Parallelentscheidung zu LSG Schleswig-Holstein - L 6 AS 194/15 - v. 31.01.2017
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes unter Berücksichtigung höherer Unterkunftskosten
für die Monate Mai bis Oktober 2012 und dabei insbesondere über die Höhe der zu berücksichtigenden Bedarfe für Unterkunft.
Die am 1972 geborene Klägerin zu 1. bezog gemeinsam mit ihren 3 Kindern, der am 1999 geborenen Klägerin zu 2., dem am 2002
geborenen Kläger zu 3. und der am 1997 geborenen Klägerin zu 4. beim Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Kläger bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum und bewohnen noch heute eine 79,65 qm große Wohnung in H., einer ca.
3.200 Einwohner zählenden Gemeinde, die bis zum 31. Dezember 2016 dem Amt M. angehörte und seit 1. Januar 2017 dem Amt G.
und M. S. angehört. Die monatliche Nettokaltmiete für die Wohnung betrug im streitigen Zeitraum 570,00 EUR, es waren Betriebskostenvorauszahlungen
in Höhe von monatlich 80,00 EUR und Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu leisten. Insgesamt betrug
die monatliche Bruttokaltmiete im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum 650,00 EUR.
Mit Schreiben vom 28. April 2011 wies der Beklagte die Kläger auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten hin und forderte
sie zur Kostensenkung auf.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum
1. Mai bis 31. Oktober 2012 in Höhe von monatlich 991,38 EUR. Dabei berücksichtigte der Beklagte neben den Regelbedarfen und
einem Mehrbedarf für Alleinerziehende zugunsten der Klägerin zu 1. auch Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt
674,78 EUR. Diese setzten sich zusammen aus einer anerkannten Bruttokaltmiete von 580,00 EUR und anerkannten Heizkosten in
Höhe von 94,78 EUR. Auf die Bedarfe rechnete der Beklagte das um Freibeträge bereinigte Einkommen der Klägerin zu 1. aus abhängiger
Beschäftigung, das Kindergeld für die Kläger zu 2. bis 4. und Unterhaltsvorschuss für den Kläger zu 3. an. Wegen der Einzelheiten
wird auf den Bewilligungsbescheid Bezug genommen. Mit Bescheiden vom 16. Juli 2012, 23. Juli 2012, 9. August 2012, 15. August
2012, 18. September 2012 und 22. Oktober 2012 änderte der Beklagte diese Entscheidung wegen Änderungen beim Erwerbseinkommen
der Klägerin zu 1. wiederholt ab. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Bescheide Bezug genommen.
Den gegen den Bescheid am 7. Juni 2012 erhobenen, nicht inhaltlich begründeten Widerspruch der Kläger hatte der Beklagte bereits
mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2012 als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.
Mit ihrer dagegen am Montag, den 13. August 2012 beim Sozialgericht Itzehoe erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht,
gegen den Beklagten Anspruch auf Berücksichtigung der vollen Miete in Höhe von 650,00 EUR bruttokalt zzgl. Heizkosten zu haben.
Die Mietwerterhebungen des Beklagten genügten nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept. Deshalb sei die Wohngeldtabelle
ergänzend heranzuziehen. Bei Zugrundelegung der Mietstufe IV ergebe sich für 4-Personenhaushalte ein Wert von 600,00 EUR,
der noch um einen zehnprozentigen Sicherheitszuschlag zu erhöhen sei. Die sich so ergebende Angemessenheitsgrenze von 660,00
EUR bruttokalt liege oberhalb der tatsächlichen Aufwendungen.
Mit Urteil vom 27. August 2015 hat das Sozialgericht der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Klägern
unter Abänderung der angefochtenen Bescheide höhere Leistungen unter Berücksichtigung einer Bruttokaltmiete in Höhe von 608,00
EUR zzgl. Heizkosten zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die vom Beklagten festgesetzte Angemessenheitsgrenze von 580,00 EUR bruttokalt schon
deshalb nicht auf einem schlüssigen Konzept beruhe, weil der vom Beklagten gebildete, für die Beurteilung der Angemessenheit
maßgebende Vergleichsraum höchstrichterlichen Anforderungen nicht standhalte. Als Vergleichsmaßstab sei im Ausgangspunkt die
Miete am Wohnort heranzuziehen. Bei kleineren Gemeinden seien aber auch größere räumliche Bereiche in Betracht zu ziehen.
Zwar sei insoweit die Wahl eines gesamten Kreisgebiets nicht generell ausgeschlossen. Die im Auftrag des Beklagten erstellte
Clusteranalyse zeige aber gerade die Heterogenität des Wohnungsmarktes und der damit verbundenen Preisstruktur innerhalb des
Kreises Pinneberg auf, der deshalb keinen einheitlichen Vergleichsraum bilden könne. Vielmehr sei im Ausgangspunkt an die
vom Beklagten gebildeten Wohnungsmarkttypen anzuknüpfen. Bei der Bildung dieser Wohnungsmarkttypen habe der Beklagte aber
in zu beanstandender Weise außer Acht gelassen, dass das Kreisgebiet durch ein Speckgürtelphänomen zur benachbarten Metropole
Hamburg geprägt sei, wodurch sich das südliche Kreisgebiet - auch was die Anbindung an die regionale Infrastruktur anbelange
- deutlich vom eher ländlich geprägten nördlichen Kreisgebiet abhebe. Deshalb könnten auch nicht alle Gemeinden und Ämter
des vom Beklagten beschriebenen Wohnungsmarkttyps 1 als für die Gemeinde H. relevanter Vergleichsraum zugrunde gelegt werden,
sondern allein die südlichen Gemeinden und Ämter unter Ausschluss der nördlichen Ämter H. und R. sowie der Stadt B.. Unter
Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Datengrundlage und in Anwendung der vom Dienstleister des Beklagten erarbeiteten
und im Übrigen schlüssig begründeten Methodik ergebe sich für den so verkleinerten Wohnungsmarkttyp 1 ein Angemessenheitsrichtwert
von 608,00 EUR bruttokalt. Soweit die Kläger noch höhere Leistungen begehrten, könnten sie diese auch nicht nach Maßgabe des
§ 22 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) verlangen, weil sie zur Kostensenkung aufgefordert worden seien, die Regelübergangsfrist abgelaufen sei und keine Gründe
dargelegt worden seien, die die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Kostensenkung begründeten. Namentlich reiche die pauschale
Behauptung mangelnder Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums dafür nicht aus.
Gegen dieses den Klägern am 13. Oktober 2015 und dem Beklagten am 9. Oktober 2015 zugestellte Urteil haben der Beklagte am
9. November 2015 und die Kläger am 13. November 2015 Berufung eingelegt.
Zur Begründung nehmen die Kläger auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Zu Unrecht habe der Beklagte das gesamte Kreisgebiet
als einheitlichen Vergleichsraum zugrunde gelegt. Aber auch die Korrekturen des Sozialgerichts erwiesen sich als rechtsfehlerhaft.
Im Übrigen seien formelle Fehler zu rügen. So habe es an einer wirksamen Bekanntgabe des schlüssigen Konzepts durch den Beklagten
gefehlt. Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung seien bekannt zu machen, eine selektive, erläuternde Wiedergabe
ihres Inhalts sei nicht ausreichend.
Das in der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2017 abgegebene Teilanerkenntnis des Beklagten dahingehend, für den streitigen
Zeitraum Bedarfe für Heizung in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu berücksichtigen, haben die Kläger angenommen und beantragen
darüber hinaus,
1.
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. August 2015 und den Bescheid des Beklagten 7. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 10. Juli 2012 in der Fassung der Bescheide vom 16. Juli 2012, 23. Juli 2012, 9. August 2012, 15. August 2012, 18. September
2012 und 22. Oktober 2012 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum 1. Mai 2012 bis 31. Oktober 2012
höhere Leistungen unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 770,00 EUR zu gewähren,
2.
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
1.
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. August 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
2.
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass sein auf Grundlage von Mietwerterhebungen 2011 erstelltes Konzept zur Bestimmung der angemessenen
Unterkunftskosten den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht.
Zur Vorbereitung auf den Termin am 30. und 31. Januar 2017 hat der Senat dem Beklagten mit Verfügung vom 17. Januar 2017 aufgegeben,
auf der Datengrundlage für die "Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg 2011" zu berechnen, auf
welches Perzentil der Bestandsmieten jeweils bezogen auf Wohnungsmarkttyp und Wohnungsgröße iterativ hochgegangen werden müsse,
damit der Anteil der Angebotsmieten, die kleiner bzw. gleich dem sich daraus errechneten Nettoquadratmeterpreis (Bestandsmieten)
liegen, mindestens 10 % und der Anteil der Neuvertragsmieten, die </= dem sich daraus errechneten Nettoquadratmeterpreis (Bestandsmieten)
liegen, mindestens 20 % beträgt, zu welchen Mietrichtwerten man auf dieser Berechnungsgrundlage jeweils bezogen auf Wohnungsmarkttyp
und Wohnungsgröße gelangen und welche Werte sich daraus jeweils für (fiktive) Werte bei Bruttokaltmiete für ein bis fünf Personen
ergeben. Die Firma A. & K. hat mit Schreiben vom 23. Januar 2017 mitgeteilt, dass beim Wohnungstyp 1 bei 5-Personenhaushalten
erst beim 50%-Perzentil, beim Wohnungsmarkttyp 3 bei 5-Personenhaushalten beim 55%-Perzentil und beim Wohnungsmarkttyp 4 bei
3-Personenhaushalten beim 45%-Perzentil, bei 4-Personenhaushalten beim 65%-Perzentil und bei 5-Personenhaushalten beim 50%-Perzentil
mindestens 10 % der Angebots- und 20 % der Neuvertragsmieten angemietet werden können. In Anwendung dieser Perzentilgrenzen
auf die erhobenen Bestandsmieten hat die Firma A. & K. für die betroffenen Wohnungsmärkte 1, 3 und 4 die abstrakt angemessenen
Nettokaltmieten je Quadratmeter neu errechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 23. Januar 2017 Bezug genommen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 30. und 31. Januar 2017 Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen
Zeugen M. K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 113 ff. der Gerichtsakte) Bezug
genommen.
Die die Kläger betreffenden Akten haben dem Senat vorgelegen. Auf ihren Inhalt wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands
Bezug genommen. Außerdem haben vorgelegen
- die Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg, Endbericht, Januar 2011, des Kreises Pinneberg, Fachdienst
Soziales, A. & K., B.gesellschaft für W., I. und T. mbH, G. Str., H. (Anlage 1 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar
2017),
- die Indexfortschreibung zur Mietwerterhebung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg (Stand 30. Oktober 2012) des Kreises Pinneberg,
Der Landrat, Fachdienst Soziales - Beratungs- und Prüfteam (Anlage 2 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017),
- das Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis Pinneberg, Bericht Januar 2015, des Kreises Pinneberg, Fachdienst
Soziales, A. & K., B.gesellschaft für W., I. und T. mbH, G. Str., H. (Anlage 3 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar
2017),
- die Senatsanfrage vom 17. Januar 2017 nebst Stellungnahme und ergänzende Berechnung vom 23. Januar 2017 von A. & K., B.gesellschaft
für W., I. und T. mbH, G. Str., H. (Anlage 4 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017),
- die am 31. Januar 2017 im Termin von dem Zeugen K. nachgereichte Tabelle zu den Bestandsmieten vor Extremwertkappung (Anlage
5 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017) und
- die Niederschrift über den Verhandlungstermin der 10. Kammer vom 9. April 2014 in den Verfahren S 10 AS 31/12, S 10 AS 1781/12, S 10 AS 1791/12 mit den entsprechenden Anlagen und Anfrage Sozialgericht Itzehoe, Mai 2014, A. & K., B.gesellschaft für W., I. und T. mbH,
G. Str., H. (Anlage 6 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017).
Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung geworden. Die Beteiligten haben erklärt, dass
ihnen diese Unterlagen bekannt sind, bzw. sie haben Abschriften erhalten.
Entscheidungsgründe
Während die Berufung der Kläger zurückzuweisen ist, hat die Berufung des Beklagten Erfolg.
