Ergänzungen sind seither nicht erfolgt - das vorläufig bestimmte Nachfragevolumen nach preiswertem
Wohnraum sein und damit den Ausgangswert für das iterative Annäherungsverfahren im Abgleich mit den Angebots- und Neuvertragsmieten
bestimmen. Wenn also nach dem korrekten Wert 15 % aller 2-Personen-Haushalte im Kreis Pinneberg zu den unteren Nachfragegruppen
gehören, dann sollen auch die unteren 15% aller Wohnungen zwischen 50 und 60 qm bzw. der repräsentativen Stichprobe diesem
Personenkreis zur Verfügung stehen. Von 100 Mieten der Größenklasse 50 - 60 qm sind mindestens 15 gleich oder niedriger als
der ermittelte Richtwert für Bruttokaltmieten. Das 15%-Perzentil des Bestandsmietendatensatzes ist damit Ausgangsrichtwert
für die Mietobergrenze in dieser Größenklasse. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung auf Bedenken zu dieser theoretischen
Grundannahme dieser Perzentilsetzung hingewiesen, weil dieser Wert zu niedrig ist. Angesichts des hohen Anteils von Eigentumswohnungen
und Eigenheimen im Kreis spricht alles dafür, dass auch von den 2-Personen-Haushalten mit mittlerem und höherem Einkommen
in Pinneberg überproportional viele in Eigentumswohnungen und Häusern wohnen und Menschen mit schlechteren Einkommensverhältnissen
stärker Mietwohnungen nachfragen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass im Verhältnis aller Nachfrager nach Mietwohnungen der Bedarf
von unteren Einkommensgruppen bzw. Transferleistungsbeziehern überproportional hoch ist. Dieses Problem wird auch nicht durch
das inzwischen neu vorgenommene gewichtete Verfahren von Klein- und Großvermietern im Rahmen des iterativen Verfahrens verringert
oder gar gelöst, da nach der Erläuterung in der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2020 dadurch nur der u.U. niedrigere
Wert bei den privaten Vermietern gegenüber den Großvermietern ausgeglichen werden soll und nicht der der Ausgangswert für
die Perzentilsetzung aufgrund der Nachfrageanalyse verändert wird. Hier wären zumindest Sicherheitszuschläge erforderlich.
Außerdem gibt es durchgreifende Bedenken, dass die erheblichen Unterschiede in der Perzentilsetzung (25 % bzw. 15 %) im Ausgangswert
zwischen 1- und 2-Personenhaushalten und damit nach den theoretischen Annahmen in den Prozentsätzen des Bestandsmietensatzes
bis 50 qm (Perzentil 25 %) und zwischen 50 und 60 qm (Perzentil 15 %) realitätsgerecht sind. Auch ärmere 1-Personen-Haushalte
werden günstige Wohnungen im Segment zwischen 50 und 60 qm nachfragen und bewohnen. Bei der Gegenüberstellung der Nachfragegruppen
im unteren Marktsegment und der Gesamtheit der Haushalte ist der Beklagte außerdem noch 2011 davon ausgegangen, dass insgesamt
30 % der Haushalte um die Wohnungen im unteren Marktsegment konkurrieren und hat außerdem einen zusätzlichen Sicherheitszuschlag
von 10 % berücksichtigt, so dass als Ausgangswert jeweils ein Perzentil von 40 % gesetzt wurde (vgl. LSG Schleswig-Holstein,
Urteil vom 31. Januar 2017 - L 6 AS 194/2017, L 6 AS 135/15 u.a.-,juris Rn. 113). Anders als in diesem insoweit vom Senat gebilligten Konzept für den Kreis Pinneberg sind jetzt weder
Sicherheitszuschläge auf das rechnerische Nachfragevolumen enthalten, noch ist wie damals ein einheitlicher Wert für alle
Wohnungsgrößen als Nachfragevolumen vorgesehen. Das methodische Defizit bei der ersten Perzentilsetzung kann auch nicht durch
das iterative Annäherungsverfahren ausgeglichen werden, denn dieses Verfahren dient nach dem eigenen Konzept der Überprüfung
der Ausgangswerte durch einen Abgleich mit den Angebots- und Neuvertragsmieten, es ersetzt jedoch nicht eine realitätsgerechte
Ausgangsbewertung des relevanten Nachfragevolumens für preiswerten Wohnraum.