A. Die Berufungen sind zulässig. Sie sind form- und fristgerecht erhoben worden. Sie sind - obwohl die Wertgrenze des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG von 750,00 EUR jeweils deutlich unterschritten ist - statthaft, weil das Sozialgericht die Berufung im Tenor seiner Entscheidung
zugelassen hat.
B. Die Berufung des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und vollumfänglichen Abweisung
der Klage. Dementsprechend muss die Berufung der Kläger erfolglos bleiben.
I. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG) statthafte, form- (§
90 SGG) und fristgerecht (§
87 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 SGG) erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage für teilweise begründet erachtet. Der angefochtene Bescheid vom 7. Mai 2012
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. Juli 2012, 23. Juli 2012,
9. August 2012, 15. August 2012, 18. September 2012 und 22. Oktober 2012 ist rechtmäßig und beschwert die Kläger nicht. Sie
haben für den streitgegenständlichen Zeitraum 1. März 2012 bis 30. April 2012 gegen den Beklagten keinen Anspruch auf höhere
als die ihnen bereits bewilligten Leistungen.
Die Kläger erfüllen die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen (dazu unter II.), sie haben Aufwendungen für Unterkunft in Höhe
von 650,00 EUR (dazu unter III.1.), die jedoch nur in Höhe von 580,00 EUR angemessen sind (dazu unter III.2.). Der Beklagte
hat die Mietobergrenzen unter Berücksichtigung der Wohnflächengrenzen (dazu unter III.3.) für den relevanten Vergleichsraum
(dazu unter III.4.) grundsätzlich auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts (dazu unter III.5.) ermittelt und dabei quadratmeterbezogene
Angemessenheitsrichtwerte für die Nettokaltmiete (dazu unter III.6.) und die kalten Betriebskosten (dazu unter III.7) zugrunde
gelegt, die nach Modifikationen durch den Senat den für Empfänger existenzsichernder Leistungen in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarkt
realitätsgerecht abbilden. Die von den Klägern beanstandete unzureichende öffentliche Bekanntgabe des Konzepts steht der Begrenzung
der Unterkunftskosten auf das danach angemessene Niveau nicht entgegen (dazu unter III.9). Den Klägern steht die Berücksichtigung
höherer Leistungen auch nicht nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (befristeter Bestandsschutz) zu, weil ihnen die Kostensenkung weder unmöglich noch unzumutbar gewesen ist (dazu unter IV.).
II. Die Kläger gehören dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld. Die
Klägerin zu 1. ist insbesondere erwerbsfähig i.S. des § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und bildet mit ihren Kinder, den Klägern zu 2. bis 4. eine Bedarfsgemeinschaft, weil diese ihren Bedarf nicht aus eigenen
Mittel decken können (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Alle Kläger sind hilfebedürftig, weil das im streitgegenständlichen Zeitraum erzielte Einkommen (§ 11 Abs. 1 SGB II) der Klägerin zu 1. den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft nicht gedeckt hat und die Kläger nicht über einzusetzendes Vermögen
(§ 12 Abs. 1 SGB II) verfügt haben.
Zugunsten der Kläger sind für den streitbefangenen Zeitraum (1. Mai bis 31. Oktober 2012) monatlich neben den Regelbedarfen
und einem Alleinerziehendenmehrbedarf zugunsten der Klägerin zu 1. in Höhe von 36 % des für maßgebenden Regelbedarfs Bedarfe
für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich insgesamt nicht mehr als 700,00 EUR (580,00 EUR kalte Unterkunftskosten zzgl.
120,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) anzuerkennen. Unter Berücksichtigung des um Grund- und Erwerbstätigenfreibeträge bereinigten
einzusetzenden Erwerbseinkommens der Klägerin zu 1., das der Höhe nach nicht in Streit steht, des den Klägern zu 2. bis 4.
zuzurechnenden Kindergeldes und des zugunsten des Klägers zu 3. berücksichtigten Kindesunterhalts ergibt sich ein Anspruch,
der durch die mit den angefochtenen Bewilligungsbescheiden bewilligten und die im Teilanerkenntnis des Beklagten vom 31. Januar
2017 zugesicherten weiteren Leistungen vollumfänglich erfüllt wird.
III. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit diese angemessen
sind. Nach dieser Vorschrift sind bei den Klägern kalte Unterkunftskosten nach Überzeugung des Senats nur in Höhe von 580,00
EUR zu berücksichtigen. Über die Berücksichtigung der Heizkosten in voller tatsächlicher Höhe besteht hingegen kein Streit
mehr; sie sind in Höhe der Vorauszahlung von 120,00 EUR in vollem Umfang als Bedarf anzuerkennen.
1. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft (ohne Heizung) betragen im streitgegenständlichen Zeitraum
monatlich 650,00 EUR. Sie setzen sich zusammen aus 570,00 EUR Nettokaltmietzins und einer monatlichen Vorauszahlung für die
kalten Betriebskosten in Höhe von 80,00 EUR.
2. Die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin sind jedoch nur bis zu einer Höhe von 580,00 EUR angemessen i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unter Zugrundelegung
der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. bereits BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 sowie B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).
In einem ersten Schritt sind dafür die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen, wobei als
angemessen die Aufwendungen für eine solche Wohnung gelten, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden
Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist; die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in
Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25, Rn. 16). In einem zweiten Schritt wird festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten
als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist zu ermitteln, wie viel
für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für die leistungsberechtigte Person maßgeblichen
Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist grundsätzlich nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen,
sondern auch auf vermietete Wohnungen. Allgemein vertreten wird heute die so genannte Produkttheorie, wonach nicht beide Faktoren
(Wohnungsgröße und Wohnungsstandard - letzterer ausgedrückt durch Quadratmeterpreis) je für sich betrachtet "angemessen" sein
müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt
angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19).
3. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, Rn. 19 und Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R - FEVS 60, 145, Rn. 12 [[...]]). Nach Nr. 8.5 der Verwaltungsvorschrift zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung
nach
Wohnungsbindungsgesetz und Wohnraumförderungsgesetz (VwV-SozWo 2004) vom 17. Juni 2004 (Amtsbl. Schl.-H. 2004, S. 548) in der im Zeitraum vom 23. Januar 2006 bis zum 31. August
2012 geltenden Fassung und nach Nr. 3.2.2 der Verwaltungsbestimmungen zum Schleswig-Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetz (VB-SHWoFG) vom 22. August 2012 (Amtsbl. Sch.-H. 2012, S. 790, berichtigt S. 970) in der seit dem 1. September 2012 geltenden
Fassung ist für Alleinstehende eine Wohnungsgröße von bis zu 50 qm angemessen; für 2-, 3- und 4-Personenhaushalte beträgt
die angemessene Wohnfläche 60 qm, 75 qm bzw. 85 qm.
4. Einheitlicher Vergleichsraum ist vorliegend - wie vom Beklagten zugrunde gelegt - das gesamte Gebiet des Kreises Pinneberg
(mit Ausnahme der Hochseeinsel Helgoland).
a) Bei der Festlegung des Vergleichsraums, die der Ermittlung der Referenzmiete am Wohnort bzw. im weiteren Wohnumfeld des
Hilfebedürftigen dient, geht es darum zu beschreiben, welche ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile)
der Wohnbebauung auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen
Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Einer sog. "Ghettobildung" wird dadurch
begegnet, dass hinsichtlich der Referenzmieten zwar auf Mieten für Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt abgestellt wird, insoweit
aber nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher billige Stadtteile herausgegriffen werden dürfen, sondern auf Durchschnittswerte
des unteren Mietpreisniveaus im gesamten räumlichen Vergleichsraum abzustellen ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 21).
b) Der Senat geht nach diesen Maßgaben ohne weiteres davon aus, dass der Vergleichsraum auf das gesamte Kreisgebiet erstreckt
werden kann. Es handelt sich bei dem Kreis Pinneberg mit einer Fläche von 664,28 qkm um einen vergleichsweise kleinflächigen
Kreis und einer vergleichsweise großen Bevölkerung (307.471 Einwohner) und einer dementsprechend hohen Bevölkerungsdichte
(463 Einwohner/qkm). Er ist damit zugleich der flächenkleinste wie auch der einwohnerstärkste schleswig-holsteinische Kreis.
Dementsprechend verfügt er über eine gut ausgebaute Infrastruktur sowohl im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (das
gesamte Kreisgebiet gehört dem Hamburger Verkehrsverbund an und bildet damit einen einheitlichen ÖPNV) als auch im Bereich
des Individualverkehrs (insbesondere in Gestalt von zwei in Südost-Nordwest-Richtung und Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesautobahnen
A 7 und A 23 mit insgesamt neun Anschlussstellen im Kreisgebiet und weiteren zwei in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesstraßen
B 4 und B 434), die es den Einwohnern erlaubt, zentrale Orte (im Sinne von Mittelzentren und Stadtrandkernen) in kurzen bis
sehr kurzen Zeitintervallen zu erreichen und das Kreisgebiet in überschaubarer Zeit zu durchqueren. Pendelzeiten, die denen
des § 140 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch entsprechen (dazu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 24), treten dabei bei den allermeisten Gemeinden des Kreisgebiets bei weitem nicht auf. Die
Situation stellt sich - im Hinblick auf die Homogenität des Wohn- und Lebensraums - kaum anders bzw. zumindest nicht ungünstiger
dar als in großflächigen mittleren Großstädten (z.B. Münster mit einer Einwohnerzahl von 310.000 und einer Fläche von 303,28
qkm) bzw. in sehr großen Großstädten (z.B. Berlin mit einer Fläche von 891,68 qkm und entsprechend längeren Wegen, die zum
Zentrum bzw. zur Durchquerung des Gebiets zurückgelegt werden müssen). Sowohl im Falle von Münster (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72, Rn. 13) als auch im Falle von Berlin (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 24) hat die höchstrichterliche Rechtsprechung indes die Festlegung des gesamten Stadtgebiets
als einheitlicher Vergleichsraum ausdrücklich gebilligt.
Dementsprechend durfte der Beklagte vom Kreisgebiet - mit Ausnahme der Hochseeinsel Helgoland, die dem Kreis Pinneberg lediglich
aus pragmatischen Gründen und ohne historische, wirtschaftliche oder landsmannschaftliche Erwägungen zugeschlagen worden war
(dazu Wikipedia-Enzyklopädie, Stichwort: Helgoland, online im Internet unter https://de.wikipedia.org, recherchiert am 15.
Juni 2017) und die wegen ihrer exponierten Lage über keinen aussagekräftigen Wohnungsmarkt verfügt - als einheitlichem Vergleichsraum
ausgehen. Gegen das Kreisgebiet als einheitlicher Wohn- und Lebensraum spricht insbesondere nicht die Tatsache, dass das Kreisgebiet
durch ein Speckgürtelphänomen geprägt ist und sowohl städtebaulich als auch verkehrstechnisch auf die angrenzende Millionenstadt
H. ausgerichtet ist. Ein homogener Lebensraums setzt weder eine uniforme Siedlungsstruktur voraus noch verlangt er nach einem
(immanenten) Zentrum; er kann auch auf ein externes Zentrum hin ausgerichtet sein. Erforderlich ist lediglich, dass das Gebiet
insgesamt hinreichend groß ist, um überhaupt einen örtlichen Wohnungsmarkt zu repräsentieren, und andererseits - auch in der
Ausrichtung auf ein externes Zentrum - annähernd vergleichbare Wohn- und Lebensverhältnisse erwarten lässt. Davon kann bei
dem Gebiet eines langjährig etablierten kleinflächigen Kreis prima facie ausgegangen werden; in der Rechtsprechung der Obergerichte
wird die Bezugnahme auf das Kreisgebiet als Vergleichsraum denn auch weitgehend gebilligt (Hessisches LSG, Urteil vom 15.