d) Daneben ist eigenständig zu beanstanden, dass sich dem zur Überprüfung vorgelegten Konzept 2015/2016 - Korrektur August
2020 die wesentlichen abstrakten Kriterien für die Ermittlung der Mietobergrenzen für die Wohnungsgrößen trotz mehrfacher
Korrekturgelegenheit nicht entnehmen lassen. Im Konzept 2015/2016 - Korrektur August 2020 fehlen inhaltliche Vorgaben zur
Ausgestaltung des iterativen Annäherungsverfahrens als dem Kernbestandteil des Konzepts. Die einzelnen mehrfach nachkorrigierten
Werte erscheinen beliebig und zufällig, sie lassen sich in keinem Fall auf ein abstraktes methodisches Vorgehen zurückführen.
Ein schlüssiges Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum
dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben
rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt
insbesondere eine Definition und Beschreibung der erhobenen Daten, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben
über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter
mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte
aus den Daten dargelegt wird (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R -, juris Rn. 24). Auch im zweiten bereits auf Vorhalt des Gerichts erneut nachgebesserten Korrekturbericht heißt es zur
Mietwertbestimmung nur: "Die Herleitung der Angemessenheitsrichtwerte erfolgt mit dem im Konzept 2014 beschriebenen iterativen
Verfahren (Fußnote: Verweis auf Seite 28 ff Bericht aus Januar 2015). Unter Berücksichtigung der Anmietbarkeit von Angebots-
und Neuvertragsmieten und Nachfrageanalysen werden die in Tab. 7 ausgewiesenen Perzentile zum Ansatz gebracht. (Anmerkung.
Es folgt die Tabelle mit den Werten.). Werden die Perzentilgrenzen auf die Bestands- und Neuvertragsmieten angewandt, ergeben
sich die in Tab. 8 dargestellten abstrakt angemessenen Netto-Kaltmieten in €/qm."
Welche Werte und Prozentsätze bezogen auf welche Wohnungsmarkt(teil)segmente relevant sein sollen, lässt sich dieser Darstellung
nicht entnehmen. Bereits bei dem zeitlich vorherigen Konzept im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hat der Senat beanstandet,
dass der Beklagte die aus der Datenauswertung gezogenen Schlüsse nur unvollständig dokumentiert und teilweise eigene konzeptionelle
Prämissen zum iterativen Verfahren im Abgleich der Datensätze nicht eingehalten und nur durch eine Nachbesserung ein konsistentes
methodisches Vorgehen abgeleitet hat (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31. Januar 2017 - L 6 AS 135/15 -, juris). Solche damals letztlich gefundenen abstrakten und auch tatsächlich angewendeten Kriterien lassen sich jetzt weder
der Korrektur noch dem Rückgriff auf das Ursprungskonzept entnehmen. Im Ursprungskonzept vorgesehen ist ein Abgleich der ursprünglichen
Perzentilsetzung nach dem haushaltsgrößenbezogenen Nachfragevolumen mit den Prozentwerten von 10-20 % bei den Angebotsmieten.
Dieser Wert werde nochmals in Beziehung zu den Neuvertragsmieten gesetzt, wobei diese definiert werden als Bestandsmieten,
die in den letzten neun Monaten vor dem Erhebungsstichtag (Dezember 2013 bis September 2014, Ursprungskonzept 2015/2016, Seite
29) abgeschlossen worden sind, da üblicherweise nur die Neuvertragsmieten die reale Wohnungsmarktsituation abbilden könnten.
Zudem erfolge eine Überprüfung anhand der SGB II-Daten, in denen die aktuelle Wohnsituation der Bedarfsgemeinschaften abgebildet werde. Um Fehlerbreiten zu verringern, würden
letztendlich die Perzentile in 5er Schritten aufgerundet (Ursprungskonzept 2015/2016 Seite 30).
Es kann offenbleiben, ob diese Kriterien ausreichend abstrakte Vorgaben zum iterativen Verfahren wären (zu den früheren mit
Hilfe des Gesichts vorgenommenen Nachkorrekturen vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31. Januar 2017 - L 6 AS 135/15 -, juris), denn diesen Vorgaben entspricht das Konzept 2015/2016 Korrektur August 2020 inhaltlich nicht. Der sachverständige
Zeuge hat in seiner schriftlich nachgereichten Stellungnahme vom 7. Oktober 2020 das iterative Verfahren zur Perzentilsetzung
am Beispiel des für die Kläger maßgebenden Tabellenfeldes die Ermittlung Mietobergrenze im Korrekturkonzept wie folgt beschrieben:
"Für die Bestimmung des Perzentils für die 2-Personen-Bedarfsgemeinschaften im Vergleichsraums I ist entsprechend der Nachfrageanalysen
zunächst ein 15 %-Perzentil zu setzen. Der hieraus resultierende Richtwert liegt bei 412,20 € im Produkt und bei 5,37 € pro
Quadratmeter. Diese bieten beim Angebot im Produkt eine Anmietbarkeit von 18 % und im Quadratmeter von lediglich 7 %. Die
Anmietbarkeit in Tornesch und Uetersen sind zudem sehr gering (unter 10 %). Das Perzentil wird daher um 5 Prozentpunkte erhöht.
Mit dem 20 % Perzentil steigt der Richtwert auf 425,40 bzw. 5,95 €/qm. Eine Anmietbarkeit des Angebots von 27 % im Produkt
und lediglich 8 % im Quadratmeter wird als zu gering betrachtet, da die Anmietbarkeit in Uetersen weiterhin sehr gering ist.
Das Perzentil wird um 5 Prozentpunkte erhöht. Das 25 % Perzentil führt zu einem Richtwert von 436,20 € bzw. 5,77 €/qm. Beim
Angebot liegt die Anmietbarkeit bei 33 % im Produkt und 11 % im Quadratmeter. Zudem ist die Anmietbarkeit der Neuvertragsmieten
mit 22 % im Quadratmeter und 64 % im Produkt gut. Auch die Anmietbarkeit in den Teilräumen mit mehreren Angeboten ist gegeben.
Das Perzentil könnte belassen werden, aber eine Erhöhung um eine Stufe (5 %-Punkte) wird geprüft. Bei einer Erhöhung auf das
30 % Perzentil ergibt sich ein Richtwert von 449,44 € bzw. 5,99 €/qm. Beim Angebot liegt die Anmietbarkeit bei 44 % im Produkt
und 15 % im Quadratmeter. Die Anmietbarkeit der Neuvertragsmieten ist mit 20 % im Quadratmeter und 67 % im Produkt gut. Die
Anmietbarkeit in Barmstedt, Elmshorn und Uetersen erhöht sich nochmals nachweislich. Auch mit Blick auf das gesamte Gefüge
der Richtwerte wird das 30%-Perzentil dem 25 % Perzentil vorgezogen und als richtwertbestimmend gesetzt."
Die Ausführungen belegen, dass für die konkrete Festlegung des Perzentils eine Fülle von Erwägungen und Überlegungen maßgebend
waren, zu denen sich das Konzept 2015/2016 - Korrektur August 2020 und das Ursprungskonzept 2015/2016 überhaupt nicht verhält
und abstrakte Vorgaben vermissen lässt. Weder die erfolgte Betrachtung von Teilräumen innerhalb des theoretisch festgelegten
Vergleichsraums noch die differenzierte Betrachtung der Anmietbarkeit im Produkt einerseits und bezogen auf die Quadratmetermiete
andererseits ist im Konzept vorgesehen. Eine Überprüfung anhand der SGB II-Daten, in denen die aktuelle Wohnsituation der Bedarfsgemeinschaften abgebildet ist - wie sie im Konzept 2015/16 - als Teil
der Prüfung angegeben wird, findet hingegen -obwohl vorgesehen- nicht mehr statt, was auch im Korrekturbericht nicht erwähnt
wird.
e) Fragwürdig ist auch die jetzige Effektivität des früheren methodischen Vorgehens, wonach jedenfalls 10 % der Neuvertragsmieten
durch den gesetzten Perzentilwert erreicht werden sollen. Denn die Datensätze der Neuvertragsmieten sind nunmehr - wie erstmals
im Gerichtsverfahren eingeräumt - ausgeweitet worden auf alle Mietverhältnisse, die in den letzten 12 Monaten abgeschlossen
wurden. Da außerdem - anders als im Ursprungsbericht - die Stichprobe der Bestandsmieten auf solche erhobenen Mietverhältnisse
eingeschränkt wurde, die innerhalb der letzten 4 Jahre abgeschlossen wurden, hat sich dieser Datensatz deutlich reduziert.