Februar 2013 - L 7 AS 78/12 - [...], Rn. 58; Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - L 4 AS 718/14 - [...], Rn. 42). Der Senat hat keine Zweifel daran, dass auch der Kreis Pinneberg nach diesen Maßstäben als einheitlicher
Vergleichsraum bewertet werden kann.
c) Soweit das Kreisgebiet nach dem Konzept des Beklagten im Wege der so genannten Clusteranalyse in vier Wohnungsmarkttypen
untergliedert wird, führt dies nicht dazu, dass mehrere Vergleichsräume im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung entstehen
würden (Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - L 4 AS 718/14 - [...], Rn. 44; vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2013 - L 7 AS 78/12 - [...], Rn. 59). Die Wohnungsmarkttypen sind lediglich das Ergebnis einer empirischen Differenzierung der Preisstruktur
innerhalb des Vergleichsraums. Einen homogenen Wohn- und Lebensraum abzubilden, nehmen sie für sich gerade nicht in Anspruch,
zumal - das Sozialgericht weist darauf zu recht hin - die den jeweiligen Wohnungsmarkttypen zugeordneten Gemeinden und Ämter
teilweise noch nicht einmal aneinandergrenzen. Ob dieses Clustering sachgerecht und nach vertretbaren Prämissen vorgenommen
worden ist, ist eine Frage der schlüssigen Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises (dazu unten 6.b). Für die Bildung
des Vergleichsraums ist sie prinzipiell ohne Relevanz.
Aus den - sich nach der Clusteranalyse ergebenden - Unterschieden in der Preisstruktur in den jeweiligen Wohnungsmarkttypen
folgt auch nicht die Verpflichtung, das Kreisgebiet in unterschiedliche Vergleichsräume aufzugliedern, die für sich dann wiederum
jeweils den Anforderungen an einen homogenen Wohn- und Lebensraum genügen müssten. Diesem Ansatz liegt offenbar die Vorstellung
zugrunde, dass Unterschiede in der Preisstruktur zwischen einzelnen Gemeinden für sich genommen schon das Fehlen eines gemeinsamen
homogenen Wohn- und Lebensraums nahelegen. Diese Vorstellung teilt der Senat nicht. Vielmehr ist nach Überzeugung des Senats
davon auszugehen, dass bereits innerhalb kleiner und mittlerer Städte in der Form eines Unter- oder Mittelzentrums je nach
räumlicher Gliederung unterschiedliche Mietpreisniveaus bestehen können und typischerweise auch bestehen, ohne dass dies zur
Festlegung unterschiedlicher Vergleichsräume auf gemeindlicher Ebene führen müsste. Eine kleinteiligere Bestimmung des Vergleichsraums
hätte - bezogen auf die konkrete Belegenheit der von den Klägern bewohnten Wohnung - deshalb nicht zwingend ein höheres Maß
an empirischer Richtigkeit der ermittelten Angemessenheitsgrenze zur Folge. Einer drohenden Ghettobildung wird in einer Stadt
vielmehr dadurch begegnet, dass als Vergleichsmaßstab nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher billige Stadtteile
herausgegriffen werden dürfen, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet abzustellen
ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 21). Gleiches gilt für größere Räume der Wohnbebauung wie das Gebiet eines Kreises. Auch hier
kann der Träger auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten räumlichen Vergleichsraum abstellen (vgl.
Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rn. 82 m.w.N.); es steht ihm aber - ohne dass dies seinen Entscheidungsspielraum bei der Bestimmung des Vergleichsraums von
vornherein begrenzen würde - auch frei, aus Gründen einer sozialen Wohn- und Lebensraumgestaltung und mit dem Ziel, die Gefahren
drohender Binnenwanderungen innerhalb eines insgesamt noch homogenen Wohn- und Lebensraums weiter zu minimieren, unterschiedliche
Angemessenheitsgrenzen innerhalb ein und desselben Vergleichsraums festzusetzen.
Ganz generell geht der Senat davon aus, dass Heterogenitäten in Bezug auf die Preisstruktur innerhalb eines Vergleichsraums
umso eher hingenommen werden können, je kleiner der Zuschnitt des Vergleichsraums und je günstiger sich die insbesondere verkehrstechnische
Infrastruktur darstellt. Daran gemessen vermag der Senat eine Verpflichtung zur Definierung unterschiedlicher Vergleichsräume
im Falle des Kreises Pinneberg nicht zu erkennen.
5. Für den Wohnort der Kläger, der vom Beklagten dem Wohnungsmarkttyp 1 zugeordnet ist, beträgt der abstrakt angemessene Bruttoquadratmeterpreis
bezogen auf den hier streitigen Zeitraum 6,82 EUR, der sich aus der Addition von angemessener Nettokaltmiete (5,40 EUR/qm)
und angemessenen Betriebskosten (1,42 EUR/qm) ergibt; bei Multiplikation mit der abstrakt angemessenen Wohnfläche von 85 qm
errechnet sich daraus in Anwendung der Produkttheorie eine Angemessenheitsgrenze bei 579,70 EUR bruttokalt, von dem Beklagten
aufgerundet auf 580,00 EUR.
a) Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen
Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R - FEVS 60, 145). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des
örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend, darf aber auf einen
einfachen oder qualifizierten Mietspiegel i.S. der §§ 558c, 558d
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) abstellen. Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, das
im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und womit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf
ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30).
Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller,
wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein
punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Schlüssig ist das Konzept nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. erstmals BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19), wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine
Ghettobildung),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung
nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
b) Nach Maßgabe dieser Anforderungen verfügt der Beklagte zur Überzeugung des erkennenden Senats grundsätzlich über ein schlüssiges
Konzept, das sich sowohl auf die Bestimmung der Nettokaltmiete als auch auf die Bestimmung der kalten Betriebskosten bezieht
und damit die Angemessenheitsgrenze für die kalten Unterkunftskosten insgesamt realitätsgerecht abbildet. Soweit das vom Beklagten
vorgelegte und im Wesentlichen stimmige Konzept den höchstrichterlichen Vorgaben nicht entspricht, nimmt der Senat im Rahmen
seiner eigenen Befugnis zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs nach Mitwirkung des Beklagten Korrekturen vor, die
das Konzept insgesamt schlüssig machen.
c) Die angemessene Nettokaltmiete bestimmt der Beklagte für den hier streitgegenständlichen Zeitraum nach Maßgabe des unter
dem Titel "Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg - Endbericht, Januar 2011" (im Weiteren: Mietwerterhebung
2011 - Endbericht) vom Kreis Pinneberg herausgegebenen und durch den Dienstleister A. & K. - B.gesellschaft für W., I. und
T. mbH erstellten Konzepts in einem mehrstufigen Verfahren, das neben der Bildung von so genannten Wohnungsmarkttypen zur
regionalen Differenzierung des Kreises die repräsentativ angelegte Erhebung von Bestandsmieten, die Erhebung von aktuellen
Angebotsmieten sowie die Ermittlung von regionalisierten Mietpreisobergrenzen unter Einbeziehung von Bestands- und Angebotsmieten
zum Gegenstand hat.
Charakteristikum des Konzepts des Beklagten ist die so genannte Clusteranalyse (Verfahren zur Entdeckung von Ähnlichkeitsstrukturen
in Datenbeständen), die das Ziel verfolgt, unterschiedliche Wohnungsmarkttypen im Kreisgebiet zu definieren und gegeneinander
abzugrenzen. Dabei geht das Konzept davon aus, dass es mithilfe eines strukturdeckenden multivarianten Analyseverfahrens möglich
ist, Objekte innerhalb der Grundgesamtheit zu identifizieren und zusammenzufassen, deren Eigenschaften oder Eigenschaftsausprägungen
bestimmte Ähnlichkeiten aufweisen. Ziel ist es, Wohnungsmarkttypen so zu definieren, dass sie in sich möglichst homogen und
vergleichbar sind, untereinander aber eine möglichst große Unterschiedlichkeit aufweisen. Als Indikatoren, die einen Einfluss
auf den Wohnungsmarkt ausüben, sind hier Bevölkerungsdichte, Wohnfläche pro Einwohner, Pro-Kopf-Einkommen, Siedlungsstruktur,
Anteil der Bezieher von Transferleistungen, Pendlersaldo, Bodenpreis und die bisherige Wohngeldeinstufung berücksichtigt worden.
Aufgrund dieser Clusteranalyse hat der Beklagte vier Wohnungsmarkttypen identifiziert, wobei dem Wohnungsmarkttyp 1 (ländlich
strukturiert, eher unterdurchschnittliche Werte bei Bevölkerungsdichte, Bodenrichtwerten und Siedlungsstruktur) die Ämter
E.-Land, ., H., M., P. und R. sowie die Städte B. und T., dem Wohnungsmarkttyp 2 (hohe Bevölkerungsdichte, Siedlungsstrukur
überwiegend mit Mehrfamilienhäusern, unterdurchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner) die Städte E. und U., dem Wohnungsmarkttyp
3 (überdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen und hohe Bodenrichtwerte, überdurchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner und
unterdurchschnittliche Transferleistungsempfängerquote) die Stadt Q. sowie die Gemeinden H. und R. und dem Wohnungsmarkttyp
4 (an das Hamburger Stadtgebiet angrenzende Gemeinden mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen und geringer Wohnfläche pro Einwohner)
die Städte P., S. und W. zugeordnet worden sind (zu den Einzelheiten Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 3 ff.).
Die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen in den einzelnen Wohnungsmarkttypen hat der Beklagte zunächst auf Basis von Bestandsmieten
vorgenommen. Die Bestandmieten sind auf Grundlage einer Befragung von Mietern und Vermietern erhoben und sämtliche Daten in
einer Datenbank erfasst worden. Die erhobenen Daten sind den Wohnungsgrößenklassen zugeordnet und - nach Ausschluss bestimmter
Arten von Wohnungen - einer Extremwertbereinigung auf Basis eines 95%-Konfidenzintervalls unterzogen worden. Für alle Wohnungsgrößenklassen
und Wohnungsmarkttypen ist dann zunächst das 40%-Perzentil als oberer Richtwert definiert und auf dieser Grundlage eine vorläufige
Angemessenheitsgrenze gebildet worden (zu den Einzelheiten Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 8 ff.).
Die so ermittelte vorläufige Angemessenheitsgrenze hat der Beklagte zur Prüfung der "konkreten Angemessenheit" in etwa gleichzeitig
mit vor allem in Immobiliensuchportalen und örtlichen Tageszeitungen veröffentlichten Mietangeboten abgeglichen, um sicherzustellen,
dass innerhalb der zuvor auf Grundlage der Bestandsmieten definierten Angemessenheitsgrenze Wohnungen in dem erforderlichen
Umfang auch tatsächlich neu angemietet werden können. Zusätzlich zu den so erhobenen Angebotsmieten sind die Bestandsmieten
danach ausgewertet worden, welche Mieten bis zu neun Monate vor dem Erhebungsstichtag als Neuvertragsmieten tatsächlich realisiert
werden konnten. Im Anschluss hat der Beklagte jeweils das 40%-Perzentil der Angebots- und Neuvertragsmieten (bezogen auf den
Mietzins nettokalt pro qm) ermittelt, diese Werte zur auf Grundlage der Bestandsmieten ermittelten Angemessenheitsgrenze (bezogen
auf den Mietzins nettokalt pro qm) in Beziehung gesetzt und den Prozentsatz der angebotenen und neuvermieteten Wohnungen im
unteren Marktsegment festgestellt, der unterhalb der geltenden Angemessenheitsgrenze angemietet werden kann. Die Ergebnisse
dieser Kontrollberechnung haben je nach Wohnungsmarkttyp und Wohnungsgrößenklasse - nach Ansicht des Beklagten ausreichende
- Prozentsätze zwischen 2% und 24% bei den Angebotsmieten und zwischen 10% und 74% bei den Neuvertragsmieten ergeben (zu den
Einzelheiten Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 18 ff.).
Danach hat der Beklagte folgende Angemessenheitsrichtwerte (Mietzins nettokalt pro qm) festgestellt:
Größe in qm
|
Wohnungsmarkttyp 1
|
Wohnungsmarkttyp 2
|
Wohnungsmarkttyp 3
|
Wohnungsmarkttyp 4
|
>= 35 bis =< 50
|
5,38 EUR
|
5,08 EUR
|
5,67 EUR
|
5,80 EUR
|
> 50 bis =< 60
|
4,91 EUR
|
5,18 EUR
|
5,67 EUR
|
5,24 EUR
|
> 60 bis =< 75
|
5,60 EUR
|
4,91 EUR
|
6,32 EUR
|
5,10 EUR
|
> 75 bis =< 85
|
5,40 EUR
|
4,90 EUR
|
6,50 EUR
|
4,75 EUR
|
> 85 bis =< 95
|
4,90 EUR
|
4,99 EUR
|
5,42 EUR
|
5,12 EUR
|
Zur Bestimmung der angemessenen Betriebskosten hat der Beklagte gesondert nach Wohnungsgrößenklassen und Wohnungsmarkttypen
auf die Durchschnittswerte der miterhobenen Betriebskostenvorauszahlungen abgestellt (zu den Einzelheiten Mietwerterhebungen
2011 - Endbericht, S. 18). Daraus errechnen sich im Einzelnen folgende Angemessenheitsrichtwerte (kalte Betriebskosten pro
qm):
Größe in qm
|
Wohnungsmarkttyp 1
|
Wohnungsmarkttyp 2
|
Wohnungsmarkttyp 3
|
Wohnungsmarkttyp 4
|
>= 35 bis =< 50
|
1,74 EUR
|
1,49 EUR
|
1,50 EUR
|
1,79 EUR
|
> 50 bis =< 60
|
1,68 EUR
|
1,43 EUR
|
1,41 EUR
|
1,63 EUR
|
> 60 bis =< 75
|
1,55 EUR
|
1,36 EUR
|
1,43 EUR
|
1,58 EUR
|
> 75 bis =< 85
|
1,42 EUR
|
1,41 EUR
|
1,44 EUR
|
1,67 EUR
|
> 85 bis =< 95
|
1,44 EUR
|
1,49 EUR
|
1,43 EUR
|
1,45 EUR
|
Insgesamt hat der Beklagte auf Grundlage dieser konzeptionellen Überlegungen für den Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2012
folgende Angemessenheitsgrenzen (Bruttokaltmiete) ermittelt und diese dann auf volle Euro-Beträge aufgerundet:
Größe in qm
|
Wohnungsmarkttyp 1
|
Wohnungsmarkttyp 2
|
Wohnungsmarkttyp 3
|
Wohnungsmarkttyp 4
|
>= 35 bis =< 50
|
356,00 EUR
|
328,50 EUR
|
358,50 EUR
|
379,50 EUR
|
> 50 bis =< 60
|
395,40 EUR
|
396,60 EUR
|
424,80 EUR
|
412,20 EUR
|
> 60 bis =< 75
|
536,25 EUR
|
470,25 EUR
|
581,25 EUR
|
501,00 EUR
|
> 75 bis =< 85
|
579,70 EUR
|
536,35 EUR
|
674,90 EUR
|
545,70 EUR
|
> 85 bis =< 95
|
602,30 EUR
|
615,60 EUR
|
650,75 EUR
|
624,15 EUR
|
6. Zunächst bezogen auf die Ermittlung der Nettokaltmiete als Teilelement des angemessenen Quadratmeterpreises ist das Konzept
im Wesentlichen nicht zu beanstanden; es genügt nach Überzeugung des erkennenden Senats den im Urteil des BSG vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19 im Einzelnen beschriebenen Anforderungen an ein schlüssiges Konzept und repräsentiert den
tatsächlich für Empfänger von Grundsicherungsleistungen verfügbaren Wohnungsbestand:
a) Der Beklagte hat ausreichende Festlegungen zu Art und Weise der Datenerhebung getroffen. Das Bundessozialgericht verlangt
insoweit lediglich, dass die Erkenntnisquellen nachvollziehbar offengelegt werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19). Dies ist hier geschehen.
So hat der Beklagte Bestandmieten sowohl durch eine Befragung größerer Vermieter als auch - um durch Einbeziehung kleinerer
Vermieter einen umfassenderen Überblick über das örtliche Mietniveau zu erlangen - durch eine Mieterbefragung ermittelt und
- unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bindungen - hinreichend transparent gemacht, auf welche Weise er Zugang zu den benötigten
Daten erhalten hat. Dabei ist zur Überzeugung des Senats durch Anhörung des sachverständigen Zeugen K. auch die Vorgehensweise
bei der Auswahl der an der Vermieterbefragung beteiligten größeren Vermieter hinreichend offengelegt worden. Der Zeuge hat
glaubhaft geschildert, dass die Vermieter nach ihrer Bedeutung als Akteur des örtlichen Wohnungsmarktes insbesondere aufgrund
der Größe ihres Wohnungsbestands angeschrieben worden sind und dass - sofern keine Reaktion erfolgt ist - nochmals versucht
worden ist, die jeweiligen Vermieter telefonisch zur freiwilligen Teilnahme an der Mietwerterhebung zu bewegen. Er hat glaubhaft
versichert, dass unter den großen Vermietern keine Vorauswahl nach qualitativen Kriterien getroffen worden ist, insbesondere
was das Mietpreisniveau des vorgehaltenen Wohnungsbestands anbelangt, ferner, dass in die Stichprobe die Rückläufer aller
an der Befragung teilnehmenden Wohnungsunternehmen eingegangen sind. Trotz der den Vermieter zugesicherten Anonymität hegt
der Senat deshalb keine Zweifel an der Aussagekraft der erhobenen Rohdaten.
Auch für die Angebotsmieten, die der Beklagte durch Sichtung der örtlichen Tageszeitungen, der gängigen Internetprotale und
- soweit die dortigen Angaben unzureichend waren - durch ergänzende telefonische Befragung der Anbieter erlangt hat, sind
nach Überzeugung des Senats ausreichende Feststellungen getroffen worden.
Die Daten sind in Datensätzen in elektronischer Form zusammengeführt und den Beteiligten dieses Verfahrens zur Einsicht zur
Verfügung gestellt werden. Die Datensätze geben nach Überzeugung des Senats das Ergebnis der Datenerhebung durch den Beklagten
vollständig und richtig wieder.
b) Die der Konzeptbildung zugrunde liegenden Daten sind in einem genau eingegrenzten Vergleichsraum erhoben worden und erstrecken
sich über den gesamten Vergleichsraum; eine "Ghettobildung", wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Konzeption
der Angemessenheitsgrenzen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu vermeiden sucht, kann so nicht stattfinden.
Der Beklagte hat seine Erhebungen nicht auf einzelne Teile des Kreisgebiets als dem hier relevanten Vergleichsraum (dazu oben
4.) beschränkt, sondern von vornherein auf das gesamte Kreisgebiet erstreckt. Dementsprechend weisen die Datensätze Daten
für alle Teile des Kreisgebiets aus. Dass z.B. im die Bestandsmieten betreffenden Datensatz Daten aus den Ämtern H. und R.
fehlen, steht dem nicht entgegen. Der Beklagte hat diese Gebiete aus seiner Erhebung nicht von vornherein ausgespart, sondern
im Rahmen der auf das gesamte Kreisgebiet bezogenen Erhebung für diese Gebiete lediglich keine Rückläufer erzielt. Dies lässt
- gerade in Relation zur Vielzahl der Rückläufer aus anderen Gemeinden - Rückschlüsse auf die Substanz des örtlichen Mietwohnungsmarktes
zu, ändert aber nichts an dem Umstand, dass die Daten über den gesamten relevanten Vergleichsraum erhoben worden sind.
Dass der Beklagte die Daten getrennt nach einzelnen, im Wege der Clusteranalyse bestimmten Wohnungsmarkttypen ausgewertet
hat, beanstandet der Senat nicht; das Verfahren der Clusteranalyse ist vom höchstrichterlichen Grundsatz der Methodenfreiheit
(dazu BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, Rn. 24) gedeckt, vom Beklagten sachgerecht und nach vertretbaren Prämissen durchgeführt und im
Methodenbericht hinreichend transparent dargestellt worden (Mietwerterhebungen - Endbericht 2011, S. 3 ff.). Namentlich hält
der Senat den Indikatorenkatalog für sachgerecht, um eine entsprechende Binnendifferenzierung nach der Preisstruktur zu gewährleisten.
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass sich der Beklagte an den administrativen Grenzen orientiert hat und dabei von der kleinsten
administrativen Einheit - Amt oder amtsfreie Gemeinde - ausgegangen ist. Der sachverständige Zeuge K. hat in der mündlichen
Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass eine Differenzierung auch zwischen amtsangehörigen Gemeinden schon aus erhebungstechnischen
Gründen ausscheidet. Dass es wie im Falle der Gemeinden H. und B. dazu kommen kann, dass allein durch eine "Ausamtung" ein
Wechsel des Wohnungsmarkttyps bewirkt wird, ist vor diesem Hintergrund und wegen den jeder Typisierung notwendig innewohnenden
Vergröberungen hinzunehmen und bewirkt nicht die Unschlüssigkeit des gewählten Ansatzes.
c) Der Beklagte hat in der Begründung seines Konzepts, die im Wesentlichen im Endbericht "Mietwerterhebungen zur Ermittlung
der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg" niedergelegt ist, den Gegenstand der Beobachtung in einer den höchstrichterlichen Anforderungen
genügenden Weise nachvollziehbar und schlüssig definiert.
Er hat seiner Untersuchung im Grundsatz den gesamten Bestand an Mietwohnungen zugrunde gelegt und damit in die relevante Grundgesamtheit
- im Unterschied zu (qualifizierten) Mietspiegeln, die geförderte Wohnungsbestände nicht berücksichtigen dürfen - auch Wohnungen
einbezogen, die öffentlichen Mietpreisbildungen unterliegen (Sozialwohnungen). Dabei ist es das Anliegen des Beklagten gewesen,
sowohl Substandardwohnungen - d.h. Wohnungen, die nicht wenigstens über die Merkmale "Bad" und "Sammelheizung" verfügen -
als auch Luxuswohnungen, also solche, die ausdrücklich als solche vermarktet werden bzw. als solche erkennbar sind (weil sie
z.B. das Ausstattungsmerkmal "Sauna" aufweisen) von der Erhebung und Auswertung und damit aus der Stichprobe auszunehmen.
Methodisch ist dies im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Die Einbeziehung von Sozialwohnungen führt allerdings - wie auch
der Beklagte einräumt - gegenüber qualifizierten Mietspiegeln, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ohne Weiteres als
Grundlage eines schlüssigen Konzepts dienen können, zu einem regelmäßig niedrigeren Mietzinsniveau. Dies spricht aber nicht
grundsätzlich gegen die Einbeziehung der Sozialwohnungen, weil der Zweck eines Mietspiegels ein anderer ist als der von Mietwerterhebungen
zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten. Die Nichtberücksichtigung von Sozialwohnungen bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen
hätte zur Folge, dass wesentliche Wohnungsbestände, die speziell für die Zielgruppe der Bezieher niedriger Einkommen vermietet
werden, unberücksichtigt bleiben würden. Der Senat beanstandet daher nicht die Wertung des Beklagten, diese Wohnungen in seine
Betrachtung einzubeziehen.
Der Ausschluss insbesondere von Wohnungen, die entweder nicht über ein eigenes Bad oder nicht über eine Sammelheizung verfügen,
stellt demgegenüber vom Grundsatz her ausreichend sicher, dass Preise für tendenziell prekäre Mietwohnungen bzw. Substandardwohnungen
zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von vornherein außer Ansatz bleiben. Damit wird der höchstrichterlichen Forderung
Rechnung getragen, der Angemessenheitsbetrachtung das untere, nicht jedoch das unterste Marktsegment zugrunde zu legen (vgl.
BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 21). Andererseits kann der Ausschluss von Luxuswohnungen in durch das Gericht nicht zu beanstandender
Weise dazu beitragen, dass die Angemessenheitsgrenze nicht durch hochpreisige Mieten verfälscht wird, die nicht mehr den allgemeinen
Mietwohnungsmarkt bedienen, sondern ein besonders hochpreisiges Sondersegment.
Zusätzlich hat der Beklagte Wohnungen in Einfamilienhäusern, Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich und teilgewerblich
genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), mietpreisreduzierte Werkswohnungen und Wohnungen mit Freundschaftsmieten (d.h.
Vermietung zu reduzierten Mieten an Angehörige oder nähere Verwandte) und ferner Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter
35 qm und möblierte Apartments ausschließen wollen, weil es sich bei diesen Wohnungen jeweils nachvollziehbar um Objekte handelt,
die spezifische Bedürfnisse bedienen aber nicht den allgemeinen Wohnungsmarkt repräsentieren.