Da die Neuvertragsmieten eine Teilmenge der Bestandsmieten sind, ist offensichtlich, dass die Schnittmenge der beiden Stichproben
durch die beiden statistischen Veränderungen erheblich größer geworden ist. Bei einer so erheblichen Veränderung der Datensätze
hätte sich das Analyseinstitut die Frage stellen müssen, ob an den methodischen Prämissen (10 % der Neuvertragsmieten sind
ausreichend) festgehalten werden kann oder andere Kriterien zu finden sind.
f) Schließlich gibt es keine Vorgaben, ab wann die Zahl der Mietwerte als nicht mehr aussagekräftig genug angesehen wird und
wie darauf methodisch gleichmäßig (Einzelfallbetrachtung oder Ausweitung des Perzentils) reagiert werden soll. Es mag sein,
dass es sich bei den vom sachverständigen Zeugen genannten Kriterien um sinnvolle Vorgaben für die Setzung einer Mietobergrenze
handeln könnte. Die Festlegung dieser Kriterien für das Verwaltungshandeln ist jedoch nicht abstrakt und auch nicht in einem
Konzept erfolgt. Es fehlt zudem trotz ausdrücklicher Beanstandungen des Senats an einer allgemein nachvollziehbaren Offenlegung
des Wegs zu den gefundenen Ergebnissen. Soweit ein dritter Korrekturbericht eingereicht wurde, bezieht sich der Beklagte darauf
nicht mehr. Zudem wird hier ein ganz anderer Weg (Fortführung der früher für einen anderen Datensatz ermittelten Perzentilwerte)
beschritten, der andere methodische Unzulänglichkeiten aufweist.
In dem hier vom Beklagten als maßgeblich angesehenen Konzept 2015/2016 -Fassung August 2020 hat weder der Beklagte noch der
Beigeladene, der als Kreis die Erstellung der Konzepte maßgeblich vorangetrieben hat, eine Entscheidung über die Anwendung
allgemeiner Kriterien für das iterative Verfahren getroffen. Letztlich entsteht für den Senat wie auch aus dem Prozessverhalten
der Eindruck, dass der Beigeladene und erst recht der Beklagte jede eigene Verantwortung für die Festlegung eines eigenen
abstrakt-schlüssigen Konzept zur Bestimmung der Mietobergrenzen in seinem Zuständigkeitsbereich an die Mitarbeiter des Analyseinstituts
abgegeben haben, die nach eigener methodisch unklarer und auch vom Leistungsträger nicht überprüfter Einzelfallbetrachtung
die Mietobergrenzen für die einzelnen Tabellenfelder festsetzen. Dabei ist das Bemühen dieser Mitarbeiter um "gerichtsfeste"
nachträgliche Festlegungen unverkennbar. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Rechtsprechung, in einer Art iterativem Annäherungsdialog
mit dem Analyseinstitut mehrfach und fortlaufend Nachbesserungen zu ermöglichen und auf Bedenken hinsichtlich der erhobenen
und verwendeten Daten und Tabellen sowie zum methodischen Vorgehen hinzuweisen, um so in der Rückschau dem Institut zu ermöglichen,
ein Konzept nachzubearbeiten, das mit dem ursprünglich für den maßgeblichen Streitzeitraum entwickelten Konzept der Mietobergrenzen
nur noch wenig zu tun hat.