Insgesamt ist nach Überzeugung des erkennenden Senats durch den Zuschnitt der Grundgesamtheit und die vorgenommenen Ausschlüsse
zuverlässig sichergestellt, dass zumindest ein Marktsegment abgebildet wird, dass nach höchstrichterlichen Maßstäben nach
Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 44/12 R - NZS 2013, 289, Rn. 13; dazu bereits BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).
d) Das Konzept des Beklagten enthält ferner hinreichende Angaben über den Beobachtungszeitraum. Der Beklagte hat die Mieter-
und Vermieterbefragungen im Zeitraum Juni bis September 2010 mit Stichtag 1. Juli 2010 durchgeführt. Die Recherchen zu den
Angebotsmieten wurden im Zeitraum Juni bis November 2010 durchgeführt. Die Neuvertragsmieten wurden für den Zeitraum bis zu
neun Monate vor dem Erhebungsstichtag ermittelt, also für den Zeitraum 1. Oktober 2009 bis 30. Juni 2010.
Der Senat ist nach Durchführung der mündlichen Verhandlung auch davon überzeugt, dass es sich bei den in die Stichprobe eingegangenen
Bestandsmieten (nur) um solche Bestandsmieten handelt, bei denen die Miete innerhalb der letzten vier Jahre neu vereinbart
oder geändert worden ist (geänderte Bestandsmieten), wobei der Vierjahreszeitraum vom Stichtag 1. Juli 2010 zurückgerechnet
den Zeitraum bis 1. Juli 2006 erfasst. Allerdings wird der Begriff Bestandsmieten im Endbericht "Mietwerterhebungen zur Ermittlung
der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg" nicht definiert, weshalb der sachverständige Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung zunächst
davon ausgegangen war, dass in die Auswertung der Bestandmieten alle Mieten bestehender Mietverhältnisse eingegangen sind,
also auch diejenigen, die über mehr als vier Jahre unverändert geblieben waren. Der sachverständige Zeuge hat diese Aussage
allerdings nach einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung dahingehend korrigiert, dass die Vierjahresgrenze eingehalten
worden sei und dies durch die zum Protokoll gereichte Auswertung vom 30. Januar 2017 ( Anlage 5 zum Protokoll) dokumentiert.
Die nunmehr überzeugenden Ausführungen des sachverständigen Zeugen in Verbindung mit den schlüssigen Werten der zur Akte gereichten
tabellarischen Auswertung belegt nach dem Gesamtzusammenhang der in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen
zur vollen Überzeugung des erkennenden Senats, dass der Beklagte seiner Mietwerterhebung 2011 tatsächlich allein geänderte
Bestandsmieten zugrunde gelegt hat. Dafür spricht insbesondere auch die Aussage des Vertreters des Beklagten im Rahmen der
mündlichen Verhandlung, dass ihm seitens des mit der Erhebung beauftragten Dienstleisters ein Konzept auf Basis geänderter
Bestandsmieten wie bei einem qualifizierten Mietspiegel angeboten worden sei.
Die Datengrundlage ist damit auch für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum, der den Zeitraum 1. Mai bis 31. Oktober
2012 umfasst, noch aktuell genug, um die Angemessenheitsgrenze i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verlässlich zu bestimmen. Eine Alterung des Datenmaterials muss bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums
(Art.
1 Abs.
1 i.V.m. Art.
20 Abs.
1 Grundgesetz [GG]; vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175), dem die angemessen Unterkunftskosten zuzurechnen sind, in vertretbarem Umfang hingenommen werden. Auch das BSG erkennt an, dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzept zu Grunde gelegten Datenmaterials Grenzen gesetzt sind (vgl.
BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 33). Dies zeigt sich schon daran, dass das BSG qualifizierte Mietspiegel zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze grundsätzlich für geeignet erachtet, §
558d Abs.
2 BGB die Aktualitätsanforderungen an qualifizierte Mietspiegel aber gerade dergestalt definiert, dass diese in einem Abstand von
zwei Jahren z.B. durch Stichprobenziehung den aktuellen Marktverhältnissen anzupassen und in einem Abstand von vier Jahren
neu zu erstellen sind.
Dem trägt der Beklagte mit seiner Indexfortschreibung 2013 mit einer Gültigkeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2014
hinreichend Rechnung. Er hat dabei entsprechend den Wertungen des §
558d Abs.
2 BGB auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland zurückgegriffen, um der Steigerung der Grundmieten und Betriebskosten Rechnung
zu tragen. Dabei hat er den für Juli 2010 maßgeblichen Indexwert nach der Formel
zu dem für Juli 2012 maßgeblichen Indexwert in Relation gesetzt und die prozentuale Veränderung des Indexstands des Monats
Juli 2010 zum Indexstand des Monats Juli 2012 mit insgesamt 4,2 % errechnet (zu den Einzelheiten vgl. Kreis Pinneberg, Indexfortschreibung
zur Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg, Stand. 30. Oktober 2012, S. 4 ff.). Auf dieser Grundlage
hat er die seit dem 1. Januar 2011 gültigen Richtwerte zum 1. Januar 2013 um diesen Prozentsatz fortgeschrieben.
Diese Vorgehensweise beanstandet der Senat nicht. Die Frage, ob sich der als Anpassungsmechanismus herangezogene Verbraucherpreisindex
für Deutschland zur Fortschreibung von "Schlüssigen Konzepten" durchweg als sachgerecht erweist, weil er neben den Wohnkosten
den gesamten Individualkonsum berücksichtigt (zweifelnd im Rahmen nicht tragender Erwägungen LSG Schleswig-Holstein, Urteil
vom 30. Mai 2016 - L 11 AS 39/14 NK - SchHA 2017, 107 - [...], Rn. 114), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Ausrichtung am Verbraucherpreisindex begünstigt
hier die leistungsberechtigten Personen gegenüber Anpassungsmechanismen, die im Hinblick auf die Aufwendungen für die Unterkunft
gegenüber dem allgemeinen Verbraucherpreisindex möglicherweise sachgerechter wären. So ergäbe sich bei Anwendung des Wohnkostenindexes,
der die Entwicklung der Wohnungsmieten einschließlich des Mietwerts von Eigentümerwohnungen betrifft, ein deutlich geringerer
Wert als der hier zugrunde gelegte. Ausweislich der Klassifikation der Verwendungszwecke "Wohnungsmiete, einschließlich Mietwert
von Eigentümerwohnungen" des Statistischen Bundesamtes für die Jahre 2010 und 2012 ergibt sich für Juli 2010 ein Wohnkostenindex
von 100,1 und für Juli 2012 einer von 102,5. Daraus errechnet sich nach der oben genannten Formel ein Prozentsatz von gerundet
2,4 %, der deutlich unterhalb des für die Indexfortschreibung 2013 zugrunde gelegten Prozentsatzes von 4,2 % liegt.
Der Beklagte ist auch nicht wegen der Besonderheiten seines Wohnungsmarktes gehalten gewesen, sein Konzept engmaschiger fortzuschreiben.
Nicht vorhersehbare Preissprünge, die den Beklagten ggf. dazu hätten veranlassen müssen, die Ausgangsdaten zu korrigieren
oder entsprechend anzupassen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 2/10 R - [...], Rn. 21), hat es - dies zeigen auch die Ergebnisse der Mietwerterhebung 2015 - nicht gegeben.
e) Die Datenerhebung ist valide. Mit der Validität der Datengrundlage wird eine Aussage darüber getroffen, ob unter Einsatz
angemessener statistischer Verfahren mit einem hohen Grad an Genauigkeit tatsächlich das untersucht wurde, was nach der Bestimmung
des Beobachtungsgegenstandes untersucht werden sollte (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - L 4 AS 718/14 - [...], Rn. 70). Diesen Anforderungen wird das Konzept des Beklagten noch gerecht.
Allerdings offenbart das Konzept zum Teil Schwächen, was die Umsetzung der Vorgaben zum Beobachtungsgegenstand im Rahmen der
konkreten Datenerhebung anbelangt. Dies betrifft zunächst den Ausschluss von Substandardwohnungen. So hat der sachverständige
Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass nur im Rahmen der Vermieterbefragung die Erhebung von Substandardwohnungen
durch entsprechende Vorgaben des vom Beklagten beauftragten Dienstleisters gegenüber den Wohnungsunternehmen verlässlich ausgeschlossen
worden ist, während bei den Mieterbefragungen die Beschaffenheit der Wohnungen mit Rücksicht auf die angestrebte Rückläuferquote
- der sachverständige Zeuge hat nachvollziehbar erläutert, dass die Motivation von Mietern zur Teilnahme an Befragungen tendenziell
sinkt, je mehr Daten erhoben werden sollen - nicht abgefragt worden ist. Angesichts des geringeren Anteils der durch Mieterbefragungen
erfassten Wohnungen an der Gesamtstichprobe von deutlich weniger als einem Drittel, des weitergehenden Ausschlusses von Substandardwohnungen
durch Bereinigung der Stichprobe nach Maßgabe des 95%-Konfidenzintervalls und in Anbetracht der Tatsache, dass im Kreisgebiet
99,6 % aller Wohnungen über Dusche und Bad verfügen (Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Zensus 2011 - Gebäude
und Wohnungen sowie Wohnverhältnisse der Haushalt, Kreis Pinneberg am 9. Mai 2011, S. 16) und damit tendenziell aus dem Substandard
ausscheiden, geht der Senat allerdings davon aus, dass möglicherweise unerkannt in die Stichprobe eingegangene Substandardwohnungen
eine insgesamt zu vernachlässigende Größe ohne substanzielle Auswirkungen auf die ermittelte Angemessenheitsgrenze darstellen.
Auch die Durchführung des Ausschlusses von Luxuswohnungen hat nicht eindeutig aufgeklärt werden können. Während im Methodenbericht
des Beklagten darauf hingewiesen wird, dass Wohnungen des Luxussegments (von vornherein) von der Erhebung ausgeschlossen worden
seien, wenn sie explizit als solche vermarktet bzw. - z.B. wegen Ausweisung des Ausstattungsmerkmals "Sauna" - als solche
erkennbar gewesen seien (Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 9), hat der sachverständige Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung
behauptet, dass Luxuswohnungen ausschließlich über das 95%-Konfidenzintervall aus der Stichprobe ausgeschieden worden seien.
Der Senat geht davon aus, dass beide Verfahren nebeneinander praktiziert worden sind und misst der Aussage des Zeugen, der
nicht mit den operativen Abläufen betraut gewesen ist, insoweit keine überragende Bedeutung zu. Im Ergebnis bedarf diese Frage
aber auch keiner abschließenden Erörterung, weil die mögliche Einbeziehung konzeptionell eigentlich ausgeschlossener Luxuswohnungen
nur zu einer Erhöhung der Angemessenheitsgrenze führen und sich somit für den leistungsberechtigten Personenkreis nur positiv
auswirken kann.
Nachvollziehbar und hinreichend dokumentiert ist hingegen der insbesondere durch den Einsatz von Filterfragen bewirkte Ausschluss
solchen Wohnraums, der, wie Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, mietpreisreduzierte
Werkswohnungen, Wohnungen mit Gefälligkeitsmieten, (teil)möblierte Wohnungen, Wohnungen mit einer Wohnfläche von weniger als
35 qm, nach der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes keinen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten gibt.
f) Der Umfang der einbezogenen Daten ist repräsentativ. Von einer Repräsentativität ist auszugehen, wenn von einer kleinen
Stichprobe zuverlässige Aussagen über eine wesentlich größere Menge getroffen werden können. Dies ist hier nach Überzeugung
des Senats ohne weiteres der Fall.
Der seitens des Beklagten der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegten bereinigten Stichprobe von 6.157 Mietdatensätzen
steht die vom Beklagten nachvollziehbar näherungsweise bestimmte Grundgesamtheit von maximal ca. 78.920 Mietwohnungen gegenüber.