Angesichts der festgestellten und nicht ausgeräumten Mängel kann daher offenbleiben, ob konzeptionell die umfangreichen Veränderungen
gegenüber dem inzwischen mehr als sechs Jahre zurückliegenden Ursprungskonzept bei der Bereinigung des Datensatzes um Mietwerte
außerhalb des 4-Jahreszeitraumes und der SGB II-Leistungsempfänger, der Gewichtung von Klein- und Großvermietern, der Erweiterung des Zeitraums zur Einbeziehung weiterer
Neuvertragsmieten in das iterative Verfahren und schließlich die neue Zuordnung der erhobenen Werte den drei veränderten Vergleichsräumen
für sich betrachtet sinnvolle Kriterien bei der Neuerstellung eines künftigen Konzepts zur Festlegung der Mietobergrenzen
sein könnten.
g) Offenbleiben kann auch, ob die Neukonzeption der Betriebskostenberechnungen systemgerecht ist. Im ursprünglichen Konzept
2015/2016 hat das Analyseinstitut für die kalten Betriebskosten Mittelwerte für das Kreisgebiet festgelegt und hier unabhängig
von den Clustern einen Mittelwert aus den SGB II Daten und den Erhebungswerten je nach Größenklasse der Wohnungen gebildet und den jeweils höheren Wert in die Berechnung
einfließen lassen. Für 2-Personen Haushalte betrug bei einer Fallzahl von 1.113 der Wert 1,60 €/qm (Mietwerterhebung) bzw.
bei einer Fallzahl von 552 1,64 €/qm bezogen auf den SGB II-Datensatz (Seite 32, Tabelle 11). In die maßgebliche Bruttokaltmiete pro Quadratmeter für die Wohnung der Kläger (damals
Wohnungsmarktcluster I) von 7,24 €/qm gingen die kalten Betriebskosten im Rahmen der Vergleichsberechnung mit einem Wert von
1,64 €/qm neben einer Nettokaltmiete von 5,60 €/qm mathematisch nachvollziehbar ein. Im Konzept 2015/2016 Korrektur November
2019 sind nun niedrigere durchschnittliche kalte Betriebskosten für den Vergleichsraums Elmshorn in Höhe von 1,44 € (Mietwerterhebung)
bzw. 1,60 € (SGB II Daten) benannt. In dem Konzept 2015/2016 Korrektur August 2020 finden sich wiederum andere durchschnittliche kalten Betriebskosten
für den Vergleichsraums Elmshorn in Höhe von nur noch 1,26 €/qm (Mietwerterhebung) bzw. 1,50 €/qm (SGB II Daten). Fallzahlen werden nicht mehr ausgewiesen, es ist also ohne weitere Nachfragen nicht erkennbar auf welcher Grundlage
diese Werte errechnet werden. In seiner Stellungnahme vom 8. September 2020 hat das Analyseinstitut darauf hingewiesen, dass
die Tab. 9. im Korrekturbericht zunächst durch einen Übertragungsfehler falsche Angaben zu den kalten Betriebskosten enthalten
habe, die Korrektur sei nunmehr im August 2020 erfolgt, dieser folge auch die Richtwertermittlung der Nachberechnung 2019.
Berücksichtige man bei der Berechnung der Mietobergrenzen hingegen die mittleren kalten Betriebskosten auf Kreisebene, so
ergäbe sich für den hier maßgeblichen Bereich Elmshorn eine Bruttokaltmiete im Produkt 457,80 €.
Vergleicht man den für die Mietwerterhebung erhobenen Mittelwert aller Mieten im Vergleichsraum, so ist durch die Neuberechnung
der Vergleichsräume der mittlere Betriebskostenwert (ohne SGB II-Daten) im maßgeblichen Bereich der Kläger von 1,60 € auf 1,24 € pro Quadratmeter gesunken. Er liegt damit deutlich unter
den Werten für SGB II-Empfänger sowohl im Kreisgebiet als auch im Vergleichsraum. Diese erst durch die Nachfragen des Gerichts deutlich gewordene
Absenkung der Betriebskosten im Korrekturkonzept ist nicht erklärlich und auch nicht erklärt worden. Die Spannbreite der zahlreichen
Werte in den einzelnen Vergleichsgruppen und Wohnungsgrößen ist erheblich. Dies gibt Anlass zu Zweifeln über die Aussagekraft
der zugrundeliegenden Daten und der daraus gezogenen Schlüsse. Soweit eine Vergleichsberechnung mit den Durchschnittswerten
der SGB II-Daten bei den Betriebskosten stattgefunden hat, sind zudem die Anforderungen an einen Sicherheitszuschlag zur Vermeidung
von Zirkelschlüssen zu beachten (BSG, Urteil vom 17.9.2020 - B 4 AS 22/20 R -, juris Rn. 30 ff.).
h) Ausdrücklich offen lässt der Senat schließlich, ob die Fortschreibung für die Jahre 2017/2018 mit der Fortschreibung 2016
- Korrektur August 2020 systemgerecht auch in der Einzelberechnung erfolgt ist. Der erste Korrekturbericht (Konzept 2015/2016
- Korrektur November 2019) beinhaltete jedenfalls eine unzulässige methodische Veränderung zur rückwirkenden Fortschreibung
des Konzepts für die Jahre 2017/2018. Diesen Mangel hat der Beklagte nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts durch
die Fortschreibung 2016 - Korrektur August 2020 beseitigt, indem rückwirkend von K A eine Fortschreibung unter Berücksichtigung
des Wohnungsangebotes entsprechend dem früheren Dynamisierungskonzept vorgenommen wurde. Zu den methodischen Veränderungen
etwa zu veränderten Zuschlägen oder hinsichtlich des verwendeten neueren Algorithmus zur Entfernung von Dubletten ist der
sachverständige Zeuge ausführlich befragt worden. Ob das nachgebesserte Dynamisierungskonzept methodisch schlüssig ist, kann
angesichts der Mängel im nachgebesserten Grundkonzept für die Jahre 2015/2016 offenbleiben.
5. Da der Beklagte trotz der Hinweise des Gerichts nicht in der Lage gewesen ist, ein methodisch schlüssiges abstrakt generelles
Verfahren zur Bestimmung der Mietobergrenzen in seinem Zuständigkeitsbereich für den streitigen Zeitraum nachgebessert vorzulegen
und der Senat gehalten ist, Spruchreife herzustellen, liegt ein Erkenntnisausfall vor. Zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete
sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden wiederum durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG mit einem Sicherheitszuschlag im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt (stRspr, vgl. BSG, Beschluss vom 28. April 2020 - B 4 AS 25/20 R; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R -, juris Rn. 25). Da die Kläger ohne die vorherige Einholung der Zustimmung des Leistungsträgers während des laufenden
Leistungsbezuges umgezogen sind, ist die Höhe der zu übernehmenden Wohnungskosten auf die angemessenen Kosten beschränkt.
Die Sechs Monatsregelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II findet hierauf keine Anwendung.
Nach dem maßgeblichen Höchstwert der Tabelle nach § 12 WoGG (in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung) ergibt sich für den Bereich Tornesch mit der Mietenstufe IV ein Höchstwert
von 526 € für einen 2-Personen-Haushalt. Unter Berücksichtigung eines 10%-Zuschlages (52,60) folgt hieraus eine Mietobergrenze
bei einer 2-Personen-Bedarfsgemeinschaft bezüglich der Bruttokaltmiete von 578,60 €.
Soweit der Beigeladene hiergegen unter Berufung auf § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II, wonach die kommunalen Träger im Hinblick auf die Datenerhebung zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftsbedarfe durch
Satzung hilfsweise die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs. 1 WoGG berücksichtigen können, und die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6.10.2017 - 1 BvL 2/15 , 1 BvL 5/15 -, juris) einwendet, es bestehe keine rechtliche Grundlage für den Sicherheitszuschlag mehr, ist dem nicht zu folgen. § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II regelt nicht den Fall, dass das Gericht mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmten Angemessenheitswerts zur Erfüllung
seiner prozessualen Pflicht zur Herstellung der Spruchreife nachrangig die Werte des WoGG heranzieht und diese zur Gewährleistung der Realitätsgerechtigkeit um 10 % erhöht (BSG, Urteil vom 03. September 2020 - B 14 AS 34/19 R -, juris Rn. 39).
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens und berücksichtigt zugleich, dass der Beklagte Anlass zur Klage gegeben hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sieht der Senat nicht.