Dabei geht der Beklagte von einem Gesamtwohnungsbestand im Kreis Pinneberg von 143.431 Wohnungen aus, der sich auf 56.109
Wohneinheiten in Einfamilienhäusern, 16.804 Wohneinheiten in Zweifamilienhäusern und 70.518 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau
verteilt. Diesen bereinigt er nach seinen konzeptionellen Vorgaben folgerichtig um 56.000 Wohnungen in Einfamilienhäusern
sowie zusätzlich um die Hälfte der in Zweifamilienhäusern befindlichen Wohnungen, die er mit nachvollziehbarer Begründung
im ländlichen Raum in der Regel als vom Eigentümer bewohnt ansieht (zu den Einzelheiten vgl. Mietwerterhebungen - Endbericht
2011, S. 9 f.). Legte man diese Werte zugrunde, errechnete sich bereits ein Anteil der tabellenrelevanten Mietdatensätze von
7,8 % an der Grundgesamtheit. Allerdings geht der Beklagte bereits - ohne dies weiter zu substantiieren und zahlenmäßig zu
qualifizieren - in seinem Konzept davon aus, dass auch im Geschosswohnungsbau ein relevanter Teil der Wohnungen aus von den
Eigentümern bewohnten Eigentumswohnungen besteht (Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 10). Die zwischenzeitlich erzielten
Ergebnisse des Zensus vom 9. Mai 2011 untermauern diese These, werden danach im Kreis Pinneberg rund 67.060 Wohnungen zu Wohnzwecken
(d.h. auch mietfrei) vermietet. Unter Berücksichtigung dieser statistischen Daten umfasst die Stichprobe einen Anteil von
9,18 % des gesamten vorhandenen Mietwohnungsbestands. Dies ist in jedem Falle ausreichend.
Zwar hat das Bundessozialgericht - ohne weitere Substantiierung dieser im Rahmen nicht tragender Erwägungen getroffenen Aussage
- in einer sehr frühen Entscheidung ausgeführt, dass eine Datengrundlage eine hinreichende Gewähr dafür biete, die aktuellen
Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben, wenn z.B. die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in
Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruhe (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R - [...], Rn. 16). Dies schließt es jedoch nicht aus, dass auch bei einer Stichprobe von weniger als 10% der Gesamtheit
repräsentative Aussagen erzielt werden können (vgl. bereits LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. November 2008 - L 13 AS 210/08 - [...], Rn. 99; wonach 5,66% des Wohnungsbestandes als ausreichend erachtet worden sind). Inzwischen erkennt die höchstrichterliche
Rechtsprechung an, dass wegen des Stichprobenumfangs und der Auswertung eine Anlehnung an den für Mietspiegel geltenden Standard
nicht zu beanstanden sei und hat deshalb im Zusammenhang mit einem Regressionsmietspiegel eine Stichprobe von insgesamt nur
3.000 Wohnungen bezogen auf den Gesamtmietwohnungsbestand der Stadt München für ausreichend erachtet (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 34 f.). An diesen Maßstäben gemessen bestehen an der Repräsentativität einer Stichprobe mit
einem Umfang von annähernd 10 % keine ernsthaften Zweifel.
g) Die Datenauswertung ist nach Überzeugung des Senats schlüssig unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze
erfolgt. Die Basis für die Auswertung bildet ein Tabellenraster, das die im Land Schleswig-Holstein geltenden Wohnflächengrenzen
im sozialen Wohnungsbau und die im Rahmen der Clusteranalyse definierten Wohnungsmarkttypen erfasst. Für die Auswertung der
Bestandsmieten sind zur Erstellung einer einheitlichen Datenbasis die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet
und die Mieten den jeweiligen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen im Tabellenraster zugeordnet worden. Diese Vorgehensweise
ist methodisch nicht zu beanstanden.
Ebenso wenig beanstandet der Senat, dass der Beklagte die gezogenen Stichproben sowohl bei den erhobenen Bestands- als auch
bei den Angebots- und Neuvertragsmieten im Wege der Extremwertkappung bereinigt und dabei u.a. besonders hohe Werte für die
dann jeweils folgende Bestimmung des 40 %-Perzentils aus der weiteren Auswertung ausgenommen hat (vgl. dazu die jeweils nach
Wohnungsmarkttyp und Wohnungsgrößenklasse aufgeschlüsselten Grafiken in Mietwerterhebungen - Endbericht 2011, Anlage 3 - Histogramme
der erhobenen Mieten im Kreis Pinneberg, S. 32 ff.). Bei dem Verfahren der Extremwertkappung auf Basis eines 95 %-Konfidenzintervalls
handelt es sich um eine wissenschaftlich anerkannte statistische Methode zur Bereinigung von Extremwerten (vgl. Cischinsky/von
Malottki/Rodenfels/Vaché, WuM 2014, 239, 244 f.; von Malottki, info also 2014, 99, 104). Extremwerte sind Mietwerte, die sich - am unteren wie am oberen Rand - deutlich von anderen Werten eines Tabellenfeldes
unterscheiden und deshalb nachvollziehbar als ungeeignet für die Ziele der Untersuchung gelten können. Dass im Wege der Extremwertbereinigung
230 von insgesamt 6.157 und damit 3,7 % der Mietwerte aus der weiteren Untersuchung ausgenommen worden sind, beeinträchtigt
die Repräsentativität der erhobenen Daten nicht.
Auch die Anzahl der nach Extremwertkappung den einzelnen Tabellenfeldern zugeordneten Mietwerte genügt statistischen Mindestanforderungen.
Sämtliche Tabellenfelder mit Ausnahme des Tabellenfeldes "Wohnungen > 85 qm" im Wohnungsmarkttyp 1 weisen mit von 25 bis 873
Mietwerten Fallzahlen auf, die auch nach Überzeugung des Senats ohne Weiteres ausreichend sind, um den Anforderungen an qualifizierte
Mietspiegel zu genügen. Entsprechendes gilt nach Maßgabe der Besonderheiten des Einzelfalls auch für das besagte Tabellenfeld,
das nur mit 12 Mietwerten besetzt ist, während für Tabellenmietspiegel üblicherweise eine Mindestanzahl von 15 Mietwerten
je Tabellenfeld vorausgesetzt wird (Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 13 unten). Dabei orientiert sich der Senat zunächst
an den Aussagen des sachverständigen Zeugen K. der in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt hat, dass es bei
einer statistischen Analyse mindestens einer Anzahl von 10 Fälle bedarf, um einen zuverlässigen Wert zu erhalten und berücksichtigt
ferner die wissenschaftliche Lehrmeinung, dass die Stichprobenqualität nicht nur vom Stichprobenumfang, sondern auch von der
Streuung des Merkmals in der Grundgesamtheit abhängig ist (Cischinsky/von Malottki/Rodenfels/Vaché, WuM 2014, 239, 244). Die Streuung der Mietwerte im Tabellenfeld "Wohnungen > 85 qm" im Wohnungsmarkttyp 1 (vgl. Mietwerterhebungen 2011
- Endbericht, S. 35) erweist sich aber zur Überzeugung des erkennenden Senat in Anbetracht der Aussagen des sachverständigen
Zeugen nicht als so groß, dass nicht noch von einer ausreichend repräsentativen Teilstichprobe ausgegangen werden könnte.
Mit dem 40 %-Perzentil hat der Beklagte auch das untere Wohnungsmarktsegment in nachvollziehbarer Weise unter Beachtung mathematisch-statistischer
Grundsätze erfasst. Dabei unterliegt die Frage, wie der jeweilige Träger das untere Marktsegment bestimmen will, im Ausgangspunkt
dem Grundsatz der Methodenfreiheit (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, Rn. 24). Seinen methodischen Ansatz stützt der Beklagte auf die grundsätzlich tragfähigen Prämissen,
dass die Obergrenze des unteren Wohnungsmarktsegments unterhalb des Mittelwertes aller berücksichtigungsfähigen Wohnungen
liegt und das untere Marktsegment so groß sein muss, dass ausreichender Wohnraum für alle Leistungsempfänger zur Verfügung
steht, sowie eine räumliche Konzentration von Leistungsempfängern (Ghettoisierung) verhindert wird. Die vom Beklagten gewählte
Perzentillösung als empirische Ermittlungsmethode (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - L 4 AS 718/14 - [...], Rn. 74) stellt sich nach Überzeugung des Senats als geeignet dar, das so umrissene einfache Wohnungsmarktsegment
abzugrenzen. Die Ermittlung des Perzentils und damit des Referenzwertes für das untere Wohnungsmarktsegment für die jeweiligen
Tabellenfelder erfolgt dabei mittels eines nachvollziehbaren Verfahrens unter Berücksichtigung anerkannter mathematisch-statistischer
Methoden.
Dabei hat der Beklagte das als Ausgangspunkt für das iterative Annäherungsverfahren erforderliche Perzentil in grundsätzlich
nicht zu beanstandender Weise nach den regionalen Gegebenheiten unter Berücksichtigung all derjenigen Gruppen gegeneinander
abgegrenzt, die Wohnraum im unteren Marktsegment nachfragen und um diesen konkurrieren. In statistischer Hinsicht nicht zu
beanstanden ist insbesondere, dass der Beklagte den Anteil der derjenigen Haushalte im Kreis Pinneberg, die existenzsichernde
Leistungen nach dem SGB II und nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwöften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehen und die daher bei typisierender Betrachtung insgesamt um Wohnungen im unteren Marktsegment konkurrieren, mit 10
% angegeben hat. Da für den Anteil der Haushalte der Bezieher niedriger Einkommen oberhalb des Grundsicherungsniveaus keine
statistischen Werte im Zuständigkeitsbereich des Beklagten vorhanden sind, hat sich der Beklagte in ebenfalls nicht zu beanstandender
Weise am bundesweiten Anteil dieser Personengruppe an den Gesamthaushalten orientiert, die für das Jahr 2009 im Rahmen eines
Forschungsprojekts "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte" für das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) vom
Dienstleister des Beklagten mit ca. 7,5 % ermittelt worden war (Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 15). Da es sich hierbei
um einen Schätzwert handelt, weil statistisch auswertbare Daten nicht vorhanden sind und der Anteil der Personen im Niedriglohnbereich
im Zuständigkeitsbereich des Beklagte aufgrund der überwiegend städtisch geprägten Situation überdurchschnittlich hoch sein
dürfte, ist dieser Betrag in nicht zu beanstandender Weise auf 10% aufgerundet worden.
Bei der Gegenüberstellung der Nachfragergruppen im unteren Marktsegment und der Gesamtheit der Haushalte ist der Dienstleister
des Beklagten unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Sicherheitszuschlages von 10 % zunächst davon ausgegangen, dass insgesamt
30 % der Haushalte um die Wohnungen im unteren Marktsegment konkurrieren (vgl. Vernehmung des sachverständigen Zeugen K. im
Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht Itzehoe am 9. April 2014, Anlage 6, S. 15). Um eine Konzentration der Nachfrage auf
wenige Wohnungsbestände zu vermeiden und um über ein ausreichendes Wohnungsangebot zu verfügen, hat er die Obergrenze des
unteren Wohnungsmarktsegments mittels eines (iterativen) Annäherungsverfahrens in ebenfalls nicht zu beanstandender Weise
auf das 40%-Perzentil festgelegt (Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 15). Einheitlich für alle Wohnungsmarkttypen und
Wohnungsgrößenklassen ist das 40%-Perzentil der Bestandsmieten als oberer Richtwert definiert worden, d.h. von 100 Mieten
sind mindestens 40 gleich oder niedriger als der ermittelte Richtwert. Die 40. der aufsteigend sortierten Bestandsmieten des
jeweiligen Tabellenfeldes bildet damit den Referenzwert. Dies ist vom Grundsatz her nicht zu beanstanden, wenngleich der Beklagte
bei der Mietwerterhebung 2015 in Weiterentwicklung seines Konzepts den iterativen Ansatz auf die einzelnen Tabellenfelder
verdichtet hat und dort in jeweiliger Anwendung des iterativen Verfahrens - dieses wissenschaftlich anerkannte Verfahren beschreibt
einen Prozess des mehrfachen Wiederholens gleicher oder ähnlicher Handlungen zur Annäherung an eine Lösung - zu abweichenden
Perzentilgrenzen für einzelne Tabellenfelder gelangt ist (Kreis Pinneberg, Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft
im Kreis Pinneberg, Januar 2015, S. 31).
Ob eine von vornherein nach den einzelnen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen aufgeschlüsselte und differenzierende
Bewertung unter gesonderter Berücksichtigung der jeweiligen Nachfragergruppen zu anderen, qualitativ besseren Ergebnissen
geführt hätte, bedarf nach Ansicht des Senats keiner Entscheidung. Für die Schlüssigkeit des gewählten Konzepts wäre dies
ohne Bedeutung. Dabei berücksichtigt der Senat, dass der Antragsgegner bei der Festsetzung des 40%-Perzentils einen prima
facie ausreichenden Puffer von 30 Prozentpunkten bezogen auf die Gruppe der SGB II/SGB XII-Leistungsbezieher etabliert hat;
die höchstrichterliche Rechtsprechung hat insoweit deutlich niedrigere Werte genügen lassen (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70: untere 20% bei einem SGB-II-Leistungsempfängeranteil an allen Haushalten, [...], Rn. 37).
Dem iterativen Verfahren immanent und wegen des Grundsatzes der Methodenfreiheit nicht zu beanstanden ist ferner, dass bei
der Festlegung des abstrakten Referenzwertes, d.h. der Angemessenheitsgrenze, bereits eine abstrakte Verfügbarkeit bzw. Häufigkeit
angemessener Wohnungen mittels einer Gegenprüfung anhand der Angebots- und Neuvertragsmieten berücksichtigt worden ist. Durch
die (komparative) Einbeziehung der Angebots- und Neuvertragsmieten bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenze soll gewährleistet
werden, dass für diese Bruttokaltmiete eine Wohnung auch konkret im jeweiligen Tabellenfeld angemietet werden kann (von Malottki,
info also 2012, 99, 101 ff.; vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 26). Es ist daher auch nach Ansicht des Senats sinnvoll, in keinem Falle aber methodisch fehlerhaft,
Nachfrageaspekte bereits bei der Festlegung des Referenzwerts zu berücksichtigen.
h) Der Senat beanstandet allerdings, dass der Beklagte die aus der Datenauswertung gezogenen Schlüsse nur unvollständig dokumentiert
und teilweise eigene konzeptionelle Prämissen nicht eingehalten hat. Zwar enthält das Konzept (kursorische) Ausführungen zu
den Ergebnissen der Bestandsmietenauswertungen (Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 14 ff.). Die erforderliche Bewertung
des Abgleichs der auf Basis der Bestandsmieten gebildeten Angemessenheitsgrenzen mit den Angebots- und Neuvertragsmieten fehlt
allerdings nahezu vollständig. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Feststellung, dass "ein Vergleich der Angebotsmieten
mit den Neuvertragsmieten ... [zeige], dass mit nur einer Ausnahme im Wohnungsmarkttyp 2 (> 85 qm) die Neuvertragsmieten unter
den Mieten der Angebote liegen. Dies bestätigt die Annahme, dass die Angebotsmieten nicht den kompletten Wohnungsmarkt widerspiegeln"
(Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 23).
Dies genügt nach Ansicht des Senats in keinem Fall, den eigenen methodischen Ansprüchen gerecht zu werden. Denn die Angebotsmietenerhebung
hat in erster Linie erfolgen sollen, um nachzuweisen, dass innerhalb der Angemessenheitsgrenzen "tatsächlich auch Wohnungen
in dem erforderlichen Umfang neu angemietet werden" können (Mietwerterhebungen 2011 - Endbericht, S. 18). Zur Frage, ob dieser
Nachweis erbracht ist, verhält sich der Endbericht nicht. Zweifel daran bestehen bereits bei bloßer Zugrundelegung des Endberichts,
der in den maßgeblichen Tabellen 14-17 sowohl bei den Angebots- als auch bei den Neuvertragsmieten z.T. sehr niedrige Werte
dokumentiert.
So liegt der Anteilswert der Angebotsmieten unterhalb der quadratmeterbezogenen Angemessenheitsgrenze z.B. im Wohnungsmarkttyp
2 für die Wohnungsgrößenklasse >85 qm bei 2 % (Neuvertragsmieten 19 %), im Wohnungsmarkttyp 3 für die Wohnungsgrößenklasse
>85 qm bei 7 % (Neuvertragsmieten kein Wert), im Wohnungsmarkttyp 4 für die Wohnungsgrößenklasse > 50 bis =< 60 qm bei 5 %
(Neuvertragsmieten 19 %), für die Wohnungsgrößenklasse > 60 bis =< 75 qm bei 1 % (Neuvertragsmieten 18 %) für die Wohnungsgrößenklasse
> 75 bis =< 85 qm bei 0 % (Neuvertragsmieten bei 10 %) und für die Wohnungsgrößenklasse > 85 qm bei 7 % (Neuvertragsmieten
17 %).
Das Schweigen des Beklagten zu diesen offensichtlich erläuterungsbedürftigen Werten spricht bereits dafür, dass der Beklagte
selbst nicht vom Nachweis überzeugt gewesen ist, dass zu den ermittelten Werten bezogen auf alle Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen
ausreichender Wohnraum tatsächlich anmietbar ist. Zumindest aber hat er nach seinen eigenen Prämissen nicht davon ausgehen
können. Denn im nachfolgenden "Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis Pinneberg" führt er aus (Konzept
2015 - Bericht, S. 30):
"Wichtig bei der Ableitung der Angemessenheitsgrenzen ist die Verfügbarkeit von entsprechendem Wohnraum auf Basis des Produktwertes
der Brutto-Kaltmiete. Hierfür wird ausgewertet, wie hoch der Anteil derjenigen Angebote ist, die zu dem ausgewiesenen Angemessenheitswert
verfügbar sind.
Als ausreichend für "normale Wohnungsmarktverhältnisse", also ohne zusätzliche und kurzfristige Nachfrageveränderungen können
hier Prozentwerte von 10 % bis 20 % bei den Angebotsmieten betrachtet werden."
Diese Vorgaben hält der Beklagte bezogen auf das Konzept 2011 nicht ein und legt dabei weder dar, dass es sich insoweit um
neue statistische Erkenntnisse handelt, noch, dass und warum möglicherweise im Gebiet des Kreises Pinneberg von "normalen
Wohnungsmarktverhältnissen" abweichende Wohnungsmarktverhältnisse vorliegen könnten und wie darauf zu reagieren wäre. Der
Senat ist deshalb davon überzeugt, dass die im Konzept 2015 genannten Näherungswerte (10-20 % der Angebotsmieten) bereits
dem methodischen Ansatz des hier streitigen Konzepts 2011 zugrunde gelegen haben. Anderenfalls hätte er keine Veranlassung
gehabt, die Angebotsmieten überhaupt zu erheben. Seinem konzeptionellen Ansatz ist der Beklagte dann aber in rechtsfehlerhafterweise
untreu geworden.
i) Dieser Mangel führt jedoch nicht dazu, dass automatisch die Bedarfe für Unterkunft (und Heizung) in tatsächlich entstehender
Höhe zu berücksichtigen wären. Vielmehr korrigiert der Senat das Konzept nach eigener Überzeugungsbildung und nach entsprechender
Neuberechnung durch den Beklagten mit der Maßgabe, dass das Perzentil der Bestandsmieten in den einzelnen Tabellenfeldern
so lange iterativ in Schritten von 5-Prozentpunkten anzuheben ist, bis mindestens 10 % der als Angebotsmieten oder 20 % der
als Neuvertragsmieten erhobenen Wohnungen der jeweiligen Größenklasse preislich unterhalb der sich daraus errechnenden Angemessenheitsgrenze
liegen.
Zu solchen Korrekturen ist der Senat befugt. Zwar ist es nach Maßgabe des § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zuvörderst die Angelegenheit des Grundsicherungsträgers, für seinen Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln,
auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 25); immerhin sind die auf dem Konzept fußenden Erkenntnisse für den Grundsicherungsträger
schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren unabdingbar. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht
auf die bloße Kontrolle der Konzeptbildung durch die Verwaltung beschränkt wäre; es hat den unbestimmten Rechtsbegriff der
Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vielmehr eigenständig auszufüllen und unterliegt in diesem Zusammenhang einer eigenen Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG).
Liegt der Entscheidung des Grundsicherungsträgers kein (in jeder Hinsicht) schlüssiges Konzept zu Grunde, ist dieser im gerichtlichen
Verfahren gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und gegebenenfalls eine
unterbliebene Datenerhebung nachzuholen (BSG, Urteile vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25, Rn. 22 und vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73, Rn. 24). Wenn geeignetes Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, ist dieses im Rahmen
der Amtsermittlungspflicht zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 25 unter Verweis auf die Urteile vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 65/09 R - [...], Rn. 28 und - B 14 AS 2/10 R - [...], Rn. 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 Rn. 27, die Urteile vom 13. April 2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 Rn. 24, - B 14 AS 85/09 R - [...], Rn. 28 und - B 14 AS 32/09 R - [...], Rn. 23, das Urteil vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 23, das Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 Rn. 16 f. und das Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 61/12 R - [...], Rn. 22).
Nach der Logik der Verantwortungsverteilung für die Erstellung des schlüssigen Konzepts sind dabei zunächst Ermittlungen und
Überlegungen des Beklagten aufzugreifen und ggf. unzulängliche Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern,
um das Konzept um ggf. erkennbar werdende konzeptionelle Schwächen bereinigen zu können (BSG, Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 41/08 R - [...], Rn. 22); Korrekturen haben sich also möglichst nahe am bestehenden Konzept zu halten. Das Vorgehen des Senats
entspricht dieser Verantwortungsverteilung.
Auf das Schreiben des Senats vom 17. Januar 2017, mit welchem der Senat den iterativen Ansatz des Beklagten aufgenommen und
vorgegeben hatte, das im Endbericht 2011 tabellenübergreifend ermittelte und angewandte 40%-Perzentil hinsichtlich des mindestens
10% Anteils bei den Angebotsmieten und mindestens 20% Anteils bei den Neuvertragsmieten neu zu berechnen, hat der Beklagte
das Konzept in hinreichender Weise nachgebessert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 23. Januar 2017 Bezug
genommen.
Dabei hat er zwar - unter Änderung des ursprünglichen konzeptionellen Ansatzes - vom zuvor quadratmeterbezogenen Abgleich
der Angemessenheitsgrenze mit den Angebots- und Neuvertragsmieten Abstand genommen und prüft nunmehr nur noch den Anteil der
als Angebots- bzw. Neuvertragsmieten erhobenen Wohnungen der jeweiligen Größenklasse, die bis zum Angemessenheitsrichtwert
bruttokalt tatsächlich anmietbar gewesen wären. Konzeptionell führt er dazu aus, dass durch die Anwendung der Produkttheorie
des BSG ein tatsächlich höheres Wohnungsangebot zum Angemessenheitsrichtwert zur Verfügung stehe im Vergleich zur rein quadratmeterbezogenen
Betrachtung, weil durch den Verzicht auf Wohnfläche deutlich mehr Wohnungen anmietbar seien, nämlich auch solche, bei denen
die Quadratmetermiete zwar über dem jeweiligen Angemessenheitsrichtwert liege, nicht jedoch das Produkt aus Quadratmeterpreis
und Fläche.
Der Senat billigt jedoch diese konzeptionelle Änderung. Dabei berücksichtigt er wesentlich, dass das Konzept 2011 auf Bestandsmieten
beruht, die innerhalb des Vierjahreszeitraums entsprechend §
558d Abs.
2 BGB neu vereinbart oder geändert worden sind und dass das Rohdatenmaterial auch qualitativ mit demjenigen vergleichbar ist, das
der Erstellung qualifizierter Mietspiegel zugrunde liegt. Weil die höchstrichterliche Rechtsprechung davon ausgeht, dass bei
qualifizierten Mietspiegeln die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung auch für das schlüssige Konzept regelmäßig
ausreicht (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 24), bedarf es dort der Absicherung der auf Basis der geänderten Bestandmieten ermittelten
Angemessenheitsrichtwerte durch Angebotsmietenerhebungen in der Regel nicht mehr. Zwar erreicht der vorliegend erhobene Datenbestand
in anderer Hinsicht nicht in gleicher Weise die Überzeugungskraft eines qualifizierten Mietspiegels - anders als dort hat
hier eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen nicht stattgefunden (vgl. dazu
Senatsurteil vom 19. Mai 2014 - L 6 AS 18/13 R - [...], Rn. 77); qualitativ kommt er ihm aber schon sehr nah. Dies rechtfertigt es nach Ansicht des erkennenden Senats,
die Anforderungen an die Qualität der Gegenprobe durch Angebots- und Neuvertragsmieten zu reduzieren und die Grundannahmen
des Beklagten insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle zu beschränken. Von ihrer Vertretbarkeit der Argumentation des Beklagten
ist der Senat indes überzeugt.
j) Danach ergeben sich ausgehend vom Ausgangskonzept nur für diese 5 Tabellenfelder neue Angemessenheitsrichtwerte (Nettokaltmiete)
in folgender Höhe:
- Wohnungsmarkttyp 1,
|
|
Wohnungsgrößenklasse > 85 qm:
|
479,75 EUR (5,05 EUR/qm);
|
- Wohnungsmarkttyp 3,
|
|
Wohnungsgrößenklasse > 85 qm:
|
595,65 EUR (6,27 EUR/qm);
|
- Wohnungsmarkttyp 4,
|
|
Wohnungsgrößenklasse > 60 bis =< 75 qm:
|
405,00 EUR (5,40 EUR/qm);
|
- Wohnungsmarkttyp 4,
|
|
Wohnungsgrößenklasse > 75 bis =< 85 qm:
|
466,65 EUR (5,49 EUR/qm);
|
- Wohnungsmarkttyp 4,
|
|
Wohnungsgrößenklasse > 85 qm:
|
508,25 EUR (5,35 EUR/qm).
|
Bei allen anderen Tabellenfeldern verbleibt es bei den vom Beklagten festgesetzten Werten, weil mindestens 10 % der Angebotsmieten
oder 20 % der Neuvertragsmieten in Höhe oder unterhalb des Angemessenheitsrichtwerts liegen.
7. Auch die Bestimmung der angemessenen Betriebskosten als dem zweiten Teilelement des angemessenen Quadratmeterpreises wird
den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept gerecht.
a) Die Datenerhebung hinsichtlich der kalten Betriebskosten erfolgte über den gesamten Vergleichsraum, da diese im beschriebenen
zweistufigen Verfahren gemeinsam als Teilelement neben der Nettokaltmiete mit den Bestandsmieten zum Stichtag 1. Juli 2010
sowohl bei den großen Vermietern als auch im Rahmen der Mieterbefragung erhoben worden sind.
b) Auch der Gegenstand der Beobachtung ist nachvollziehbar definiert. Es wurde - wie sich aus den Fragebögen ergibt - die
tatsächliche Betriebskostenvorauszahlung der jeweiligen im Bestandsmietendatensatz enthaltenen Wohnung zum Stichtag 1. Juli
2010 (einschließlich der Kosten für Wasser und Abwasser) abgefragt und in den Fragebögen hinreichend deutlich zu den Heiz-
und Warmwasserkosten abgegrenzt, da letztere separat angegeben werden sollten. Ein Ausschluss bestimmter Betriebskosten hat
nicht stattgefunden.
Wie der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Itzehoe vom 9. April 2014 (Anlage 6, S. 13) ausgesagt
hat, ist sodann zumindest eine Plausibilitätsprüfung erfolgt, wonach extrem hohe bzw. extrem niedrige Werte ausgeschlossen
worden sind. Die sodann erhaltenen Daten sind den jeweiligen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen zugeordnet und auf
der Basis der konkreten Quadratmeter der jeweiligen Wohnung in einen Quadratmeterpreis umgerechnet worden; anschließend ist
für jedes Tabellenfeld der Durchschnitt der zuvor ermittelten Quadratmeterpreise als angemessener Richtwert berechnet worden.
c) Hinsichtlich des Beobachtungszeitraums gilt das zu den Bestandsmieten ausgeführte entsprechend. Die kalten Betriebskosten
sind ebenfalls zum Stichtag 1. Juli 2010 erhoben worden. Bedenken ergeben sich insofern nicht.
d) Die einbezogenen Daten sind hinreichend valide und repräsentativ. Zwar hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor
dem erkennenden Senat die konkrete Anzahl der eingeflossenen Werte nicht konkret benennen können. Der Senat geht jedoch davon
aus, dass auf der Basis von 5.927 tabellenrelevanten Mietwerten nach Extremwertkappung eine ausreichende Anzahl an Daten für
die Ermittlung der durchschnittlichen kalten Betriebskosten vorlag. Denn aufgrund der Abfragung in den Fragebögen hat eine
Auswertung nur dann nicht erfolgen können, wenn zu den Fragen zu den kalten Betriebskosten entweder keine oder unvollständige
Angaben vorgelegen haben.
e) Der Senat zweifelt auch nicht daran, dass bei der Ermittlung der kalten Betriebskosten anerkannte mathematisch-statistische
Grundsätze angewandt worden sind. Es hat zumindest eine Plausibilitätsprüfung stattgefunden, die Ermittlung des Quadratmeterpreises
ist auf der Basis der konkreten Wohnung und nicht abstrakt an der maximalen zulässigen Wohnungsgröße des jeweiligen Tabellenfeldes
erfolgt. Auch die Vorgehensweise, auf den Durchschnittswert abzustellen, begegnet keinen Bedenken, da die herangezogenen Werte
aus dem gesamten Wohnungsmarktsegment stammen. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass es zulässig ist, dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der Betriebskosten gerade
im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, auf die Durchschnittswerte aus allen Mietverhältnissen zurückzugreifen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 34 und vom 22. August 2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64, Rn. 27).
f) Die kalten Betriebskosten sind in den Tabellen 10 bis 13, Endbericht 2011, S. 16 ff. tabellenfeldbezogen dargestellt worden.
Die gezogenen Schlüsse sind im Ergebnis nachvollziehbar und schlüssig.
8. Insgesamt ergeben sich damit nach dem vom Beklagten vorgelegten und vom Senat fortentwickelten Konzept folgende Angemessenheitsgrenzen.
Für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2012 (geänderte Werte fett):
Größe in qm
|
Wohnungsmarkttyp 1
|
Wohnungsmarkttyp 2
|
Wohnungsmarkttyp 3
|
Wohnungsmarkttyp 4
|
>= 35 bis =< 50
|
356,00 EUR
|
328,50 EUR
|
358,50 EUR
|
379,50 EUR
|
> 50 bis =< 60
|
395,40 EUR
|
396,60 EUR
|
424,80 EUR
|
412,20 EUR
|
> 60 bis =< 75
|
536,25 EUR
|
470,25 EUR
|
581,25 EUR
|
523,50 EUR
|
> 75 bis =< 85
|
579,70 EUR
|
536,35 EUR
|
674,90 EUR
|
608,60 EUR
|
> 85 bis =< 95
|
616,55 EUR
|
615,60 EUR
|
731,50 EUR
|
646,00 EUR
|
Für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 (geänderte Werte fett; Fortschreibung wie im bisherigen Konzept ausgehend
vom nach oben gerundeten vollen Eurowert):
Größe in qm
|
Wohnungsmarkttyp 1
|
Wohnungsmarkttyp 2
|
Wohnungsmarkttyp 3
|
Wohnungsmarkttyp 4
|
>= 35 bis =< 50
|
371,99 EUR
|
342,82 EUR
|
374,08 EUR
|
395,96 EUR
|
> 50 bis =< 60
|
412,63 EUR
|
413,67 EUR
|
442,85 EUR
|
430,35 EUR
|
> 60 bis =< 75
|
558,51 EUR
|
490,78 EUR
|
606,44 EUR
|
546,01 EUR
|
> 75 bis =< 85
|
604,36 EUR
|
559,55 EUR
|
703,35 EUR
|
634,58 EUR
|
> 85 bis =< 95
|
642,91 EUR
|
641,87 EUR
|
762,74 EUR
|
673,13 EUR
|
9. Die Geltung dieser Angemessenheitsrichtwert, die im Falle der Kläger die berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten auf
580,00 EUR bruttokalt begrenzen, ist entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht von einer formellen Bekanntgabe des Konzepts
abhängig. Deshalb kann offen bleiben, ob und in welcher Form der Beklagte das Konzept tatsächlich publiziert hat.
Soweit die Kläger ihre Forderung nach "Bekanntgabe" des Konzepts der Sache nach auf einen aus §§ 22a Abs, 1 und 2, 22b Abs. 2 Satz 3 SGB II folgenden Rechtsgedanken stützen, greift dieser Ansatz zu kurz. Das Erfordernis der ortüblichen Bekanntmachung einer Angemessenheitssatzung
folgt aus der Rechtsnormqualität der Satzungen; die auf den Mietwerterhebungen 2011 beruhenden Angemessenheitsrichtlinien
des Beklagten haben als Verwaltungsvorschriften dagegen allein Innenrechtsqualität. Einer formellen Bekanntmachung bedarf
es für ihre Wirksamkeit insoweit nicht. Anderes folgt entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht aus der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu auf Grundlage des § 101a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in der Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1999 (BGBl. I S. 1442) ergangenen Pauschalierungsrichtlinien. Zwar hat das BVerwG entschieden, dass derartige Verwaltungsvorschriften wegen ihrer
unmittelbare Außenwirkung gegenüber Dritten wie Rechtsnormen bekanntzumachen sind (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 -
5 CN 1/03 - BVerwGE 122, 264, [...], Rn. 31). Diese besonderen Verwaltungsvorschriften unterscheiden sich aber von Angemessenheitsrichtlinien wesentlich
dadurch, dass - gedeckt allein durch die Experimentierklausel des § 101a BSHG - eine Pauschalierung der Leistungen abweichend vom formellgesetzlichen Leistungskatalog angeordnet haben. Demgegenüber wird
mit den Angemessenheitsrichtlinien der formellgesetzliche Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich konkretisiert. Dass diese Konkretisierung ohne formale Bekanntmachung Wirkungen entfalten muss, ergibt sich im
Übrigen auch aus der Rechtsprechung des BSG, verpflichtet es doch die Sozialgerichte - wie im vorliegenden Falle geschehen - dazu, ein den Anforderungen an ein schlüssiges
Kozept nicht entsprechendes Trägerkonzept in eigener Verantwortung nachzubessern (dazu mit Nachweisen oben 6. i). Zumindest
in einem solchen Fall kann es aber eine formale Bekanntmachung des im gerichtlichen Verfahren erst statuierten Konzepts im
Anwendungszeitraum noch gar nicht gegeben haben.
IV. Den Klägern steht die Berücksichtigung höherer als der bereits berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft und Heizung auch
nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu. Soweit danach die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen,
sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft
nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen
zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dabei greift die befristete Bestandsschutzregelung im Falle der
Kläger für den hier streitigen Zeitraum nicht mehr, weil die sechsmonatige Übergangsfrist nach Erteilung der Kostensenkungsaufforderung
vom 28. April 2011 bereits abgelaufen war.
Gründe für die Unmöglichkeit der Kostensenkung sind im Übrigen nicht ersichtlich. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht
davon aus, dass die objektive Unmöglichkeit einer Unterkunftsalternative, wenn man auf hinreichend große Vergleichsräume wie
vorliegend das gesamte Kreisgebiet abstellt, nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein wird, zumal es in Deutschland
derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum herrscht (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 36). Derartige besondere Umstände liegen hier zur Überzeugung des Senats nicht vor.
Auch Umstände, die zugunsten der Klägerin die Unzumutbarkeit der Kostensenkung begründen würden, sind nicht ersichtlich. Die
mit einem etwaigen Wohnungswechsel ohnehin verbundenen Umstände begründen auch in der konkreten Lebenssituation der Kläger
keine Unzumutbarkeit. Das BSG hat allerdings grundrechtsrelevante Sachverhalte und Härtefälle unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten in Betracht gezogen. Dazu
gehört insbesondere die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder oder auf
Alleinerziehende, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel
in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 35). Auch daran gemessen vermag der Senat die Unzumutbarkeit der Kostensenkung im vorliegenden
Fall nicht festzustellen. Die Kläger haben dazu nichts vorgetragen. Aufgrund des Alters der Kläger zu 2. bis 4. - alle sind
im streitgegenständlichen Zeitraum über zehn Jahre alt gewesen - ist nicht davon auszugehen, dass sie aus schulischen Gründen
noch auf eine Wohnung in H. angewiesen gewesen sind. Die Gemeinde verfügt lediglich über eine Grundschule, während weiterführende
Schulen im benachbarten W. vorhanden sind. Zumindest ein Wohnungswechsel nach W. erscheint von daher ohne Weiteres zumutbar.
C. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens und berücksichtigt das zugunsten der Kläger erst in der mündlichen Verhandlung
vor dem Landessozialgericht abgegebene Teilanerkenntnis.
D. Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sieht der Senat nicht.